Man(n) muss (die) Emma nicht mögen. Also die schwarzerische, schwatzhafte Alice. Jene Amazone, die zwar nicht aus dem Wunderland kommt, auch wenn man(n) sich über sie ab und an sehr wundert. Die Frau, die den Feminismus erfunden hat und die Deutungshoheit darüber besitzt, was Gleichberechtigung ist. Aber wenn und wo sie Recht hat, hat sie Recht. Die EMMA, nicht die EMA(A)nzipation. Das bereits etwas in die (Wechsel)Jahre gekommene feministische Kampfblatt findet den neuen Deutschen (erotischen) Jagdkalender nämlich ballaballa. D’accord!Da weiß man auch sofort, woher der Begriff “Frauenjäger” herrührt. Mit “Auf der Pirsch” ist das grenzwertige Druckerzeugnis benahmt. Schon das Titelblatt lässt Schlimmes befürchten. Die folgenden Seiten erfüllen dann auch diesbezüglich alle “Erwartungen”. (Schöne?) junge Frauen als Beute, zum Freiwild erklärt und zum Abschuss freigegeben. Wobei das mit dem “Abschuss” durchaus doppeldeutig verstanden werden darf und könnte. Träumt einfach weiter!
Angesichts all dieser zwischen scheuen, alten, geilen und veritablen Böcken und “Gablern” platzierten Grazien fragt man sich: Wer hat diesen Bock geschossen? Zur Ehrenrettung der germanischen Jägerschaft sei betont: Nicht der Deutsche Jagdverband. So geschmacksverwirrt sind selbst die meisten seiner Mitglieder nicht. Ein kleiner Verlag in Berlin war es, dessen testosterongesteuerte Vertragspartner, vermutlich Seelenverwandte im Geiste Nimrods, sich zu dieser an optischen Orgasmen so reichen Fotosafari aufgeschwungen haben. Leute, die kognitiv eindeutig zu früh links abgebogen sind und bei denen man per se davon ausgehen muss, dass sie weder auf der Pirsch im Forst, noch bei einer solchen im Kontakthof zum finalen Schuss kommen würden (siehe oben). Aber um überhaupt zu solchen künstlerischen Ejakulationen imstande zu sein, kann es mitunter schon helfen, mehrmals mit dem Kopf ganz hart gegen einen Hochsitz zu rennen. Autsch! Verschweigen wir den tatsächlichen Namen des Fotografen einfach mal schamhaft. Und den der offenbar mit viel Kräuterlikör gedopten Maskenbildner und Dresser auch. Da müssen Literweise Jägermeister geflossen sein.
Widerlich und geschmacklos!
Nein, mit Ästhetik hat das alles nix zu tun. Über Geschmack lässt sich streiten, über Kunst auch. Aber das hier ist eine völlig andere Baustelle. Die Damen, ob sie nun Lisa, Olga, Verona, Yvonne, Bianca oder “Schantalle” heißen, sind wie Waldtiere angemalt. Und sie posieren auch genauso – immer neben ihren realen Entsprechungen. Das hat so was Animalisches, Ungezähmtes. Fehlt nur noch die Zielscheibe auf dem Fell der Ricke und die Handynummer auf der nackten Haut von Manuela. Die Lady mit den nach unten baumelnden Titten ist wie der Dachs neben ihr geschminkt. Wobei letzterer wesentlich intelligenter dreinblickt. Leider finden sich in diesem farbenprächtigen Kompendium keine Häschen. Und auch keine Bunnys. Die waren während der Aufnahmen nämlich unabkömmlich und mussten beim ollen Hugh Hefner Hefeweizen die Bettpfanne schrubben. Aber dafür ist da die zweibeinige Fähe, die so putzig das rechte schwarze Pfötchen hebt und genauso erwartungsvoll lauernd die Umgebung scannt wie die Füchsin ihr gegenüber. Oder ist es vielleicht ein Rüde?
So etwas kaufen nur Leute mit Voll- und Lattenschuss!
