Von Jürgen Heimann
Der WWF (Worldwide Fund for Nature), der zu den größten und mächtigsten Tier- und Naturschutzorganisationen der Welt zählt, hat sich mit seiner jüngsten Positionierung zur Trophäen- und Auslandsjagd wieder ein Stück weit selbst demontiert. Indem er diese umstrittene Form des organisierten Wildtötens salonfähig macht, ist der Multi mit dem Panda-Logo zumindest für viele andere Organisationen und Menschen, die sich dem Wohl der Mitgeschöpfe verpflichtet fühlen, kaum noch tragbar und erträglich. Für die Jäger schon. Sie applaudieren jubelnd und würdigen die steilen Thesen des global operierenden “Tierschutz”-Unternehmens und dieses selbst als pragmatisch und konstruktiv. So weit sind beide Seiten mit ihrem Gedankengut nämlich gar nicht auseinander. Da gibt es viele Schnittmengen. Und weil das so ist, möchten die Jäger die Zusammenarbeit gerne intensivieren. Schon klar. In der Genugtuung ob solcher Zustimmung mag man beim WWF verdrängen, dass es hier Lob von der falschen Seite hagelt. Aber das nimmt man billigend in Kauf. Da zeichnet sich eine ziemlich unheilige Liaison ab. Aber mit zweifelhaften Bündnissen hatte das seit seiner Gründung 1961 immer wieder von Skandalen erschütterte “grüne Imperium” noch nie Probleme.
Auslandsjagd eine Multi-Millionen-Dollar-Branche
Der WWF hat die umstrittene Trophäenjagd, die Goldmine einer Multi-Millionen-Dollar-Branche, jetzt von ihrem Schmuddel-Makel reingewaschen. Er behauptet im Grunde genommen nichts anderes, als dass (begüterte) Westler, die in Ländern der Dritten Welt auf die Pirsch gehen und ihrem blutigen, für die Tiere tödlichen Freizeitspaß huldigen, damit einen wesentlichen Beitrag zu Naturschutz und Artenvielfalt leisten. (Dass sie nichts anderes auch hier bei uns in Deutschland tun, versuchen uns die heimischen Nimrods ja auch seit Jahr und Tag glauben zu machen). Ganz wichtig: Nebenbei hilft, es lebe der Jagdtourismus, ein solch bewaffneter Auslandseinsatz angeblich auch der notleidenden Bevölkerung in den oft unterentwickelten Zielgebieten. Die relativ hohen Abschussgebühren für die Trophäenjagd trügen dort erheblich zum Einkommen (und Wohlergehen) der Menschen bei oder würden in Naturschutzprojekte investiert. Anders formuliert: Wer sich das Gehörn eines in Afrika oder Asien erschossenen Tiers zu Hause an die Wand hängt oder dessen präpariertes Fell als Bettvorleger nutzt, tut ein gutes Werk – und das gleich in mehrfacher Hinsicht.
Augenwischerei der dümmlichsten Art
Haha. Da lacht sich die legendäre Gummihexe schief. Denn: Die vermeintliche Gemeinnützigkeit, die hier beschworen wird, ist nichts anderes als Augenwischerei der dümmlichsten Art. Die PHASA (Professional Hunters’ Association of South Africa) zählte beispielsweise im Jahr 2013 allein in Südafrika insgesamt 7638 Trophäenjagden mit einem industriellen Wert von 84 Millionen Euro. Die horrenden Summen, die Hobbyjäger für eine Jagdreise ausgeben, landen allerdings nicht bei der armen Bevölkerung oder bei einer Nationalparkverwaltung, sondern fast ausschließlich in den Taschen der Reiseveranstalter und Jagdfarmbesitzer. Die weltweit agierende Tierrechtsorganisation PETA verweist in diesem Zusammenhang auf eine Wirtschaftsanalyse zur Trophäenjagd in Afrika. Daraus geht hervor, dass gerade einmal 3 % der Einnahmen bei der lokalen Bevölkerung ankommen. Wenn Jäger wirklich daran interessiert wären, der einheimischen Bevölkerung zu helfen, wären die hohen Geldbeträge, die sie für Jagdreisen ausgeben, besser und effektiver in Entwicklungs- und Bildungsprojekte investiert.
