Rotorman's Blog

Kill the beast! Der Vogelsbergkreis hat
den Waschbären den totalen Krieg erklärt

Lebensgefahr

Im Hessischen Vogelsbergkreis wird es eng für den Waschbären. Dem hat jetzt auch die Politik den Kampf angesagt – weil er plündernd und mordend durch die Gegend zieht und eine große Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt.

Von Jürgen Heimann

Der rabiate Stürmer auf der Strafbank hat erst „rot“ gesehen und sich dann schwarz geärgert. So viele todsichere Torchancen – und keine wird genutzt. So ähnlich empfindet der ambitionierte Weidmann, wenn Schonzeiten sein Schussfeld eingrenzen. Er leidet ob all der verpassten und vertanen Möglichkeiten wie (s)ein Hund. Deshalb arbeiten er und seine Brüder und Schwestern im Geiste an allen Fronten darauf hin, den gesetzlich verbrieften Schutz, den bestimmte Wildtiere zu bestimmten Zeiten genießen, aufzuweichen oder ihn am besten gleich ganz abzuschaffen. Die außerparlamentarische Pirschfraktion sucht sich Verbündete – auch und vor allem in der Politik und den parlamentarischen Gremien. Die sie aber längst unterwandert und durchdrungen hat. Exemplarisch lässt sich das am Beispiel des Vogelsbergkreises festmachen. Der dortige Kreistag hat mit überwältigender Mehrheit von 46 Stimmen und bei schlappen sechs Gegenvoten eine Resolution verabschiedet, die die Hessische Umweltministerin Priska Hinz veranlassen soll, Waschbären ganzjährig zum Abschuss frei zu geben –  unter Berücksichtigung des Mutterschutzes zur Aufzuchtzeit. Das Papier in vollem Wortlaut hier:  

Einen entsprechenden und von reinem Populismus diktierten Schaufensterantrag hatte mit der vierköpfigen FDP-Riege eine der kleinsten und unbedeutendsten Fraktionen des Hauses formuliert. Christian Linder, ihr großer, cooler (Bundes-)Vorsitzender, bemüht sich ja derzeit um eine entsprechende Lizenz zum Töten. Als freiheitlich denkender Mensch wolle er selbst auf die Jagd gehen, hat der Polit-Yuppie gegenüber dem Jäger-Magazin ausgeführt. Echt! Ähnlich haarsträubend sind die Begründungen, mit denen die Vogelsberg‘ler ihre Eingabe untermauern. Womit sich die Kalenderblatt-Weisheit eines unbekannten Verfassers bestätigt: Politik und dumme Sprüche kommen aus derselben Küche!

Dienst an der Waffe für den Artenschutz

In der Resolution ist unter anderem die Rede davon, die (aufopferungsvolle und natürlich völlig selbstlose) Hege bestimmter Niederwildarten würde durch eine „wildbiologisch nicht begründbare, überlange Schonzeit für Waschbären“ torpediert. Was auf eine partielle Entwertung des Jagdrechtes hinauslaufe. Das gängige Blabla also. Aber die Tierschützer im Lodenlook wollen sich da nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Durch ihren ehrenamtlichen Dienst an der Waffe sei es ihnen trotz massiver gesetzlicher Einschränkungen gelungen, den „negativen Einfluss“ der Kleinpetze während der Brut- und Setzzeiten auf Boden-, Baum- und Höhlenbrüter sowie auf Frösche, Lurche und Niederwild zu halbieren. Whoww! Reife Leistung.

Keep out

Für den „Waschi“ werden die Zeiten im Vogelsberg rauer und zunehmend ungemütlicher. Der Tagesbefehl: „Kein Pardon!“

Nun muss man wissen, und das tun auch die Jäger, dass der Speisezettel der maskierten Allesfresser zu 41 Prozent aus pflanzlicher Nahrung besteht, während wirbellose Tiere wie Insekten und Würmer einen Anteil von 44 Prozent daran stellen. Den Rest steuern kleine Wirbeltiere bei. Darunter, haben Untersuchungen ergeben, sind noch nicht einmal zwei Prozent Vögel. Würden die Behauptungen der Nimrods hingegen zutreffen, müsste die Mehrheit der Racoons über Nacht dem partiellen Vegetariertum völlig entsagt und ihre Ernährungsgewohnheiten komplett umgestellt haben.

