Rotorman's Blog

Donner-Lippe: Für die Bell zu schnell – Audi
RS 6 gewinnt Rennen gegen Hubschrauber

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Kufen gegen Räder: Auf der Runway des Siegerlandflughafen lieferten sich ein Jet-Ranger und ein Audi RS 6 einen packenden Zweikampf. Foto: Oxigin

Von Jürgen Heimann

Kay Stabenows Jet-Ranger ist ja schon ein verdammt flotter Feger. Aber gegen einen hochgerüsteten Audi RS6 macht sein pfeilschneller und wendiger Helikopter keinen Stich. Aber das war von vornherein klar. James Bond hätte seine helle Freude an dem Wettrennen des ungleichen Paars gehabt. Zumal man sich ja von früher her kennt. In Actionszenen zahlreicher 007-Abenteuer haben Bell-Drehflügler dieses Typs eine zentrale Rolle gespielt. Aber sie können halt nicht immer triumphieren. Einmal verliert man, ein anderes Mal gewinnen die anderen. Wie in dem aktuellen Fall.  

Der mausgraue Bolide, der auf der Runway des Siegerlandflughafens die Pole-Position besetzt hatte,  sah auf den ersten Blick nicht unbedingt danach aus, als würde Nico Rosberg damit zum Einkaufen fahren. Der gedrungene Kraftprotz mit dem aerodynamisch ausgelegten Fließheck kam aber als verkapptes Landgestüt daher. 590  verborgene Pferdchen wieherten unter seiner Haube, scharrten daselbst ungeduldig mit den Hufen und hatten in den Angriffsmodus geschaltet. Das (PS-)Gedränge auf engstem Raum verlieh der von „Sattelmeister“ Oliver Bekat gesteuerten Karre Flügel, oder zumindest fast. Als hätte sie Red Bull getankt. Was dazu führte, dass sich die  Tachonadel wenige Sekunden nach dem Start an der 300 km/h-Marke festkrallte. Was wiederum bei einem zufällig von unserer uniformierten Trachtengruppe postierten Radargerät unweigerlich zum Blue-Screen geführt hätte.

Bei Tempo 230 ist für den Heli Schluss mit lustig

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Kay Stabenow (großes Foto rechts) holte zwar alles aus dem Allison-Treibwerk seiner Bell 206 heraus, doch die rollende Konkurrenz war letztlich schneller. Die von Oliver Bekat gesteuerten Karre hatte kein Red Bull getankt, dafür aber deutlich mehr Pferdchen unter der Haube – und setzte zum Überholen an. Beim Zieleinlauf lag er knapp in Führung. Fotos: Oxigin

Dieser geballten Power hatte die blau-silberne Bell 206-B3 nichts entgegen zu setzen – trotz ihrer Wellenturbine von Rolls Royce. Das 336 kW (420 PS) starke Allison 250C-20R-Triebwerk scheucht den Hubi zwar mit viel Schmackes durch den Luftraum, aber irgendwo bei 230 Sachen ist dann auch für ihn Schluss mit lustig.

Deshalb musste sich der Kayfly-Chefpilot letztlich auch knapp geschlagen und mit dem Anblick der Rücklichter seines Kontrahenten zufrieden geben. Stabenow bekam eine zweite Chance, aber das Ergebnis, das sowieso von Anfang an festgestanden hatte, war das Gleiche. Auf (und über) der unweit des Aerodroms vorbeiführenden stark befahrenen B 54 wäre die Ausgangslage eine andere gewesen. Aber reden wir nicht von Chancengleichheit.

Hätte sich die Gäste aus dem Spätzle-County stattdessen mit der ebenfalls in Burbach stationierten Glasair 3 angelegt, wären sie baden gegangen – oder, man kann es auch so sehen, wenigstens auf einem ehrenvollen zweiten Platz gelandet. Der rassige hochbeinige Tiefdecker von Andy Brühl kann zwar „nur“ 300 PS in die Waagschale werfen, rast aber mit bis zu 540 Stundenkilometern dahin. Diese Marke knackt kein anderes ziviles Flugzeug mit Kolbenmotor. Da kommen allenfalls WK II-Fighter wie die Mustang P-51, die Focke-Wulf Fw 190 oder die Bf (Me) 109 mit, wie sie Walter Eichhorn allesamt schon hier auf der Lipper Höhe platziert hat.

Tempo, Aero-tik und die Macht der Bilder

Aber es ging ja nicht um Geschwindigkeitsrekorde, sondern um die Macht der Bilder. Inszeniert hatte  die rasante Verfolgungsjagd auf und über dem aero-tischen Asphalt-Highway der Lippe der im schwäbischen Esslingen ansässige Alu-Felgen-Hersteller „Oxigin“. Mit mehrteiligen MP1- Edelrädern aus diesem Haus war natürlich auch der gepimpte Flitzer mit den vier Ringen ausgestattet, weil der aufwendige und spannende Dreh ja schließlich in erster Linie PR-Zwecken diente. Das Ergebnis lässt sich in verschiedenen Medien und auf zahlreichen Web-Plattformen bewundern. Unter anderem auch hier:

Der zweithöchst gelegenen Airport Deutschlands, Südwestfalens Tor zu Welt, hatte den Felgen-Freaks aus dem Württembergischen schon in der Vergangenheit für die Umsetzung ausgefallener Werbeideen gedient. Was mitunter Geduld erfordert, da sich ja im dichten An- und Abflugverkehr erst ein entsprechendes Zeitfenster öffnen muss. Der Flugbetrieb darf durch solche Aktionen nicht beeinträchtigt werden. Auf den Gedanken, dieses Luftverkehrskreuz als Filmkulisse zu nutzen, sind aber auch schon andere gekommen. So nutzte ein Team von Spiegel-TV den Aeroport als Bühnenbild für eine Anfang des vergangenen Jahres vom WDR ausgestrahlte Dokumentation über die Flugpionierin Thea Rasche. Diese himmlische Tochter eines Brauereibesitzers hat als „The Flying Froillein“ auch jenseits des Atlantiks Luftfahrtgeschichte geschrieben. Auf der Suche nach der entsprechenden „Hardware“ in Gestalt rarer historischer Flugzeuge  hatten die Macher vor Ort aus dem Vollen schöpfen können und wussten sich bei den hier beheimateten „Sterntaktlern“ an der richtigen Adresse.

