Sie scheinen immer irgendwie zu grinsen und permanent gut drauf zu sein. Doch der von der Physiognomie erweckte Eindruck täuscht. Delfine sind die ärmsten Schweine unter den Meeressäugern. Nicht nur dann, wenn sie in Gefangenschaft geraten. So sie das Schicksal (oder etwas anderes) in die japanische Taij-Bucht an der östlichen Spitze der Halbinsel Kii verschlägt, haben sie noch schlechtere Karten. Dort richten hiesige „Fischer“ allen internationalen Protesten zum Trotz Jahr für Jahr ein entsetzliches Gemetzel unter den friedlichen Zahnwalen an. Das flache Wasser färbt sich blutrot. Viele Hundert dieser Tiere werden jeweils zwischen September und März abgeschlachtet – mit Eisenstangen totgeknüppelt, mit Messern und Harpunen erstochen. Dies, um später handlich portioniert in diversen Kochtöpfen zu landen – mit dem Segen der Regierung, die dieser Tötungsorgie als „Form des traditionellen japanischen Fischfangs“ verteidigt.Apropos verteidigen: Ein während der Saison permanent dort stationiertes Polizeiaufgebot soll die Killer vor Demonstranten und Journalisten „schützen“. Das war auch in der letzten Jagdsaison wieder der Fall. Die Bilanz: 751 getötete Tümmler, 80 in Gefangenschaft geratene Tiere. Sehr plastisch und drastisch wird dieses „traditionelle Schlachtfest“ in der Oskar-prämierten Dokumentation „Die Bucht“ gezeigt: https://www.youtube.com/watch?v=BjqhQyGi0_8 Ein schockierendes, aufwühlendes filmisches Dokument, das die unvorstellbare Grausamkeit, zu der der (in diesem Fall ausschließlich von Gewinnsucht getriebene) Mensch gegenüber seinen Mitgeschöpfen fähig ist, belegt. Seit der Premiere vor fünf Jahren hat sich an der Situation vor Ort jedoch nicht viel geändert. Die Proteste, von international operierenden Organisationen wie Sea Shepherd, PETA, Atlanticblue oder Greenpeace kanalisiert und gebündelt, halten dennoch unvermindert an. Die Meeresschützer von Altanticblue haben das Massaker plastsich auf ihrer Internetseite dokumentiert: www.atlanticblue.de. Nix für zarte Gemüter.
Zumindest ist die Zahl der Opfer rückläufig. Das liege, so die offizielle Version, aber daran, dass viele der beteiligten Fischer ihre Boote durch den Tsunami im Jahre 2011 verloren hätten. Wovon niemand der Verantwortlichen spricht, ist, dass Delfinfleisch, Gondo genannt, gerade bei jungen Japanern zunehmend an Beliebtheit verliert, weshalb der Absatz stockt.Bestimmt ist das mit Quecksilber hochgradig verseuchte Fleisch für Restaurants, Supermärkte und, weil ja so preiswert, auch Schulkantinen. Wird es als Grindelwalfleisch etikettiert, winken höhere Profite. Doch sind das nur Peantus gemessen an dem lukrativen Geschäft, das sich mit dem Verkauf lebender Exemplare an Delfinarien, Aquarien, Zoos und Erlebnisspaßparks in aller Welt machen lässt. Das Fleisch eines toten erwachsenen Delfins bringt etwa 300 Dollar, ein lebendes Tier ist bis zu 150.000 Dollar wert. Das gilt auch für Nachzüchtungen in Gefangenschaft. Auch hier klingeln die Kassen.
Den Überlebenden droht ein lebenslanges Martyrium
Von den Delfinarien beauftragte Einkäufer oder Zwischenhändler sind während des Schlachtfestes in Taji auch vor Ort, um sich die schönsten Flipper heraus zu suchen. Daumen hoch bedeutet dann: „dem Tod gerade noch mal von der Schippe gesprungen“. Doch alternativ zu einem solchen jähen qualvollen Ende erwartet die Opfer dann ein lebenslanges Martyrium unter zumeist für sie völlig unakzeptablen, artwidrigen Bedingungen. Zumeist sind die gedopten, mit Pharmazeutika vollgepumpten und zu Clowns für gaffende Zuschauer degradierten Wesen in den Wasserzoos durch Musikbeschallung und Publikumsklatschen für sie unerträglichen Lärmbelastungen ausgesetzt. Sie haben nämlich ein äußerst empfindliches Gehör.
