Mal ehrlich: Mit Rumänien oder Rumänen assoziieren der gemeine Mitteleuropäer respektive der Deutsche Michel wenig Positives. Und dabei wollen wir den Karpatenstaatlern ihren Dracula noch nicht einmal als Minuspunkt anlasten und aufs Brot schmieren. Egal, ob es jetzt der Langzahn aus Sam Brokers Vampir-Epos ist, oder die historische verbriefte Figur des Vlad III. Drăculea (1431 – 1476), der, „Sohn des Teufels“ genannt, ob seiner Grausamkeit traurige Berühmtheit erlangt hat. Seine Feinde und Gegner pflegte dieses sonnige Kerlchen nämlich vorzugsweise zu pfählen, während ihm vor lauter sadistischer Begeisterung der Saber aus den Mundwinkeln tropfte.Auch dem Rumänien der Neuzeit, das immerhin seit 2007 Mitglied der EU ist, können wir nicht viel abgewinnen. Vielleicht, weil wir zu wenig über dieses Land am Schwarzen Meer und seine Bewohner wissen. Man liest bzw. sieht via TV ja meist nur Negatives. Und hat die organisierten Bettlerbanden vor Augen, die, gezielt auf der Mitleidswelle reitend, in den Fußgängerzonen unserer Städte die Hüte aufhalten. Da rührt die verhärmte Mama mit dem unterernährten Säugling zu Tränen, wüsste man es nicht besser, dass das alles eine Inszenierung ist, in den meisten Fällen wenigstens.
Die trickreichen Hütchenspieler, die die Passanten in den Metropolen so galant ausnehmen, tragen auch nicht gerade zur Rufverbesserung bei. Presseberichte über straff organisierten Betrüger-, Einbrecher und Automarderbanden aus dieser im Grenzraum zwischen Mittel- und Südosteuropa gelegenen, semipräsidentiellen Republik tun es auch nicht. Und wenn es wirklich zutreffen sollte, dass ab Januar 2014, wenn die volle Freizügigkeit innerhalb der EU auch für Bulgaren und Rumänen gilt, 180.000 zusätzliche Arbeitsmigranten aus diesen beiden Ländern auf den deutschen Markt drängen, dürfte das die Situation noch einmal weiter verschärfen. Diese Menschen sind hungrig, sehen in ihrer Heimat keine Perspektiven und bieten ihre Dienstleistungen hier zu Konditionen an, denen die Einheimischen nichts entgegen zu setzen haben. Das schürt bei den Eingesessenen und ihrem Umfeld Neid, Frust, Ressentiments und Ablehnung. Wer, bitteschön, lässt sich schon gerne die Butter vom Brot nehmen?
Viele Rumäniendeutsche, Deutschstämmige überwiegend aus dem Banat und Siebenbürgen, leben und arbeiten seit vielen Jahren bei und unter uns. Sie gelten in ihrer Mehrzahl als strebsam, fleißig und rechtschaffen, haben sich zumeist blendend integriert und werden akzeptiert. Doch auch hier gilt: Schwarze Schafe gibt es überall. Die vorerst letzte große Einwanderungs-Welle schwappte nach der rumänischen Revolution 1989 über die germanischen Grenzen. Das Häuflein der Zurückgebliebenen ist mit 36.000 Köpfen verschwindend klein. Sie kämpfen, aller bilateraler Abkommen und Verträge zum Trotz, mit Problemen, die Minderheits-Volksgruppen in allen Ländern dieser Erde teilen. Diese Menschen werden nach wie vor unterdrückt und benachteiligt.
Ein riesiges Imageproblem
Fakt ist: Rumänen und Rumänien haben in der öffentlichen deutschen Wahrnehmung ein massives Image-Problem. Selbiges kann keine noch so ausgeklügelte PR-Kampagne lösen. Dazu bedarf es auch grundlegender politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Reformen im Ursprungsland. Und die Bereitschaft dazu ist bei den derzeit Herrschenden nicht sonderlich ausgeprägt, sei es drum, dass seit Wochen Millionen Unzufriedener auf die Straßen drängen, und eben genau solches einklagen. Im Gegenteil: So hat das Parlament unlängst ein Gesetz verabschiedet, das dem Präsidenten, allen Abgeordneten und Rechtsanwälten Straffreiheit garantiert, sollten diese bei Bestechungen ertappt werden. Dieser Persilschein gilt übrigens auch für die Bürgermeister des Landes. Wie krank ist das denn???
