Von Jürgen Heimann
So ganz glücklich scheinen die Hessischen Jäger mit der neuen, Ende vergangenen Jahres veröffentlichten und damit unmittelbar in Kraft getretenen Jagdverordnung nicht zu sein. Auch wenn ihr Landesverband (und mit ihm der Bundesjagdverband) das Papier, um das Gesicht zu wahren, nach außen hin als (großen) Erfolg verkaufen. Es hat die Nimrods kalt erwischt und empfindlich getroffen. Und mit ihrer nahezu uneingeschränkten Lizenz zum Töten, die ihnen in Wald und Feld bis dato mehr oder weniger freie Hand ließ, ist es auch nicht mehr so weit her. Entsprechend groß ist das Heulen und Zähneklappern in den einschlägigen Foren. An die neue Zeit müssen sich die “Heger” mit dem grünen Abitur erst noch gewöhnen. Für viele von ihnen ein schmerzhafter Prozess. War man/frau es bis dato gewohnt, “lieb gewonnene” Beutetiere nach Gutdünken ins Visier nehmen zu dürfen, gibt es dafür neuerdings Einschränkungen. Und das gilt selbst für den “Public Enemy Nr. One”, den geschmähten Waschbären. Die maskierten Kleinpetze dürften künftig nur noch zwischen dem 1. August und dem 28. Februar unter Feuer genommen werden, während Elstern und Rabenkrähen sich lediglich noch zwischen dem 1. August und dem 31. Dezember ihres vom Jagdmann bedrohten Lebens nicht mehr sicher sein dürfen. Außerhalb dieser Zeiten darf aber auch den schwarzen Cleverles nicht mehr nachgestellt werden. Da bricht für viele der Pirschgänger eine Welt zusammen. Und das ist noch nicht das Ende des Zielfernrohrs.
Auch der Fuchs muss nicht mehr ganzjährig zittern und damit rechnen, sich jederzeit eine Kugel einfangen zu können. Die Reinekes sollten fortan lediglich zwischen dem 15. August und 28. Februar in Deckung gehen. Dann hat die grüngewandete Weidfraktion freies Schussfeld, außerhalb dieses Zeitfensters jedoch nicht mehr. Auch Marderhunde, Minks und Sumpfbieber (Nutrias) können, wenn schon nicht völlig unbesorgt, so doch relativ unbeschwert ihr Dasein genießen, zumindest in dem doch überschaubaren Zeitraum zwischen dem 1. März und dem 31. August. Die wichtigsten Passagen der neuen Jagdverordnung hier: Hessische Jagdverordnung 2015
Die „Ziel“-Gruppen schmelzen dahin
Die oben angeführte “Ziel”-Gruppe findet in der offiziellen Jagdstatistik für das Jagdjahr 2014/15 mit folgenden Abschusszahlen Erwähnung: Der Auflistung zufolge haben Vertreter der Lodenmantel-Branche in der vergangenen Saison hessenweit 35.599 Füchse eliminiert. Ihnen fielen zudem 407 Steinmarder, 44 Baummarder, 38 Iltisse, 38 Hermeline, 3.290 der in ihrem Bestand gefährdeten Feldhasen, 17.061 Waschbären und 550 Nutrias zum Opfer. Hinzu kommen 18.685 abgeschossene Rabenkrähen und 6.955 weggeputzte Elstern. Ach ja: 3.251 Dachse hat es „nebenbei“ auch erwischt.
Baummarder, Iltisse, Hermeline und Baumwiesel sind für die Jäger ab sofort ein absolutes “No go”. Diese sogenannten “Predatoren” dürfen, und das ist eine der wesentlichsten Veränderungen, die die neue Jagverordnung den Wald- und Feldschützen beschert, sofort überhaupt nichtmehr bejagt werden. Im Gegensatz zum Steinmarder, dem es zwischen dem 16. Oktober und dem 31. Januar schon noch an den Pelz gehen kann.
Götterdämmerung und Harmageddon
Und schon sehen die sich um ihren Spaß gebrachten Grünröcke die Götterdämmerung für das arme, von ihnen doch so gehätschelte Niederwild heranbrechen. Rehkitze, Rebhühner, Hasen, Fasane. Bei Harmageddon formieren sich die Fronten. Die Flintenmänner und -frauen sehen die schutzlosen Kreaturen nun einer wachsenden, gierigen, die Reißzähne-fletschenden Übermacht an Verfolgern ausgesetzt. Ohne ihr regulatives Einwirken – und genau aus dieser (natürlich völlig selbstlos erfüllten) Rolle beziehen die Bewaffneten ja die vermeintliche Legitimation für ihr blutiges Handwerk – gerate der Naturhaushalt völlig aus dem Gleichgewicht.
Auch die Naturschützer ließen Federn
Auch die Natur- und Tierschützer haben im Ringen um die Ausgestaltung der neuen Jagdverordnung Federn lassen müssen und keinesfalls alle ihre Maximalziele erreichen können, was ja auch von Anfang an nicht zu erwarten war. Das gilt beispielsweise auch für die Forderung nach einem generellen Verbot von Lebend-, Gitter- und Totschlagsfallen. Selbige sind weiterhin statthaft. Da hat sich die Jagdlobby erfolgreich behaupten können. Aber genau diese Tatsache könnte sich auch als Pyrrhussieg herausstellen, als Rohrkrepierer.
Das Ende der Totschlagfallen?
Dem Steinmarder dürfen die Jäger ja nach wie vor nachstellen, allerdings nur zwischen dem 16. Oktober und 31.Januar. Im Gegensatz zu Baummarder, Iltis, Mausewiesel und Hermelin. Die fallen komplett aus der Liste des jagbaren Wildes heraus. Gemein ist allen diesen überwiegend nachtaktiven Tieren ihre versteckte, heimliche Lebensweise. Mit dem herkömmlichen Arsenal – Kugel, Schrot und (Doppel-)Korn – kommen die Jäger ihnen nicht bei. Um eines Steinmarders habhaft zu werden, bedarf es also in der Regel einer Falle, welcher Bauart auch immer.
Nun können diese konstruktiven Hinterhalte aber nicht zwischen den Arten unterscheiden. Die Gefahr, dass sich auch Vertreter der oben angeführten geschützten Spezies darin verfangen, ist latent. Aber auch andere unter Schutz stehende Tiere wie Wildkatzen, Luchse und Bieber können hinein tappen. Wie, bitteschön, will man aber genau das verhindern, ohne mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen? Deshalb dürfte früher oder später alles darauf hinaus laufen, solche Fangvorrichtungen komplett aus dem Jagdverkehr zu ziehen. Und das wäre dann eine weitere ziemlich bittere Pille, die die Jägerzunft schlucken muss. Halali. Alles wird gut. Hoffentlich!