Und: Während Delfine in freier Wildbahn bis zu 100 Kilometer weit schwimmen und Tauchtiefen von bis zu 500 Meter erreichen, müssen sie sich in einem „Großaquarium“ mit einem winzigen Betonbecken, das bestenfalls zwölf Meter lang ist, begnügen. Und sie werden dort meist nicht alt und beißen vorzeitig in die (nicht vorhandenen) Algen. Die sterilen Pools müssten beispielsweise 850 Meter lang sein, damit ein Delfin eine Minute gerade aus schwimmen kann. Und derart dimensionierte Becken mag sich kein Anbieter leisten. Aber auch Schwertwale, Orcas genannt, sind bei den Besuchern von Aqua-Parks äußerst beliebt. Wie sehr diese schwarz-weißen Ozeanriesen unter den beschränkten, widernatürlichen Haltungsbedingungen von Meereszoos physisch und psychisch leiden, skizziert der Film „Blackfish“ der Regisseurin Gabriela Cowperthwaite: https://www.youtube.com/watch?v=QWI3G4hStvw
In Deutschland nur noch zwei Delfinarien
In Deutschland sind es nur noch die Zoos in Duisburg und der in Nürnberg, die Delfinarien unterhalten. Dies in der Hoffnung, damit zusätzliches Publikum anzulocken. Die Rechnung geht jedoch nicht (mehr) auf. Die Besucherzahlen dort sind konstant rückläufig, während selbige im Allwetterzoo Münster, wo die entsprechende Abteilung 2013 geschlossen wurde, seitdem steigen. Das ist auch die Folge diverser Informations- und Aufklärungskampagnen der Tierschutz und -Tierrechtsorganisationen. Weltweit gibt es etwa 330 Delfinarien in 60 Ländern. Dort sind rund 1500 Delfine und ehemalige „Free Willys“ inhaftiert. In der Europäischen Union finden sich in 14 Ländern noch 34 Delfinarien.
Mehrere große Reiseanbieter in Deutschland, Österreich und der Schweiz haben inzwischen mit dem Wal- und Delfinschutzforum (WDSF) Vereinbarungen geschlossen, weltweit keine Ausflüge mehr zu Delfin- und Orca-Shows anzubieten. Das schließt Angebote im Loro Parque auf Teneriffa und denen von SeaWorld ausdrücklich mit ein. Aber viele andere Tourveranstalter zeigen sich dahingehend (noch) ignorant. Deshalb hat das Delfinschutzforum auch zum Boykott dieser Unternehmen aufgerufen. Weitere Infos über die Organisation hier: http://www.wdsf.eu/
Delfin-Therapien sind umstritten
Ins Visier der Gegner geraten mehr und mehr auch punktuelle Ziele. Beispielsweise der unter Touristen so beliebte Friguia Park in Tunesien, einem bisher auch bei Deutschen beliebten Urlaubsziel in Nordafrika. Das Erlebnis-Ressort hier wartet zusätzlich noch mit einem ganz speziellen Angebot auf: Delfin-Therapie. Man kalkuliert hier damit, dass Eltern von Kindern, die unter Autismus, Spastik oder Hirntraumata leiden, geistig behindert sind, oder mit seelischen Erkrankungen zu kämpfen haben, nach jedem Strohhalm greifen und jeden Preis zu zahlen bereit sind, um ihren Kids zu helfen. Für die Delfintherapie, wie sie auch der Zoo in Nürnberg anbietet, gibt es jedoch kein einheitliches Konzept. Sie ist wissenschaftlich und medizinisch auch nicht anerkannt. Und mit den Erfolgsnachweisen ist das auch so eine Sache. Diese Methode kann sogar lebensgefährlich sein, weil die Delfine auch in Gefangenschaft nun mal unberechenbare Wildtiere bleiben, wie WDSF-Geschäftsführer Jürgen Ortmüller sagt. Mag ja sein, dass den Patienten der Umgang mit den „lustigen“ und sensiblen Tieren gut tut. Umgekehrt ist es aber wohl anders. Es sieht, siehe oben, nur so aus.
Auf Change.Org, einer Online-Petitions-Plattform mit weltweit über 25 Millionen Usern, läuft immer noch eine Kampagne gegen die zweifelhaften Praktiken im Friguia-Park: https://www.change.org/p/ministry-of-the-interior-tunisia-please-stop-dolphin-therapy-program-with-taiji-dolphins-in-friguia-marine-park Damit soll der tunesische Innenminister aufgefordert werden, dem traurigen „Spiel“ umgehend eine Ende zu setzen. Kann natürlich sein, dass der, nachdem bei den jüngsten Terroranschlägen wieder zahlreiche Touristen ihr Leben haben lassen müssen, momentan ganz andere Sorgen hat…