Rotorman's Blog

Die “Schluchtis” lassen es krachen: Payerne als
Wallfahrtsort für Aero-Fans aus ganz Europa

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Der Himmel voller Geigen: Die „Patrouille de France“ (oben links) und zwei Nostalgie-Jets der Eidgenossen (oben rechts) – eine Hunter T-68 und die DH-100 Vampire. Unten links die Patrulla Auguila, rechts unten das allgegenwärtige weiße Griechenkreuz. Im Hintergrund 5 „Tiger“ der Patrouille Suisse. Fotos: VBS/AIR14

Da schau sich einer diese Schweizer an. Die Alm-Öhis sind dem Deutschen Michel ja nicht nur beim diskreten Bunkern von am Fiskus vorbeigemogeltem Schwarzgeld um Längen voraus. Nein, auch in aero-tischer Hinsicht zeigen sie ihren biederen germanischen Nachbarn in diesen Tagen mal wieder, wo der Hammer hängt. Neidvoll blickt der Luftfahrt-affine Teil unserer Republik gen Helvetica. Daselbst, in und über dem kleinen Kanton Waadt, hängt der Himmel voller Geigen. Willkommen zur größten und mit zehn Tagen  Dauer längsten Airshow Europas, der “Air 14 Payerne”.
Dagegen nimmt sich die ILA in Berlin wie ein schlapper Kindergeburtstag aus. Aber es wäre vermessen, beide Events miteinander vergleichen zu wollen. Das käme einem Versuch, mit großen Hunden pinkeln zu wollen, aber das Bein nicht hoch zu bekommen, schon verdächtig nahe. Die “Schluchtis” können den 100. Geburtstag ihrer Luftwaffe feiern, wir allenfalls die Tatsache, dass immerhin acht unserer 109 Eurofighter (Beschaffungskosten pro Stück ohne Waffensystem: 70 Millonen Euronen) uneingeschränkt einsatzbereit sind. Beim Rotor-gestützen Personal der Bundesmarine sieht es auch nicht besser aus. Da ist die Quote noch mieser. Von 48 Hubschraubern (“Sea Lynx” und “Sea Kings”) sind derzeit lediglich drei Maschinen voll wehrdiensttauglich.

Würde man, dem Beispiel Amerikas folgend, die German Air Force gegen die Völkermörder des Islamischen Staates  im Irak (und Syrien) von der kurzen Leine lassen (was natürlich undenkbar ist!), das Resultat entspräche in etwa dem, als würde der eher dem Zögern zugeneigte Barackse Ubumba, oder wie der “Commander in Chief” der Amis heißt, hier Essen auf Rädern verteilen. Aber wir schweifen vom Thema davon.
themen.parsys.81483.ImageAuch wenn die Eidgenossen ihrem Militär per Volksentscheid neue “Spielzeuge” in Gestalt moderner Saab-Gripen-Jets verwehrt haben, sind sie andererseits stolz auf ihr fliegendes Personal. Können es auch. Und zeigen das auch.  160.000 (!!!) Menschen hatten allein am Eröffnungswochenende (30./31 August)  der Luftshow den Rand des 17 Kilometer westlich von Fribourg gelegenen Militärflugplatzes gesäumt. Gut, darunter waren auch viele, viele von ihrer Regierung daheim bevormundete Wehmuts-Touristen, Deutsche Aero-Fans, denen solches zu Hause ja verwehrt und vorenthalten wird. Zwischen Kiel und Konstanz, Aachen und Bitterfeld sind per se als Teufelswerk deklarierte Veranstaltungen dieser Art völlig undenkbar und tabu. Jene, die solche bei uns seit 1988 (Ramstein) erfolgreich zu verhindern wissen, mögen sich beim Betrachten der Videos, die die Schweizer Luftwaffe von diesem Mega-Event auf ihrem Youtube-Kanal veröffentlicht hat, gehörig einnässen. Inkontinenz statt Kompetenz. Natürlich ist dieser mehr als vierstündige Stream bei uns, hallo GEMA, nicht uneingeschränkt abrufbar. Aber man weiß sich da inzwischen ja zu helfen:
https://www.youtube.com/watch?v=BeZOFaA7Nzw
Während sich die deutschen Behörden im Klein-Klein verzetteln und Aktenberge darüber generieren, wo bei einem profanen, ausschließlich dem Segelflug vorbehaltenen Flugplatzfest die Pommesbude parken darf, deren Trassierband-Abgrenzung selbstverständlich aus ökologisch zu hundert Prozent abbaubaren Materialien zu bestehen hat, langen unsere fidelen Nachbarn in die Vollen. Unter Wahrung höchster, international verbindlicher Sicherheitsstandrads, versteht sich. Es geht doch. Was da derzeit am Himmel unweit des Neuenburgersees passiert, ist gigantisch und sprengt alle Dimensionen. Der Anlass ist auch ein dreifaltiger. Neben besagtem 100. Geburtstag der Luftstreitkräfte feiert man in der kantonalen Alpenrepublik das 50-jährige Jubiläum der “Patrouille Suisse”, jener respektierten und gefeierten Jet-Staffel, die den Ruhm der Schweizer Fliegerkunst in viele Länder der Welt trägt.  Und das PC-7-Team der Gastgeber, das zweite Aushängeschild der “Schwietzer Ärforze”, ist inzwischen seit einem Vierteljahrhundert im internationalen Luftraum als Werbeträger und Botschafter unterwegs.