„Leuchtturmprojekt“: Ikea-Hühner bringen hohe Subventionen

Natürlich machen die Bestien auch dem Birkwild in der Rhön das Leben zur Hölle. Im Mai waren auf der Hessischen Seite noch ganze (oder halbe) 5 Exemplare gezählt worden. Im September war die Population dann förmlich explodiert und, Simsalabim, im Bayerischen und Hessischen Bereich zusammen auf 21 Stück angewachsen. Das aber auch nur deshalb, weil man zwei Dutzend dieser Tiere aus Schweden importiert und dort ausgewildert hatte. Dass die Ikea-Hühner, die in ihrer Heimat an ausgedehnte Laubwälder gewöhnt sind, in den Misch-Forsten der Rhön wesentlich schlechtere Lebens- und Reproduktionsbedingungen vorfinden, stört allenfalls sie selbst, nicht aber ihre Paten. Denn: Die kassieren fröhlich zigtausende Euro an Subventionen und Sponsorenhilfen aus EU-Töpfen und aus der Wirtschaft für dieses „Leuchtturmprojekt“. Und wenn’s dann nicht so richtig läuft, kann man das immer noch Waschbär und Fuchs anlasten.

Ach ja, der Schwarzstorch in Hessen muss angeblich auch unter den Killerbären leiden und steht klappernd mit dem Rücken zur Wand. Erstaunlicherweise sind seine Bestände landesweit inzwischen aber sogar wieder stark gewachsen – auf 70 Paare. Aber egal: Die „Zorros“ werden immer mehr zum zentralen Problem in Hessen, und nicht nur dort. Sie verwüsten ganze Landstriche, terrorisieren die Menschen, richten Millionenschäden an, organisieren sich in plündernden Banden, rotten bedrohte Arten aus und sind auch noch überwiegend mit dem gefährlichen Spulwurm infiziert. Steven Spielberg und George Lucas sollen sich inzwischen die Filmrechte an diesem Szenario gesichert haben.

Toyota fahrende NABU-Funktionäre

Streckenliste_2016-2017.xlsx

Auszug aus der aktuellen „Streckenliste“ der Hessischen Jäger für das Jagdjahr 2016/17.

Keine steile Behauptung ist zu absurd, als dass sie nicht in die Welt gesetzt werden könnte. Christiane Schröder, Landesgeschäftsführerin des NABU in Brandenburg, glaubt jetzt herausgefunden haben, dass Waschbären sogar auf Igel Jagd machen und für die Stacheligen eine echte Existenzbedrohung darstellen. Die Dame fährt vermutlich privat ein Toyota-Modell. Die japanischen Autobauer werben ja auch mit dem Slogan „Nichts ist unmöglich!“ Reden wir nicht von den Feldhasen, den Fasanen und den Rebhühnern, denen die Maskierten  angeblich ebenfalls arg zusetzen. Ein Blick in die druckfrische und soeben veröffentlichte Hessische Jagdstatistik für 2016/17 sei in diesem Zusammenhang erlaubt. (Eine vollständige Auflistung darüber, was den Hegern alles vor die Flinte gelaufen ist, findet sich hier:)

