Rotorman's Blog

Cuisin-esische Abenteuer zwischen
Ruhrpott-Carpaccio und Bouchot-Muscheln

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Das Handwerkszeug des gestandenen Gourmets. Es kann losgehen. Der Maître d’hôtel scharrt schon ungeduldig mit den Hufen, um das Amuse-Gueule servieren zu können. Voilà! Foto: Pixabay

Von Jürgen Heimann

Das muss man sich mal auf der Zunge vorstellen: Da bescheren aufregende, in raffinierte Kostüme gekleidete Aromenakkorde tiefgründige und innovative Einstiegsverführungen von unscheinbarer Großartigkeit. Dass die dem Amuse-Gueule zu Grunde liegenden Gestaltungsprinzipien bei kompromissloser Zurücknahme alles Ornamentalen voller Ironie und Doppelbödigkeit sind, schmeckt der erfahrene Gourmet natürlich auf den ersten Blick.

Die dominant-animalische Note der aus Langostino mit Ibericoschinken und confiertem Schweinebauch komponierten Hors d‘oeuvre wird bewusst in Kauf genommen, da diese spielerisch leicht durch das dynamische Wechselspiel von ölig halbiertem Spargel, frittierten Salbeiblättchen und legiertem rechtsdrehenden und selbstverständlich sautiertem ostwestfälischem Topinambur-Sirup abgerundet werden. In waghalsig  kühnen Linien erfahren diese eine größtmögliche Entfaltung. Aus den Proportionen der Konsistenzen spricht die Kunst der Balance. Wobei die pochierte und von einer ausgeklügelten Vinaigrette flankierte Shizokresse ihre gustatorische Kraft dank des sanft gegarten Schwanzes des Kaisergranats auch aus der mit Boudin nor (Blutpudding) und eisiger Lebercreme gefüllten Zucchiniblüte bezieht. Noch Fragen?  

Das ist Cuisin-esisch, und das verstehen nur ausgewiesene mit einem grundierten Fundwissen gesegnete Filigran-Appetitler. Als privilegierte Bewohner des Feinschmecker-Olymps sind selbige herabgestiegen, um uns ignoranten Geschmacksbanausen das kleine Einmaleins wahrer Küchenkunst einzutrichtern. Weg vom Fast-Food, hin zum Slow-Food. Das ist das Gegenteil von ersterem. Also Schnecken, Schildkröten usw. Aber diese apéritif-istische Nachhilfe ist vergebliche Liebesmüh. Bei uns, die wir schon hinter den gefüllten Weinblättern (Dolmadakia) unseres Lieblingsgriechen Kulinarik-Magie vermuten, beim Löffeln von Antonios Risotto genießerisch und einer verzückten Ohnmacht nahe die Augen verdrehen  und keiner Bottroper Schlemmerplatte, auch „Maurerpimmel mit Geröll“ genannt, aus dem Weg gehen, hieße das Perle vor die Säue zu werfen.

Unsittlicher Antrag im Dorfkrug

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Hier spricht man Cuisin-esisch. Wenn unsere begnadeten Gastrosophen den dekorierten Sterneköchen dieser Welt sachkundig in die Leckertöpfe schauen und anschließend darüber philosophieren, versteht die gemeine Frittenbude-Klientel nur Bahnhof(-sKneipe). Foto: Pixabay