“Untermauert” werden solche haarsträubenden Behauptungen vom Nutzen der Trophäenjagd mit verbrämenden Satzkonstrukten wie diesem: “Der Jagdtourismus ist in vielen Fällen wichtiger Bestandteil eines Instrumentenmixes zur Bewahrung der Biodiversität”. Aber nicht nur Hirsche, Nieder- und Wasserwild, Antilopen, Gazellen, Kudus, Impalas, Eland-Kühe, Streifengnus, Warzenschweine, Zebras, Springböcke, Paviane und Geparden sehen sich dabei im Visier. Auch die Bejagung gefährdeter und besonders geschützter Arten wird toleriert, so sie sich als “notwendig” erweisen sollte. Besondere Umstände, die sich natürlich immer nach Bedarf konstruieren lassen, erfordern halt auch besondere Maßnahmen. Mit dem nötigen Kleingeld lassen sich ganz unbürokratisch Abschussgenehmigungen für vom Aussterben bedrohte Arten wie Nashörner, Löwen, Elefanten oder Eisbären einholen.
Das Ganze ist eine Art Freifahrt-Ticket für begüterte Safari-Freaks auf der Suche nach dem ultimativen Erfolgs-Kick: “Verwirklichen Sie mit uns Ihren Jagd- und Lebenstraum! Wählen sie aus 74 Wildarten und 41 Jagdgebieten weltweit”. Leben und leben lassen gilt hier nicht. Es gibt Hunderte, wenn nicht Tausende von Anbietern, die mit diesem fragwürdigen Freizeitspaß Kohle machen. Wenn man sich dann durch die Fotogalerien der einschlägigen Seiten im Internet klickt, kann einem übel werden. Auch viele gedruckte Magazine widmen sich einzig und allein diesem traurigen Thema.
50.000 Deutsche gehen jährlich auf Großwildjagd
Schätzungsweise 50.000 Deutsche reisen jährlich ins Ausland, um auf Großwildjagd zu gehen. Und sie müssen dazu noch nicht einmal einen Befähigungsnachweis vorlegen. Selbst Dödel, die hierzulande zu blöd sind, den Jagdschein zu machen, kommen hier zum Schuss. Nach dem „grünen Abitur“ fragt keiner. Und sei’s drum, dass der Kunde noch zu dämlich ist, eine Wasserpistole unfallfrei zu laden, hier wird ihm geholfen. Dafür gibt es ja Hiwis. Der „Bowana“ ist der König. Und wer sich daheim den ausgestopften Kopf eines Löwen über den Kaminsims hängt, der noch im Angesicht des Todes grimmig und furchteinflößend dreinblickt, darf sich der uneingeschränkten Bewunderung seiner Gäste sicher sein. Der Hausherr ist, daran gibt es keinen Zweifel, ein Held. Dass der Leo, von Menschenhand aufgezogen, zahm war und zum Zeitpunkt des Abschusses unter Beruhigungsmittel stand, muss er ja nicht verraten. Tausende Raubkatzen sterben so Jahr für Jahr in Afrika. Pro Kopf werden dafür je nach Stattlichkeit des Beutetieres zwischen 25.000 und 45.000 Euronen fällig. Aber das Thema „Gatterjagd“ ist wieder eine ganz andere Geschichte. Mehr zum Thema hier: Davon distanzieren sich selbst WWF und DJV nach außen hin. Das wäre ja auch anders nicht zu kommunizieren.
Jäger entzückt über die unerwartete Schützenhilfe
Die deutschen Jäger assistieren dem WWF und verweisen auf das Übereinkommen über biologische Vielfalt, das von fast allen Staaten unterzeichnet worden sei. Darin werde die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen – und das schließe natürlich auch nachhaltige Jagd ein – dem Schutz gleichgestellt. Die Betonung liegt auf “nachhaltig”. So ist es auf der Webseite des Deutschen Jagdverbandes nachzulesen. Klar, dass man hier entzückt über die unerwartete Schützenhilfe ist. Das ist Labsal für die geschundenen Seelen der Waidleute, die mit immer größeren Imageproblemen zu kämpfen haben. Nachdem ihnen die EU aber erst unlängst durch die Verordnung über invasive Arten einen Persilschein für die Jagd auf Waschbären, Schwarzkopfruderenten, Grauhörnchen, Nutrias und sogar Nasenbären ausgestellt hat, bekommen sie langsam wieder Oberwasser.