Olympiareife verbale Klimmzüge

Abzüglich des „Fallwildes“ gaben 23.135 Füchse und 19.493 Waschbären nicht ganz freiwillig den Geist auf. Aber auch 4.417 sich zunehmend rar machende Mümmelmänner –und frauen, 166 Rebhühner und 583 Fasane starben im Kugelhagel der Flurschützen. Dieses Recht nehmen sich diese heraus, weil: Eine intensive, flächendeckende Bejagung von Prädatoren wie dem Waschbär käme ja andererseits einer Hegemaßnahme für die bedrohten Arten gleich. Insofern dürfe man dann auch den dadurch bewirkten Populations-Überschuss bei den armen und so selten gewordenen Tieren „nutzen“. Das sei nach dem geltenden Jagdrecht als Eigentums- und Nutzungsrecht legitim und dem (aktiven) Artenschutz gleich zu setzen. Ähm….  Übersetzt heißt das: Die Lodenfreunde dezimieren in großem Stil Waschbären. Dadurch steigt (angeblich) der Bestand der sonst von den Bären dezimierten Arten so an, dass sich ein Überschuss ergibt. Den muss man dann natürlich abschöpfen – um das biologische Gleichgewicht in der Natur zu stabilisieren. So findet sich immer ein Grund zum Schießen. Olympiareife Rabulistik. (Verbale) Klimmzüge in dieser Perfektion kriegt noch nicht mal Fabian Hambüchen hin.

Zurück in den schönen Vogelsberg. Die dortige Jägerschaft hat sich schon immer als Speerspitze eines rigorosen Weidwerkes verstanden und repräsentiert dessen militante Ausprägung wie keine andere Gruppierung. Ihr Freund Landrat Manfred Görig (SPD) hat die parlamentarische Initiative von Anfang an unterstützt und mit großem Wohlwollen begleitet. Er tat dies objektiv und nach intensiver sachlich-neutraler Prüfung. Weil er sich dem Allgemeinwohl verpflichtet fühlt und nicht etwa den Interessen der Jäger, zu denen er aber seit Jahrzehnten gehört.

Der Landrat lässt sich keinen Bären aufbinden

Göhrig

SPD-Landrat Manfred Göhrig hat sich an die Spitze der Bewegung gestellt. Der passionierte Jäger hatte die „lieben Kameraden und Freunde“ bereits im Frühjahr aufgefordert, auf Privatgrund gefangene Waschbären ins Hessische Umweltministerium zu schicken. Um der Ministerin den Ernst der Lage zu verdeutlichen.

Der Sozialdemokrat ist langjähriges und gefeiertes Mitglied im Jagdverein Alsfeld und zudem in der Hegegemeinschaft Felda aktiv. Er war es auch, der die „lieben Kameraden, Freunde und Kollegen“ im Rahmen der Alsfelder Jagdmesse im März dieses Jahres dazu aufgewiegelt hatte, auf Privatgrundstücken gefangene Waschbären direkt ins Umweltministerium zu schicken. Damit die Ministerin den Ernst der Lage endlich begreife. Aber das nur nebenbei. Sein Adlatus und Untergebener Frank Leinberger, der nach dem Kreistagsbeschluss das Schreiben an die Hessische Umweltministerin aufgesetzt hatte, kann da noch eine eindrucksvollere von Pulverdampf benebelte Vita vorweisen. Der treffsichere Diplom-Verwaltungswirt hat in der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises das Sagen, ist seit Jahrzehnten passionierter Jäger, „bewirtschaftet“ ein eigenes Revier und ist als Jägerausbilder in der Jagdvereinigung Lauterbach engagiert.

Sprüche klopfen für eine von Jägern beherrschte Natur

Für seine unstrittigen Verdienste (Achtung: Ironie!) hat ihm die Jägervereinigung Oberhessen dieses Jahr sogar den „Goldenen Mümmelmann“ überreicht, eine Auszeichnung, die die Organisation für herausragende Leistungen im Natur- und Artenschutz vergibt. Im Jahr zuvor war der zweifelhafte Preis an den Lotze-Heinz aus Steinau an der Straße gegangen, den jagdpolitischen Sprücheklopfer der SPD-Landtagsfraktion. Der lässt keine Möglichkeit aus, sich beim Nimrod-Volk einzuschleimen. Der gelernte Kaminfeger pflegt sich bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit als markiger Streiter für eine intakte, von Jägern beherrschte Natur zu inszenieren. Co-Preisträger war damals übrigens ein gewisser Michael Stein, Jagdpächter und Jagdgenossenschaftsvorsitzender aus dem nordhessischen Ulfen. Dessen großer Verdienst: Der Mann hatte eine Normenkontrollklage gegen das Land Hessen angestrengt, um die Schonzeiten für Fuchs und Waschbär gerichtlich zu kippen. Da hört man zwar auch nix mehr von, aber was zählt, ist schleißlich der gute Wille.