Gut, auch wir leben gourmet-technisch nicht ganz hinter dem kulinarischen Mond und wissen „Echine de porc et ses champignons des bois accompagnés d’une galette de purée maison“ durchaus zu würdigen. Bei Muttern kam das Gleiche zwar immer als Schweine-Kotelett mit Pilzen und Kartoffelpuffer rüber (und auf den Tisch), aber egal. Und nachdem mein Nachbar so kühn war, im “Goldenen Hirsch”, dem ersten Haus am Dorfplatz, “Poulet rôti avec ses pommes de terre frites à la belge“ zu ordern, hat er dort Lokalverbot – auf Lebenszeit. Die Mutter Oberin glaubte nämlich, er hätte ihr einen unsittlichen Antrag gemacht. Dabei wollte Karl-Helmut doch nur einen halben Gummiadler mit Pommes bestellen.  Zumal ja schon Wilhelm Busch gesagt hatte: „Junge Hähnchen, sanft gebraten, dazu kann man dringend raten“.
Aber die Jungs, die über mit Kakaobutter gehärtete  Crème fraîche, zwischen kräftiger Käsecreme leidende Langustinen und ausgeprägte Bitterkeit transzendierende dunkle Endive schwadronieren, die spielen in einer ganz anderen Futterliga. Dagegen sind Rach, der rtl-Restaurant-Tester und sein blasser Nachfolger Stefan Henssler kleine (Horst) Lichter, trübe Funzeln des Happi-Happi-Journalismus’, die auf kleiner Flamme köcheln und der poetischen Wortgewalt der wahren Profis nichts entgegen zu setzen haben.  Darunter finden sich übrigens Gourmands und Gourmets. Bei ersteren handelt es sich um solche, die alles Essbare einfach zum Fressen gerne haben, also Vielfraße, Kahlfresser, Nimmersatte.  Gourmets hingegen zeichnen sich  beim Spachteln auch durch Mäßigung und exquisiter Sachkunde aus, oder sollten es zumindest.

Undercover auf der Fährte des guten Geschmacks

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Botschaften des guten Geschmacks. Auf dem Genießermarkt ist Platz für eine Fülle von Fachzeitschriften, die dem gemeinen Frittenbuden-Stammgast neue gustatorische Horizonte erschließen.

Diese investigativen Gastrosophen speisen Fachpublikationen wie “Essen & trinken”, “Garçon”, “Kir Royal”, “La Tavola” oder “Der Feinschmecker” mit ihren Er- und Genüssen und hinterlassen auch auf den vielen einschlägigen Web-Portalen und Blogs ihre genießerischen Spuren. Ob die nun “sternefresser.de”, “Gourmet-Portal” oder “Gourmet Globe” heißen. Was diese meistens inkognito operierenden Spachtel-Agenten bei ihren harten, entbehrungsreichen und  zumeist undercover geführten Feldeinsätzen im Feindesland an Erkenntnissen gewinnen, davon profitieren ja auch Ranking-Agenturen wie der Guide Michelin, der Gault Millau, der Schlemmer Atlas oder der Varta-Führer. Aus den für den Normalverbraucher schwer verdaulichen Ergüssen und Likes der kauenden Special Forces generieren die Herausgeber dieser international renommierten Speise-Bibeln nach einem kryptischen Bewertungssystem Punkte, die dann in Gestalt von Sternen, goldenen Kochlöffeln und Millaut-Hauben verteilt werden. Und wem einer (zwei, oder sogar drei) davon zuerkannt werden, darf für sein wie ein post-impressionistisches, apokalyptisches Kunstwerk dekoriertes dreiteiliges Entrée auch mindestens gleich dreimal so viel verlangen wie zuvor – es wird klaglos bezahlt.  Die Nase sieht ja schließlich mit, wie bereits Goethe festgestellt hatte: „Das Essen soll zuerst das Auge erfreuen und dann den Magen“.

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Die Heiligen Schriften der Schlemmerszene. Sie führen kenntnisreich durch den Genuss-Dschungel und sagen und, wo selbst ein glatzköpfiger Koch die Locken hat.

Mal ehrlich, wenn sich unter einer “Avocadocrème mit leichtem Zitronenaroma Shiitake-Pilze verbergen, die Belugalinsen durch eine Praline aus gebackenem Kalbskopf mit Rotweinsenf gekrönt werden und über allem dann noch ein mit Jus glasierter Schweinestick auf Schweine-Puff logiert“, wer will und würde denn da schon auf den Pfennig bzw. den Cent schauen? Erst recht dann nicht, wenn das alles auch noch mit sicherer Hand zubereitet wurde, sodass sich ein „lockerer Wechsel von witzig und leicht aufzunehmenden Aggregatszuständen und Aromen ergibt“, die sich obendrein „im Mund durch eine Wucht von Lieblichkeit ausbreiten“. Selbst wenn der Gegenwert dieser lukullischen Symphonie ungefähr dem eines einwöchigen Griechenlandurlaubs zur Hochsaison entspricht. Natürlich in einem Vier-Sterne-Hotel, all inclusive.