Apropos Image: Mit dem des WWF ist es ja auch nicht (mehr) zum Besten gestellt. Immer mehr Tierfreunde wenden sich entsetzt oder enttäuscht von diesem gutmenschelnden Globalplayer ab. Der finanziert sich ja aus Spenden. Den WWF-Sammlern, die mit dem Klingelbeutel durch unsere Städte ziehen, zeigen inzwischen jedoch immer mehr Menschen die kalte Schulter. Da kann ihr Logo-Bär noch so drollig dreinblicken. Die monetären Quellen sprudeln nicht mehr so üppig wie anno dazumal. Aber das hat durchaus seine Gründe.
Nicht erst, seit der Ehrenpräsident der spanischen WWF-Stiftung 2012 bei der Großwildjagd in Botswana auf frischer Tat ertappt worden war. Dabei handelte es sich um keinen Geringeren als König Juan-Carlos. Der schießwütige Safari-King hatte todesmutig, wie er nun mal ist, einen kapitalen, 50 Jahre alten Elefantenbullen zur Strecke gebracht und sich dann, kleine Sünden bestraft der liebe Gott halt prompt, zwei Tage später frühmorgens nach einem feuchtfröhlichen Schüsseltreiben die Hüfte gebrochen.
DER WWF veranstaltet selbst Drückjagden
Jahrelang hatten die Verantwortlichen auch an dem umstrittenen Textil-Unternehmer und Großwildjäger Knut Bellinger als ihrem offiziellen Repräsentanten und “Botschafter” festgehalten. Bis es der Multi-Millionär zu weit trieb und unverhohlen auf youtube wiederholt Abschüsse streng geschützter Jaguare in Südamerika dokumentierte und verherrlichte.
Und im vergangenen Jahr war nun auch noch publik geworden, dass der WWF auf seinen eigenen Ländereien selbst als Veranstalter von Drückjagden auftritt. So etwa in der Nähe von Dessau. Das löste eine neue Welle der Empörung aus und kostete weitere Mitglieder und Spendengelder. Das Bild von den 85 toten, säuberlich in Reih und Glied „gestreckten“ Wildschweinen mit den blutigen, aufgebrochenen Bäuchen hätte auch in jedem x-beliebigen Revier Deutschlands „geschossen“ worden sein können. Dass es aber die „Erfolgsgeschichte“ einer vom WWF selbst organisierten und zu verantwortenden Hatz auf die Schwarzkittel dokumentiert, machte es so explosiv. Nebenbei hatte es auch zehn Rehe erwischt. Kollateralschäden.
Drückjagden sind und bleiben, selbst wenn sie nicht oft durchgeführt werden, Tierquälerei. Eine Natur- und Umweltorganisation wie der WWF sollte solche weder tolerieren, geschweige denn selbst veranstalten. Und wenn doch, wäre eine Namensänderung überfällig. So aber macht man nach wie vor gute Geschäfte – “mit der Natur, mit den Tieren, mit dem Mitleid der Menschen für die bedrohte Umwelt”. Damit ließe sich sehr viel Geld verdienen, hat der Autor und Filmemacher Wilfried Huismann festgestellt. Der hatte 2011 mit seiner investigativen Dokumentation „Der Pakt mit dem Panda: Was uns der WWF verschweigt“ für erhebliches Aufsehen gesorgt und dann noch mal mit seinem “Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda“ nachgelegt. Der unter anderem mit dem Grimmepreis ausgezeichnete Journalist sorgte für blankliegende Nerven nicht nur in der WWF-Zentrale in Gland im Kanton Waadt. Die Glaubwürdigkeit des Panda-Multis bekommt seitdem immer häufiger Risse. Siehe auch: Gutmenschen und Pandas