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Voller Schub: Die beiden Mirage-2000 der “Patrouille Ramex Delta” (oben links), rechts die Blériot XI. Das 1908 entwickelte Flugzeug war das erste, das einen Looping flog und die Alpen überquerte. Unten links eine F-16 der Belgischen Luftwaffe, rechts die beiden Jubiläumsstaffeln der Gastgeber. Fotos: VBS/AIR14

Die sieben rot-weiß-lackierten F-5E Tiger II-Maschinen mit dem freistehenden weißen griechischen Kreuz auf rotem Grund am Heck und ihre neun Turbinen-getriebenen Pilatus-Porter-Schwestern wissen sich in erlesener Gesellschaft. Da sind die “Hawks” der britischen “Red Arrows”, die Aermacchis M-345 der “Frecce Tricolori”, die Alpha-Jets der “Patrouille de France” oder die CASA C-101 der “Patrouille Aguila”. Dazwischen die finnischen Midnight Hawks, das zivile Breitling-Team (L-39) oder die Al-Fursan-Staffel aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Nicht zu vergessen die unvergleichlichen “Royal Jordanian Falcons” mit ihren einmotorigen Extras 300 oder die “Patrouille Ramex Delta”, die mit zwei Mirage 2000-Jets an den Start geht. Die besten Aerobatic-Staffeln der Welt auf einem Haufen. Das grenzt schon an Reizüberflutung. Und diese noch nicht einmal vollständige Auflistung beinhaltet erst einmal nur die Teams.

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Die Patrouille Suisse eskortiert einen A 330 (oben links), während die “Fighting Falcon“ der Belgier noch mal Gas gibt (rechts). Unten links eine Pilatus P-3 und eine Bücker-Jungmann im Verbund, rechts eine außergwöhnliche Jet-Komposition bestehend aus einer Vampire, einer Hunter T-68, einer Mirage III und einer Vampire und einer F-5E. Fotos: VBS/AIR14

Was sich  darüber hinaus an erlesenen Einzelflugzeugen, ob militärisch oder zivil, historisch oder modern, düsen- sonnen-, wind- oder kolbengetrieben, vor den Besuchermassen ausbreitet, und das keineswegs nur im “Static Display”,  sprengt jede Vorstellungskraft. Was darf’s denn sein? Ob Me 262, Bf 109, Mustang, Spitfire, F-16, Mig-29, Rafale, JAS-39 “Gripen”, Eurofighter, F/A-18, Hunter, SU-22, Mirage III, Vampire, Ju-52,  Super-Constellation, B-25, P-38 Lighting, Fokker D.VII, Skyraider, B-17, YAK-3, Sea-Fury  oder MIG-15 – es ist unglaublich! Oh Mann! Von so etwas können wir deutschen Michel-Männer und -frauen hier nur träumen. Und es geht eben nicht um die kritiklose Verherrlichung von Kriegsgerät, Tötungsmaschinen und um Militarismus, sondern um jene einzigartige Faszination, die der Luftfahrt und dem Fliegen seit jeher anhaftet. Es geht um epochale Ingenieurs- und Konstrukteurs-Leistungen, solche aus der Vergangenheit und solche der Jetzt-Zeit. Und es geht um Mensch und Technik, um Menschen, die diese Technik beherrschen, um Höchstleistungen und um Kunst – zur Freunde und Begeisterung hundertausender von Besuchern.
Und am kommenden Wochenende (5. bis 7. Septmber) steht, der Nachbrenner glüht,  in Payern der finale Endspurt an. Programmdetails und weitere Informationen unter: http://www.air14.ch

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