Rotorman's Blog

Die Kaaskopps haben die Möhre orange
gefärbt: Gut fürs Auge und die Potenz

Orang-Utan

Der Orang(e)-Utan ist ein Abfallprodukt des holländischen Gen-Experiments und versinnbildlicht in seinem Namen die dominierende Hausfarbe der „Oranje“. Auch er mag gleichfarbene Möhren. Grafik: Artemtation

Die Bananen sind ja deshalb gekrümmt, damit sie den Affen und ihren Nachfahren, also uns, nicht aus der Hand flutschen. Aber warum sind die Möhren so knallig orange? Die Ahnen der Kaaskopps, die übers ganze Jahr mit ihren Wohnwagengespannen durch die Lande pesten, sind dran schuld. Oder, je nach Perspektive, auch ein klein wenig die Dillenburger. Aber die Holländer waren es, die die Karotte, wie wir sie heute kennen, eingefärbt haben. Aber nicht eben mal so. Sie, brave Untertanen, die sie nun mal waren, hatten ein hehres Motiv und wollten ihrem Chef huldigen. Das war so eine Art botanischer Schleimspur-Bückling vor Prinz Willem I. Der hieß ja auch “Oranje”, die wörtliche Übersetzung für und von Orange. Gut, van Oranje, und Willem ohne “H”.  Ändert aber nichts an den Tatsachen. Die “Riebli”, wie sie auch genannt wurde, ist nämlich von Hause aus eigentlich recht scheu, weiß, violett oder auch gelb. Daher rührt auch der Begriff “Gelbrübe”, oder, wie man im Voralberg zu sagen pflegt, “Gälrüable”. Weitere Namen für dieses schon im antiken Griechenland und Rom als Arzneipflanze geschätzte Doldenblütlergewächs sind bzw. waren Mohrrübe, Gelbe Rübe, Rüebli, Räiwe , Murkerl, Stäkräiwe, Gelleriwe oder Wurzel. Womit wir das Übel der Farbgebung an selbiger packen.

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Das sind nicht die Kessler-Zwillinge, sondern Daan und Bram. Die beiden experimentierfreudigen Gärtner-Junkies hatten der Karotte im 16. Jahrhundert ein neues Farb-Design verpasst. Grafik: Artemation

Pflanzenzüchter aus dem Land der Tulpen, Windmühlen und krachenden Grachten waren im 16. Jahrhundert, vermutlich unter dem auch harntreibenden Einfluss der „Wuttel“, wie sie im Saterfriesischen hieß, auf die (Karotten-)Saftidee gekommen, ihr ein neues Farbdesign zu spendieren. Eine auffällige Signalfarbe sollte es sein. Und zwar deshalb, um dem “Schweiger”, wie ihr in Dillenburg als Sohn von Wilhelm von Nassau und Juliana zu Stolberg geborener Fürst auch genannt wurde, zu huldigen. Laut Legende wollte man ihm auf diese Weise für seinen tapferen Freiheitskampf gegen die Spanier danken. Ob das jetzt wirklich der Grund war, ist nicht zu beweisen. Aber gemacht haben sie es trotzdem. Das steht mal fest. Schließlich haben unsere cleveren Nachbarn ja auch das Mikroskop, das Fernrohr, das U-Boot und das Kunstgras erfunden. Warum also nicht auch eine orangefarbene Apiaceae-Variante?

Monarchen, Karotten und Holzschuhe

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Das Resultat einer gezielten Manipulation. Möhren sind von Hause aus gar nicht orange. Aber die Holländer haben das Potenz fördernde Doldenblütlergewächs zu dem gemacht, wie es heute aussieht.Foto: Cocoparisienne/pixabay

Die Monarchen-Möhre, die den Holzschuhe tragenden, floristischen Frankensteins damals vorschwebte, sollte auch nicht einfach nur den Namen des Herrschers tragen, sondern diesem durch ihre Farbgebung huldigen. Orange ist ja die Haus- und Hoffarbe des niederländischen Adelshauses. Die so zustande gekommenen Sorten “Horn” und “Long Orange” bildeten die Basis für viele unserer modernen orangefarbenen Karottenvarianten heute.

