Ja, ja, diese Westerwälder. Die haben es ja nicht nur faustdick hinter den Ohren, sondern, wenn ihre lediglich dem eigenen Gewissen und dem Fraktionszwang unterworfenen Abgeordneten die Köpfe zusammenstecken, auch knüppeldick auf den Tischen. Deren Agenda ist mitunter so gigantisch dimensioniert, dass sogar eine Kneipe draufpasst, und noch mehr. Das zumindest wollte der Mittelgebirgs-Korrespondent meiner Heimatzeitung seinen geneigten Lesern weismachen. Und so lasen wir mit einigem Erstaunen, dass die Gaststätte am Heisterberger Weiher unlängst auf der Tagesordnung der wackeren Driedorfer Gemeindevertreter stand. Aber nicht nur die (wir reden von der Kneipe, nicht von den Mitgliedern des kommunalen Volkskongresses), sondern auch noch andere Wirtschaftsgebäude des dortigen Campingplatzes lasteten darauf. Ich stelle mir das gerade bildlich vor. Der Vorgang wirft einige Fragen auf: Wie haben es die Driedorfer nur geschafft, die Tagesordnung (zu der man, bis das geklärt ist, nicht so ohne weiteres übergehen sollte) unter der Liegenschaft hervor zu ziehen, um sie zu lesen? So ein gastliches Anwesen wiegt, auch wenn es inzwischen etwas marode ist, ja doch schon ein paar Pfund. Und: Wie viele Bäume haben wohl gefällt werden müssen, um daraus die Menge an Papier zu generieren, die erforderlich gewesen ist, um dieses Kunststück vollbringen zu können? Das waren ja auch etliche DIN-A-4-Bogen, die zuvor akribisch und flächendeckend unter den Bauten hatten ausgebreitet werden müssen.
Gut, der Bürgermeister wird jetzt einwenden, man benutze für die Beratungsvor- und unterlagen prinzipiell Recycling Papier und müsse deshalb kein schlechtes Gewissen haben. Braucht er auch nicht. Eher schon der Formulierungskünstler.
Die beißende Maus verschlingt den Faden
Wir gehen ja oft ziemlich sorglos und unüberlegt mit unserer Sprache um, auch, oder vielleicht gerade weil sie die von Muttern ist. (Allerdings: Wenn Mama spricht und doziert, muss sich einem die Schlüssigkeit des Gesagten auch nicht immer auf Anhieb erschließen).Und dann kommt oftmals der Flüchtigkeit geschuldeter Blödsinn dabei heraus, der sich (einem) aber auch nicht immer zwingend auf den ersten Blick als solcher offenbart. Auf einer Tagesordnung stehen Beratungspunkte, niemals aber veritable Objekte. Da verschlingt der Faden nun mal keine beißende Maus, oder wie das heißt. Korrekt hätte es in diesem aktuellen Fall deshalb lauten müssen: „stand das Thema Gaststätte auf der Tagesordnung“. Und alles wäre gut gewesen. Das üben wir deshalb besser noch mal.
Wir wollen ja nicht päpstlicher als der Hausherr des Palazzo Apostolico in Rom sein, aber ab und an die kleinen grauen Zellen zu bemühen, bevor der (Wurst-)Finger auf die Tastatur hackt, könnte sicherlich nix schaden. Das tut man am besten bereits während die Greifhand noch über dem Keyboard hoovert und bevor das Zielerfassungsradar dem rechten Zeigefinger den Sturzflug nahelegt. Andererseits: Solche kleinen (oder großen) Ausreißer können schließlich jedem unterlaufen.
Auszug aus einem Auto-Testbericht: „Das kleine Lenkrad liegt gut in der Hand, und zusammen mit der sehr direkten Lenkung habe ich das Gefühl, eher in einem Sportcoupé zu sitzen“. Scheint zunächst einmal nicht besonders (verhaltens-)auffällig zu sein. Aber der Belzebub steckt auch hier im kleingedruckten Detail. Wenn man den Satz wörtlich nimmt, sitzt ein gefühlvoller Autofahrer am Steuer – und neben ihm auf dem Beifahrersitz hat es sich die Lenkung, die seine sportiven Gefühle ausnahmslos teilt, bequem gemacht. Hätte der mobil-athletische Karossen-Rezensent formuliert, dass ihn „dank der sehr direkten Lenkung“ einen bestimmtes Gefühl beschlichen hätte, er hätte wieder eindeutig mutterseelenallein im Cockpit des Boliden gesessen.
