Rotorman's Blog

Deutschlands bekanntester Fuchs ist
eine „Sie“ – und everybody‘s Darling!

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Ein Herz und eine Seele: Foxy hat das Leben von Rolf Niggemeyer und seiner Frau komplett auf den Kopf gestellt. Die vierjährige Füchsin und ihr Adoptiv-Vater sind unzertrennlich. Foto: Rosemarie Kalscheuer

Von Jürgen Heimann

Jimi Hendrix hatte ihr in weiser Voraussicht bereits 1970 ein pränatales musikalisches Denkmal gesetzt. Als „Foxy Lady“ veröffentlicht wurde, war die Dame noch nicht einmal ein vager Schöpfungsgedanke und dümpelte noch irgendwo in Abrahams Ideenbeutel herum. Heuer aber zählt sie zu den bekanntesten Erscheinungen ihrer Spezies, im aktuellen Popularitäts-Ranking irgendwo zwischen dem Wappentier der Bausparkasse Schwäbisch Hall und dem Firefox-Browser von Mozilla angesiedelt. Aber immerhin noch deutlich vor dem Maskottchen des Handballbundesligisten aus Spree-Athen, den Berliner Füchsen. Gibt man bei Google die Kombination „Rolf Niggemeyer und Fuchs“ ein, liefert die Suchmaschine  in 0,61 Sekunden 12.600 Ergebnisse. Gut, die liegen jetzt nicht alle auf dem Punkt. Aber immerhin. Was geht hier eigentlich ab?  

Foxy –  sie feierte am 1. April, kein Scherz, Geburtstag – wandelt gerade mal vier Jahre auf diesem Planeten. Und ist längst  zum Objekt schulpädagogischer Begierde mutiert. Und zum Medienstar. Sogar „BILD“, das zentrale  „Four-Letter-Word“- Organ für zeitkritische Lethargie-Intellektuelle, hat ihr eine Titelgeschichte gewidmet. Selbst dem „Toronto Star“ gab die Allüren-freie Diva schon ein Interview und macht natürlich auch im Fernsehen eine gute Figur. Und wer bei Youtube nach einem Mädel gleichen Namens sucht, braucht das nicht lange zu tun.

Wie man(n) auf den Fuchs kommt

Ach so, der Niggemeyer-Rolf. Der gehört ja auch zum Paket. Ist eigentlich mehr oder weniger sogar schuld an dem ganzen Hype – und so etwas wie ein Übervater dieses charmanten Wesens. Der nette, aus dem rheinländischen Haan stammende Herr mit dem imposanten, aufgezwirbelten weißen Vollbart  ist der Mann, der mit dem Fuchs tanzt. Er kam weiland zu selbigem wie die Jungfrau zum Kind. Und seine Ehefrau Monika hat die sich anbahnende „ménage à trois“ von Anfang an gefördert und unterstützt.  Es war Liebe auf den ersten Blick – auf beiden Seiten. Wie es dazu kam, schilderte Mann und Fuchs  in einem Interview mit dem WDR:

Das nach wie vor übervorsichtige und scheue Wildtier hat im Wintergarten des Ehepaars ein angemessenes Refugium gefunden, sieht aber die gesamte Wohnung als sein Revier an. Sollte ein Stuhl mal nicht am gewohnten Platz stehen, fällt das sofort auf und wird misstrauisch zur Kenntnis genommen. Wenn es ihm beliebt, darf der ungewöhnliche Untermieter auch mal im Ehebett nächtigen. Wohin es ihn bzw. sie sowieso regelmäßig morgens um drei in der Frühe zieht – zum Kuscheln. Einschlafen ist für Foxy abends auch kein Problem. Etwas meditative Musik auf WDR 4, und die Kleine ratzt tief und fest. Und träumt vermutlich von der Gans, die einer ihrer Ahnen mal gestohlen hatte. Sie selbst ist eher auf Hundefutter abonniert, bekommt aber täglich als Nahrungsergänzung auch drei bis vier Eintagsküken aus der Tiefkühltruhe. Es darf  auch schon mal eine Scheibe Brot, ein Stück Leberwurst oder Jogurt sein. Das ist man seinem Ruf als Allesfresser schließlich schuldig.

Sympathiewerbung in Schulen und Kindergärten

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Kinder mag Foxy besonders. Weshalb es für sie auch kein Stress ist, sondern Vergnügen bereitet, vor Schulklassen oder Kindergartengruppen einen guten Eindruck zu machen. Dort sind sie und ihr Partner häufig zu Gast. Foto: Rosemarie Kalscheuer

Das Tier hat das Leben und den Tagesablauf der Niggemeyers komplett auf den Kopf gestellt. Irgendwie dreht sich alles um diesen knuffigen Balg. Eifersüchtig ist die Hausherrin, von Hause aus Gymnasiallehrerin, deswegen nicht. Und wenn, dann allenfalls auf den durchschlagenden und anhaltenden didaktischen Erfolg ihrer beiden anderen familiären Teamplayer.