Das Wochenendhaus von Bastan Schweinsteiger

Ach ja, damit kein falscher Eindruck entsteht: Beim Schweine-Puff handelt es nicht um ein zwielichtiges, überwiegend von männlichen Borstenviechern frequentiertes Etablissement. Auch nicht um das Wochenendhaus von Bastian Schweinsteiger. Wir haben unter dieser Bezeichnung “gepuffte Stücke von Schweinehaut” zu verdauen, was auch immer das jetzt schon wieder sein soll.

Man muss sich das in der Nase zergehen lassen: “Allerdings hatten Gänseleber mit Champignon und Zander mit Grünkohl auch zwei Gemeinsamkeiten, nämlich einmal den Wechsel der Aggregatzustände innerhalb eines Tellers, und zum anderen eine anmutige Leichtigkeit, weil auf (und über?) dem einen Teller viel Kleinteiliges zu schweben schien, und auf dem anderen den Gast ein tanzendes Ensemble verführte”. O.K.: Vergessen wir mal alles, was wir in der Schule über die Gesetze der Schwerkraft gelernt haben. Wie verdammt nochmal hat es der Patron genannte Kombüsen-Hexer fertiggebracht, seine verführerischen Mädels auf dem Teller des Gastes die Beine schwingen zu lassen? Und nach welcher choreografischen Prämisse lief das ab? Ganz davon abgesehen, der Trick mit den schwebenden Einzelteilen ist, ohne dass (oder weil) ich ihn durchschaue, einfach genial! Wie ein Flugzeug mit Propeller stürzen wir uns auf die Teller!

Essen kann auch ganz schön rädern!

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Also, das Tartar von dieser demissionierten Königskrabbe war jetzt nicht der Brüller. Und unter einer gebratenen Jacobsmuschel in Avocadosalsa erschien mir in ihrer ironischen Doppelbödigkeit ihrer Geschmacksvariationen auch etwas zu chrunchig. Dafür waren aber die süßen Quinoaperlen superb! Foto: Pixabay

Stellen wir uns mal aus ihrem natürlichen Umfeld entrissene Bouchot-Muscheln vor, und zwar „aromatisch wie nie, die, ganz auf filigrane Harmonie ausgerichtet, zusammen mit einer unreifen Mango und ausdrucksstarken, charmanten Spargelspitzen zu einem zitrusartigen und im weiteren Verlauf fruchtig-geschmeidigen Chutney gegart werden“. Und auf denen dann sogar „zwei Blüten für den Hauch einer Bitternote sorgen“. Ist schon bitter, oder? Dass die karkassierten und zuvor flambierten Krokostreusel in der Suppe flottierten, als hätte ein Frosch in die Terrine gelaicht, störte den Mann weniger. Da hätte der würzige aus was und wem auch immer gewonnene Sud die einzelnen Aromen doch gar nicht eigens zusätzlich hervor zu heben brauchen. Und der Maestro hätte sich auch die frische, leicht in Zitrus marinierte und von luftig geräuchertem Störmus umgebene Auster, die er in das pochierte, den Mund zur Gänze erfüllende Zanderfilet eingebunden hatte, sonst wo hin stecken können. Da machten „die kleinen Punkte von Erbsmus, Lauchasche und Salty Fingers Alge, die (so) ungemein viele aromatische Kontraste setzten“, den Bock auch nicht fett bzw. zum Gärtner. Zumal die deklassierten, von verknoteten Schinkenspeckröllchen eingerahmten und mit Rosmarin leicht angedünsteten Bohnen in eine erlesene Senfpampe getunkt waren. Letztere erinnerte optisch ein klein wenig an den Auswurf eines an Bronchitis erkrankten Kettenrauchers. Trotzdem gilt: „Und wenn sich Tisch und Balken biegen, wir tun den Fraß schon runterkriegen“. Essen kann auch ganz schön rädern.

