Von Jürgen Heimann
Die Luft in Wald und Feld wird zunehmend bleihaltiger. Die hohe Zeit der Drück- und Treibjagden ist angebrochen. Da muss sich alles, was da kreucht und fleucht, warm anziehen und am besten in Deckung gehen. Unsere naturschutz-affinen Nimrods ballern auf alles, was bei Drei nicht auf dem Baum ist. Mitunter reisen die in der Regel revierlosen Lodenmäntler hunderte von Kilometer an, um für kleines Geld an diesen Morden teilnehmen zu können. Fast alle Tierarten, die nicht unter ein ganzjährliches Jagdverbot fallen, finden sich aktuell im Fadenkreuz: Feldhasen, Fasane, Füchse, Kaninchen, Rabenvögel, Wildschweine, Rehe, Hirsche. Dass die Opfer, weil ungenießbar, nicht immer auf dem Teller landen, interessiert nicht. Der Kick beim finalen Abschuss ist entscheidend. Sau (oder was und wer auch immer) tot. Darauf kommt es an. Halali!
Bei den Drückjagden werden mit Büchsengeschossen auf die „Targets“ geballert. Letztere sind dabei meistens in Bewegung, weshalb ein exakt platzierter Schuss auch schwierig ist. Was zur Folge hat, dass die Tiere meist nur angeschossen werden und in Folge über Wochen an denen ihnen zugefügten Verletzungen leiden, um denen schlussendlich doch zu erliegen. Auch verlieren Rehkitze oder Junghirsche dabei häufig die immer noch führenden und für die Aufzucht erforderlichen Muttertiere und krepieren elendlich. Das sind dann die oft zitierten Kollateralschäden. Wo gehobelt wird, fallen schließlich auch Späne. Bei Treibjagden sorgt ein Heer willfähriger Helfer dafür, dass den Heckenschützen ihre Beute in Panik vor die Flinten läuft. Wer sich in den Dienst dieser Sache stellt, und sei es für einen großen Schnaps danach, versündigt sich an der Schöpfung.
Wissenschaftliche Studien belegen, dass 60 Prozent der Rehe, die unsere Naturschützer mit dem grünen Abitur über Kimme und Korn anpeilen, dabei nur verletzt werden; bei Wildschweinen werden in der Regel nur 30 bis 35 Prozent der Opfertiere mit einem sauberen Blattschuss hingerichtet. Die anderen schleppen sich mit Verletzungen an Unterkiefern, Beinen, am Rücken oder Bauch weidwund zurück ins Dickicht. Darauf hat unlängst noch einmal die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (TVT) hingewiesen.
Die niedrige Trefferquote bei den wildlebenden Jolantas erklärt sich nicht nur mit der verpeilten Peilung ihrer Verfolger. Erstere sind diesen in der Regel auch intelligenzmäßig deutlich überlegen. Andererseits: Wer schon einmal die Runde derer, die in der Zulassungsstelle in Herborn-Burg um eine Verlängerung der Jagdlizenz nachgesucht hatten, genau beobachten konnte, muss sich wie auf dem Jahreskongress für Glasbausteine gewähnt haben. Nasenfahrräder so dick wie ein Leopard-2-Panzer. An der Steigerung der Sehkraft wäre selbst Fielmann hoffnungslos gescheitert.
An dieser Stelle vielleicht noch etwas Statistik. Der Deutsche Jagdverband rechtfertigt die Tatsache, dass seine Mitglieder jährlich etwa eine halbe Million Füchse erlegen (aber auch Dachse, Baum- und Steinmarder) ja damit, dass die Reinekes den bestandsgefährdeten Rebhühnern und Feldhasen zunehmend zusetzen würden. In der Jagdsaison 2021/22 exekutierten die Nimrods aber selbst bundesweit 145.282 Langohren. Am „erfolgreichsten“ schnitten die Wildschützen in den Berechnungszeiträumen 2010/2011, 2011/2012 und 2012/2013 ab. Da brachten sie 367.321, 328.355 und 314.426 Häschen zur berühmten Strecke. Bei den Rebhühnern ist die Abschussquote zum Teil gegenläufig, freilich nur auf den ersten Blick. 2046 von ihnen taten in der Saison 2021/22 ihren letzten Flügelschlag, davor waren es 1877, in der Saison 18/19 bundesweit insgesamt 1928. Kein Vergleich zu den Jahren 2010/ oder 2011/12 mit 5543 bzw. 4447 Abschüssen. Finde den Fehler.
Und was sagt der gemeinnützige Verein „Wildtierschutz Deutschland“ dazu? „Selbst im EU-Umweltkommissariat scheint man seit einigen Jahren zu sehen, dass die als Freizeitgaudi willkürlich ausgeübte Jagd erheblichen Schaden im Hinblick auf die Biodiversität anrichtet. Die Jagd erfüllt keinen ökologischen Zweck. Vielmehr gehen die Bestände der gefährdeten jagdbaren Arten kontinuierlich zurück. Die Freizeitjagd dient in all ihren Facetten beinahe ausschließlich nur eigenen individuellen Interessen der Jagdausübungsberechtigten, der Pflege von Traditionen und der Lust am Töten!“ Da ist was dran!