Die Massenproteste gegen Korruption, Willkür, Polizeigewalt und rigorose Umweltzerstörung gewinnen an Intensität, während die Sicherheitskräfte immer brutaler und exzessiver gegen friedliche Demonstranten vorgehen. By the way: Ich habe nie verstanden, warum hoch gerüstete, staatlich autorisierte Schläger- und Terroreinheiten dieser Art auch in unseren doch ach so aufgeklärten und kritischen Medien glorifiziert werden, indem man ihnen per se unterstellt bzw. zugesteht, als Sicherheitskräfte zu agieren. Das Gegenteil ist der Fall, und nicht nur in Rumänien. Die aktuellen Konflikte dort generieren bei uns kaum mehr Schlagzeilen, vor allem, seit ein Faustkämpfer von Weltruhm, der politisch aber eher ein intellektuelles Fliegengewicht ist, in der Ukraine verzweifelt versucht, den Protest gegen die Pro-Russische und von Putin eingewickelte bzw. massiv unter Druck gesetzte Regierung des zwielichtigen Wiktor Janukowitsch zu kanalisieren. Klitschko for President? Angesichts der derzeitigen Lage ist die Situation in Rumänien kaum mehr Headline-tauglich. Dabei wird es dort von Tag zu Tag schlimmer und übler.
Brutal gegen Mensch und Tier
Beim NATO-Partner sind nicht nur massive Menschenrechts-Verletzungen alltäglich. Mit dem Mitgeschöpf Tier springen die România noch heftiger und gewissenloser um. Nachdem die Regierung das sogenannte „Euthanasie-Gesetz“ (PL912) in Kraft gesetzt hat, ist eine beispiellose Hatz auf herrenlose, streunende Hunde im Gange. Zigtausende dieser erbarmenswürdigen Kreaturen werden auf offener Straße auf bestialische Art eingefangen oder gleich dort abgeschlachtet, was unseren Eurokraten aber offenbar keine schlaflosen Nächte bereitet. Der Krümmungsgrad einer Import-Banane ist das schon von größerer Bedeutung.
Spenden und EU-Gelder für die Schlächter
Bei den Tiertötungen sollen sich zahlreiche daran beteiligte Personen und Institutionen an Spenden und EU-Geldern bereichert haben, die bewilligt wurden, um für eine bessere Situation der Tiere und den „notwendigen“ Tötungen in den Auffangstationen, den “Sheltern”, zu sorgen. Das Geld ist zum großen Teil in private Taschen versickert, während die Wauwaus auf entsetzliche Art und Weise massakriert wurden und werden. Das ist aber nicht erst seit dem umstrittenen „Euthanasie-Gesetz“ gang und gäbe, wie dieses Video belegt: http://www.youtube.com/watch?v=KleK2onsgic
Das Problem mit den herrenlosen Straßenhunden existiert in Rumänien seit vielen Jahren, in anderen Ländern, beispielsweise in Sri Lanka oder China, aber auch. In Karpaten-County tummeln sich Zigtausende verwahrloster Vierbeiner auf den Gassen. Ängstlich, verwahrlost, ungeliebt, hungrig, krank und verfolgt – die ärmsten Kreaturen Südosteuropas. Die unlängst begonnene Welle der Massentötungen war durch den Tod eines kleinen Jungen ausgelöst und beflügelt worden, der angeblich von einem solchen Hund totgebissen worden war. An dieser Version gibt es zumindest erhebliche Zweifel. So sind Anfang Dezember Fotos aufgetaucht, die den kleinen Ionut quicklebendig zeigen.
Hunde, Nutten und Schlaglöcher
Diese Tiere haben keine Lobby – zumindest fast keine. Für engagierte Tierschützer, die versuchen, deren Los zu lindern, ist es wie ein Kampf gegen Windmühlenflügel. Zumal es unter Politikern, vor allem im Wahlkampf, als chic gilt, sich als „Saubermänner“ zu inszenieren und eine noch härtere Gangart gegen diese bemitleidenswerten Geschöpfe zu fordern. „Rumäniens Straßen sind voll von Hunden, Prostituierten und Schlaglöchern. Das gilt es zu ändern“, lautet eine in Rumänien populäre These. Mit solchen wider besseres Wissen geäußerten verbalen Ausdünstungen lässt sich nicht nur die Lufthohheit über den Stammtischen erobern. Dabei belegen Studien, dass nur gezielte Kastrationen auf breiter Front die Hundepopulation wirksam eindämmen können. Massenmassaker haben auf lange Sicht keinen Einfluss darauf.
