Zur Eröffnung gab’s Freibier für alle. Aber das Fass ist noch längst nicht leer. Hirzenhain hat jetzt auch eine eigene Brauerei. In der Rehgasse. Das „Hirzehoaner Hoawwer-Bäier“, das mit Felsquellwasser aus dem „Happer-Burn“ gebraut wird, gibt’s als klassisches Pils, als Drei-Radler und als Ganz-Alt. Eine alkoholfreie Variante ist nicht im Programm. Eine vom Betreiber in Auftrag gegebene Markt- und Absatzanalyse hatte ergeben, dass es dafür im Ort keinerlei Nachfrage gibt. Am Bahnhof hingegen schon.
Die PR-Kampagne für das süffig-herbe Gesöff läuft inzwischen auf vollen Touren. Motto: Nur hübsch sein reicht nicht. Man(n)/frau muss auch Bier trinken können. Was immer noch besser ist als Quark zu reden. Aber das hat bei uns hier auf dem Berg ja sowieso eine jahrhundertelange Tradition. Da geht immer noch was (rein). Wo auch immer….Wir retten damit auch den Regenwald. Sagt Günter Jauch. Dreiviertel davon gehört schon uns. Also vom Regenwald. Nicht vom Jauch
Nach dem Regenwald retten wir jetzt den “Lu”
Saufen für den Umwelt- und Naturschutz. Das ist und bleibt der Klassiker schlechthin. 2002 gestartet, entpuppte sich das Projekt als die erfolgreichste Verkaufsförderungskampagne in der Geschichte der Krombacher Brauerei. Mit dem Kauf jeder Kiste dieser Plörre würden wir einen Quadratmeter Dschungelforst im Amazonasbecken bewahren, hatte uns der Jauchi damals glaubhaft versichert. Dafür konnte man sich schon mal überwinden. Augen zu und runter damit. Und diese Aktion findet jetzt, wenn auch in bescheidenerem Rahmen, ihre Fortsetzung. In Hirzenhain.
Jährlich werden etwa 100 Milliarden Quadratmeter Tropenwald abgeholzt. Um das auszugleichen, hätten die deutschen Schluckspechte täglich den Inhalt von 274 Millionen Kästen Krombacher vernichten müssen. Das war kaum zu schaffen. Da stießen selbst die ambitionierten Brenner aus dem Segelfliegerdorf an ihre Grenzen. Aber der Lu, der jetzt gerettet werden soll, ist ja nicht ganz so groß wie der Regenwald. Das müsste also zu stemmen sein. Und das neue „Hoawwer-Bäier“ schmeckt sowieso um Längen besser als Plempe aus dem Siegerland. Also hoch die Tassen. Es für einen guten Zweck.
Und wieder ist Günter Jauch mit im Boot. Der populäre Moderator und Quiz-Master verleiht auch dem Projekt „Mir seffe fier uin Lu“ sein Gesicht. Die hiesige Arbeitsgemeinschaft „Locker vom Hocker“ hat den TV-Liebling als Unterstützer für ihre Aktion gewinnen können.
Mit dem Kauf eines jeden Schächtelchens „Hirzehoaner Howwer-Bäiers“ lassen sich 75 Quadratzentimeter besagten Kleingartengeländes erhalten. Selbiges will die Gemeinde Eschenburg ja auf vier Bauplätze im Hamsterkäfig-Format reduzieren. Um diesen absurden Plan zu vereiteln, haben sich engagierte Einwohner zur Initiative „Mir seffe fiern Lu“ zusammengeschlossen. Und in der „Hoawwer-Bäier-Brau-GmbH“ einen starken Partner gefunden. Mit dem Verlaufserlös will der Braumeister das Terrain erwerben – notfalls auch zu einem überdurchschnittlich hohen Quadratmeterpreis. Um dann darauf kleinteilige Parzellen für den Anbau von Hopfen und Gerste auszuweisen. Dann wären wir hier in einem äußerst bedeutsamen Marktsegment quasi Selbstversorger.
Und es gibt weitere prominente Unterstützer. Auch der bekannteste und beliebteste Blond-Perücken-Träger Deutschlands, Heini, nein, stopp, Heino – sorry! – hat sich inzwischen in die Phalanx derer, die den „Lu“ als solchen bewahren wollen, eingereiht. Und schmettert den Hirzenhainern aus voller Brust sein „Schwarz-braun ist die Haselnuss“ entgegen. Das kommt an. Vor allen bei den 17 Prozent der wahlberechtigten Hirzenhainer Urnengängern, die bei der letzten Wahl ihr Kreuzchen bei der AFD gemacht haben. Schwarz-braun eben. Aber zur Ehrenrettung meiner dörflichen Mitbewohner sei angemerkt: Das ist schon eine wesentliche Verbesserung gegenüber 1933. Damals hatten 99 Prozent von ihnen die NSDAP gewählt. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Jene, dass Einsicht und Vernunft siegen habe ich trotz vieler Rückschläge noch nicht aufgegeben. Schaun‘ ‚mer mal.