 Parteipolitischen Taktieren auf dem Rücken der Tiere

Monster

Heroische Abwehrschlacht gegen einen übermächtigen Feind.

Noch nie hat sich ein demokratisch legitimiertes Gremium so offensichtlich, einseitig und einmütig den durchsichtigen Zielen einer von professionellem Lobbyistentum geprägten Interessengruppe unterworfen. Hinter dem Beschluss des von einer großen CDU/SPD-Koalition dominierten Vogelsberg-Kreistages steckt natürlich auch partei-politisches Kalkül. Jenseits aller ideologischen Differenzen eint die beiden Lager ihre Antipathie gegenüber den Grünen. Die Ökos stellen mit Priska Hinz in der aktuellen Landesregierung die Umweltministerin. Die hat im Gegensatz zu ihrer Nordrhein-Westfälischen Amtskollegin und Massentierhalterin Christina Schulze Föcking (CDU) tierschutztechnisch keinen Dreck am Stecken. Sie ist den Jagdausübenden (deshalb?) ziemlich unbequem, weil sie sich von diesen nix auf die Backe malen lässt. An ihrer Parteifreundin Ursula Hammann, die Vize-Präsidentin des Hessischen Landtags ist und als Vorsitzende des Landtagsausschusses für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz verantwortlich zeichnet, beißen sich die organisierten Hobbyschützen mit dem grünen Abitur auch regelmäßig die (dritten) Zähne aus. Die Alternativen sind, was Natur- und Tierschutz anbelangt, in der aktuellen Landesregierung das einzige vernunftbegabte und zur Empathie mit dem Mitgeschöpf fähige Korrektiv. Das macht sie für gewisse Leute natürlich in höchstem Maße suspekt.

Öffentlichkeitswirksame Schaumschlägerei

Den beiden grünen Damen am Zeug zu flicken wird immer mal wieder gerne versucht. So im aktuellen Fall. Der durchsichtige Vorstoß des Herrn Leinberger, der Ressortchefin in Wiesbaden auf Geheiß seines Kreis-Bosses in oberlehrerhafter Manier Nachhilfe in Sachen Jagdrecht zu erteilen, dürfte allerdings grandios scheitern und ist nichts anderes als öffentlichkeitswirksame Schaumschlägerei. Denn: Bereits Ende Juni dieses Jahres hatte der Hessische Landtag einen Antrag der SPD, die Schonzeit für Waschbären aufzuheben, mehrheitlich abgeschmettert – mit den Stimmen von CDU, Grünen und denen der Linken. Dass er diese Entscheidung jetzt über den Haufen wirft, nur weil sich ein paar nach Beifall (aus der falschen Ecke) heischende Provinzpolitiker zum Büttel der Jäger machen und vor deren holprigen Karren spannen lassen, ist eher unwahrscheinlich. Aber dafür, diese Eingabe mit initiiert zu haben, hatte sich Genosse MdL Heinz Lotz seinerzeit noch beim vorausgegangenen Landesjägertag im Mai feiern und auf die Schulter klopfen lassen.

Märchenstunde mit Gotthold Ephraim Lessing

Nun war diese Veranstaltung in Lorsch aber auch kein Ruhmesblatt für die Regierenden. Sie ließen damals verkünden, dass die Schonzeiten für Waschbären und Füchse auf der Hessischen Seite der Rhön aufgehoben worden seien. Ein mit Jubel quittiertes Gastgeschenk. Siehe hier:

Dies, weil die pelzigen Killer einer Handvoll Birkhühnern auf Bayerischem Territorium gefährlich werden könnten – theoretisch. So funktioniert Politik. Über die hatte Gotthold Ephraim Lessing ja schon 1779 befunden: „Nicht Kinder bloß speist man mit Märchen ab“ („Nathan der Weise“). Und der 2015 verstorbene Philosoph und Schriftsteller Manfred Hinrich muss geahnt haben, was da später einmal  im Vogelsberg über die parlamentarische Bühne gehen würde: „Politik ist öffentliches Fallenstellen“. Wie wahr! Und das nicht nur im übertragenen, sondern im wahrsten Sinne des Wortes.

