Rotorman's Blog

Unter Tage bei Buddelfink – Gärtner
Knoll, oder der Rasenmäher als Offroader

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Die wenigstens Menschen dürften schon einmal einen Maulwurf in Natura gesehen haben. Was übrigens auf Gegenseitigkeit beruht. Die unter Schutz stehenden „Grabowskis“ sind fast blind. Foto: Beeki/Pixabay

Von Jürgen Heimann

Es gibt Maulaffen, Maulhelden, Maultaschen, Maulesel  und die Maulsperre. Letztere gehört zu den angenehmeren Begleiterscheinungen und wurde von der Natur als Schutzmechanismus eingerichtet. Die sogenannte Kiefernklemme  verschafft genervten Zuhörern eine Atem- und Verschnaufpause gegenüber Zeitgenossen mit einem übersteigerten Mitteilungsbedürfnis. Und dann gibt es noch Maulwürfe. Das sind getarnte, verdeckt operierende Informanten, die, eingeschleust und platziert in Organisationen, Unternehmen oder abgeschottete Gruppen und Zirkel, ihre Auftraggeber mit den neuesten Interna versorgen. Uns interessieren Maulwürfe in ihrer faunistischen Ausführung.

Die pflegen, anders als ihr Name vermuten lässt, jedoch nicht mit dem Maul um sich zu werfen. „Maul“ leitet sich in diesem Kontext aus dem alten Begriff „Molte“ ab, was so viel wie Erde bedeutet. Deshalb wäre “Erdwerfer” die treffendere Bezeichnung für diese nützlichen Insektenfresser im Untergrund.

Zum Graben nutzt er seine perfekt entwickelten fünfgliedrigen Hände, die wie Grabschaufeln aussehen. Volksetymologisch gesehen ist  “Erdwerfer” eine entsprechende Umdeutung aus den althochdeutschen Begriffen „Muwerf“, „Mulwerf“ oder „Moltwerf“. Lässt sich frei mit „Tier, das Hügel aufwirft“ übersetzen. Und genau da liegt das Problem, das viele Haus- und Gartenbesitzer, aber auch Land- und Forstwirte  mit dem überwiegend unterirdisch operierenden kleinen Kerl haben.

Einzelgänger mit der Lizenz zum Graben

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Lärm mögen die Buddelfinks überhaupt nicht. Und der „Bauschutt“, den sie beim Graben ihres unterirdischen Reiches zutage fördern, ist als Blumen- und Pflanzenerde heiß begehrt.

Je nachdem wie emsig der fleißige Wühler ist – und es handelt sich meist, weil Maulwürfe Einzelgänger sind, nur um ein Exemplar, allenfalls um derer zwei – tun sich da konfliktreiche Abgründe auf. Für jene, die ihren geheiligten Rasen mit der Nagelschere stutzen, sind die aufgeworfenen Hügel, die wie winzige Erdvulkane aussehen, natürlich ein ästhetischer Super-Gau. Weil sie den ach so mühevoll hergestellten, sterilen und ebenmäßigen Gesamteindruck des pedantisch gepflegten grünen Paradieses erheblich stören. Und der Rasenmäher wähnt sich dann mit vor Stolz geschwelltem Vergaser gleich als ein veritabler, ausgewachsener Offroader und bleibt mit stumpfen, verbogenen Messern auf der Strecke.

Über einen dieser Haufen mögen viele ja noch großzügig hinwegsehen. Aber wenn sich die erdigen Auswürfe häufen, ist schnell Schluss mit lustig. Dann werden andere Saiten aufgezogen, was den um Unversehrtheit ihrer liebevoll gepflegten Scholle bemühten Vaterlandsverteidigern aber auch schon mal erheblichen Ärger einbringen kann. “Grabowski”, “Buddelfink”, “Paule” und Co. stehen nämlich unter besonderem Schutz. Dem Bundesnaturschutzgesetz zufolge darf man sie noch nicht einmal stören. Generell ist es (gesetzlich) verboten, Maulwürfe zu fangen bzw. in Fallen, mit Gift oder Abgasen zu töten. Warum sollte man aber auch? Die Vorteile, die der kleine zwischen 14 und 16 Zentimetern messende Kerl bietet, überwiegen.

Wilhelm Busch und Schmitt’s Katz‘

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Ausgrabungsstätte: Für penible Gartenbesitzer sind Maulwurfhügel ein Gräuel. Doch wer sich an deren Verursachern vergreift, muss mit hohen Geldbußen rechnen.

