Von Jürgen Heimann
Die Hessische Landesregierung will den hiesigen Jägern den ungezügelten Spaß am Töten verhageln. In einem unlängst vom Umweltministerium veröffentlichten überarbeiteten Entwurf zur Landesjagdverordnung, soll es den Nimrods ganzjährig untersagt werden, weiterhin Feldhasen und Rebhühnern nachzustellen. Für eine solche Regelung hatten sich in einer schriftlichen Anhörung Organisationen wie “Wildtierschutz Deutschland“, „Tasso“ und andere Tierschutzverbände ausgesprochen.
Feldhasen und Rebhühner stehen auf der roten Liste gefährdeter Tierarten. Das hatte die Lodenmantel-Fraktion bislang freilich nicht daran gehindert, sie als Beute ins Visier zu nehmen und vehement zu bejagen. Damit soll jetzt Schluss sein. Die Empörung unter den selbsternannten Tierfreunden mit dem „grünen Abitur“ und der Lizenz zum Töten ist groß. Weil, so behaupten sie, die Population der Langohren sich in den vergangenen Jahren stabilisiert habe, sodass man sie auch weiterhin, ohne ihren Bestand zu gefährden, „rücksichtsvoll“ bejagen könne und müsse. Man habe die Tiere schließlich selbst gezählt.
Das ist natürlich so eine Sache mit der Arithmetik. Da scheinen die Lodenmäntler eine ganz eigene Zählweise zu haben. Denn: „Seit 2007 geht die Jahresstrecke an Feldhasen kontinuierlich zurück“, hält Wildtierschutz-Deutschland-Vorsitzender Lovis Kauertz den beschönigenden Berechnungen der Grünröcke entgegen. Unter Jahresstrecke versteht man die Summe bestimmter Tiere, die ihren Verfolgern mit für sie tödlichem Ausgang in Wald und Feld vor die Flinte laufen. In dieser Zahl enthalten sind aber auch die bei Wildunfällen getöteten Kreaturen. Nun liegt die rückläufige Abschussbilanz nicht unbedingt daran, dass die Pirschgänger heuer schlechter zielen oder treffen als in den Vorjahren. Die abnehmenden Zahlen sind ein untrügliches Indiz dafür, dass die Bestände kleiner geworden sind.
Ein Zahlenvergleich belegt das und offenbart zugleich, wieviel Unheil die deutschen Jäger bei der Ausübung ihres blutigen Hobbies unter den Mümmelmännern anrichten. In der Jagdsaison 2021/22 exekutierten sie bundesweit 145.282 von ihnen. Im Vergleichszeitraum 2019/2020 waren es noch 229.945 gewesen. Am „erfolgreichsten“ schnitten die Wildschützen in den Berechnungszeiträumen 2010/2011, 2011/2012 und 2012/2013. Da brachten sie 367.321, 328.355 und 314.426 Häschen zur berühmten Strecke. Die 300.000-Grenze wurde seitdem nie wieder überschritten. Es ging (steil) bergab.
Bei den Rebhühnern ist die Abschussquote zum Teil gegenläufig, freilich nur auf den ersten Blick. 2046 von ihnen taten in der Saison 2021/22 ihren letzten Flügelschlag, davor waren es 1877, in der Saison 18/19 bundesweit insgesamt 1928. Kein Vergleich zu den Jahren 2010/ oder 2011/12 mit 5543 bzw. 4447 Abschüssen. Nebenbei bemerkt: Nun kann man Hasen und „Perdix perdix“, so der lateinische Name der Hühnervögel, ja durchaus auch als Braten in die Röhre schieben. Das Ergebnis soll, wenn der Koch etwas von seinem Handwerk versteht, recht schmackhaft sein. Das ist bei Füchsen aber nicht der Fall. Die Buschschwänzigen sind für den Verzehr ungeeignet, selbst mit ihrem Fell will sich heute kein Mensch mit Charakter mehr schmücken. Trotzdem haben die im Deutschen Jagdverband organisierten Heckenschützen noch 2021/22 insgesamt 459.284 von ihnen abgeknallt. Für nix und wieder nix. Seit 2011 bis heute waren es 5.013.438. Eine unvorstellbare Zahl. Und ein Irrsinn.
Damit schießen bzw. ficken sich die Ballermänner und –frauen zwar nicht selbst ins Knie, aber in das der Landwirte und Waldbesitzer. Jeder Rotfuchs fängt pro Tag zwischen 20 und 30 Mäuse. Andere Berechnungen gehen von der Zahl 15 aus. In der Setzzeit – also wenn Familie Reinecke Nachwuchs generiert, sind es Natürlich erheblich mehr. Legt man die kleinere Zahl zugrunde, hätten die seit 2011 gemeuchelten Füchse, die nur in den seltensten Fällen mal eine Gans stehlen, bis heute 75,2 Millionen der schädlichen Nager den Garaus gemacht, wären sie denn am Leben geblieben. Es lässt sich erahnen, welche immensen Schäden auf Getreidefeldern oder in Waldschonungen hätten vermieden werden können
Zurück zu Hase und (Reb-)Huhn. Sollte die Jagd auf selbige aufgrund einer ganzjährigen Schonzeit nicht mehr möglich sein, drohten Städten und Gemeinden künftig geringere Pachteinnahmen durch Revierjäger, warnt der Landesjagdverband. Oder einzelne Reviere fänden erst gar keinen Pächter mehr. Da fließen in Sorge um kollabierende Kommunaletats die Krokodiltränen in Strömen. So viel Tempotaschentücher hat der Normalverbraucher gar nicht vorrätig.
Dass die Kommunen so fortan weniger kassieren, kann durchaus passieren. Aber andererseits dürfte dann auch der Jagdtourismus, zum Beispiel jener aus den Niederlanden, zum Erliegen kommen. Bei großen Treibjagden hierzulande stellen die fliegenden, nein, stopp, die ballernden Holländern in der Regel ein starkes Kontingent, weil bei ihnen daheim Hasen und Rebhühner seit langem nicht mehr gezielt eliminiert werden dürfen. Erschwerend hinzukomme, so der HJV, dass den Kollegen aus der Hinterhalt-Fraktion dann der Anreiz, sich im Rahmen der „Hege“ weiterhin (und vor allem völlig uneigennützig) um die beiden Tierarten zu kümmern bzw. sie zu zählen, abhanden komme. Eine allerdings nur für sie selbst schmerzliche Entwicklung. Halali!