Unheilige Allianz zwischen Jagd, Politik und Presse

Pressespiegel

Auch auf die Reaktionen der Zeitungsgruppe Zentralhessen ist Verlass. Von der Kreispressestelle verteilte Artikel, vom Sachbearbeiter der Unteren Jagdbehörde verfasst und bebildert, werden 1:1 übernommen veröffentlicht. Der treffsichere Autor hat ist seit Jahrzehnten passionierter Jäger, „bewirtschaftet“ ein eigenes Revier und ist als Jägerausbilder in der Jagdvereinigung Lauterbach engagiert.

In der VB-Region hat sich eine ziemlich unheilige Allianz etabliert, ein Bündnis, in dem sich nicht nur in gegenseitiger Zuneigung vereinte Interessenvertreter aus Jagd, Wirtschaft, Politik und Behörden in einvernehmlichem Schulterschluss einbringen. Auch die Medien sind in diese mafiösen Strukturen eingebunden und fungieren als Sprachrohr und als Leser-verdummende Propagandainstanz. Dieser Eindruck verstärkt sich, wenn man sich die besagter Kreistagssitzung folgende Berichterstattung anschaut, insbesondere die der Verlagsgruppe Zentralhessen. Dazu zählen auch der Gießener Anzeiger, die Oberhessische Zeitung und der Lauterbacher Anzeiger. Vertreter der Zeitungshäuser scheinen in besagter Kreistagssitzung gar nicht anwesend gewesen zu sein – oder zumindest nicht durchgehend. Die Redaktionen übernahmen in Folge und ein paar Wochen später) 1:1 eine entsprechende Verlautbarung der Kreispressestelle. Ohne Fakten-Check und ohne bestimmte Behauptungen kritisch zu hinterfragen. Das wäre ja auch zu viel verlangt. Gestresste (und/oder überforderte?) Lokalredakteure haben schließlich Besseres zu tun.

Journalistische Armutszeugnisse

Das ist für Journalisten ein Armutszeugnis, aber natürlich auch eine bequeme Sache, die den Verlag zudem nix kostet. Den Vogel (oder den Waschbären) abgeschossen hat aber die Gießener Allgemeine, zu der auch die Alsfelder Allgemeine Zeitung gehört. Sie veröffentlichte am 7. November unter der Überschrift „Waschbärenplage lässt sich kaum eindämmen“ eine investigative Analyse zur Lage der Nation/Region. Eines der übelsten pseudo-journalistischen Machwerke der jüngeren Print-Geschichte. Tenor: “Das letzte, was (eigentlich müasste es ja heißen “das”) viele heimische Vögel in ihrem Leben sehen, ist das Gesicht mit dem schwarzen Augenstreifen.” Gemeint war die Fratze der inkriminierten Kleinpetze. Der Schrecken aller Gefiederten.

 Mit dem Spulwurm zum Pulitzer-Preis

Giessener Allgemeine

Die Gießener Allgemeine ist voll und ganz auf Linie und sich nie zu schade, als williges Propagandainstrument der Jagdausübenden zu fungieren. Einige Überschriften aus den vergangenen Wochen. Angesichts solcher Schlagzeilen verwundert es nicht, dass die Bevölkerung den Waschbären mehr fürchtet als die Pest.