Es vergeht kaum keine Woche, in der das ungewöhnliche Tandem nicht irgendwo an einer Schule oder in einem Kindergarten Unterricht hält. Von so viel konzentrierter Aufmerksamkeit und staunendem Interesse kann jeder regulär beamtete Pauker nur träumen. Und genau darin liegt auch die große Chance dieser Mission, die längst über die Landesgrenzen Nordrhein-Westfalens hinausreicht und Beachtung findet. Kindern anschaulich und quasi am lebenden und einem Anfassen durchaus nicht abgeneigten „Objekt“ zu vermitteln, dass der Fuchs eben nicht jene Bestie ist, als die ihn von durchsichtigen Absichten geleitete Interessengruppen gerne (und das bis dato recht erfolgreich) inszenieren und dämonisieren. Dass sie nicht von Natur aus böse sind – sondern nur ihren Instinkten folgen.

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Ihre Mutterwurde bei einem Unfall im Allgäu getötet, sie selbst schwer verletzt. Damals gab niemand mehr einen Cent für das Leben der kleinen Füchsin. Im rheinischen Haan fand das damals vier Monate alte Tier ein neues zu Hause und hat sich seitdem prächtig entwickelt. Foto: Rosemarie Kalscheuer

Die Kids lernen, dass die Reinekes höchst intelligente, sensible und fühlende Wesen sind, solche mit einem hoch entwickelten Sozialverhalten und Familiensinn. Und sie sind als „Gesundheitspolizei“ für ein ausbalanciertes Funktionieren in der Natur unersetzlich. Was sie nicht sind: notorische Krankheits- und Seuchenüberträger oder mörderische Bestien, die andere Tierarten ausrotten. Aber das wird von bestimmten Kreisen (wider besseres Wissen?) behauptet und dient als Rechtfertigung dafür, Jahr für Jahr zigtausende dieser faszinierenden Wildhunde abzuknallen. Laut offizieller Jagdstatistik waren es 466.186 in der abgelaufenen Saison. Die  Kadaver werden verbuddelt oder landen in der Tierkörperbeseitigung. Die Felle will keiner haben. Sie sind unverkäuflich. Was eine vom Deutschen Jagdverband gegründete Verwertungs-GmbH ja ändern soll. Aber die Kinder, die „Foxy“ kennen gelernt haben, dürften als Kunden für diese  obskure Branche ein für allemal verloren sein.

Die beste Botschafterin  ihrer Art

„Foxy“ weiß von diesem konzentrierten Trommelfeuer ihrer straff organisierten und aus allen Rohren ballernden Gegner natürlich nix.  Auch nicht von der propagandistischen Medienhatz gegen ihresgleichen. Sie widerlegt aber all diese ihren freilebenden Verwandten gebetsmühlenhaft angedichteten Horrorgeschichten allein durch ihr Auftreten, durch ihr Sein. Das ist nicht antrainiert und auch nicht das Ergebnis von Dressur. Diese  gerade mal sechs Kilogramm schwere rotpelzige Kreatur ist einfach sie selbst. Und deshalb aus sich heraus der beste Botschafter ihrer Art. Und irgendwie mag sie gerade Kinder besonders. Weshalb es auch kein Stress ist, sondern Vergnügen bereitet, vor Schulklassen oder Kindergartengruppen einen guten Eindruck zu machen.

Die letzte Patrone steckte schon im Lauf

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Da war doch was… Foxy ist zwar an Menschen gewöhnt, doch draußen in der Natur können etwas Vorsicht und Misstrauen nie schaden. Das melden sich die Instinkte des Wildtiers. Foto: Rosemarie Kalscheuer

Vermutlich hatte Rolf Niggemeyer, als er sich weiland auf diese Liaison einließ, nicht geahnt, was da alles an Arbeit, Aufwand, Anfeindungen, Beschwernissen, persönlichen Einschränkungen und schlaflosen Nächten auf ihn zukommen würde. Aber das hat sich allemal gelohnt. Die Mutter des Tieres war seinerzeit auf einer Straße im Allgäu unter die Räder gekommen und getötet worden. Die Jungfüchsin, damals vier Monate alt, überlebte schwer verletzt. Die Diagnose der Tierärzte war verheerend. Eine Rekonvaleszenz? Ausgeschlossen! Die Kleine würde, weil beide Vorderläufe und die Schultergelenke gebrochen waren, nie wieder in die freie Wildbahn zurückkehren können. Mission Impossible! Wildparks und Zoos scheuten eine Aufnahme ob zu hoher Pflegefolgekosten. Blieb als Endlösung nur noch die finale, erlösende Patrone. Rolf Niggemeyer, nebenbei ein ausgewiesener Fledermausexperte und passionierter Naturfotograf und -schützer, verhinderte, dass sie abgefeuert wurde.

