Das große Schild am Ortseingang signalisiert schon seit Wochen, worauf bzw. auf wen die Hirzenhainer so stolz sind: auf „ihre“ Tina. Die Ausnahmeathletin ist ein Gewächs des Dorfes, auch wenn die junge Frau inzwischen nicht mehr hier lebt, sondern in Bischofswiesen im Berchtesgadener Land. Aber die enge Bindung in den Ort bleibt. Die Eltern, die Geschwister, die Freunde wohnen hier – und haben sich, wie die komplette Einwohnerschaft auch, über den jüngsten Coup der Erfolgssportlerin gefreut: den vierten WM-Titel im Skeleton. Errungen bei den jüngsten Weltmeisterschaften im kanadischen Whistler.
Grund und Anlass genug für einen triumphalen Empfang, den der hiesige Ski-Club seinem populärsten und prominentesten Mitglied am vergangenen Wochenende bereitete. Auf dem Weg zur Ski-Hütte hatte es Tina Hermann etwas langsamer angehen lassen als auf der Eisbahn. Die Anfahrt erfolgte in der Schaufel eines von ihrem großen Bruder Steffen chauffierten 350-PS-Schleppers.
Das festlich dekorierte Domizil der Wintersportler am Eiershäuser Hang drohte aus allen Nähten zu platzen. Aber Platz im Getümmel der Gratulanten und Fans war da selbst für den Landrat noch. Wolfgang Schuster hatte sich ebenfalls unter das Partyvolk gemischt, um bei der Gelegenheit die außergewöhnlichen sportlichen Leistungen der heute 27-jährigen zu würdigen. Der Ruhm der Protagonistin strahlt schließlich auf die gesamte Region ab.
Ein pfeilschnelles Mädel rast von Sieg zu Sieg
Es ist schon eine außergewöhnliche Karriere, die die gebürtige Hirzenhainerin in den vergangenen neun Jahren hingelegt und die sie an die globale Spitze der Skeletonis geführt hat. Das pfeilschnelle Mädel raste von Sieg zu Sieg und sammelte dabei Medaillen und Pokale wie andere Leute Briefmarken. Bei Welt- und Europa-Championaten ebenso wie bei Deutschen Meisterschaften oder Weltcup-Läufen. Bei letzteren schlagen bei ihr allein sechs Siege und 17 Podestplätze auf der Habenseite zu Buche. Eine beeindruckende Gesamtbilanz. Da verliert man ein klein wenig den Überblick. Sie selbst wohl auch.
In der Formel-1-Disziplin des Wintersportes, wie Ortsvorsteher Heiner Baum den Skeleton-Bobsport nannte, hat bislang kaum jemand konstant so hohe Leistungen abgerufen wie Tina Hermann. Möge ihre Erfolgssträhne weitergehen, wünschte Baum. Wie es aussieht, wird sie das auch tun. Und damit die vierfache Weltmeisterin (und Olympiateilnehmerin) bei hoffentlich weiteren Siegeszügen ihre Wurzeln nicht vergisst, überreichte Ski-Club-Vorstandsmitglied Susanne Hartel eine Chronik Hirzenhains, die anlässlich der im September anstehenden 750-Jahr-Feier herausgegeben worden ist. Dafür, als Handgepäck-Lektüre die Flugzeit zum nächsten Triumphlauf zu verkürzen, ist der Wälzer allerdings etwas zu schwer.
Der Vorsitzende des Ortsbeirates legte mit einem historischen Ortskalender thematisch noch mal nach. Umgekehrt werden die Hirzenhainer die Tina ebenfalls nicht vergessen. Sie ist hier immer präsent. Eine Straße im Ort trägt ihren Namen. Gut, Straße ist etwas übertrieben. Es ist „nur“ Pfad, der unmittelbar unterhalb ihres Elternhauses verläuft und die Faulchenstraße mit der Straße „Am Köppel“ verbindet. Den Weg gibt es zwar schon länger, aber explizit nach ihr benannt wurde er 2016, nach ihrem Weltmeisterschaftsgewinn in Igls. Unbestätigten Gerüchten zufolge soll die hiesige Windhainstraße demnächst umgetauft werden…:-)