Von Jürgen Heimann
Der Lack blättert. Für den „World Wide Fund For Nature“ (WWF), eine der größten und zugleich mächtigsten Natur-und Tierschutzorganisationen der Welt mit Hauptsitz in der Schweiz, wird es schwieriger, sein angeblich der Liebe zu Mitgeschöpf und Umwelt geschuldetes Saubermann-Image aufrecht zu erhalten. Der immer wieder von Skandalen erschütterte Global-Player mit Niederlassungen in mehr als 80 Ländern der Erde hat zunehmend (hausgemachte) Reputations- und Glaubwürdigkeitsprobleme. Weil hier nicht alles Gold ist, was glänzt, weil exponierte Repräsentanten zwar Wasser predigen, aber insgeheim und öffentlich Wein und Schampus saufen. Jene 11,5 Milliarden überwiegend durch Spenden finanzierte US-Dollars, die die Stiftung mit dem Panda-Logo seit ihrer Gründung 1961 eigenen Angaben zufolge in rund 13.000 über den Globus verteilte Projekte des Tier- und Landschaftsschutzes investiert hat, mögen ja ein durchaus eindrucksvolles Zeugnis für ihr weltumspannendes Engagement sein. Aber da sind eben auch einige schwarze Stellen auf der fleckiger werdenden weißen Weste.
Einige zum Erreichen bestimmter Ziele angewandte Praktiken würden beim ethisch-moralischen Elch-Test mit Pauken und Trompeten durchfallen. Und unter den Allianzen und Partnerschaften, die das „grüne Imperium“ schmiedete bzw. einging, waren, vorsichtig formuliert, einige auch von recht zweifelhafter und grenzwertiger Natur. Und wohl keineswegs immer mit der hehren, hauseigenen Philosophie kompatibel. Nachdem unlängst bekannt geworden ist, dass der WWF auf seinen eigenen Ländereien auch als Veranstalter von Drückjagden auftritt, sieht er sich einer neuen Welle der Empörung ausgesetzt.
Das wird die Organisation erneut Mitglieder und Spendengelder kosten. Das Bild von den 85 toten, säuberlich in Reih und Glied „gestreckten“ Wildschweinen mit den blutigen, aufgebrochenen Bäuchen hätte auch in jedem x-beliebigen Revier Deutschlands „geschossen“ worden sein können. Dass es aber die „Erfolgsgeschichte“ einer vom WWF selbst organisierten und zu verantwortenden Hatz auf die Schwarzkittel dokumentiert, macht es so explosiv.(Nicht auf dem Foto zu sehen sind jene zehn Rehe, die es nebenbei auch erwischt hatte). Angesichts der 520.623 im Jagdjahr 2014/2015 deutschlandweit abgeschossenen Borstenviecher fallen die 85 erlegten Sauen von Großkühnau zwar kaum ins Gewicht, aber es macht schon einen Unterschied, auf wessen Geheiß sie ihr Leben lassen mussten.
60 Jäger mit der WWF-Lizenz zum Töten
„Als Flächenbesitzer sind wir zu einem Mindestmaß an Wildbestandsregulierung verpflichtet, um Schäden an den Hochwasserdeichen und auf den angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen vorzubeugen“, heißt es in einem WWF-Schreiben. Andernfalls drohten erhebliche Regressforderungen. Zudem würden sich die sehr hohen Wildtierbestände auch negativ auf die Naturverjüngung des Auenwaldes auswirken. Insbesondere die landschaftstypischen Eichen würden seit Jahren so stark verbissen, dass ihre Sämlinge nicht mehr zu Bäumen heranwachsen könnten.
Irgendwo und irgendwie schon mal gehört
Diese „Argumentationslinie“ hätte auch dem Jahresbericht eines Hegerings oder dem einer Kreisjägervereinigung irgendwo in Deutschland entnommen sein können. Das sind genau die floskelhaften Plattitüden und Phrasen, mit denen Jäger landauf, landab ihr blutiges Hobby zu rechtfertigen suchen. Man kann durchaus ernsthaft über deren Stichhaltigkeit diskutieren und sollte es auch. Ebenso darüber, dass Jagddruck kontraproduktiv ist, weil er beim verfolgten Wild automatisch eine erhöhte Fortpflanzungsrate bewirkt. Dadurch wird ein Kreislauf in Gang gesetzt, der den Pirschgängern auf Dauer reiche Beute zutreibt und garantiert. Dass sich jetzt aber ausgerechnet eine Organisation, deren erklärtes Ziel eine Zukunft ist, „in der Mensch und Natur im Einklang miteinander leben“, diese Positionen und dieses Vokabular zu eigen macht, hat viele Tierschützer verbittert, nicht nur solche in Deutschland.
