Von Jürgen Heimann
Gut, bis es so weit ist, wird noch viel Wasser die Fulda hinunter fließen. Aber freuen darf man sich ja wohl schon mal drauf. Die osthessischen Musical-Macher sind immer wieder für Überraschungen gut. Und schütteln dann auch mal ganz nebenbei das ein oder andere As aus dem Ärmel. Reden wir (zunächst) nicht vom „Medicus“, „Der Päpstin“, der Heiligen Elisabeth oder „Bonifatius“. Alles Produktionen, mit denen die Fuldaer Spotlight GmbH in den vergangenen Jahren veritable Bühnen-Hits landen konnte und das hiesige Schlosstheater zur ersten Adresse für Fans und Liebhaber des Genres gemacht hat. Expeditionen in auswärtige Gefilde inklusive. Jetzt gibt es etwas Neues.
Obwohl: Der Retter der Enterbten und Beschützer der Witwen und Waisen, um den es geht, hat als fiktive historische Figur auch schon ein paar Jahre auf dem Wams: Robin Hood. Der Outlaw verlegt den Sherwood Forest kurzerhand in den „Niesiger Forst“ – und zeigt dem Sheriff von Nottingham zwischen Rhön und Vogelsberg den Stinkefinger. Anders als weiland der Bischof von Herford wird der hiesige Mitra-Träger, Amtskollege Heinz Josef Algermissen, auch nix dagegen haben. Die bezaubernde Lady Marian sowieso nicht.
Mit Pfeil und Bogen durch den Niesiger Forst
Seine Pfeile aus dem Köcher ziehen wird der strumpfbehoste Held allerdings erst im Sommer 2020. Gut Ding’ will halt Weile haben. Aber die Antwort auf die Frage, auf wessen Geheiß er den Bogen spannt, verleiht der Sache einen fast sensationellen Hauch. Den Soundtrack liefert nämlich kein Geringerer als Chris de Burgh. Der irische Weltstar, der trotz seiner 69 Lenze noch unverdrossen durch die Lande tourt und weltweit mühelos selbst die größten Konzerthallen füllt, schreibt die Partitur zum Stück – gemeinsam mit dem örtlichen Erfolgskomponisten Dennis Martin. Was diesen und seinen Spotlight-Mitgeschäftsführer Peter Scholz aber zunächst schon etwas Überredungskünste kostete. Der ewig junge Barde war zunächst skeptisch gewesen, ob er dem Braten trauen sollte. Seine Erfahrungen, die er mit Musicals gemacht hat, waren wohl nicht immer positiv. Aber spätestens nach einem Inkognito-Besuch beim “Medicus” im vergangenen Jahr galten alle Zweifel als ausgeräumt. Spätestens da wusste der Sänger, dass er es in Hessen mit hochprofessionellen, kreativen Köpfen zu tun bekommt, denen er seinen klangvollen Output getrost anvertrauen darf.
Den Kontakt hatte übrigens José Carreras hergestellt. De Burgh hat es im Laufe seiner langen Kariere auf nicht weniger als 23 Studioalben gebracht. Titel wie „Don’t pay the Ferryman“, „High on Emotion“ oder „Lady in Red“ kennt jedes Kind, aber der Mann kann auch (ganz) anders. Viele seiner Songs sind nicht nur suggestiv, sondern haben auch ein enormes musikdramatisches Potential, wie Dennis Martin feststellte.