Willi, der auf zeitgenössischen Gemälden meist aussieht wie Salvador Dali auf Ecstasy, galt ja auch als großer Katholiken-Fresser. Obwohl er nach außen hin zunächst erfolgreich und möglicherweise aus Opportunismus den Anschein zu erwecken vermochte, nichts lieber zu tun als mit denen auf gleicher Wellenlänge und Funkfrequenz den Rosenkranz zu beten. Selbst Kaiser Karl V. fiel drauf rein. In späteren Jahren legte sich der streitbare Willi nach und nach aber mit allen Mächtigen, die in Europa die reine, vatikanische Lehre vertraten (oder wenigstens so taten), an und säuberte sein kleines, flaches Ländle schließlich nach blutigen Schlachten von den Glaubensfeinden. Zwischendurch wechselte er jedoch immer mal wieder die Standpunkte, Koalitionen und Lebensabschnittsgefährtinnen. Der vielfache Papa wird heute noch in den Niederlanden als “Vater des Vaterlandes” gefeiert. Aber heute hat natürlich keiner mehr von den Orangehemden Angst. Im Fußballstadion schon gar nicht. Höchstens auf deutschen Autobahnen und an der Gemüsetheke im Supermarkt. Wegen der vielen Chemie im Obst.

Erschöpfungstod zwischen Harntrieb und Bettpfannen

Die evangelische Kirche ehrt “de Zwijger” jeweils am 10. Juli mit einem Gedenktag in ihrem Jahreskalender. Dem Tag, an dem er 1584 in Delft von dem katholischen Fanatiker Balthasar Gérard mit drei Pistolenschüssen ermordet worden war. Da hatte es quasi voll was auf die Möhre gegeben. Der Täter wurde übrigens vier Tage später gevierteilt. Ein Attentat zwei Jahre zuvor hatte der nicht sehr gesprächige Herrscher noch schwer verletzt überstanden. Dafür raffte es sein Weib hin. Charlotte von Bourbon-Montpensier, die Erfinderin des gleichnamigen Bourbon-Mais-Whiskys, überlebte die aufopferungsvolle Pflege ihres danieder liegenden Mannes nicht und starb an Erschöpfung. Sie hatte sich an den Bettpfannen (siehe harntreibende Wirkung der Karotte) einen Bruch gehoben.

Es ist historisch nicht überliefert, ob dieser orange Oranier, der auf einem Standbild vor der Wiesbadener Marienkirche der Mode seiner Zeit entsprechend dem Kantinenwirt des MDR-Fernsehballetts wie aus dem Gesicht geschnitten ist,  Möhren überhaupt mochte. Deshalb lässt sich auch keine Aussage darüber treffen, inwiefern die ketzerischen Pflanzenmanipulatoren seines gärtnerischen Fußvolkes mit ihrer orangen Reagenzglas-Kreation den Lauf der europäischen Geschichte beeinflusst haben. Doch die Inhaltsstoffe (Carotin, Vitamin C, Kalium und Eisen) könnten den Willi schon beflügelt haben – wie Red Bull. Alles gut für die Widerstandskraft, die Blut- und Zahnbildung. Und offenbar auch für die Potenz. Der Bursche war viermal verheiratet, was das kleine Holland bevölkerungspolitisch schon entscheidend nach vorne brachte. Wilhelm fabrizierte 15 Nachkommen – offizielle und nach und nach.

Willi und die Karnickel

Dass Möhrchen eine erotisierende Wirkung haben und die Schlagzahl bei der Fortpflanzung auf den Höhepunkt treiben, sieht man ja bei den Karnickeln und Hasen. Die knabbern vor dem Rammeln ja auch ganz gerne mal an diesen wissenschaftlich “Daucus carota” genannten und unter Langohren als natürlicher Viagraersatz geschätzten Beta-Carotin-Bomben. Apropos Hase. Im mittelhessischen Sinn (Lahn-Dill-Kreis) gab es einmal einen später in den betrügerischen Bankrott getriebenen Heizgerätehersteller, der eine Produktlinie namens “Oranier-Öfen” im Programm hatte. Haas & Sohn. Das war der direkte Bezug zur Karotte und dem Königshaus.

