Von Jürgen Heimann
Inzwischen ist wieder Ruhe eingekehrt im Eschenburger Luftraum. Alles hat schließlich einmal ein Ende. Das große Oldtimer-Fly-In ist Geschichte, die vielen prächtigen Luftschnauferl haben die Heimreise angetreten. Drei Tage lang hatten sie am Hirzenhainer Himmel für Furore gesorgt. Was für ein Anblick! Was für ein Sound! “Alte Kisten” – in Hülle und Fülle. Echte Hingucker. Ein Fest für die Fotografen und Aero-Fans, vor allem für jene unter ihnen, die auf ältere Semester stehen. Der Flugplatz des hiesigen Segelfliegerclubs glich einem aeronautischen Seniorenheim, dessen Bewohner viele Jahrzehnte auf den Holmen hatten. Oldtimerflugzeuge, eines schöner als das andere. Knapp 60 an der Zahl. Ihre Piloten hatten der Einladung zum “Barnstormers Barbecue” Folge geleistet. Die Tradition dieses “Grillfestes” war vor zehn Jahren exakt an gleicher Stelle begründet worden und hatte in den Folgejahren an jeweils wechselnden Standorten seine Fortsetzung gefunden. Dieses Treffen zählt inzwischen zu den größten und beliebtesten seiner Art in Deutschland.
Stattliche Luftflotte lockte Tausende Besucher an
Diese stattliche, in der Mehrzahl aus betagten Doppeldeckern bestehende Luftflotte lockte mehrere Tausend Besucher an. Die Teilnehmer waren aus allen Teilen Deutschlands und dem benachbarten europäischen Ausland herangebrummt. “Barnstormers” nannte man in den 20-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine bestimmte Spezies von Piloten, fliegende Schausteller, die im Pulk über Land flogen, um an ausgesuchten Orten ihre Kunststücke vorzuführen und nebenbei den ein oder anderen Dollar durch Passagierflüge einzustreichen. Abends loderte dann das Grillfeuer. Jene, die sich darum versammelt hatten, kommunizierten überwiegend in Fliegerlatein miteinander, um den Rest der kurzen Nacht im Schlafsack unter den Tragflächen ihrer Flugzeuge zu verbringen. Morgens ging es dann in aller Frühe neuen Zielen entgegen.
Dieser Grundidee folgt auch die von der Internetcommunity “biplanes.de” organisierte Veranstaltung in Hirzenhain, wenngleich die wenigsten der “tollkühnen Männer” tatsächlich noch unter den Flügeln ihrer historischen Klein- und “Großode” nächtigen. Sie wissen den Komfort eines weichen (Hotel-)Betts eher zu schätzen. Aber es sind echte Kerle und taffe Typen, die viel Abenteuerliches zu erzählen wussten. Auch wenn man ihnen jetzt nicht alles glauben musste…
Luftveteranen in geballter Konzentration
Es waren jede Menge Originale darunter – unter den Menschen, wie unter den ihren Maschinen. Viele Konstruktionen stammten noch aus den 30-er und 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts und haben die Zeiten dank guter Pflege unbeschadet überdauert. Die liebevoll und mit großem Aufwand restaurierten und unterhaltenen Flugzeuge sind von unschätzbarem Wert. In dieser geballten Konzentration bekommt man diese Veteranen der Lüfte sonst kaum in Deutschland zu sehen.
Und das Wetter spielte ja auch mit. Da erfuhr der Titel des Hans-Albers-Klassikers eine willkommene, witterungsbedingte Entsprechung: “Flieger, grüß` mir die Sonne!” Und nachdem die versunken war, gerieten ein zünftiges Ballonglühen mit gleich fünf Heißlüftern sowie die illuminierte Nachtflugshow eines Helikopter-Modellpiloten, die alles toppte, was man bis dato hier in dieser Hinsicht hatte erleben dürfen, zu weiteren Programm-Highlights. Wenngleich ein Programm im üblichen Sinne gar nicht vorgesehen war. Es gab keinen festen Ablauf, die Piloten starten nach Lust und Laune – als Solisten oder gleich im Verband.
Flotter Vierer im Takt der Sterne
Und mit einem solchen setzte die auf dem Siegerlandflughafen beheimatete “Sterntakt”-Formation Akzente. Die “Viererbande”, bestehend aus einem Focke-Wulf “Stieglitz”, einer Bücker “Jungmeister” und zwei “Jungmännern” aus dem gleichen Stall sorgte für die eindruckvollsten Momente am Himmel.Torsten Sauer hat die Umtriebe der “Fab Four” in einem wunderschönen Videobeitrag zusammengefasst:
Für erhebende Impressionen war aber auch der flotten Boeing-Stearman-Dreier zuständig – optisch wie akustisch. Rare oder besonders betagte Konstruktionen zogen die Fotografen an wie die Motten das Licht. Die schnieke Ryan PT22 ebenso wie der 1935 gebaute, älteste noch flugfähige “Stieglitz” der Welt mit der Baunummer 1 am Rumpfgestänge. Auch die “Moncoupe” (Baujahr 1939) gehörte dazu. Von diesen kleinen, abgestrebten Hochdeckern gibt es in ganz Europa nur noch dieses eine Exemplar. Schon Charles Lindbergh und Amelia Earhart waren weiland mit diesen gedrungenen und kunstflugtauglichen Air-Racern unterwegs.
Natürlich bestand für die Besucher auch die Möglichkeit, selbst einmal in einem dieser prächtigen Vögel abzuheben, um die Nase, von keiner Cockpithaube geschützt, in den Wind zu halten. Ein Logenplätzchen in einer Bücker “Jungmann” war meist frei. Ein ganz besonderes Erlebnis, von dem der Bestsellerautor Richard Bach einmal folgendes behauptet hat: “Wer einmal die Welt durch die Tragflächen eines Doppeldeckers gesehen hat, wird nie wieder der gleiche Mensch sein.” Da könnte was dran sein. Am späten Nachmittag hatten es die Luftkutscher dann aber plötzlich ziemlich eilig. Sie wollten nach Hause. Das EM-Endspiel gucken. Trotzdem wird Fußball für sie immer nur die zweitschönste Nebensache der Welt sein….
[nggallery id=13 images=25]