Die wenigsten Menschen dürften schon einmal ein lebendes Exemplar in Natura gesehen haben. Das beruht übrigens auf Gegenseitigkeit. Es heißt ja nicht von ungefähr “blind wie ein Maulwurf”. Seine Sehkraft ist nur rudimentär ausgebildet und nahezu völlig verkümmert. Dafür verlässt sich der Bursche auf seinen Geruchs- und Gehör- und Tastsinn. Wilhelm Busch, von dem später noch die Rede sein soll,  hat es so formuliert: “Ein Nervensitz voll Zartgefühl führt sicher zum gewünschten Ziel”. Ein “Muhlwerf” kann  selbst kleinste, hunderte von Metern entfernte Erschütterungen in seinem Labyrinth wahrnehmen. Beispielsweise dann, wenn ein kleiner Käfer oder eine Larve zu Boden fällt oder sich ein Wurm auf selbigem entlang  windet. Und dann schaltet der Herr der Unterwelt den Turbo zu und geht ab wie Schmitt’s Katz’. Die Aussicht auf eine leckere Mahlzeit verleiht dem Jäger im übertragenen Sinne Flügel.

Bleibt das Alarmsystem jedoch stumm,  geht der Vielfraß alle drei bis vier Stunden auf Patrouille. Ihm könnte ja etwas entgehen. Um ihren Appetit  auch in den weniger ertragreichen Wintermonaten zu stillen, haben Maulwürfe, weil ständig von Kohldampf geplagt, eine für ihre Beute ziemlich fiese Methode entwickelt: Sie legen sich einen Vorrat an Regenwürmern an und beißen ihnen die Vorderenden ab. So können die leckeren Happen nicht ausbüxen und es ist ständig frische Kost auf Lager.

Unersättlicher Schädlingsvertilger

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Aufgetaucht: Kleine Verschnaufpause an der frischen Luft. Foto: Beeki/Pixabay

Neben seiner Tätigkeit als Schädlingsvertilger  – die Tiere ernähren sich neben Würmern überwiegend  von Raupen, Schnecken, Engerlingen, Schnakenlarven, Spinnen und Mäusen – trägt der Tunnelbauer durch sein unermüdliches Wühlen auch zur optimalen Durchlüftung und Auflockerung des Bodens bei. Darüber hinaus wirken die von ihm angelegten unterirdischen Röhren wie ein Drainagesystem. Und das Aushubmaterial  – Maulwurferde ist immer ein Hinweis auf gesunden Boden – gilt bei Pflanzen- und Blumenfreunden als sehr beliebt, weil es sehr locker und krümelig, fast schon sieb-fein daherkommt und kaum einmal mit Steinen, Wurzelwerk, abgestorbenen Pflanzenteilen oder fremden Samen durchsetzt ist. Die Tagesration an Insekten, Würmern und anderen Kleintieren entspricht in etwa dem eigenen Körpergewicht, also im Durchschnitt bis zu 100 Gramm. Pro Jahr vertilgt ein einziger Maulwurf also locker bis zu 37 Kilogramm Futtertiere. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel.

Wenn’s mieft, wird gelüftet

Maulwurfhügel sind übrigens nicht nur reine Ablagerungsstätten für den “Bauschutt”, der bei der Anlage der weit verzweigten unterirdischen bis zu einem Meter Tiefe reichenden Gänge, Vorrats-, Speise- und Schlafkammern anfällt. Sie dienen dem “Chef” auch als lebensnotwendiges Belüftungselement für das Tunnelsystem, das bis zu 3.000 Quadratmeter umfassen kann. Ob seines hohen Stoffwechsels und seiner intensiven Verdauung sondert der Maulwurf große Mengen an Kohlendioxid ab. Und das Zeug muss ja irgendwie und irgendwo entweichen. Insofern macht es wenig Sinn, die Erdhügel flach und fest zu klopfen. Innerhalb kürzester Zeit wirft der Maulwurf, um weiter durchatmen zu können, an anderer Stelle neue auf. Er will ja schließlich nicht an seinem eigenen Mief ersticken. Deshalb öffnen ja auch wir Menschen ab und zu unsere Fenster.

Kein „Veggie“, sondern ein reiner Fleischfresser

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Maulwurfhügel dienen den grabenden Unterweltlern als wichtige Belüftungselemente für ihr Tunnelsystem. Sie wollen schließlich nicht an ihrem eigenen Mief ersticken.