Ein Joint Venture mit viel Kreativ-Potential
Der Künstler kam, als die Fuldaer ihre Pläne für die nächsten Jahre enthüllten, denn auch höchstpersönlich hinter dem Vorhang hervor. Tataa! Und strahlte Gewissheit aus, dass die Geschichte eigentlich nur gut ausgehen kann. Noch steckt das ehrgeizige Projekt in den Kinderschuhen, befindet sich in der vor-konzeptionellen Planungsphase. Aber wer die Fuldaer kennt, weiß, dass sie da keine halben Sachen machen. Nicht von ungefähr behaupten sie sich seit vielen Jahren auf dem hart umkämpften Markt. Die freundlichen Mitwerber setzen Millionen ein, Scholz und Martin werfen ihren Ideenreichtum, ihre Gestaltungskraft, ihre Energie und ihre Leidenschaft in die Waagschale – und fahren trotz eines vergleichsweise bescheidenen Budgets hervorragend damit. Der Kurs stimmt, wie auch die diesjährigen Auslastungszahlen wieder bewiesen haben: fast hundert Prozent! Da kann deutschlandweit kein anderer Anbieter mithalten. Das wird hier alles noch ziemlich spannend.
Ein furchtloser Outlaw mit Anspruch und Moral
Nun bietet der Kapuzen-Robert, wie sich der Namen Robin Hood auch übersetzen ließe, inhaltlich zunächst mal keinen neuen Stoff. Seine Abenteuer sind schon in unzähligen Filmen, Büchern, Singspielen, Balladen, Theaterstücken und Comics verwurstelt worden. Auch ein nach dem Held benanntes und von Martin Doepke komponiertes Musical gab es bereits. Es feierte 2005 in Bremen Uraufführung. Dabei waren unter anderem Jesper Tydén, Ethan Freeman und Daniela Ziegler. In Fulda wird man, was den Plot und die Zeichnung der Figuren angeht, natürlich andere Wege gehen und ganz andere Akzente setzen. Weder wird Mr. Hood, keinem Konflikt ausweichend, in engen Nylons über die Bühne hüpfen, noch mag Lady Marian als sittsames Burgfroillein daherkommen. Das Versprechen der Macher: „Unser Robin Hood wird eine moralische und politische Haltung und unserem Publikum etwas zu sagen haben, das auch für die heutige Zeit Relevanz hat“. Na denn.
Die Päpstin tritt ihr fünftes Pontifikat an
Aber es gibt noch mehr gute Nachrichten für die Freunde mitreißender, bewegender und unterhaltsamer Theaterabende (und -nachmittage). „Die Päpstin“ soll ja in der neuen Spielzeit zwischen dem 15. Juni und dem 7. Juli erneut auf den Heiligen Stuhl klettern, zum fünften Mal nach ihrem Erstlings-Pontifikat im Jahre 2011. “. Ein kurzer Trailer des Veranstalters aus dem Jahre 2005:
Der weibliche Pontifex Maximus konkurriert dann im Musicalsommer 2018 zeitlich versetzt mit Ibn Sina aus Isfahan, dem persischen Sauerbruch des frühen 11. Jahrhunderts, um die Gunst des Publikums. „Der Medicus“ hat vom 14. Juli bis 11. August Sprechstunde. Vom 18. August bis 2. September humpelt dann Long John Silver mit seinem Holzbein durch die Gegend. Turbulente Tage auf der “Schatzinsel”.
Sabrina Weckerlin residiert im Hessischen Lateran-Palast
Dem Heiligen Vater, der ja in dieser Diktion eine Frau ist, hat bisher niemand so packend und überzeugend Leben eingehaucht wie Sabrina Weckerlin. Dagegen ist der aktuelle und offizielle Amtsinhaber in Rom trotz seines Charismas ein spröder Stock. Das blonde Schwarzwaldmädel zählt zu den brillantesten Stimmen der deutschen Musicalwelt. „The Voice of Germany“ wird nach einjähriger Pause im zur Lateranbasilika umfunktionierten Schlosstheater wieder zur Audienz bitten. An ihrer Seite steht mit Mark Seibert ein weiteres musical-isches Schwergewicht. Seibert übernimmt die Rolle des Gerold. Nachdem Mathias Edenborn in selbiger Maßstäbe gesetzt hatte, musste es schon ein Kollege gleichen Kalibers sein.
