Rotorman's Blog

Charme-Offensive der Yellow-Ladies: Die
Post verordnet Briefträgerinnen Sex-Appeal

Fesche Briefträgerinnen sollen auf dem flachen Land das Image des kränkelnden gelben Riesen aufpolieren. Ein entsprechender Modellversuch läuft derzeit in Eschenburg-Hirzenhain.

Fesche Briefträgerinnen sollen auf dem flachen Land das Image des kränkelnden gelben Riesen aufpolieren. Ein entsprechender Modellversuch läuft derzeit in Eschenburg-Hirzenhain.

Der zum Zwerg mutierte gelbe Riese rüstet auf. Nachdem sich die Deutsche Post in den vergangenen Jahren mehr und mehr aus der Fläche, sprich vom platten, flachen Land zurückgezogen, Filialen geschlossen und die Grundversorgung minimiert hat, muss sie jetzt mit den Folgen dieser fatalen Ausdünnungsstrategie leben. Das Brief- und Postkartenaufkommen ist dramatisch gesunken, kein Schwein, oder fast keines, kommuniziert mehr auf diese überholte, vorgestrige Art – von meiner Oma und deren gleichaltrigen Großcousine dritten Grades, die sofort nach dem Tode ihres Mannes Witwe geworden war, einmal abgesehen. Das soll anders werden. Im kleinen Eschenburger Ortsteil Hirzenhain läuft seit dem Spätsommer ein hoch interessanter Feldversuch.
Die gelben Kästen in den Dörfern sind nur noch Dekoration, selbst die Provinzler in den hintersten Winkeln Dunkeldeutschlands haben inzwischen email und Facebook für sich entdeckt. Wer will denn da noch an den kleinen Gezackten lutschen? (Übrigens: In Lissabon tut man die Briefmarken nicht mit der Zunge lecken, sondern das Porto gießen).
Doch am Ende des Horizonts ist ein Tunnel. Frank Appel, germanischer Ober-DHL’ler, will den Sand nicht länger in den Kopf stecken und tritt an, verlorenes Terrain zurück zu erobern. Wie aus gewöhnlich gut desinformierten Kreisen verlautet, soll eine Charmeoffensive der Post abgewanderte und enttäuschte Kunden zurück bringen. Parole: Mädels an die Front!

Auf Geheiß des gelb-schwarzen Lethargie-Strategen aus der Bonner Chefetage sollen sukzessive alle weiblichen Briefträger(innen) in Beauty- und Wellness-Camps ausgebildet und aufgebrezelt werden. Die Yellow-Ladies erhalten neue, aufreizende, körperbetonte Dienstbekleidung, um dann in besonders unterversorgten und strukturschwachen Regionen für Aufsehen zu sorgen. Das sind echte Hingucker.
Hirzenhain im Lahn-Dill-Kreis, dieses kleine kriegerische Bergkaff am Rande des mittelhessischen Rothaarsteiges, ist bundesweit der erste Ort, in dem diese Sympathiekampagne zum Tragen kommt. Motto: Unser Dorf soll schöner werden! Gut, in den traditionell harten hessisch-sibirischen HiHai-Wintern dürften die Girls mit ihrem offenherzigen Outfit etwas Probleme bekommen, aber noch liegt ja kein Schnee, noch nicht… Der Modellversuch läuft erfolgversprechend  und findet laut Bürgermeister enorme Resonanz. Zwar hätten sich Liefertreue und Zustellgeschwindigkeit seitdem kaum verbessert, doch sei das in diesem Fallen ja auch eher zweitrangig. Vera, Bianca, Manuela, Giesela, Moni, Schantalle und wie sie alle heißen, können zwar keine Briefmarke unfallfrei aufkleben, haben dafür aber durchaus andere Vorzüge.
Eine regionale Tageszeitung will dieses Modell nun kopieren und auf seine Austrägerinnen übertragen. Die Verlagsleitung hofft, so den schleichenden Auflagenschwund bremsen zu können. Gut, dadurch wird der Inhalt dieses investigativen Weltblattes jetzt nicht automatisch gewichtiger, aber eine schöne Verpackung ist doch auch schon mal was wert.

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