Die aufrecht gegen einen Baumstamm gelehnte zweibeinige Rehböckin mit dem weißen Arsch ist der Brüller. Daneben macht der dezent gehörnte Doppelbock keinen Stich. Und was veritable Stockenten oder Fasane, ja selbst Wildschweine anbelangt, habe ich in Natura auch schon schönere, anmutigere Exemplare gesehen. Und dann die wie ein Waschbär aufgedonnerte Tussi im Black & White-Design. So ein Double hat der knuffige Kleinpetz nicht verdient! Wer hängt sich denn eigentlich so etwas an die Wand? Und legt dafür 29,30 Eurodallars auf den Tisch? Vermutlich nur Leute mit Kopf-, Latten- oder Vollschuss! Gut: Und Jäger. Die Models und Modelinen wurden vermutlich für dieses sinnfreien “Shooting” bezahlt. Ihre realen, faunistischen Kollegen und Kolleginnen in Wald und Feld bezahlen in der Regel mit dem Leben, so jemand auf sie anlegt.
Die chauvinistische Botschaft dahinter ist klar. Die hier abgebildeten Motive entsprechen exakt dem Beuteschema jener Herrenmenschen in Forst und Gesellschaft, die die Macher dieses Produkts als Zielgruppe im getrübten Blick haben. Frauen (und Tiere) sind Objekte, die lediglich dem Lustgewinn des Mannes dienen und über die dieser nach Gutdünken verfügen kann. Was er ja auch tut – im Wald und auf der Heidi! Die er erlegen darf, im übertragenen wie im wahrsten Sinne des Wortes. Ich stelle mir gerade den sabbernden, angejahrten Loden-Jockel vor, dem auf dem Hochsitz vor lauter Erregung der Geifer aus den Mundwinkeln tropft, weil er ein besonders reizendes Exemplar im Visier hat. Opa, bleib cool! Das ist nur ein einer krankhaften Phantasie entsprungener Almanach! Und dann fällt er besinnungslos von der Stange. Nicht der Kalender, der Opa. Er hat neben seinem obligatorischen Herztropfen-Adompran-Cocktail zu viel Viagra geschluckt.
Flintenweiber auf dem Hoch-„Ständer“
Sex sells. Kennen wir. Barbusige Bäuerinnen auf dem Trecker-Renn-Parcours, leicht beschürzte, dralle Fleischerei-Fachverkäuferinnen zwischen Specksalami und Ausgebeintem. Die Schnitzel in der Kühltheke sind so wie die Oberweiten des dienstbeflissenen Personals: nicht so groß, aber so abgehangen. Fesche, tief dekolletierte Semmelkneterinnen in der Backstube, Dirndl-bewehrte, kellnernde Oktoberfest-Schicksen auf den Catwalk der Bierseligkeit. Geht irgendwie klar. Zumindest so lange das Ganze irgendwie (noch) eine ästhetische Komponente beinhaltet, die von ihrer Aus-“Kleidung” und Auslegung her nicht diskriminierend und (lebens- bzw. menschen-)verachtend ist. Auch gegen ein ansprechendes schönes Flintenweib auf dem Hoch-„Ständer“ ist sicherlich nichts einzuwenden. Solange es ein Fernglas statt eine Büchse in der Hand hält. Etwa 20 Prozent der deutschen Jäger sollen ja weiblich sein.
Aber Erotik und der blutige Freizeitspaß Jagen passen nicht zusammen, widersprechen sich. Zumindest auf dieser Erkenntnis- und Erfahrungsebene. Es gibt aber auch noch eine zweite Ebene, eine andere Seite, eine dunkle. Die Lust. Die Wollust generierende Lust am Töten. Ist wie ein Fieber. In den einschlägigen Foren verhehlen viele Nimrods ja auch nicht, dass es ihnen sexuelle Kicks verschafft, das Leben eines anderen (zumeist, aber nicht immer) “niederen” Geschöpfes auszulöschen. Nicht der Weg ist das Ziel, sondern das Ziel, und zwar exakt in jenem Augenblick, in dem dieses zusammenbricht und seine Leuchter verlöschen. Whoww!! Geil!