Gerold ist ein römischer Ritter ohne Fehl und Tadel und der einzige Mann, den die zum „Johannes Anglicus“ gewandelte Johanna – so heißt die zum katholischen Kirchenoberhaupt aufgestiegene Maid und Tochter eines cholerischen tumben Dorfpfarrers von Hause aus – jemals geliebt hat. Und zwischen dem Lover und dem Amt sie sich entscheiden muss. Das Sujet hat es in sich, ist spannend und packend bis zuletzt, obwohl man spätestens seit dem gleichnamigen Roman-Bestseller von Donna W. Cross und der 2009 in die Kinos gekommenen Verfilmung durch Sönke Wortmann, weiß, wohin der Hase läuft und wie die Geschichte endet.
Auch eine Neuinszenierung im Saarland
Wer es nicht erwarten kann: Im Dezember wird das Stück aus der Feder von Komponist Dennis Martin in einer Neuinszenierung von Benjamin Sahler in der Gebläsehalle in Neunkirchen/Saar aufgeführt. Zwölf Shows stehen auf dem Spielplan. Mit von der klangvollen Partie sind neben Anna Hofbauer in der Titelrolle auch zwei “Altmeister” aus der singenden Bundesliga: Kevin Tarte (Rabanus) und Uwe Kröger (Aeskulapis).
Zurück nach Hessen. Ihr Pulver verschossen haben die hiesigen Theatermacher damit noch lange nicht. Ihre Planungen gehen weit über die jeweils nächste Spielzeit hinaus – müssen es auch. Die Verantwortlichen setzen auf Altbewährtes in neuem Gewand. Bonifatius, der Axt schwingende Missionar und Bezwinger der Donar-Eiche, feiert ein Comeback:
Bonifatius schwingt die Axt auf dem Domplatz
Mit dem streitbaren Mönch hatte die Erfolgsgeschichte des Hauses 2004 begonnen. Und der später zum Bischof aufgestiegene Kirchenreformer (673 – 755), der einst auch das Kloster in Fulda gründete und den heidnischen Germanen den wahren Glauben beibog, legt noch eine Schippe drauf. Anlässlich des 1.275. Stadtjubiläums im August 2019 soll das Epos in einer aufwändigen Inszenierung mit großem Orchester open-air vor der malerischen Kulisse des Doms aufgeführt werden. Und zwar vom 22. bis 25.8. besagten Jahres. Zugaben nicht ausgeschlossen.
„Eine spannendere Symbiose aus Bühnenstoff und Spielort kann es nicht geben“, sagen die Veranstalter nicht ganz zu Unrecht. Aus organisatorischen Gründen muss das Ganze aber auf die wenigen erwähnten Termine beschränkt werden. Der „normale“ Musicalsommer im nicht weit entfernten Schlosstheater bleibt davon unberührt, welche Stücke dann auch immer auf dem Spielplan stehen werden.
Es kann nur einen geben
Was die Cast angeht, ist es für personelle Festlegungen noch zu früh. Aber ein Name geistert immer wieder durch die einschlägigen Foren: der von Reinhard Brussmann. Die österreichische Vokalgranate hatte der Titelfigur schon bei der Welturaufführung Kontur verliehen und stand als Spielmacher immer wieder auf den Brettern, auch solchen in anderen Theatern, in denen die Inszenierung als Gastproduktion gezeigt wurde. Der ausgebildete Opernsänger hat die Latte für potentielle Nachfolger unerreichbar hoch gehängt. Darin hat er Übung. Er war der erste deutschsprachige “Jean-Valjean” in Les Misérables und schwang zuletzt als Meisterchirurg im “Medicus” das Skalpell. “Brussi”, zur Zeit auf Hochzeitsreise in Namibia, wo er sich auch von einer anstrengenden und erfolgreichen Saison erholt, ist die und gilt als Idealbesetzung eben jenes Bonifatius. Man sieht sich….