Rotorman's Blog

I Need Speed: Breitscheider Tempo-Springer
bei der WM in Arizona in bestechender Form

Speed-Freaks: Würden Sie diesen Herren ein Zimmer vermieten? Das Breitscheider WM-Team (v.l.n.r) Matthias Kraft, Lukas Winnecker und Stefan Karger zeigte sich über der Wüste Arizonas in bestechender Form.

Von Jürgen Heimann

Bei Deutschen Meisterschaften und europäischen Wettbewerben immer vorneweg dabei und mit auf den Siegertreppchen, ist es den Breitscheider Fallschirmsportlern unlängst erstmals gelungen Weltmeisterschaftliches Edelmetall zu erbeuten. Eloy, Arizona, 4.000 Höhenmeter über der Wüste. Dort sollte sich die Spreu vom Weizen trennen. 400 Luftathleten aus 34 Nationen flogen, nicht fielen, daselbst um WM-Punkte und -medaillen. Und die „Hub“-Skydiver standen, nein, rasten in der ersten Reihe mit. Motto: Geschwindigkeit ist keine Hexerei. Gib‘ Gas, ich will Spaß!.Der Silber-„Taler“, den der „Matze“ stolz mit nach Hause brachte, bekommt in der Trophäen-Vitrine  von „Skydive-Westerwald“ einen exponierten und entsprechend ausgeleuchteten Platz.

Der Vorsitzende der Springer, bürgerlich Matthias Kraft, hatte sich mit zwei Vereinskameraden (Stefan Karger, Lukas Winnecker) dem Vergleich mit den global Besten ihres Fachs gestellt. Und zwar in einer „exotischen“, noch relativ jungen Disziplin: „Speed-Skydiving“. Das ist so eine Art Formel 1 im Fallschirmsprung. Nur, dass dabei, freilich in vertikaler Ausrichtung, deutlich höhere Geschwindigkeiten erreicht  werden als auf den  Asphalt-Rundkursen der Formula One. Von 500 Sachen und mehr kann ein Max Verstappen nur träumen. Aber solche Geschwindigkeiten sind beim „Speeds Skydiving“ inzwischen keine Seltenheit mehr. Der Weltrekord liegt aktuell bei Tempo 601,26. Da kann’s einem schon schwindelig werden.

Gut, ganz so viel hatte Kraft jetzt in Arizona nicht auf dem Tacho, verfehlte auch knapp die magische Grenze von 500km/h, stellte jedoch mit 494,37km/h eine neue persönliche Bestleistung auf. Auch die sicherte seinem „flotten Dreier“ in der Endabrechnung Silber in der Mannschaftswertung. Zum „Trio Infernale“  der Deutsche n zählten dabei ferner das Günzburger Ausnahme-Talent Marco Hepp (Bestzeit: 529,77km/h) und Thorsten Morhaus (Neckarsulm.) In der Einzelwertung arbeitet sich Kraft bis auf Rang 10 vor.

Der „Matze“ hatte über der Wüste von Eloy 494,37 vertikale Sachen auf dem Tacho. Seine persönliche Bestmarke. In der Einzelwertung landete er auf dem 10. Rang. 400 Springer maßen bei der WM ihre Kräfte. Foto: https://elmar.pics

Lukas Winnecker , der zweite Breitscheider im Bunde der Deutschen Mannschaft, konnte seine Leistungen im Vergleich zur Deutschen Meisterschaft im September, wobei er Gold in der Juniorenklasse holte, nochmals deutlich steigern und stellte mit einer geflogenen Geschwindigkeit von 454,49 km/h einen neuen deutschen Rekord in der Juniorenklasse auf. Während sich auch Stefan Karger, der ebenfalls als Mitglied des Nationalkaders teilnahm, wacker schlug, aber im internationalen Vergleich trotz persönlicher Bestleistung noch nicht ganz vorne mitmischen konnte.

So viel zu den Leistungen der heimischen Himmelstaucher. Aber vielleicht sollte man an dieser Stelle doch einmal näher beleuchten, was es mit diesem ominösen „Speed Skydiving“ eigentlich auf sich hat. Vorneweg: Das ist die jüngste, erst 2016 offiziell von der FAI (Fédération Aéronautique Internationale) anerkannte Fallschirmsportdisziplin. Und garantiert nix für Anfänger und Greenhorns. Wer sich dieser Variante hingibt, sollte schon einiges an Erfahrung auf und in die Springerwaage werfen können. Zum Vergleich: Bei „normalen Fallschirmsprüngen beträgt das im freien Fall erreichte Tempo zwischen 180 und 220 Stundenkilometern. Hier aber ist es mitunter deutlich mehr als doppelt so hoch. Wie funktioniert das?

„Speed Skydiving“ ist die schnellste nichtmotorisierte Sportart der Welt. Verkürzt könnte man es auf folgende Formel reduzieren: Raus aus dem Flugzeug und runter, so schnell Du kannst! Kleidung und Körperhaltung beeinflussen die Geschwindigkeit. Die dabei ideale Figur ähnelt der eines Pfeils: Gerade Körperhaltung, Oberarme an den Oberkörper, Beine gerade und so geschlossen wie möglich, aber dennoch locker. Und dann schau’n mer mal.

Die Absprunghöhe beträgt 4.000 Meter, bevor in 1700 Metern Höhe die Geschwindigkeit wieder auf ein “normales” Maß reduziert und in ca. 1000 m der Fallschirm geöffnet wird. Das Abbremsen ist der Moment, während dem sich unten am Erdboden alle Augen gen Himmel richten, weil dieses Manöver ein Getöse zwischen Düsenjäger und Donner zum Boden schickt. Am Körper des Springers angebrachte GPS-gestützte Sensoren messen den Speed und zeichnen ihn auf. Die Daten werden später mit einer speziellen Software ausgelesen und ausgewertet.

Edelmetall für das deutsche „Trio Infernale“: (v.l.n.r) Der Breitscheider Matthias Kraft, Marco Hepp (Günzburg) und Thorsten Morhaus (Neckersulm) sicherten sich die Silbermedaille.

Aktuell herrscht ja auf dem „Heimathaften“ der Breitscheider Skydiver „tote Hose“: Season is over! Der Verkehrslandeplatz bereitet sich auf den Winterschlaf vor. Wenn’s hier doch noch mal brummen sollte, dann allenfalls an schönwettrigen Wochenenden. Die Springer haben ihre Siebensachen sowieso schon längst eingemottet und zehren in den nächsten Monaten von ihren Erfolgen der „Spielzeit“ 2022.  Doch im zeitigen Frühjahr 2023 geht’s dann wieder in die Vollen.  Die Speed Skydiver haben derweil bei Google-Maps schon mal nach Prostějo gesucht. Das liegt in Tschechien, wo im nächsten Jahr die Europameisterschaften in ihrer Königsklasse stattfinden. Da wollen sie wieder mitmischen –und möglichst ganz vorne Drücken wir ihnen die Daumen!

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