Von Jürgen Heimann
We shame us in ground and floor! „Oetti“ hat wieder zugeschlagen. Neben Prinz Philip, dem Gemahl von Lisbeth, der englischen Königin, zählt der multilingual versierte deutsche EU-Kommissar („We are all sitting in one boat!“) ja mit uneinholbarem Vorsprung zu den Fettnäpfchen-Kings auf diesem Planeten. Auf diesem Gebiet ist er eine Koryphäe. Oder heißt es Konifere? Auf jeden Fall macht dem aus Gründen regionaler Schadensbegrenzung nach Brüssel abgeschobenen Schwaben, von dem ja auch der klassische Satz „Kultur findet auch dort statt, wo es keine Betten gibt“ stammt, da so schnell keiner etwas vor. Da kann ihm keiner das Wasser reichen: No one can reach him the water! cUnlängst hat der Mann die Chinesen düpiert. Indem er sie in einer öffentlichen Rede „Schlitzaugen“ nannte.
Gut, Hand aufs Herz, wir bezeichnen die Asiaten hin und wieder in kleiner, vertraulicher Runde ja auch schon mal als „Zitronenbeißer“. Jeder, der schon mal an einer dieser gelben Zitrusfrüchte geknabbert und sich dabei selbst im Spiegel beobachtet hat, weiß warum. Aber für einen Politiker und EU-Repräsentanten in Oettingers Position gehört sich das einfach nicht. Die Entschuldigung für diesen sprachlichen Fauxpas kam denn auch gewohnt spät und halbherzig. Natürlich habe er das nicht so gemeint, wie es rübergekommen sei. Ganz davon abgesehen hätte er seine Rede ja auch „frank und frei“ gehalten. ??? Da dreht sich Frank Zappa im Grabe um und Frank Zander kippt noch einen nach.
Beim Oettinger-Günther fragen sich die Zuhörer ja oft, was der ehemalige Ministerpräses von Baden-Württemberg denn gerade verzweifelt versucht zum Ausdruck zu bringen. Die Englisch- wie die Deutschsprachigen. Da bleibt meist viel Spiel für Interpretationen, Raum ohne Ende für unfreiwillige Komik inklusive. Unterstellt, der gebürtige Stuttgarter habe besagte Redewendung vielleicht unter Einfluss von zu viel Oettinger tatsächlich in ihrem ursprünglichen Sinne verwenden wollen, heißt das nichts anderes, dass er (lediglich) zwanglos, offen und unmittelbar daher gelabert hat, wie man es ja von ihm kennt. Eine armseliger Versuch, zerdeppertes Porzellan zu kitten. Wörtlich hat der CDU-Politiker dargelegt: „I was frank and open – it was not a speech read out, but, frei von der Leber, as wie say in German“. Jetzt wollen wir nicht über den Zustand seiner Leber und das Pensum, das dieses Organ in seinem speziellen Falle absolvieren muss, spekulieren.
Portofrei nach Brüssel
Aber was genau hat es nun mit diesem „freien Frank“ auf sich? Da lohnt sich ein Blick in die (linguistische) Geschichte. „Frank und frei“ zu sein oder zu reden heißt nichts anderes, als „ohne größere Hemmungen, ohne Scheu, offen und ehrlich daher zu kommen. Aber warum „frank“ und nicht „dieter“? Die umgangssprachliche Redensart hat ihre Wurzeln bei unseren romanischen Nachbarn und wurde quasi formelhaft ins Deutsche übernommen. Das bereits im 15. Jahrhundert.
Ihr zu Grunde liegt das mittelalterliche „francus“ = fränkisch. Die Franzmänner kennen es als „franc“, die Italiener und Spanier als „franco“. Die übereinstimmende Namensähnlichkeit mit dem faschistischen Generalissimus und iberischen Diktator mag zufällig sein. Die noch heute gebräuchliche Kombination mit dem adjektivistischen „frei“ rührt aber daher, dass sich die Franken – übersetzt bedeutet das so viel wie die „Mutigen“ oder die „Kühnen“ – zu ihrer Zeit in der glücklichen Lage sahen, nicht abgabepflichtig zu sein. Zumindest galt das in ihrem nordfranzösischen Herrschaftsbereich: „Franc et libre de toutes tailles”. Die Jungs brauchten also nix zahlen, zumindest keine Steuern.