Schwarzer Afghane und Orangenhaut

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Der Dillenburer Wilhelmsturm ist nach dem wenig gesprächigen Prinz Willi I benannt. Und nur weil dieser die Glaubens-temperamentvollen Spanier ausbremste, haben auch die Schneemänner hierzulande eine Karottennase. Grafik: Artemtation

Und für die Augen sind diese knackigen Stangen auch gut. Weil sie Betacarotin in Vitamin A umwandeln. Und das schärft (nicht nur) den Blick. Karotten bremsen zudem die Gefahr eines Sonnenbrandes aus und wirken sich allgemein positiv auf den Teint aus. Im Gegensatz zu Orangen. Von letzteren leitet sich ja  der Begriff “Orangenhaut” ab. Auch eine geniale Erfindung der Holländer. Sogar gegen die Krebsbildung sollen sie gut sein. Die Möhren, die nicht die Orangen. Dieses Beta-Zeugs in ihnen gilt als so genannter bioaktiver Pflanzenstoff, der schädliche freie Radikale abpuffert, die wiederum die Genstruktur zerstören können. Ist schon ein ziemlich geiler Stoff! Nur rauchen kann man ihn nicht so gut. Deshalb dröhnen sich die fliegenden Holländer in ihren Coffee-Shops auch lieber mit Schwarzem Afghanen, Bombay Black und Dunkelbraunem Kaschmir zu. Das geht zwar wiederum zu Lasten der Potenz, erhöht aber die Frequenz der Transzendenz mit Vehemenz. Und das ist doch auch schon mal was. Wenn es auch für die Europameisterschaft nächsten Jahres nicht ganz gereicht hat.

Ja, und da wäre da ja noch Cox-Orange. Haben die Holzschuh-Platter ebenfalls entwickelt. Bei uns in Germanien ist das ein wohlschmeckender, saftiger Apfel, bei denen drüben im Nordwesten wird das Zeugs, auch als Koks bekannt, auf Linie gebracht, und zwar ebenfalls in diesen zwielichtigen, von Cannabis-Schwaden vernebelten Kaffee-Läden… . Da können wir mit unseren profanen Eisdielen nicht mithalten. Da gibt’s allenfalls einen mit Cointreau durchtränkten Amarenabecher. Der muss für die erste Dröhnung reichen.

Flotte Esel, “Mohr”-Rüben und Vegetarier

Möhren, deren entfernte Verwandte politisch nicht ganz korrekt auch als “Mohr-Rüben” bezeichnet werden, sollen erstmals vor 4.000 bis 5.000 Jahren in der Ost-Türkei bzw. in Zentralasien kultiviert worden sein. Sie motivieren, so man sie einem Esel vor die Nase hält, diesen zu einer längeren und dauerhafteren Gangart. Militante Pflanzenschutzorganisationen kämpfen gegen diesen Missbrauch. Ganz davon abgesehen, dass dieses Gemüse heute zu den bedrohten Arten zählt. Trotz der weiten Verbreitung und ihrer guten Tarnung spürt der sie zu seinen Grundnahrungsmitteln zählende Vegetarier die Karotte auf, entreißt sie gewaltsam ihrem natürlichen Lebensraum, schreddert sie bei lebendigem Leibe und frisst sie auf.

Salvador und Willi

Willi (links) und Salvador: Eine gewisse Ähnlichkeit ist nicht zu leugen. Beide hatten, auch wenn sie in unterschiedlichen Epochen agierten, einen kreativen Pinsel.

Eine solche einseitige Ernährung kann natürlich auch zu Mangelerscheinungen führen. Muss es sogar. Die fehlenden Omega-3-Fettsäuren kompensiert die Psyche durch den Ausstoß eines bestimmten Stimmungsverdunklers. Die Menschen werden dadurch dauerhaft “möhrisch” bzw. mürrisch. Nicht von ungefähr verleiht denn auch das Intellektuellen-Magazin „Auto-Bild“ für besonders grenzwertige Modelle eine “Goldene Möhre”. Und am Berliner Spreeufer ist der Pflanze sogar ein eigener Themenpark gewidmet. Auch gibt es dort eine Möhrenstrasse. Junge weibliche Möhren nennt man “Gören”, besonders musikalische Exemplare organisieren sich in “Chören”. Das gilt sowohl für Tenöre als auch für  die Rockröhre. Und dann gibt es noch Frisöre und Dompteure, aber das ist wieder etwas anderes. Ebenso wie Masseure, Provokateure und  Voyeure.

Wo waren wir eigentlich stehen geblieben?

 

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