Von Jürgen Heimann
Da kann unser Landesherr- und -vater trotzig wie ein kleiner Schuljunge sein. Ungeachtet aller Proteste, die ja nicht nur aus einer Ecke kamen, von der man es sowieso erwartet hatte, hat Ministerpräsident “St. Hubertus” Bouffier unverdrossen und unbeirrt an seinem umstrittenen Plan festgehalten. Und der sah vor, politische und industrielle Leistungsträger, die sich als Nimrods gerieren und sich unstrittig um das Allgemeinwohl und die Gesellschaft verdient gemacht haben, mit dem Kick einer exklusiven Gesellschaftsjagd im Mörfeldener Forst zu belohnen. Feuer frei! Aber offensichtlich war die Zielgruppe, die die entsprechenden hoch gesetzten Auswahlkriterien erfüllte, nicht so groß, wie sich das die Strategen im von der Grünen Priska Hinz geführten Hessischen Umweltministerium ausgerechnet hatten. Gerade mal 40 Bewaffnete hatten den Weg zu Schauplatz des blutigen Geschehens gefunden. Aber 120 vom Ministerpräsidenten persönlich unterzeichnete Einladungen waren ergangen. In dieser Hinsicht darf das Ganze schon mal als Flop gebucht werden. Sich im Wohlwollen des CDU-Politikers sonnen zu dürfen könnte aber auch vielen potentiellen Jagdgästen der Ehre zu viel gewesen sein und sie hatten dankend und in weiser Voraussicht, dass eine Teilnahme ihrer persönlichen Reputation schaden könnte, abgewinkt. Wenn dem so gewesen sein sollte, haben diese Leute schon mal mehr Gespür und Erkenntnisfähigkeit gezeigt als der blondierte Jagdherr. Der war dem Kugelhagel freilich erst mal fern geblieben und erst später zum abschließenden Schüsseltreiben zur erlauchten Gesellschaft dazu gestoßen.
Zwischen den Fronten ein Großaufgebot an Polizei, das jedem G-20-Gipfel zur Ehre gereicht hätte. Und seitens der Einsatzleitung wurde getrickst und getäuscht, verschleiert, hingehalten, getürkt und ge-italienischt. Was nachvollziehbar war. Galt es doch, die beiden Lager zu trennen und räumlich möglichst weit auseinander zu halten. Das klappte freilich nur bedingt. Beim Legen falscher Fährten und Spuren muss unsere exekutive Trachtengruppe jedenfalls noch etwas üben….
Zahlreiche TV-Anstalten hatten Kamerateams in den Forst entsandt. Der Bericht der Hessenschau hier:
Aber ein Anfang ist gemacht. Ob es eine Fortsetzung und ein Ende gibt, bleibt abzuwarten. Anders, als beispielsweise seitens des Hessenfernsehens erwartet bzw. befürchtet, ist es sehr wohl fraglich, ob die Verantwortlichen solche anachronistischen, mittelalterlichen Events künftig noch mal riskieren. Denn sie können eigentlich nur dabei verlieren. Zu Ansehen jedenfalls verhilft es ihnen nicht. Im Gegenteil. Vielleicht stellt sich ja auch beim Hessischen Regierungschef dahingehend eine Art späte Einsicht ein. Bei seinen Amtsbrüdern und -schwestern in anderen Bundesländern ist sie schon entsprechend gereift.
Über die Größe der „Strecke“ gibt es unterschiedliche Angaben. RTL-Hessen beispielsweise berichtet, 23 Rehe und 11 Wildschweine hätten den Mordsspaß nicht überlebt. Das sind 34 zu viel, aber deutlich weniger als erwartet/erhofft. Die aufmarschierten Tierschützer und -aktivisten dürften durch ihre reine und mitunter lautstarke Präsenz viele Schwarzkittel und Schalendwildvertreter vor dem Tod bewahrt haben. Aber sie beißen mitunter auch auf Granit. Beispielsweise bei dem CDU-Landtagsabgeordneten Walter Arnold, der seit 35 Jahren auf die Pirsch geht und nicht müde wird zu verkünden, dass Jagen nichts anderes als angewandter Naturschutz sei. Solche Veranstaltungen wie diese seien zudem eine riesige Möglichkeit mit vielen anderen Menschen ins Gespräch zu kommen. Gut, aber muss man deshalb gleich durchladen und auf unschuldige Tiere schießen???
Offenbar ja. Das Gemeinschaftserlebnis des Tötens ebnet neue Wege der Kommunikation und lässt die „Brothers in Arms“ redselig werden, so sie sich unter ihresgleichen wissen. Arnold und die Seinen „hegen“ unverdrossen weiter. Und sie hegen auch nicht den Hauch eines Zweifels daran, dass das, was sie anstellen, richtig ist: „…weil wir durch die Gesetzgebung in Deutschland und speziell in Hessen die Legitimation haben, waidgerecht auf die Jagd zu gehen!“. Na toll. Diese Begründung lebt aus sich selbst heraus muss reichen, oder? Und wenn einem dann inhaltlich-argumentativ die Munition ausgeht, versucht man es halt auf einer anderen Schiene. Ein Polizeibeamter ließ sich von einem Jagdteilnehmer, dem eine lustige Alkoholfahne vorausflatterte, dahingehend instrumentalisieren, dass er eine junge, eine Fuchsmakse tragende Frau zur Rede stellte und sie belehrte, dass Totalvermummung ein Straftatbestand sei. Die zweibeinige Fähe war völlig perplex. Der ambitionierte Uniformträger wird sicherlich noch Karriere machen.
Fürst Volker B I., der ja ansonsten wirklich keinem Mikrofon und keiner Fernsehkamera aus dem Weg geht, war am Tag X für eine televisionäre oder radiotaugliche Stellungnahme nicht zu erreichen. Er ließ seine Staatskanzlei aber verkünden, dass diese Gesellschaftsjagd eine Hessische Tradition und wichtig für den Erfahrungsaustausch zwischen Jägern und Politik sei.
Und ein Fernseh- oder Radiomikrofon ist ja schmerzfrei und neutral. Es schluckt den größten Blödsinn, auch den von Umweltministerin Hinz, die allen Ernstes behauptete, dass diese Gesellschaftsjagd ja schließlich auch dazu beitrage, Wildschäden in der Forst- und Landwirtschaft zu vermeiden. Aber das sahen nicht nur ihre eigenen jungen Parteifreunde von der Grünen Jugend ganz anders. Aufgerufen zum Protest hatten die Tierrechtsorganisationen PETA, Animal First und Tierrecht 21. Ja, und dem Hessischen Steuerzahlerbund passte der “Event”auch nicht in den Kram, weil hier bis zu 20.000 öffentliche EURO im wahrsten Sinne des Wortes verpulvert worden sind…