Der Korrektor trotzt den Schmidt’schen Rauchschwaden
Der „ZEIT“, die sich ja glücklicherweise immer noch eine Endkontrolle leistet, wäre dieser Lapsus vermutlich nicht passiert. Ist er auch nicht. Er wurde vor Drucklegung entschärft. Da kann Schmidts Helmut als Mitherausgeber die Redaktionsräume noch so sehr zu quarzen, so etwas sticht dem adleräugigen und zur Pedanterie neigenden Korrektor der honorigen Wochenzeitung trotz der heftigen Menthol-Schwaden, die der Ex-Bundeskanzler rausbläst, sofort ins tränende Auge. Seit Nachrichten, Meinungen oder, wie gerade hier, Besserwisserei aber nicht mehr nur in gedruckter Form daher kommen, sondern in Echzteit online Verbreitung finden, tun sich ergiebige und niemals versiegende Fehlerquellen auf. Viele, die daraus schöpfen, habe es nicht besser gelernt. Und es gibt kaum jemanden, der ihnen auf die Finger schaut (und klopft). Doch wer sich daran stört, sollte beherzigen, was die britischen Insel-Bären mit „People (who live) in glass houses shouldn’t throw stones“ umschreiben. Das ist, glaube ich, Serbokroatisch und bedeutet so viel wie „wer selbst im Glashaus sitzt, sollte sich im Dunklen ausziehen.
Wie oft lesen wir „Zehn Menschen wurden teilweise schwer verletzt ..“. Dabei muss es, wenn schon, denn schon, heißen: “Zehn Menschen wurden verletzt, einige (davon) schwer …“. Oder es ist von „Schwangerschaftsunterbrechung“ die Rede. Die Formulierung impliziert ja, dass es mit dem Fötus-Austragen irgendwann weiter geht, und zwar an dem Punkt, an der frau damit aufgehört hat. Korrekt wäre in diesem Fall natürlich „Schwangerschaftsabbruch“. Das ist endgültig, irreversibel. Oder, anderes Beispiel, wir lesen: „In einem Interview mit dem Hirzenhainer Kurier sagte Müller …“. Wenn schon, dann „In einem Interview des Hirzenhainer Kurier(s) sagte Müller …“. Aber besser wäre, er, also Müller, sagt gar nix. Kommt eh nur Stuss dabei heraus…
Dativ, Präservativ und Litauen-Mafia
Lassen wir mal den Dativ, der angeblich dem Präservativ, ähm, nee, dem Genitiv sein Tod ist und der bekanntermaßen wie ein Sokrates-Stilett über selbigen schwebt, beiseite. Es ist ja sowieso schwer, die Fälle auseinander zu halten, wenn man selbst einer ist. Dass „die USA die Wirtschaftssanktionen gegen Kuba gelockert hat“ kann uns im mittelhessischen Outback ja ziemlich Wurst sein, da wir gar nicht an Handelsbeziehungen mit der permanent klammen Castro-Klitsche interessiert sind und stattdessen lieber mit der Mafia in Litauen dealen. Aber müsste es nicht „die USA haben die Wirtschaftssanktionen gegen Kuba gelockert“ lauten?
Heino, Guppy, Kuemmerling
Dass, wie vom Wirt meiner Stammkneipe in einem Ausgang auf dem Parkplatz behauptet, ein Einbruch in sein „Vünv-Schderne-Rästaurang“ sinnlos sei, weil die Kasse und die des schief an der Wand hängenden einarmigen Banditen jeden Abend geleert würden, wage ich ebenfalls zu bezweifeln. Das ist lediglich ein frommer Wunsch. Vielleicht meinte der lokale Gastro-Tycoon unserer pulsierenden, als Weltkulturerbe gelisteten Mega-Metropole ja stattdessen, ein ungebetener Besuch außerhalb der regulären Öffnungszeiten wäre „zwecklos“. Aber das wäre er auch nur dann und für die kriminellen Gäste sowieso, wenn diese es ausschließlich auf Bares abgesehen hätten.
Vielleicht aber sind sie ja auch nur auf den prächtigen Guppy-Zuchthengst im Aquarium hinter der Theke scharf. Oder auf die handsignierte Autogrammkarte von Heino an der Wand. Und gesetzt den Fall, die Eindringlinge lassen, ob vorsätzlich oder zufällig , neben den zwei Kuemmerling-Kartons auch meinen sich inzwischen auf die Summe von mehr als 150 HiHai-Dollars belaufenden „Deckel“ mitgehen, wäre die Aktion ja in ihrer finalen Konsequenz sehr wohl sinnvoll, zumindest, wenn man das von meiner Warte aus betrachtet. Und sie würde zudem einen wichtigen Zweck erfüllen: Ich bekäme in dieser dunklen Spelunke wieder etwas zu trinken, weil ich keine nachweisbaren Zechschulden mehr hätte. Cheerio Miss Sofie!
P.S. Ein anderes Wort für Wirt ist Schenk. Aber nicht, weil der mir und meinesgleichen etwas schenkt. Sondern weil er ausschenkt. Andere meinen, er schänke aus. Beides ist richtig. Geschenkt!