Maulwürfe, von denen es auf der nördlichen Halbkugel, und nur da, etwa 20 verschiedene Arten gibt, wurden früher auch ihres dunklen, samtweichen Fells wegen bejagt, heute fast nur noch aus Rache für die von ihnen hinterlassenen Erdhaufen in bebauter und begrünter Ortslage. Dabei ist ihre Lebenserwartung mit drei Jahren sowieso schon nicht gerade üppig bemessen. Oft wird diesen Tieren aber auch das, was eigentlich auf das Konto von Wühlmäusen geht, zu Unrecht in die Schuhe geschoben. Doch die Gänge, die letztere anlegen, befinden sich viel dichter unter der Erdoberfläche. Und ihre Hügel sind viel kleiner. Wühlmäuse sind auf Pflanzen und deren Wurzeln aus, Maulwürfe jedoch nicht.  Als unverbesserliche Fleischfresser meiden sie jedwede vegetarische Kost. Den Maulwurf für Schäden an Salatwurzeln, Möhren, Kartoffeln oder den mit Liebe gesäten Kräutern verantwortlich zu machen, hieße, wahre Übeltäter, und dazu zählen neben den Wühlmäusen auch Schnecken, ungeschoren davon kommen zu lassen.

Zu den  natürlichen Feinden des Maulwurfs  gehören übrigens Wildschweine, Störche, Bussard  und der Dachs. Wilhelm Busch hat den Kampf des Menschen gegen ihn schon in seinem unvergleichlichen Gedicht “Der Maulwurf” treffend und plastisch geschildert: „In seinem Garten freudevoll geht hier ein Gärtner namens Knoll. Doch seine Freudigkeit vergeht, ein Maulwurf wühlt im Pflanzenbeet. Schnell eilt er fort und holt die Hacke, dass er den schwarzen Wühler packe“.

Die Jagd auf „Grabowski“ kann teuer werden

Es war eine von  Pleiten, Pech und Pannen begleitete Hatz. Doch letztendlich zog die arme Kreatur den Kürzeren – leider. Heute müsste Herr Knoll dafür tief in die Tasche greifen. Es wäre ein teuer erkaufter Triumph. In den meisten Bundesländern drohen demjenigen, der einem Erdwerfer ans Leder geht, bis zu 50.000 Euro Bußgeld. Nur die weinseligen Pfälzer geben sich da, durch Öchsle milde gestimmt, bescheidener und wären schon mit 5.000 Euermännern zufrieden. Ob aber tatsächlich schon mal eine solche Höchststrafe ausgesprochen wurde, ist nicht bekannt.  Das scheinen eher lediglich der Abschreckung dienende theoretische Werte und Optionen zu sein.

In besagtem Epos des buschigen Wilhelm enthalten ist auch die klassische Feststellung,  dass Musik oft  störend wird empfunden, weil sie mit Geräusch verbunden. Daran muss ich immer denken, wenn sich meine Tochter ihre Trash- und Speed -Metal-CD’s  reinzieht. Aber das ist eine andere Baustelle. Apropos  Geräusch: Dagegen sind die Maulwürfe recht empfindlich. Diese Schwachstelle können sich Gartenbesitzer, denen partout nicht an einem friedlichen Nebeneinander gelegen ist, zu Nutze machen. Man braucht nur einige Holzpflöcke in den Boden zu rammen und häufig dagegen zu schlagen. Das geht dem Wühler ziemlich auf den Senkel, lässt ihm die Ohren dröhnen und ihn das Weite suchen. Klappt natürlich nicht gleich beim ersten Mal.

Wind und Knoblauchduft  als rote Karte

Kleine Windräder, mit dem Stab in den Erdhügel gesteckt, sollen den gleichen Effekt zeitigen. Und gegen ungewohnte Gerüche ist der Knabe auch allergisch. Eine aus Knoblauch und Holunder angesetzte Brühe beispielsweise, die über einen bestimmten Zeitraum hinweg in kleineren Mengen in die Gänge getröpfelt wird, ist eine Beleidigung für die feine Nase des Untergründlers. Gegen solche schonende Abwehrmaßnahmen haben auch Naturschützer kaum etwas einzuwenden.  Doch dem Menschen, oft maßlos und rigoros in der Wahl seiner Waffen, ist fast jedes drastische Mittel recht, um sich der als Schädlinge diskriminierten Wesen zu entledigen. In der ARD-Dokumentation “Der Maulwurfkrieg” wird dies plastisch aufgezeigt. Da wird geschossen und gesprengt, geprügelt, ausgeräuchert, vergast  und die chemische Maxi-Keule geschwungen:

Aber der Hass, der aus vielen im Originalton wiedergegebenen Aussagen der fanatisierten Jäger spricht, offenbart auch Verblendung, Nicht- und Halbwissen. Man lehnt ab und bekämpft nur das, was man nicht kennt. Oder von dem man glaubt, es könnte einem im übertragenen Sinne die Butter vom Brot stehlen. Das ist leider überall so im wahren Leben….

 

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