Von Jürgen Heimann
Die grüne Hausherrin im Rheinland-Pfälzischen Umweltministerium (korrekt: Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität) ist den Grimbarts nicht grün. Katrin Eder und ihre Entourage haben ein ziemlich gestörtes Verhältnis zu diesen gedrungenen Erdmardern, die uns unter dem Namen Dachs geläufig sind. Den wenigsten dürften allerdings schon mal ein Exemplar davon in natura begegnet sein. Egal: Möglichst viele der scheuen, nachtaktiven Tiere mit der charakteristischen schwarz-weißen Kopfzeichnung und der rüsselartigen Schnauze gehören in die ewigen Jagdgründe befördert. Sagt die F(l)ach-Referenten der Ministerin. Feuer frei! Damit haben sie sich vielleicht unter den Nimrods neue Freunde gemacht, nicht aber unter den Natur- und Wildtierschützer. Die schütteln fassungslos den Kopf.
Dass „ihre“ Jagdfreunde im weinseligsten Bundesland pro Jahr mehr als 5.000 dieser Allesfresser mit Blei über den Regenbogen schicken, halten Frau Eder bzw. ihre “Experten” im Ministerium offensichtlich für gerechtfertigt und auch zwingend geboten. Dafür lieferte die in der Mainzer Friedrich-Straße 1 residierende Politikerin in einer von einem ihrer Mitarbeiter verfassten Verlautbarung ihres Ministeriums dann auch eine recht dünne, der Ratio nicht unbedingt gerecht werdende Begründung.
Dachse (aufgepasst!) würden zunehmend Gräber auf Friedhöfen verwüsten und obendrein, und das ist ja der Gipfel, sogar Grabsteine umwerfen. Das geht schon mal überhaupt nicht. Da hilft nur eins: die Todesstrafe. Auch hätten ihr ihre Mitarbeiter gesteckt, dass diese Spezies für häufige Schäden im landwirtschaftlichen Bereich verantwortlich seien. Spätestens an dieser Stelle ist jetzt Schluss mit lustig.
Die bewaffnete Lodenmantel-Fraktion soll dem wilden Treiben der Raubtiere Einhalt gebieten. Das machte sie in den vergangenen Jahren schon recht erfolgreich. 5.388 Opfer aus der Dach-Familie weist die Rheinland-Pfälzische Jagdstatistik für die Saison 2020/21 aus. Bundesweit hörten in dieser blutigen „Spielzeit“ 86.745 dieser Tiere den letzten Schuss zu spät. Da könnten sich die „Pälzer“ von den Bajuwaren aber noch eine Scheibe abschneiden. Die Heckenschützen jenseits des Weißwurstäquators machten in der letzten Jagdsaison sogar 10.309 dieser Kreaturen platt.
Fairerweise sollte erwähnt werden, dass ein nicht ganz unerheblicher Prozentsatz davon im Straßenverkehr unter die Räder kam. Doch unterm Strich bleibt immer noch eine erschreckend hohe Zahl an Opfertieren, die ganz gezielt ins Visier genommen wurden. Ohne dass die Schützen davon etwas gehabt hätten, von dem Kick, den das Töten eines Tieres bei ihnen vielleicht auslöst, vielleicht einmal abgesehen. Weder Fell noch Fleisch der Dachse wird heute verwertet. Das ist ja bei den Füchsen auch so. Früher wurden aus Dachshaar Pinsel hergestellt, auch Rasierpinsel. Damals war auch hier und da noch Dachsschinken im Angebot. Aber die Zeiten sind vorbei.
Gut möglich, zumindest denkbar, dass die erste seit Dezember 2021 als Umweltministerin amtierende Grüne die Meinungen ihrer Untergebenen im Haus zum Thema nicht teilt. Vielleicht haben sich da auch gewissen Damen und Herren einfach verselbstständigt. Aber Frau Eder ist verantwortlich für das, was aus ihrem Ministerium an Statements nach draußen dringt. Ein solches liest sich wie folgt: Dass jährlich (über) 5.000 Dachse in Rheinland-Pfalz getötet werden, sei ein Ergebis “ausgewogener Regelungen und Formen im Umgang mit dieser Wildart“. Das Kraut, dass die da rauchen, würde ich auch ganz gerne mal ausprobieren!
Dass der Dachs ein Ernteschädling ist, hält Lovis Kauertz, der Vorsitzende der bundesweit agierenden Organisation „Wildtierschutz Deutschland“, für ein (nicht zu beweisendes) Gerücht. Die Nahrung dieser Tiere bestehe in Mitteleuropa (mit geringen regionalen Unterschieden) ganz überwiegend aus Regenwürmern. Was sonst noch bei „Meles meles“, so der lateinische Name, auf den Tisch komme, seien kleinere Wirbeltiere, vor allem Mäuse und Aas. Auch Insekten, Schnecken sowie Kirschen, Zwetschgen, Äpfel oder Beeren verschmähe der Marderverwandte nicht. Getreide hingegen würde er auch während der Reifezeit kaum einmal anrühren. Es sei denn, er komme an einem Maisfeld vorbei. Und wenn, dann resultierten daraus überwiegend unerhebliche, also zumutbare Schäden. „Der Tierschutz“, so Kauertz, „hat in der heutigen Gesellschaft eine so überragende Bedeutung, dass es im Allgemeininteresse liegt, dass der Grundbesitzer unerhebliche Einbußen an seinem Eigentum zugunsten des Tier- und Naturschutzes hinnehmen muss“. Es gebe also weder rechtliche, noch ökologischen, ökonomische oder epidemiologische Gründe, die eine flächendeckende Bejagung des Dachses nachvollziehbar begründen könnten. D’accord!
In Rheinland-Pfalz gibt es übrigens, im Gegensatz zu anderen Bundesländern, keinerlei Schonzeiten für den Dachs. Er darf hier ganzjährlich abgeknallt werden. Ende der 60er Jahre hatte seine Population bundesweit schon mal auf der Kippe gestanden Als Jagdverbände und Politik nämlich der irrigen Meinung waren, durch die Begasung von Fuchs- und Dachsbauen die Tollwut ausmerzen zu können. Bei dieser Gelegenheit wurden etwa 80 Prozent des Dachsbestands ausgelöscht. Erst ab Mitte der 1990er Jahre konnte sich die Zahl der „Grimbarts“ wieder erholen. Aber das muss kein Zustand von Dauer sein, wenn Politikerinnen wie Katrin Eder den Einflüsterungen interessensgeleiteter Lobbygruppen erliegen und zur großen Hatz blasen. Back to the Sixties!