Es kommt halt immer auf die Spielregeln an

Nun ist die  Idee, Luftfahrtzeuge gegen Automobile antreten zu lassen, so neu auch wieder nicht. Da hatte Kabel 1, der private Unterhaltungssender für praktisch Bildbare, bereits 2013 einen über 1500 PS starken Eurocopter EC 145 telegen gegen einen Mercedes S63 AMG ins Rennen geschickt. Letzterer konnte noch nicht einmal die Hälfte der Antriebspower seines fliegenden Konkurrenten aufweisen– und obsiegte trotzdem.  Viva la Daimler! Das aber auch nur, weil die Spielregeln zu seinen Gunsten ausgelegt waren.

Und Ralf Niebergall aus Neuwied hatte es mit seiner schnittigen SF 260  bereits anno 2007 auf bzw. über der Nordschleife des Nürburgrings mit einem von der bekannten Rennfahrerin Sabine Schmitz gesteuerten 650 starken Mercedes SLR aufgenommen:

Gegen den Brummer war der „Little Warrior“ von „Mr. Marchetti“ mit seinen 263 Gäulchen deutlich untermotorisiert. Doch der Ganzmetalltiefdecker aus Italo-Produktion, der ja inzwischen auch schon mehr als ein halbes Jahrhundert auf den Holmen hat, hält nicht von ungefähr den Welt-Geschwindigkeitsrekord über 100 km und 1.000 km in seiner Klasse. The Winner was: der „Macho“. Niebergall ist beim deutschen Airshow-Publikum kein Unbekannter. Oder anders formuliert: Der alte Haudegen darf auf keiner Luftfahrtshow, die etwas auf sie hält, fehlen.

Alpha-Jet vs. Audi SQ7, Formel 1 gegen Eurofighter

Nun, in ihrem ureigenen Element, dem Luftraum, wo auch immer der sich befindet, sind Flugzeuge der erdgebundenen Konkurrenz natürlich (meist) haushoch überlegen. Anders sieht es aus, wenn das Rennen ein rollendes ist. Rund ein Jahr ist es her, dass ein Audi SQ7 auf dem Flugplatz im slowenischen Maribor einen Alpha-Jet, dessen beiden Triebwerke umgerechnet immerhin 10.000 PS produzieren, abhängte – mit knapp vier zehntel Sekunden Vorsprung. Allerdings nur über eine Distanz von 300 Metern. Nach dieser Marke hätte der Fahrer nur noch  in den Abgaswolken des dann vor dem Abheben erst richtig auf Touren kommenden veralteten Jet-Trainers gebadet.

PR-Gags, Schumi und die FAZ

Und „unser Schumi“ war, bevor es ihn von den Skiern haute und er noch „on the road“ dahinrasen konnte,  dahingehend schon im Dezember 2013 seiner Zeit weit voraus gewesen, nicht aber dem Eurofighter, dem er davon pesen zu können gehofft hatte. Auf dem 140 Kilometer nordwestlich von Rom gelegenen Militärflugplatz von Grosseto hatte der Kerpener den von Ex-Astronaut und Testpilot Maurizio Cheli pilotierten Mach-2-„Tycoon“ zwar über eine Distanz von 600 Metern mit Ach und Krach schlagen können, dann aber in Runde zwei und drei über jeweils 900 und 1.200 Meter nur noch dessen Nachbrenner-Leuchten gesehen. Aber das war sowieso nur ein PR-Gag gewesen. Auch die FAZ, hinter der bekanntlich immer ein kluger Kopf steckt, berichtete darüber.  Um nebenbei zu erwähnen, dass solche Zweikämpfe ja schließlich eine lange Tradition hätten. Bereits 1931 sei der Rennfahrer Tazio Nuvolari am Steuer seines Alfa Romeo von einem Caproni-100-Jet geschlagen worden.

Strahlgetriebene Makkaronis und schnelle Kaufhausdetektive

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Am Ende des Rennens hatte der der 590-PS-Boliide mit den vier Ringen knapp den Kühler vorne. Foto: Oxigin

By the way, und ohne den Klugscheißer raushängen zu wollen: Das erste strahlgetriebene Flugzeug der Welt, eine deutsche Heinkel He 178,  hatte erst acht Jahre später, am 27. August 1939 nach heftigsten Geburtswehen seinen achtminütigen Erstflug absolviert. Insofern schien damals auch  die Makkaroni, nee, stopp, pardon, die „Carponi  ca. 100“, ihrer Zeit wohl schon vorausgeilt zu sein, ohne dass es jemand gemerkt hatte. Vielleicht sollte auch jemand den schlauen FAZ’lern bei Gelegenheit mal den Unterschied zwischen kN-Schubkraft und Kolbenpower erklären. Die Carponi war ein Eineinhalbdecker aus dem Hause De Havilland, dessen 85 PS starken 4-Zylinder-Reihenmotor den Vogel auf eine Höchstgeschwindigkeit von 165 km/h trieb. So viel hat man ja heute schon auf dem Tacho des Einkaufswagens, wenn der Kaufhausdetektiv von Karstadt hinter einem her ist….

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