Lust und Genuss eines schießenden Winkeladvokaten
Ja und da ist da noch ein um sich schießender Advokat aus Hamburg. Eine in Jägerkreisen nicht gerade seltene Kombination. Der Mann heißt Asche. Ganz viel von selbiger auf sein Haupt! Von ihm stammen folgende Erkenntnisse: „Sex haben wir, weil er uns Lust und Genuss bereitet. Auf die Jagd gehen wir, weil sie uns Genuss und Lust bereitet”. Seine kruden Thesen hat der um sich ballernde Jurist in einem Pamphlet mit dem Titel “Jagen, Sex und Tiere essen” verdichtet. Die Deutsche Jägerzeitung freut sich, dass das Werk seit 2012 schon 5.000 Mal über den Ladentisch gewandert ist. Jetzt darf man dreimal raten, wer so eine gequollene Schifferscheiße kauft. Und auf einer Webseite, die Geschenkideen propagiert, heißt es allen Ernstes (und Kurtes) wörtlich: “Der erotische Jagdkalender zeigt auf eine künstlerische und niveauvolle Art Motive aus der Jagd und verbindet diese mit weiblicher Erotik“. Hallo?? Ich sag’s ja: Jägermeister ist ein teuflisches Zeugs mit unkakulierbaren Nebenwirkungen!
Amazon vertreibt und bewirbt diesen geschmacklosen Ausraster natürlich auch. Die würden sogar eloxierte Totschlagsfallen mit Pfefferminzgeschmack und digitalem Puls-Frequenzalarm verticken, wenn sich damit Reibach machen ließe. Die Kundenkommentare sind aber entsprechend: „Zum Fremdschämen peinlich“, “Widerliches Machwerk“, „Sexistisch, rassistisch, ekelhaft“. Passt schon. Gut, ein gewisser Masara El-Tibi, ein entfernter Verwandter der Teletubbies, fällt da etwas aus dem Rahmen: Er schreibt von “tollen Bildern und einer schönen Idee”. Aber ich habe ja schon immer vehement die Forderung vertreten, dass man das Rauchen von aus linksdrehenden gegorenen Maggi-Kulturen gewonnenen Nagellack-Extrakten in Trillerpfeifen gesetzlich verbieten sollte! Da kann nun mal nix Gutes und Substantielles bei herauskommen.
Für Asche zählen Sex und Jagd zu den archaischen (natürlichen) Charakterseiten des Menschen. Er sieht verwandte Triebstrukturen in beiden Handlungen mit einer großen Bandbreite von Parallelen: die erste Begegnung oder eine Pirsch im Frühlingswald sei vergleichbar mit der wachsenden Erregung angesichts des begehrten Partners oder des Wildes. Sie sei vergleichbar mit dem Drang, die Beute zu töten beziehungsweise zum Orgasmus zu kommen. Der Autor spricht von Lust und Hingabe im Bett und im Jagdrevier. Kann man nur hoffen, dass er seine Triebe unter Kontrolle hat und da mal nichts durcheinander wirft. Etwa einen Waschbären vögelt und seine Frau, mit der er viele der oben geschilderten Erlebnisse geteilt hat, erschießt. Letzteres soll ja in seinen Kreisen mitunter auch schon mal vorkommen…
Herr Doktor, geht’s eigentlich noch?
Es gibt sogar eine Doktorarbeit über das Thema – ebenfalls verfasst von einem begeisterten, grüngewandeten Heckenschützen. Der erlebte Kick beim Töten eines Tieres wird darin als: “die Erfahrung einer extremalen Befriedigung vermittels (virtueller) Macht über die dem Menschen mit dem Bewusstsein der Endlichkeit (Todesangst) unbeherrschbar und unabwendbar bedrohlich erscheinende Natur” beschrieben. Gut, man muss es mehrmals lesen, um das zu kapieren.
Apropos Doktor: Brauchen viele solcher Leute auch. Nicht alle, aber viele. Neurologen, Pathologen, Ornithologen. Nee, halt, das ist was anderes. Die haben es mit Vögeln. Psychoanalytiker aber, und Neuropsychologen. Auch wenn die im Vergleich zur Gesamtbevölkerungszahl doch verhältnismäßig kleine bewaffnete Minderheit der 350.000 deutschen Jäger ihren (ungezügelten) Jagdtrieb in Deutschland mittelfristig und auf Dauer wohl nicht mehr ausleben (und austöten) kann, entsprechende Spezialisten könntensich bis dahin in diesen Kreisen immer noch eine goldene Nase verdienen. Ob sie ihren Patienten helfen können, steht indes auf einem anderen (Kalender-)Blatt.