Die Gebühr zahlt der Empfänger
Die Post hat das dann später in ihren Sprachgebrauch übernommen. Kunden, die unverdrossen am auf Papier geschriebenen Wort festhalten, den Brief in ein Kuvert stecken und eine zuvor erworbene Briefmarke draufpappen, machen die dem schwarzen Horn anvertraute Sendung damit frei. Sie frankieren die Depesche, was sie für ihren Empfänger gratis macht. Briefe hingegen, für die der Adressat löhnt, sind für den Absender „franko“ und damit portofrei.
Darauf einen spanischen Olivenschnaps!
In diesem Zusammenhang gibt es aber noch eine Komponente. Im Bereich der Sprachwissenschaft kennt man auch den Begriff „Lingua franca“, worunter, vereinfacht ausgedrückt, eine aus französischen, italienischen, griechischen und arabischen Elementen zusammengemixte Mischsprache zu verstehen ist. Sie war im Mittelalter sowie zur Zeit der venezianischen und genuesischen Handelsherrschaft quasi als Geschäftssprache gebräuchlich. Heuer gilt „Lingua franca“ als Sammelbegriff für spontan entstehende “gemischte” Hilfssprachen (Pidgin) und für Kunstsprachen wie das Esperanto, von dem Oettinger bis heute glaubt, dabei handele es sich um einen spanischen Olivenschnaps. Burgerking, ist er überzeugt, sei das englische Wort für Bürgermeister, wird aber foxdevilswild, wenn man ihn auf seine sprachlichen Defizite anspricht.
Womit wir wieder bei unserem Fettnapf-Häuptling (“A presented Gaul, don’t look in the Maul”) wären. Er tritt ja nicht in solche, sondern badet förmlich darin. There have the salad! Und wenn der Oetti irgendwann in absehbarer Zeit für die EU untragbar werden sollte, ist ihm eine Stellung bei der Volkshochschule in Barig-Selbenhausen garantiert. Die Verantwortlichen dort haben dem Mann in ihrer anglistischen Fakultät eine Gastprofessur auf Lebenszeit angeboten. Nicht ohne Grund, wie dieses Video beweist:
Aber zurück zum fettigen Napf. Die Engländer sagen sinngemäß „to put one’s foot in one’s mouth“. Aber so gewalttätig würde der Oetti nie werden. Seine Maxime lautet ja: „I treat in every fat bowl I ever find“. Aber was hat es jetzt mit dieser Redensart vom “ins-Fettnäpfchen-treten” auf sich? Man spricht davon, wenn jemand andere unabsichtlich durch unbedachte Äußerungen oder ungeschicktes Verhalten gekränkt und sich dadurch selbst in eine peinliche Situation gebracht hat. Die Wurzeln dieses bildhaften Gleichnisses gründen auf der Gepflogenheit, sich die (Leder-)Schuhe einzufetten, um sie gegen das Eindringen von Feuchtigkeit resistent zu machen. Tun wir ja heute auch noch, greifen aber eher auf diverse im Handel erhältliche Mittel zurück.
Früher hatten die Bauern zu diesem Zwecke in der Nähe der Eingangstür oder des Ofens einen entsprechend gefüllten Behälter platziert, aus dem sich die Besucher bei Bedarf bedienen konnten und ihr Fett abbekamen. Da konnte es schon mal passieren, dass ein Gast aus Versehen hineintappte, was entweder seiner Ungeschicklichkeit oder den diffusen Lichtverhältnissen im Raum geschuldet war. Aber egal: Der „Täter“ hinterließ infolge entsprechende Fußspuren auf dem Fußboden, worüber die Dame des Hauses nicht unbedingt begeistert war. Von Günther waren wir es noch nie. Darauf ein Glas Oettinger-Weizen!