Gezeichnet war das Pamphlet als Elaborat der Redaktion. Tatsächlich handelte es sich aber um eine leicht gekürzte, inhaltlich aber völlig unverändert gelassene  Pressemitteilung des Jagdvereins „Hubertus“ Gießen und Umgebung. Die der auf den Pulitzer-Preis schielende Kollege Schreibtischtäter dann so aufgehübscht hatte, dass das Ganze wie ein mit dem „Hubs“-Vorsitzendem Dieter Mackenrodt geführtes Interview erschien. Zitat: „Ob am Boden oder in der Höhe, der Räuber plündert Nester und ernährt sich von Jungvögeln.“ Und dann, noch mal eine Steigerung: „70 Prozent der Hessischen Waschbären haben den Waschbärspulwurm“. Weiß der Teufel, aus welchen trüben Quellen der Mann diese Weisheit geschöpft hat. Die Loden-Jungs kennen die genauen Zahlen der hessischen Waschbärenpopulation nämlich selbst nicht genau, sind aber in der Lage, ohne parasitologische Reihen-Untersuchungen eine prozentuale Infektionsrate exakt anzugeben. Gilt auch für die verbreiteten Bestandszahlen. In Deutschland gebe es über eine Million Waschbären. Eine astronomische Zahl, auf die man eigentlich nur kommen kann, wenn man Jägermeister-bedingt doppelt oder vierfach sieht.

Duo

Haben zwar verschiedene Parteibücher, ziehen aber an einem Strang, wenn es um die Interessen ihrer jagenden Klientel geht: Schornsteinfeger Heinz Lotz (links) von der SPD und CDU-Mann und Oberst der Reserve, Walter Arnold (rechts). Beide sind jagdpolitischer Sprecher ihrer Landtagsfraktionen. Arnold geht sei über 37 Jahren selbst mit konstanter Begeisterung auf die Pirsch – weil das „angewandter Naturschutz“ sei. Fotos: SPD / Sven Teschke

Um noch mal auf den sozialdemokratischen Potze-Lotz, den „schwarze Mann“ mit dem roten Parteibuch, zurück zu kommen. Der Knabe nutzt jede Möglichkeit, sich in einschlägigen Kreisen lieb Kind zu machen. Dies erst recht, nachdem (Dr.) Walter Arnold aus Fulda, sein Konkurrent aus dem Unions-Lager, agitatorisch vorübergehend etwas kürzer getreten war,  Aber der Christdemokrat und Oberst der Reserve ist dabei, Boden gut zu machen und holt auf. Der stellvertretende CDU-Landtasgsfraktionsvorsitzende war der Erste, der dem Landesjagdverband unlängst stolz und exklusiv die Entscheidung von Innenminister Peter Beuth übermittelte, dass der Antrag, eine Schießerlaubnis für Waschbär und Fuchs in geschlossenen Ortschaften zu bekommen, künftig gebührenfrei sei. Das ist doch mal eine wirklich gute Nachricht.

Buhlen um die Stimmen einer bewaffneten Minderheit

Das muss man ausschlachten. Auch im Hinblick auf die Ende nächsten Jahres anstehenden Landtagswahlen. Da zählt jede Stimme. Der Hessische Jagdverband kann zwar nur 18.641 Mitglieder in die Waagschale werfen, während die Zahl der Jagdscheininhaber landesweit 24.873 beträgt. Das sind im Hinblick auf die rund 4,3 Millionen Wahlberechtigten hierzulande Peanuts. Aber Dunstkreis und Einflussbereich der jagdlich-hegenden Vollstrecker sind groß genug, dass es lohnend erscheint, auch diese bewaffnete Minderheit zu hätscheln. Da muss man klare Kante zu zeigen, sich beizeiten positionieren und schönes Wetter machen. Könnte am Tag des Urnengangs kriegsentscheidend sein. Und der Krieg geht ja unvermindert weiter. Der gegen das Mitgeschöpf, die Kreatur, die Tiere. Sie werden instrumentalisiert. Zu ihren Lasten kann man sich profilieren auf ihrem Rücken kann man all die kleinen und großen Machtspielchen und politischen Ränke austragen, die für ein Überleben im politischen Haifischbecken nun mal notwendig sind.

 

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