Bisherige Unterstützer springen ab
Drückjagden seien, selbst wenn sie nicht oft durchgeführt würden, Tierquälerei. Eine Natur- und Umweltorganisation wie der WWF dürfte solche weder tolerieren, geschweige denn selbst veranstalten, schreibt beispielsweise Marion Theus, die Präsidentin des Schweizer Wildtierschutz –Verbandes. Und sie hat bereits Konsequenzen gezogen und ihre bisherige finanzielle Unterstützung für den „World Wide Fund For Nature“ mit sofortiger Wirkung eingestellt. Rückgängig gemacht hat sie ferner eine entsprechende Berücksichtigung in ihrem Testament. Motto: Der WWF lässt Tiere sterben, deshalb gibt es nix zu erben!
Wie andere Kritiker rügt auch Theus die enge Verflechtung zwischen dem WWF und der Internationalen der Lodenmäntler mit der Lizenz zum Töten. In seinen Reihen tummelten sich, gerade auch an exponierter Stelle, nach wie vor viele Jäger und sogar Großwildjäger. Einer der prominentesten unter ihnen war der spanische König. Der hatte sich im April 2012 in Botswana bei Abschuss eines kapitalen 50 Jahre alten Elefantenbullen erwischen lassen. Siebenmal hatte er großkalibrig ballern müssen, bevor das Tier in die ewigen Jagdgründe eingegangen war. Die Heldentat flog damals nur auf, weil der Monarch zwei Tage später, vermutlich nach einer ausgelassenen Halali-Party, morgens um drei auf der Treppe seiner Unterkunft gestürzt war und sich die Hüfte gebrochen hatte. Danach waren die näheren Umstände seines Besuchs in Afrika nicht mehr unter dem Teppich zu halten. Was die Angelegenheit für den WWF so pikant machte: Der Iberia-King war zum Zeitpunkt seines Fehltritts Ehrenpräsident der Stiftung. Der Titel wurde ihm später aberkannt – auch, nachdem dies zig-tausende Spanier in diversen Petitionen gefordert hatten.
Fehltritte: Elefantenrunde mit einem reifen Blond-Girl
Apropos Fehltritt: Dem ollen Don Juan wird ja bis heute eine Affäre mit der 30 Jahre jüngeren deutschen „Prinzessin“ Corinna zu Sayn-Wittgenstein nachgesagt. Das reife Blond-Girl, das seinen Titel der nach fünf Jahren schon wieder aufgelösten Ehe mit Prinz Casimir zu Sayn-Wittgenstein verdankt, gehörte rein zufällig zur fröhlichen Elefantenrunde in Botswana – und soll sie auch geplant haben. In Afrika organisiert die schießwütige Frau regelmäßig Jagdausflüge für Adelige – ebenso solche für nicht so blaublütige Millionäre. Finanziert worden war das südafrikanische Abenteuer übrigens von dem arabischen Multimillionär Eyad Kayali. Und es soll nicht die erste gemeinsame Großwildjagd des erlauchten Trios in diesem Land gewesen sein.
Die Spekulationen, ob Juan Carlos Alfonso Víctor María de Borbón y Borbón-Dos Sicilia, der 2014 zugunsten seines Sohnes Felipe den spanischen Königsthron räumte, bei Corinna zum Schuss gekommen ist oder nicht, halten an. Sie selbst ist es damals wohl eher nicht. Die in Frankfurt geborene Tochter des dänischen Managers Finn Bönning sollte gemäß Safari-Agreement am dritten Tage auf einen Dickhäuter anlegen dürfen, doch brachte der (folgenschwere) Sturz des Königs in den frühen Morgenstunden desselbigen alle diesbezüglichen Pläne durcheinander. Danach wackelte nicht nur die Hüfte des Monarchen, sondern ein klein wenig auch die spanische Monarchie.
Ein spanischer Bock, der zum Gärtner wurde
Diesen spanischen Bock zum Gärtner, sprich Ehren-Präses gemacht zu haben, war nicht die erste und einzige personelle Fehlentscheidung der WWF-Oberen. Da gab und gibt es noch mehr schwarze Schafe. Jahrelang hielten die Verantwortlichen an dem umstrittenen Textil-Unternehmer und Großwildjäger Knut Bellinger als ihrem offiziellen Repräsentanten und “Botschafter” fest. Bis der es zu weit trieb und unverhohlen auf youtube wiederholte Abschüsse streng geschützter Jaguare in Südamerika dokumentierte und verherrlichte. Und das ausgerechnet im Pantanal, das der WWF zuvor zum bedrohten Lebensraum erklärte hatte:
Millionen sinnvoll in Safaris investiert
Die Deutsche Jagdzeitung hingegen ist nach wie vor der Meinung, dass der Mann, indem er der Großwildjagd so exzessiv frönte, seine Millionen sinnvoll eingesetzt hätte. Und der so aus berufenem Munde Gelobte zeigt das Resultat seiner unsteten jahrzehntelangen Trophäen-Jagd rund um die Welt auf zwei Ebenen verteilt in einem 400 Quadratmeter großen Privatmuseum am Kölner Hohenstaufenring. So viele Beuteteile passen nun mal nicht in ein kleines profanes Jagdzimmer. Den Ort hat er übrigens „Shangri-La“ getauft. So wie die fiktive paradiesische Location, die der Schriftsteller James Hilton in seinem Roman „Der verlorene Horizont“ (Lost Horizon) in Tibet verortet hat. Ob seines Alters (Baujahr 1930) ist aber davon auszugehen, dass der Expeditions-geile „Abenteurer“ künftig nicht mehr allzu viel Schaden unter den Tieren in den Sümpfen, Urwäldern und Savannen dieser Welt anrichten dürfte.