Hungriger Erlkönig: Wer spachtelt so spät und knabbert am Rind….

Dennoch: “Und dann sog ich eine grobe Krebsfarce mit einem Pep von Chili in mir ein, und ich saugte auch noch die letzten klitzekleinen Stückchen heraus und zu allerletzt auch noch den Hauch der Aromen”. Na bitte, geht doch. “Wäre ich ein Philosoph, könnte ich bei diesem Teller über Dialektik philosophieren”, notierte der verzückte, von crunchig süßen Quinoaperlen und dem Duft von mit Äpfeln,  Schalotten und Kräutern garnierten La Ratte Kartoffeln angetörnte Kritiker. Er nannte die Pampe ein “Gourmet-Gedicht, das auch von Rilke oder Brecht hätte stammen können”. Voilà! Davon hätte Johann-Wolfgangs Erlkönig aber keinen Bissen hinunter bekommen: “Wer spachtelt so spät und knabbert am Rind…“

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Das Auge futtert bekanntlich mit. Darf’s auch ein kleines bisschen mehr sein? Foto: Pixabay

Wir als treue Pommes-Buden-Klientel können da natürlich nicht mitreden, weil unser Geschmackssinn zu schlicht strukturiert ist. Es fehlt uns an Genusskompetenz und der auf chemo-sensorischen Neuronen basierenden Sensibilität. Unsere Rezeptoren an Zunge, Gaumen und Kehldeckel sind zu unterentwickelt, um ihrer reflektorischen Herausforderung auch nur annähernd gerecht werden zu können. Aber in dieser Hinsicht können ja Leute wie Wolfram Siebeck aus dem Vollen schöpfen. Nein, halt, der nicht mehr. Er konnte. Der begnadete Kolumnist, eine Art Alpha-Tier unter den schlemmenden Schreibern, hat im Juli vergangenen Jahres ja Messer und Gabel ein für allemal beiseitegelegt und das Besteck abgegeben.

Schaumschlägereien und verbogene Löffel

Aber es gibt würdige Nachfolger, die sich in direkter Erbfolge von Jean Anthelme Brillat-Savarin oder Carl Friedrich von Rumohr gestellt  sehen, ob sie nun Gert von Paczensky, Klaus Besser, Jörg Zipprick , Stefan Quandte oder Jürgen Dollase heißen. Das sind die Champions-League-Finalisten des Genres. Der Kader darunter ist  meist weniger gut aufgestellt. Da sind viele Schaumschläger dabei, “Claqueure gernegroßer Herdmeister”, wie Zipprick sie abfällig nennt. Meist ambitionierte und stets Kohldampf schiebende Autodidakten, die sich von der Döner-Bude über die drittklassige Poseidon-Taverna bis an den Katzentisch des exklusiven „Waldhotel Sonnora“ hochgefuttert haben. Output und poetische Kreativität steigen dann bei ihnen aber mit der Anzahl der Menügänge. Und dann biegen sich die Löffel, was Uri Geller vor Neid hätte erblassen lassen.

Chambrieren, Blanchieren, Delektieren, Blamieren

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Für ein Ruhrpott-Carpaccio, auch Schimanski-Teller genannt, haben die „Claqueure gernegroßer Herdmeister“ natürlich nur Verachtung übrig. Foto: Pixabay

Natürlich können die, die den zivilen und oft hoch dekorierten Küchenbullen dieser Welt sachverständig in die Leckertöpfe gucken, uns viel erzählen, vom Pferd beispielsweise. Weil die Sterneköche halt  degraissieren, chatieren, degorgieren, marinieren, dessechieren, parieren, deglacieren,  filetieren, chambrieren, chonchieren, pikieren, bardieren, gratinieren, blanchieren, frittieren, grillieren, lardieren (und kassieren), anstatt  einfach nur zu kochen –  oder wegen mir auch zu ejakulieren, koitieren, kopulieren, frappieren und emulieren.