Professionelle Hundefänger verdienen sich eine goldene Nase. Bellos, die nicht gleich an Ort und Stelle massakriert werden, landen in den „Sheltern“, um daselbst nach einer bestimmten Frist abgemurkst zu werden. Nur in den seltensten Fällen gelingt es, ein neues Herrchen oder Frauchen zu finden. Dafür sind es viel zu viele Tiere. Die öffentlichen Zwinger sind hoffnungslos überfüllt, die privat betriebenen eine Geldmaschine. Hier geht es noch brutaler zu. Das Grauen erlangt hier ein unvorstellbares Ausmaß. Damit genug Platz bleibt für Neuankömmlinge, werden die Futterrationen so lange verringert, bis die Tiere sich selbst gegenseitig zu Tode beißen, berichtet die Tierschützerin Angie Dingeldein: http://politropolis.wordpress.com/2013/12/11/aktivistin-angie-uber-den-tierschutz-und-die-situation-in-rumanien/
Medikamente, um die Hunde einzuschläfern, sind (zu) teuer. Das dafür bestimmte Geld landet zumeist sowieso in ganz anderen Taschen. Es ist preiswerter, die Opfer einfach tot zu prügeln. Oder man ersäuft sie, verpasst ihnen Essigspritzen ins Herz, von dem das Personal oft genug gar nicht weiß, wo es sich genau befindet.
Instrumentaliserte Medien
Die Presse in Rumänien, ob Printmedien oder televisionär gestrickt, ist Interessen gesteuert, aber keinesfalls unabhängig, und schon gar nicht neutral und objektiv. Sie singt das Lied derer, von denen sie bezahlt wird, das Lied von Wirtschaftsunternehmen, die die Umwelt ohne Rücksicht auf Verluste ausbeuten, oder sie trällert die Partitur der staatlichen Administration, von der sie erfolgreich instrumentalisiert worden ist. „Informationen“ aus diesen Kanälen sind mit Vorsicht zu genießen. Bei uns zwischen Kiel und Konstanz, Aachen und Görlitz, im medialen Network des Deutsch-Michels, ist es nicht viel anders. Vielleicht sind die spärlichen Reportagen und Berichte darüber auch einer gewissen vertrauensseligen Blauäugigkeit geschuldet. Aber sie entsprechen wohl eher nicht den tatsächlichen Begebenheiten vor Ort.
Einen ungefilterten, durchaus subjektiv geprägten Blick auf die aktuelle Lage in Rumänien gewährt ein aufschlussreiches Interview mit Vlad Ioachimescu, einem an der Fimhochschule UNATC „I.L.Caragiale“ in Bukarest als Forscher und Universitäts-Assistent tätigen Wissenschaftler, das dieser dem zeitkritischen Politik-Portal „Politropolis“ gegeben hat:
Und was ist aus der ganzen Sache mit dem zigtausendfachen Hundemord geworden?
Nachtrag März 2015:
Für beträchtlichen gesellschaftlichen und politischen Zündstoff sorgt das Problem der wachsenden Straßenhundepopulation inzwischen auch in Indien. Schätzungen zufolge sollen dort 25 Millionen herrenloser Vierbeiner herumstreunen. Damit einhergehend gibt es auch immenses Tollwutproblem. Die Weltgesundheitsorganisation registriert im Land pro Jahr durchschnittlich 20.000 Todesfälle durch die vor allem durch Hundebisse übertragene Krankheit.
Dass da die Organisation “Menschen für die Ausrottung von Straßentieren” Zulauf bekommt, wundert nicht. Aber der “Verband zur Ausrottung der Grausamkeit gegenüber Tieren” hält dagegen. Tiere seien die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft. Wer ihnen helfe, werde zum besseren Menschen, sagt eine Aktivistin.
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