Holland-King auf der Pirsch
Dieser Bürgerliche hat zwar jede Menge Kohle, er passt trotzdem nicht so ganz ins gängige Umfeld. Der WWF ist ja nicht aus einer sozialen Bewegung heraus entstanden und aufgestiegen, sondern er ist ein Projekt wirtschaftlicher Eliten, Glamour-Promis und mehr oder weniger gut betuchter Adeliger. Der ewig auf der Buckingham-Warteliste stehende (Prinz) Charles sowie seine Söhne William und Harry zählen ja auch zum Unterstützerkreis. Davon abgesehen: Prinz Bernhard der Niederlande, der „Sidekick“ von Juliana, mit der der Prinzgemahl irgendwann auch Bea gezeugt hatte, die von 1980 bis 2013 als Königin über den käsigen Windmühlen-und Tulpenstaat „herrschte“, war von 1962 bis 1976 der erste Präsident des WWF. Sein Enkel, der amtierende niederländische König Willem-Alexander, Beatrix‘ und Cläuschens Ältester, ist da wohl etwas aus der Art geschlagen. Statt sie zu schützen, findet er es aufregender, auf Tiere zu schießen.
Die dunkle Welt hinter dem sauberen Panda
Mit Schießen kennt sich auch der WWF aus, im übertragenen Sinne dem Schießen auf unbequeme Kritiker. Zu diesen zählt auch der Journalist, Regisseur und Filmemacher Wilfried Huismann, dessen 2011 in der ARD ausgestrahlte Dokumentation „Der Pakt mit dem Panda: Was uns der WWF verschweigt“ noch heute in den Chefetagen der Stiftung für Heulen und Zähneklappern sorgt. Obwohl es den vorgeführten und um ihren Ruf besorgten Umweltrettern ja im Zuge langwieriger juristischer Verfahren glücken sollte, den Machern die Wiederholung diverser im Film getroffener Äußerungen verbieten zu lassen. Für dieses Werk wurde der Autor ein Jahr später aber mit dem Otto-Brenner-Preis ausgezeichnet, wobei die Laudatio durch Thomas Leif für sich genommen schon eindrucksvoll und informativ die Thematik beleuchtete: „Wir werfen einen Blick in die schmutzige Welt hinter dem sauberen Panda“. Den Beitrag gibt es hier zu sehen:
Ebenfalls ein Jahr nach Erstausstrahlung des Films hatte der dreifache Grimme-Preisträger noch mal mit seinem „Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda“ nachgelegt und damit für blankliegende Nerven nicht nur in der WWF-Zentrale in Gland im Kanton Waadt gesorgt. Der Panda-Multi sah die Glaubwürdigkeit seines Geschäftsmodells massiv bedroht. Und dieses Geschäftsmodell besteht laut Huismann eben schlicht und ergreifend darin, „mit der Natur, mit den Tieren, mit dem Mitleid der Menschen für die bedrohte Natur sehr viel Geld zu verdienen“. Das ist eine lukrative Sache. Auf diese Weise kommen jährlich über 500 Millionen EUR an Spenden zusammen.
Angriff auf Presse- und Meinungsfreiheit
Der WWF ließ in Folge die Muskeln und Tatzen spielen und zeigte einer perplexen Öffentlichkeit, wie mächtig und einflussreich er tatsächlich ist: WWF-Schwarzbuch
Er drohte großen Buchhändlern über eine Anwaltskanzlei mit Unterlassungsansprüchen, woraufhin Amazon, Thalia, Libri, KNV und Weltbild kuschten und das Druckwerk ohne jeglichen Hinweis aus dem Sortiment nahmen. Dadurch konnte letztlich natürlich nicht verhindert werden, dass das Buch, das zeitweilig nur über den Verlag Random House zu beziehen war, zum Bestseller wurde. Das “Bücherverbot“ offenbarte aber ein seltsames Verständnis von Presse- und Meinungsfreiheit und kostete den WWF viele Sympathiepunkte. Er muss sich nicht wundern, wenn kritische Journalisten jetzt noch genauer hinsehen. Denn: Wer (selbst) im Glashaus sitzt, sollte sich im Dunklen ausziehen!