Während die Gäste selegieren, konsumieren, dinieren, goutieren, gustieren, delektieren, haschieren, probieren, ästimieren, applaudieren, pokulieren und  schnabulieren, fühlen sich die  Damen und Herren Sachverständigen von der schreibenden Zunft während und nach der bescheidenen Mahlzeit dazu aufgerufen, zu inquirieren, zu bonitieren und zu lorgnettieren. Natürlich hat der erfahrene  Löffler immer einen Vorrat  kleiner, gegen das Völlegefühl im Magen anstinkende Helferlein wie Lefax, Iberogast, Talcid, Hepar-SL,  Rennie, sab-simplex oder Riopan dabei.  Auch hier gilt, wie es schon der alte Herder formulierte: „Wenn Därme voller Blähung sind, was wird? – Ihr sprecht: Prophetenwind!“ Oft kommt aber auch nur geistiger Dünnpfiff dabei heraus. Dann lässt der versierte Connaisseur alles noch mal alles Menü passieren, um nach dem erleichternden Bäuerchen über das Verspeiste zu reflektieren, bevor es ans Defäktieren geht.

Solcherart erleichtert wir dann outriert, couragiert fabuliert, dezidiert aggraviert, analysiert, affektiert lamentiert, ambitioniert argumentiert , borniert moniert, konkretisiert, polemisiert, relativiert, periphrasiert  und verklausuliert. Und das Ganze dann am Ende publiziert. Und der Leser ist, weil ziemlich strapaziert,  einfach nur enerviert. Wohingegen sich der arme Maître de Cuisine in Teufels Küche wähnt. Er wurde vielleicht diffamiert, fühlt sich blamiert und brüskiert und ist deshalb  düpiert, deprimiert und schockiert, aber keineswegs amüsiert.

Alfons Schuhbeck, Christoph Daum und Hannes Wader

Wir kennen dem Namen nach ja gerade mal Alfons  Schuhbeck, Eckart Witzigmann, Johann Lafer, Jamie Oliver oder Paul Bocuse. Aber wer bitteschön sind Harald Wohlfahrt, Helmut Thieltges, Pacaud, Roellinger, Ducasse, Philippe Rochat oder Nadia Santini???  Letztere könnte schließlich auch in der Damen-Elf von Juventus Turin auf der Reservebank kauen und ihrem Trainer einen blasen – die Schuppen vom Revers beispielsweise, oder halt die kristallinen weißen Überbleibsel jener (Mittel-)Linie, die sich der Coach kurz vor dem Anpfiff  backstage noch schnell reingezogen hatte.  Zumindest war das zu Zeiten, als Christoph Daum bei Bayer Leverkusen das Sagen hatte, noch so. Und Hannes Wader lieferte die Begleitmusik: „Fuhr ich von Frankfurt nach Berlin, den Koffer voll mit Kokain…“ Heuer trainiert der Chrissi die rumänische Nationalmannschaft und ist auf Tsuica und Palinka umgestiegen.

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Frösche gelten vor allem in den Küchen Frankreichs, der Westschweiz, Belgiens, Luxemburgs, Portugals, Louisianas und der Karibik sowie allgemein in Süd- und Ost-Asien und Teilen Afrikas als Delikatesse. Hier hat Kermits Cousin den Spieß umgedreht und wünscht „guten Appetit!“.

