Es ist, von der christlichen abgesehen, die berühmteste Weihnachtsgeschichte der Welt. Und dieser Geist geht keinem auf den selbigen, obwohl er, mal da, mal da, seit 2001 herum spukt. Und inzwischen hat er mal wieder in Düsseldorf zur Landung angesetzt, wo auch Engel Belle noch bis zum 29. Dezember über dem Capitol-Theater seine Platzrunden dreht. Dirk-Michael Steffans wunderschönes, auf der Charles-Dickens-Erzählung „A Christmas Carol“ basierendes Adventszeit-Märchen „Vom Geist der Weihnacht“ bezaubert, wie bereits 2011, in diesen Tagen wieder das Publikum in der Erkrather Strasse.Ein farbenprächtiger, eingehender und gefühlvoller Spaß für die ganze Familie. So war das Ganze ja auch von Anfang an angelegt. Und es bestand im Laufe der Zeit eigentlich auch kein Anlass, hier viel an den Regieschrauben zu drehen. Von ein paar marginalen Änderungen abgesehen, ist die Show geblieben wie sie war. Und das ist auch gut so.
Die Storyline dürfte hinlänglich bekannt sein. Kotzbrocken und Menschenschinder Scrooge – und wer kennt einen solchen in seinem weiteren Bekanntenkreis nicht – mutiert zum Gutmenschen, nachdem ihm sein verstorbener Partner Jakob Marley und seine ebenfalls all zu früh verblichene Flamme erscheinen, um ihn mit Hilfe eines didaktisch und psychologisch ausgefeilten Coaching-Systems auf den Pfad der Tugend zurück zu lotsen. Das kostet den Geizhals mitunter schon einiges an Nerven und Selbstüberwindung, aber, das Happy-End ist ja sowieso vorprogrammiert.
Kaum ein anderen im deutschen Musical-Business scheint die Rolle des berufsmäßigen Unsympathen Ebenezer Scrooge so auf den Leib geschrieben zu sein wie Kristian Vetter. Was der stimmstarke Däne da an Exzessivität und fieser Wucht in seine Figur legt, ist schon ganz großes Kino. Dieser Korsholm zählte als gewissenloser Geldverleiher ja bereits 2001 zur Premierenmann- und -frauschaft und wird seitdem immer wieder gerne für diesen Part gecastet. Wer ihn darin erlebt hat, weiß warum. Ein Mann der ersten Stunde ist auch sein Astral-Leib Co, der Spinnennetz umrankte Jenseits-Touri Jakob Marley, in dessen morbide Klamotten in der Nordrhein-Westfälischen Landeshauptstadt einmal mehr Peter Trautwein schlüpft. Beide geben ein perfekt aufeinander eingespieltes Team ab.
Weiße Lichtgestallt aus der Volksmusik-Ecke
Die weiße Lichtgestalt des Engels „Belle“ ist in der Vergangenheit bereits mit vielen bekannten Gesichtern besetzt worden – meist mit solchen von außerhalb der Musicalecke. Ob das nun Patricia Kelly (Kelly Family), Jasmin Wagner („Blümchen”), Sandy Mölling (No Angels) oder Christina Klein. (LaFee) waren. In diesem Jahr haben sich die Produzenten im volkstümlichen Lager bedient und mit Stefanie Hertel eine Gastkünstlerin verpflichtet, die, so das Kalkül, dem Stück durchaus auch neue Besucherschichten erschließen könnte. solche aus ihrem ureigenen Genre nämlich. Für sie warces das berühmte erste Mal überhaupt – auf einer Musicalbühne.
Die Aktrice macht ihre Sache gut. Wenngleich: Mit Volksmusik hat die Partitur des Weihnachtsgeistes nur wenig, oder besser, überhaupt nix zu tun. Hier wechseln sich treibende, eingängige Ensemblenummern mit an Herz und Gemüt gehenden Balladen ab, die überwiegend eins gemein haben: sie krallen sich in den Gehörgängen fest. Anspieltipps: Das als Reprise immer wieder auftauchende „Folge mir“, das wunderschöne „Ein Leben lang“, das eindringliche „Scrooge, wach‘ endlich auf“, das zynische (Weihnachten ist)“Rattendreck“ oder das überschäumende, burleske „Oops, das tut uns leid“.
Der richtige Mix
Und es wirkt nie kitschig oder überzogen. Genau der richtige Mix für ein solches mal hoch emotional, mal heiter, aber auch etwas traurig daherkommendes Werk. Da darf ab und an schon mal gemeinsam eine heimliche Träne geweint werden. Die Kostüme sind prächtig und geschmackvoll, Licht und Bühnenbild entsprechend. Nicht zuletzt aus seinem ausgeklügelten, durch Laser- und Videoprojektionen unterstützten Lichtdesign bezieht die Show einen großen Teil ihrer visuellen Spannung und Dichte.
Aus der Cast, die sich sowohl aus erfahrenen, als auch noch weitgehend unbekannten Namen speist, mögen Ex-Vampir-Gastronom James Sbano (Mr. Fezziwig / Mr. Beavis) und seine bessere Bühnenhälfte Isabella Prühs als Kochgranate Mrs. Fezziwig) herausstechen, deren turbulenter Rezept-Rap „Nur eine Kleinigkeit“ ein veritabler Showstopper ist. Ihre Vorgängerinnen, beispielsweise eine Anne Welte oder Heike Schmitz, habe ja in dieser pfundigen Rolle ziemlich große Spuren hinterlassen.
Neuer Song: Du bist ein Wunderwerk der Liebe
Gegenüber den Vorjahresversionen erwartet die Besucher der Weihnachtsgeist-Ausgabe 2013 ein zusätzlicher Song: „Du bist ein Wunderwerk der Liebe“. Diesen hat Komponist Dirk-Michael-Steffan spendiert, um damit die Kooperation, die seine Musicalproduktion mit der “Arche Düsseldorf“ eingegangen ist, klangvoll zu dokumentieren. Das 1995 gegründete Hilfswerk kümmert sich um von Armut betroffene Kinder, die jenseits der Düsseldorfer Glitzerwelt im Schatten der Wohlstands-und Kosumgesellschaft leben. Einige von ihnen standen selbst mit dem Ensemble auf der Bühne, um das Lied zu intonieren. Es soll künftig zum Abschluss einer jeder Vorstellung angestimmt werden.
Scrooge, Marley und Co. Machen noch bis einschließlich 29. Dezember das Düsseldorfer Capitol unsicher.