Von Jürgen Heimann
Die ei- bis zylinderförmigen Dinger, Gratis-Dreingaben der Natur, sind bei Bastlern und Deko-Freunden beliebt, vor allem aber bei notorischen, um heimelige Wärme in ihren eigenen vier Wänden besorgten Sparfüchsen. In der Erwartung bzw. der Befürchtung, dass der nächste Winter bestimmt kommt und möglicherweise (wieder) hart und lang wird, haben sie sich rechtzeitig mit entsprechenden Vorräten eingedeckt – mit Tannenzapfen, bei denen es sich aber zumeist um Fichtenzapfen handelt. Siehe unten. Inzwischen gut durchgetrocknet, brennen sie wie Zunder. Und da liegt auch mitunter das Problem.
Diese Nadelbaumfrüchte werden von den Menschen seit eh und je als billiges und relativ einfach zu besorgendes Heizmaterial geschätzt. Es liegt quasi auf der Straße bzw. dem Waldboden und riecht obendrein gut. Beim Verbrennen jedenfalls. Dann setzen die Zapfen einen angenehmen, harzigen Duft frei und knacken heimelig. Da wird es in der guten Stube gleich doppelt gemütlich. Aber Experten warnen davor, es zu damit zu übertreiben. Ein paar Exemplare als Brandbeschleuniger zum Anheizen benutzt gehen klar. Aber zu viel des Guten können sowohl den Ofen als auch die Umwelt und die eigene Gesundheit schädigen. Vielleicht waren die Heizapparate früherer Zeiten robuster ausgelegt. Aber die Zapfen entwickeln ob des in ihnen enthaltenen Harzes in relativ kurzer Zeit eine enorme Hitze. Da ist schon so mancher Gussofen ausgeglüht oder angeschmolzen.
Und im Schornstein schlägt sich der Harzanteil als Glanzruß ab. Erschwerend hinzu kommt, dass diese wissenschaftlich als “Strobilus” bezeichneten Fortpflanzungsorgane der Koniferen, und um nichts anderes handelt es sich ja dabei, deutlich mehr in der Luft enthaltende Schwermetalle filtern und abspeichern als das gemeine Holz. Die Stoffe werden dann durch den Verbrennungsprozess freigesetzt, was nicht sonderlich gesund sein soll. Wer also regelmäßig damit heizt, setzt sich und die Seinen entsprechenden Risiken aus.
Tannenzapfen liegen nie auf dem Boden
Es gibt diese Zapfen in verschiedensten Ausprägungen, Größen und Formen, je nachdem ob sie von Tanne, Fichte, Douglasie, Kiefer, Lärche, Zirbe, Zeder oder Zypresse stammen. Auch Farbe, Festigkeit und Harzanteil variieren. Sie “sitzen” auch in unterschiedlicher Weise an den Zweigen. Bei der Tanne stehen die Zapfen aufrecht, bei der Fichte hängen sie, bei der Schwarzkiefer stehen sie waagerecht von den Zweigen ab.
Die Namen und Bezeichnungen sind von Region zu Region unterschiedlich. So gibt es “Tannabätze”, “Moppelchen”, “Bullkai”, “Butzerl”, “Mugelchen” oder “auch “Holzmichl”. Übrigens, auch Schlehen sind von ihrer Funktionalität her Zapfen, die Beeren des Wachholders ebenfalls. Die Bezeichnung “Konifere” kommt aus dem Lateinischen. Frei übersetzt bedeutet der Name nichts anderes als “Zapfenträger”, wobei “conus” für “Kegel, Zapfen” steht, und “ferre” “tragen” bedeutet., Deko
Heilsam bei Muskelkater, Erkältung und Verspannungen
Die Volksmedizin machte sich die heilsame Wirkung des in den “Hutzeln” enthaltenen Harzes zunutze und brachte/bringt sie in Form von daraus generierter Salbe gegen Erkältungskrankheiten, Muskelkater, Genickschmerzen durch Verspannungen sowie gegen Rücken- und/oder Gelenkschmerzen in Stellung. Zur Herstellung eignen sich aber nur unreife, grüne Exemplare. Und man/Frau kann sogar Likör draus machen, zumindest aus den Zapfen von Tanne und Zirbe. Was dabei herauskommt, ist aber vom Geschmack her gewöhnungsbedürftig. Vielleicht gilt aber auch dabei die Maxime: “Hauptsache Dröhnung!”
Hingegen sind die Möglichkeiten, aus Nadelbaum-Zapfen Dekoratives herzustellen, schier unbegrenzt. Man kann sie bemalen, als gestalterische Elemente ins LED-Leuchtglas oder ins Terrarium stecken, als Fensterschmuck oder zusammengebunden als Türkränze zweckentfremden, ihnen Hütchen aufsetzen oder ihnen Flügel spendieren. In letzterem Fall machen sie als Engel am Weihnachtsbaum oder auf dem Adventskranz eine gute Figur. Etwas Phantasie und Geschick vorausgesetzt, lassen sich daraus auch die unterschiedlichsten Tiergestalten entwerfen, Mäuse ebenso wie Spinnen, Katzen, Hunde oder Vögel. Und als schmückendes Beiwerk auf Tisch, Teller und Kommode sind sie allemal tauglich und universell einsetzbar.
Was die Natur schenkt, wird bei ebay verkauft
Und weil das so ist, hat sich längst ein einträglicher Markt um diesen “Rohstoff” entwickelt. Bei Amazon oder ebay beispielsweise werden die Dinger an allen Ecken und Enden offeriert. Zehn Tannenzapfen für 9,90 EUR, oder ein 1 kg Fichtenzapfen für 8,99 EUR. 55 Kieferzapfen sind zum gleichen Preis zu haben. Diese Investition treibt zwar niemanden in den Ruin, aber der eigene Sammlertrieb will ja hin und wieder auch ausgelebt werden. Selbst ist der Mann oder die Frau. Nichts einfacher als das.
Das entsprechende Angebot in der Natur ist groß. Aber ohne hier Unsinn verzapfen zu wollen: Wer am Boden einen Korb oder einen Eimer voll Tannenzapfen zusammengeklaubt haben will, macht entweder sich selbst oder anderen etwas vor. Das waren/sind nämlich Fichtenfrüchte. Im Gegensatz zu diesen fallen die von Tannen nie in Gänze vom Baum, sondern nur in ihre Bestandteile zerlegt als einzelne Schuppen. Man muss sich ihnen schon, vielleicht mit Hilfe einer Leiter, kräftig entgegenstrecken, um sie zu pflücken, während sich die hängenden Fichtenzapfen, wenn die Zeit dafür reif ist, der Schwerkraft fügen und zu Boden fallen.
Der Dichter Paul Rudolf Uhl aus Passau hat das in ein paar gefällige Verse gekleidet:
Merke: Tannenzapfen liegen
nie am Waldesboden, denn
(die) Tanne lässt sie ja nicht fallen,
wie ich das von Fichten kenn‘.
(Die) Tanne lässt die Zapfen oben
und – wenn es so weit ist, dann
lässt sie still die Schuppen fallen,
die man schwer bemerken kann.
Willst die beiden unterscheiden,
merke dir nur: Fichte sticht –
angenehmer ist die Tanne,
denn sie tut es wirklich nicht…