In freier Wildbahn würde Foxy nicht lange überleben

Wildtiere zu halten, ist hierzulande verboten. Deshalb bedurfte es diverser  behördlicher Überprüfungen und Ausnahmegenehmigungen, beispielsweise vom Veterinäramt, der Landschaftsbehörde  und weiß der Himmel von wem alles sonst noch. Letztendlich war sogar eine „Lizenz für die gewerbliche Zuschaustellung von Foxy“ erforderlich. Natürlich kann ein Fuchs vom Menschen nicht „artgerecht“ gehalten werden. Das weiß auch Niggemeyer. Er weiß aber auch, dass seiner bzw. seine ein glückliches Leben führt und sich wohlfühlt. Das ist die Hauptsache. In freier Natur würde die Rotröckin nicht lange überleben. Ob ihres unfallbedingten Handicaps, aber auch aufgrund der Tatsache, dass sie an die Nähe des Menschen gewöhnt ist und selbige sucht. Das Tier würde irgendwann den Knall nicht mehr hören, weil ein übereifriger Wildschütze diese Verhaltensauffälligkeit missverstehen könnte.

Im Reisemobil quer durch Deutschland

Familie Niggemeyer ist reisefreudig. Wer heutzutage in Begleitung eines Hundes um ein Hotel-Quartier nachsucht, hat normalerweise keine Probleme. Aber angesichts eines Fuchses vorm Empfangstresen fällt selbst dem tolerantesten Garni-Pförtner alle Kraft aus dem Gesicht. Er schlägt die Hände über dem Kopf zusammen oder klopft mit dem Zeigefinger an seine Denkerstirn. So etwas ist in der Hausordnung nicht vorgesehen. Deshalb haben sich die Haaner inzwischen auch ein Reisemobil zugelegt, was den Aktionsradius erheblich steigert. Und deshalb ist es nicht verwunderlich, dass sie bzw. ihre ungewöhnliche Begleitung inzwischen auch in vielen anderen Bundesländern und sogar im europäischen Ausland Duftmarken gesetzt haben.

Aufsehen in der Fußgängerzone

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Zwar nicht auf Rosen gebettet, doch Heidekraut ist auch nicht zu verachten. An die Leine hatte sich die aufgeweckte rotpelzige Lady schnell gewöhnt. Das macht ausgedehnte Spaziergänge oder einen Bummel durch die Fußgängerzone einfacher. Am liebsten lässt sich das Tier dabei allerdings tragen. Da sieht man mehr. Foto: Rosemarie Kalscheuer

Wenn Rolf Niggemeyer mit seinem smarten Schützling an der Leine durch diverse Fußgängerzonen flaniert, sind alle Sonderangebote und Outdoor-Werbungen der Geschäfte für die Passanten plötzlich uninteressant. Daheim, in der zum Kreis Mettmann gehörenden Gartenstadt, hat man sich zwar inzwischen an den Anblick der beiden gewöhnt, doch jenseits der Stadtgrenzen wird das Paar, wo immer es auftaucht, als Exoten-Tandem bestaunt. Ob es wirklich das ist, wonach es aussehe? Das ist die Standard- und Einstiegsfrage, die, leicht abgewandelt, hundertfach gestellt wird. Aber Herrchen beantwortet diese gerne und mit Engelsgeduld. Es ist zu Recht stolz auf seine tierische Gefährtin und erzählt pointiert und ausführlich von der Liebe seines Lebens.

Dass Foxy stubenrein sei und schon am zweiten Tag das Katenzklo für sich entdeckt hätte und allenfalls nur dann, wenn sie ihre zweibeinigen Mitbewohner ärgern wolle, in die Ecke köttele. Dass er in den ersten Tagen nach ihrem Einzug vor ihrer Schlafbox genächtigt habe, um ihr die verletzten Vorderpfoten zu massieren. So etwas schafft Vertrauen und verbindet. Und dass  er mit seinem Liebling unlängst die Hundeschule besucht hat. Nicht, um ihn abzurichten, sondern damit sich die Fähe an die Bellos gewöhnt, denen sie auf ihren täglichen Spaziergängen mit ihm ja ständig begegnet. Immerhin macht sie seitdem auf Kommando „sitz“. Mehr muss nicht sein.

Der einzige Fuchs mit einer eigenen Email-Adresse

Überhaupt lässt sich Foxy-Lady, europaweit übrigens die einzige Füchsin mit einer eigenen emailadresse (rotfuchsfoxy@yahoo.de), lieber tragen, als selbst zu laufen. Das hat zumindest  in Städten, auf Märkten oder anderen Veranstaltungen mit viel Publikumsverkehr entscheidende Vorteile. So geht der Überblick nicht verloren. Sie thront dann wie eine Königin auf dem Arm ihres persönlichen Sherpas und genießt die Huldigungen. Wenn das ihre verfolgten Artgenossen in Wald und Feld wüssten….

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