Von Jürgen Heimann
Von Jürgen Heimann
Der Kerl wird irgendwie nicht älter. Und kleinkriegen lässt er sich sowieso nicht. Turnt mit seiner pfeilschnellen EXTRA 330 LT noch wie ein Jungspund am Himmel herum und lässt so manch Jüngeren der Kunstflug-Szene alt aussehen. Am heutigen Mittwoch, dem 20. Juli, wird der Mann 86. Aber das sieht man ihm nicht an. Wir reden von Walter Eichhorn, einem der ganz Großen der europäischen, ja internationalen Luftfahrt. Flugkapitän i.R., Acro-Ass, Fallschirmsprung-Pionier, Test-, Stunt- und Showpilot in einem. Aber erst mal „Herzlichen Glückwunsch“, weiterhin guten Flug und noch ganz, ganz viele „Happy Landings“.
Dass der Überflieger aus Bad Camberg bereits 2018 die ehrenvolle Berufung erhielt, dem illustren Kreis der „Living Legends of Aviation“ beizutreten, unterstreicht, welch respektvolles, hohes Ansehen der Mann bei der Internationalen Flieger-Elite genießt. Dieser „Hall of Fame“ gehören aero-tische Schwergewichte wie Stratosphären-Jumper Felix Baumgartner an, oder Dick Rutan, der 1986 mit der „Voyager“ ohne Aufzutanken in neun Tagen die Welt umrundet hatte. Aber auch Buzz Aldrin ist mit von der Partie, der zweite Mensch, der den Mond betreten hat. Dessen deutscher kosmischer Kollege Ulf Merbold ebenfalls. Sir Richard Branson sowieso.
Ja, und da tummeln sich auch Leinwand-Stars wie „Indiana-Jones“ Harrison Ford, John Travolta, Morgan Freeman, Kurt Russel und Tom Cruise. Das sind nicht nur Kino-Legenden, sondern „nebenbei“ auch herausragende Piloten und Persönlichkeiten, die der Luftfahrt entscheidende Impulse vermittelt haben. Mit Tom Cruise, der aktuell mit der Top-Gun-Fortsetzung „Maverick“ weltweit in den Lichtspielhäusern alle Kassenrekorde schlägt, verbindet den „Stifftekopp“ eine jahrelange Freundschaft. 2008 hatten beide in dem Blockbuster „Valkyrie“ mitgewirkt. Während „Ethan Hunt“ den Hitler-Attentäter spielte, mimte Eichhorn mit „seiner“ Bf 109 in Echtzeit den Begleitschützer der Führermaschine.
Apropos Me 109. Der Jubilar ist weltweit derjenige mit den meisten Stunden Flugerfahrung auf diesem legendären deutschen Weltkriegs-II-Jäger. Nicht von ungefähr hatte ihn die Messerschmitt-Stiftung seinerzeit als Testpiloten für ihre raren Traditionsmaschinen angeheuert. Und seine Einweisung auf diesem Muster bekam der Luftikus weiland durch keinen Geringeren als Erich „Bubi“ Hartmann, dem erfolgreichsten Jagdflieger aller Zeiten.
Walter E. ein gebürtiger Jeveraner mit kanadischem Pass, war 1955 in den Ahorn-Staat emigriert, weil es deutschen Jungs wie ihm damals durch die Siegermächte nicht erlaubt war, in Deutschland das Fliegen zu lernen. Das wollte Klein-Walter, damals 19 Jahre jung, aber unbedingt. Seine Ausbilder merkten schon bei den ersten Schulflügen, dass sie es hier mit einem Natur- und Ausnahmetalent zu tun hatten. Viele Jahre später wirkte der aufstrebende Eichhorn in dem bekannten britischen Kriegsfilm „Memphis Belle“ (1990) mit, ebenso in der Fernsehserie „Piece of Cake“. Die Legenden, Anekdoten und Verzählcher, die über ihn kursieren, sind Legion. Man sagt dem Mann nach, dass kein Luftfahrtgerät, das sich bei Drei nicht in einem Hangar versteckt hat, vor im sicher sei.
Tatsächlich hat Walter Eichhorn im Laufe seiner Karriere mehr als 60 verschiedene Flugzeugtypen und -Baumuster “geritten”, ob nun jene der Kolben-getriebenen Art oder solche mit Jet-Antrieb. Und das während seiner 30-jährigen Dienstzeit bei der Deutschen Lufthansa, davor und danach. Ob B-747 „Jumbo-Jet“, DC-10, Airbus 300, oder B727, die erwähnte Bf 109, AN-2, YAK-11, Boeing-Stearman, Tiger-Moth, Do-28, Galeb-, Delfin- oder Siai-Marchetti-Jet – er kennt (und liebt sie) alle. Die “Tante Ju”, das leider ausgemusterte Traditionsflugzeug der Kranich-Airline, pilotierte er als verantwortlicher Kapitän 15 Jahre lang. Nebenbei gab der Tausendsassa der P 51 “Mustang” der US-Air Force ebenso die Sporen wie der britischen Spitfire. Zu den absoluten Favoriten zählte jedoch seine gute alte North American T-6, von der er sich aber inzwischen trennen musste. Die D-FHGK weiß er in der österreichischen Redbull-Flotte jedoch in guten Händen – und kann jederzeit darauf zurückgreifen.
Bleibt die wendige „EXTRA“. Mit selbiger turnt Eichhorn, wenn ihm danach ist, bei jeder Gelegenheit durch die Lüfte. Und fliegt sogar hin und wieder ganz normal geradeaus. So wie am vergangenen Wochenende beim Fly-In in Breitscheid. Weil Himmels-Akrobatik da verpönt war. Die Freunde dort hießen ihn aber als Ehrengast willkommen. Auch weil seine Showeinlagen bei früheren Airshows zusammen mit Sohn Toni hier immer noch Gesprächsstoff liefern.
Ein spannendes, abenteuerliches Fliegerleben, und das oft am Limit. Eichhorns Elzer Vereinskamerad Michael Linke hat es nachgezeichnet. Dessen Buch „36.000 Stunden am Himmel – Erlebnisse zwischen Null und 36.000 Fuß Flughöhe“ schildert ebenso spannend wie informativ den Werdegang des Ausnahmepiloten. Ich habe es verschlungen – und viel dabei gelernt. Zu beziehen ist das oppulent bebilderte Druckwerk über www.flyaholic.de oder in jeder BUchhandlung unter der ISBN 978-3-00-058886-0.