Des Deutschen Michels Regulierungswut ist ja legendär. Kaum ein (Lebens-)Bereich, der nicht durch mehr oder weniger sinnvolle Gesetze, Verordnungen oder Ausführungsbestimmungen reglementiert oder normiert ist. Es gibt Zigtausende davon. Umso erstaunlicher, dass sich da tatsächlich und nach wie vor rechtsfreie Felder und Räume auftun, weiße Flecken auf der Paragraphen-Landkarte, die keinerlei Kontrolle oder Aufsicht unterliegen. Wo quasi jeder tun und lassen kann, was er will. Und sei’s drum, dass dadurch Millionenfaches Leid produziert und generiert wird. Das ist beispielsweise auf dem Heimtiersektor der Fall, ohne dass dies die Legislative besonders zu jucken oder zu interessieren scheint.Es ist ja auch zwingender und dringender, wie beispielsweise in der Benutzungsordnung für Toiletten in Sachsen-Anhalt dargelegt, die Flugbahn des letzten Pippi-Tropfens zu dekretieren, oder zwingend vorzuschreiben, dass Dienstreisen gefälligst nur dann durchgeführt werden dürfen, wenn sie aus dienstlichen Gründen auch notwendig sind (§ 2, Bundesreisekostengesetz). Und wir dürfen auch nicht vergessen, dass Osterhasen im Sinne der Reichsschokoladenverordnung durchaus auch als Weihnachtsmänner anzusehen sind.
Millionenfaches Leid durch Unwissenheit oder Gleichgültigkeit
Aber Spaß beiseite. Es ist gar nicht zum Lachen und kaum vorstellbar, wie und in welchem Ausmaß sich (nicht nur) die Deutschen unter dem Deckmantel falsch verstandener Tierliebe Tag für Tag an hilflosen Kreaturen versündigen. Dies vielfach aus Unwissenheit und/oder Gleichgültigkeit. Zwischen Kiel, Konstanz, Aachen und Rothenburg/Oberlausitz leben (und darben mitunter) über 28 Millionen so genannte Haustiere. Hinzukommen 3,4 Millionen Ziervögel, etwa 600.000 Tiere in Terrarien sowie Millionen von Fischen in rund zwei Millionen Aquarien und 1,7 Millionen Gartenteichen! Und nicht immer ist die Haltung artgerecht.
Zu kleine, zu dunkle Käfige, falsches Futter, Isolations- bzw. Einzelhaft für Lebewesen, die von Natur aus eigentlich Herdentiere sind. Die meisten Halter wissen viel zu wenig über ihre „Schützlinge“, um ihnen und ihren Bedürfnissen auch nur annähernd gerecht werden zu können. Und im Zoohandel, aus dem ein großer Teil der Tiere stammt, sieht es ähnlich aus. Das gilt nicht nur für die Haft-, pardon, die Haltungsbedingungen. Das Personal ist vielfach nicht richtig ausgebildet und verfügt nur über rudimentäre Kenntnisse. So werden den Kunden oftmals falsche Informationen über Haltung, Ernährung und Gesundheitszustand der „Ware“ gegeben, was zusätzliches Leid verursacht.
PETA startet Unterschriftenaktion
Und weil das so ist, macht sich die international agierende Tierrechtsorganisation „PETA“ jetzt für ein Heimtierschutzgesetz stark. Eine von der deutschen Sektion der Tierschützer angestoßene Unterschriftenaktion im Internet soll dieser an das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz gerichteten Forderung Nachdruck und Gewicht verleihen. Unterstützen kann man diese unter folgendem Link: http://www.peta.de/heimtierschutzgesetz?pk_campaign=2KF&pk_kwd=2#.VY16llLy7gc
Zentraler Bestandteil eines solchen Gesetzes müsste nach Lesart von PETA eine Haltungsverordnung für alle Heimtiere sein, wie sie auch ansatzweise im Tierschutzgesetz der Schweiz enthalten ist. Bei der Novellierung des Deutschen Tierschutzgesetzes im Jahre 2012 war es versäumt worden, den Bereich „Heimtiere“ mit einzubinden und zu berücksichtigen.
Sozial lebende Arten wie Kaninchen und Vögel sollen nur noch in Gruppen gehalten werden dürfen, ein Hundeführerschein für Hundehalter müsste verbindlich vorgeschrieben werden. Wildtierhaltung in Privathaushalten und „Exotenbörsen“ will PETA gänzlich verboten wissen. Gleiches gilt für die Veranstaltung von Vogelbörsen und –ausstellungen und für sogenannte „Qualzuchten“. Weitere Eckpunkte: Kastrationspflicht für alle geschlechtsreifen Tiere, die unkontrolliert ins Freie gelassen werden. (Trifft insbesondere auf Katzen zu, aber auch auf Hunde.) Jäger sollen Tiere aus privater Haltung auch nicht mehr unkontrolliert abschießen dürfen, beispielsweise unter dem Vorwand, diese hätten gewildert.
Zoohandel soll keine Tiere mehr verkaufen dürfen
Und dann: Ein generelles Verkaufsverbot für Tiere im Zoohandel. Dieser soll künftig nur noch Zubehör vertreiben dürfen. Begründung: „Ein Großteil der in Deutschland lebenden Haustiere stammt noch immer aus Zoohandlungen oder von Züchtern – und das, obwohl unzählige Vier- und Zweibeiner in Tierheimen und privaten Pflegestellen auf ein neues Zuhause warten. Jedes beim Züchter oder im Zoohandel gekaufte Tier fördert die „Nachproduktion“ und nimmt einem heimatlosen Tier ein potenzielles neues Zuhause“.
Von den oft krassen Haltungsbedingungen (überfüllte Käfige) in diesem Gewerbe einmal abgesehen: Woher die lebende Auslage in der Zoohandelsindustrie und auf Tiermärkten stamme, bleibe meist im Verborgenen. Vermutlich deshalb, um zu verschleiern, dass diese das Produkt von Massenzuchten seien. Oft genug würden die Tiere, wenn sie dem „süßen“ Babyalter entwachsen wären, entsorgt bzw. fänden als Futterhappen, beispielsweise für Schlangen, Verwendung. Besonders das Geschäft mit Jungtieren floriere. Mit ihnen lässt sich laut PETA dreimal so viel Reibach machen als mit ausgewachsenen Tieren.