Die köchelnden Speerspitzen der Bewegung werden von ihren Bewunderern gefeiert wie Pop- oder Fußballstars. Sogar horrende Ablösesummen sind fällig, wenn der angesagte Buletten-Monteur auf Betreiben der Konkurrenz von einem Herd an den anderen wechseln soll. Und das Privatleben der Küchen-Zampanos hat natürlich auch Einfluss auf ihren Output.  Die dritte Ehefrau habe, urteilte ein kenntnisreicher, vom Zauber des frischvermählten Löffelschwingers gefangener Köcheversteher, „die ironische Doppelbödigkeit an Geschmacksvariationen in ihrer dezenten Modernisierung um vielschichtige und zugleich souveräne Nuancen offensichtlich und wahrnehmbar beflügelt“.  Das mit den Flügeln verleihen schafft sonst ja nur Red-Bull. Die Pampe, die der gepriesene Dünst-Hengst in seinem Brat- und Gar-Kabuff allerdings zusammen mixt, wenn ihn die Alte am Abend zuvor Kopfschmerz-bedingt hat abblitzen lassen, möchte ich dann lieber doch nicht probieren. In diesem besonderen Fall wäre Burger King eine echte Alternative.

Ochsenbäckchen und Herbstrüffel an der Pommesbude

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„Der Gourmand“. Ein Ölgemälde von Henri Brispot (1846–1928). Als „Gourmands“ gelten Nimmersatte, die alles Essbare einfach zum Fressen gerne haben. Gourmets hingegen verstehen sich als die wahren Connaisseure und def inieren sich als „sachkundige Genießer raffinierter Speisen und Getränke“.

Aber Helga, die Fritteuse aus der Pommesbude meines Vertrauens, hat ja einen neuen Macker. Da bin ich schwer gespannt, mit welcher Raffinesse sie demnächst  ihren legendären Schimanski-Teller oder das nicht minder geschätzte Ruhrpott-Carpaccio garniert. Ihre Phosphat-Stangen,  Apachen-Sprengel und C-Rohr-Schranken sind sowieso jenseits  von Gut und Böse. Dafür schwächelt sie ein  klein wenig  bei Ziegenkäseravioli mit Herbsttrüffeln auf einem Kürbissüppchen. Auch geschmorte Ochsenbäckchen „Bordelaise“ mit gerösteten Rübchen  und Kartoffel-Steinpilzmousseline habe ich woanders schon besser bekommen.

Fliegende Ornithologen und unfallfreie Spiegeleier

Weiß der Himmel (oder der Teufel),  woraus und woher diese geadelten Botschafter der hochpreisigen Gaumenfreuden ihr Selbstverständnis schöpfen. Da gibt es solche, den mundet einfach alles.  Weil es umsonst ist. Entsprechend beliebig sind auch ihre Phrasendreschereien. Andere wiederum finden selbst dann ein Haar in der Suppe, wenn der Koch eine Glatze hat. Was befähigt diese Leute aber, derart profund über die der geschmacklichen Lebenswirklichkeit von Otto-Normal-Verbraucher so weit entfernte „Haute Cuisine“ zu urteilen und zu richten, diese zu erhöhen, zu verdammen, zu glorifizieren oder inquisitorisch dem Scheiterhaufen zu übereignen? Ganz abgesehen davon, dass  diese Kritiker („Auch ohne Kaviar und Lachs: Wir sind die Meister des Geschmacks“!) in der Regel, die von den Ausnahmen bestätigt wird,  selbst noch nicht einmal dazu in der Lage sind, sich morgens (oder abends) unfallfrei ein Spiegelei zu braten.  Der Lyriker Novalis (1772 – 1801) hatte das einst so formuliert:  „Zur echten Kritik gehört die Fähigkeit, das zu kritisierende Produkt selbst hervorzubringen. Der Geschmack allein beurteilt nur negativ“. Das sieht Gastro-Papst Jürgen Dollase, eine Art Reich-Ranicki der gehobenen Fresskultur, anders: „Von einigen Zusammenhängen verstehe ich mehr als der Koch selbst. Aber das ist normal. Ein Künstler muss sein eigenes Werk ja auch nicht begreifen. Und ein Ornithologe weiß schließlich auch mehr über Vögel als ein Vogel selbst“. Nur fliegen kann er leider nicht.  Bon Appétit!

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