Rotorman's Blog

Ein Pils von Ute, saufen in Unterhosen und
Mädchen, die nur von hinten gut aussehen

Beispiel-Bikini

Hinten hui, vorne pfui: Für Frauen, die nur von hinten schön aussehen, haben die Japaner, und nur die, einen festen Begriff: “Bakku-shan”.

Von Jürgen Heimann

Schnapsidee und Kummerspeck, Torschlusspanik und Fremdschämen sind Begriffe, die es nur im Deutschen gibt. Gilt auch für Geschmacksver(w)irrung, den Warmduscher, den inneren Schweinehund, das Stehaufmännchen, den Brückentag und das Verschlimmbessern. Da muss selbst das versierteste Multilingual-Genie passen, sollte es das ins Farsische, Darische, Karbadinische oder Tadschikische übertragen wollen. Diese Worte lassen sich nicht 1:1 in andere Sprachen übersetzen, sondern allenfalls mehr oder weniger umständlich erklären und/oder umschreiben. Was uns germanischen Muttersprachlern aber egal sein kann. Allerdings: Das ist kein Alleinstellungsmerkmal der deutschen Sprache. Das können die anderen auch längst – und vielleicht sogar noch besser.  

Weltweit werden aktuell 6000 verschiedene Sprachen und Dialekte gesprochen, mal mehr, mal weniger häufig. Aber in jeder und jedem existieren Vokabeln, die es wirklich nur dort gibt. Sie sind einzigartig, weil es in anderen Idiomen keine Entsprechungen gibt. Da muss der Übersetzer mitunter schon mal weiter ausholen, um begreiflich zu machen, was gemeint ist und was er vielleicht selbst nicht begreift.

Nicht vorne wie hinten: “Bakku-shan”.

Kummerspeck

Das Wort „Kummerspeck“ gibt es nur im Deutschen. Ebenso wie Fremdschämen, Torschlusspanik, Warmduscher und Schnapsidee.

Die elegante Lady, die da graziös über das Kopfsteinpflaster der Dillenburger Fußgängerzone stöckelt, zieht alle (männlichen) Blicke auf sich, zumindest die ihrer Follower. Das ändert sich schlagartig, wenn sich die Dame, vielleicht von einem anerkennenden Pfiff inspiriert, umdreht. Man(n) schaut in Abgründe. Die Japaner, und nur die, haben dafür einen treffenden, kurzen prägnanten Ausdruck: “Bakku-shan”. Klingt wie “kannitverstan”, ist aber bei den Nippons der gängige Begriff für “ein Mädchen, das nur von hinten schön aussieht”. Also hinten hui, vorne pfui. Es gibt Regionen, auch bei uns, da trifft das auf mehr als die Hälfte der weiblichen Bevölkerung zu. Ist das Gegenteil der Fall, sagt man im Goudaland  “oogstrelend” dazu  – “das Auge streichelnd”. Die Kaaskopps können zwar keinen richtigen Fußball (mehr) spielen, sind aber, wenn auch nicht immer, wortgewandt.

Unterwegs auf der Mondstraße

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Der Mond ist aufgegangen: Wenn sich dessen Licht auf einer Wasseroberfläche spiegelt, nennen die türkische Romantiker das “Yakamoz”. Foto: Pixabay

Aber es sind vor allem die Japse, die sich bei ihren Wortschöpfungen als ziemlich kreativ und punktgenau erweisen. Siehe oben. Die Suche nach einem Begriff mit 52 Buchstaben, der die Stimmung beschreibt, die entsteht, wenn “Sonnenlicht durch die Blätter eines Baumes hindurchblinzelt”, würde hierzulande jedes Kreuzworträtsel sprengen. Die Nippons sagen kurz und bündig “Komorebi” dazu und gut ist. Und den zauberhaften Anblick des sich auf einer Wasseroberfläche spiegelnden Mondlichtes kennen die Türken als “Yakamoz”. Im Geburtsland von Ikea und ABBA pflegt man das als “Mangata” zu bezeichnen. Die direkte Übersetzung aus dem Schwedischen lautet poetisch “Mondstraße”.

Ruhe und Gelassenheit im Chaos

Aber um noch mal auf die Japaner zurückzukommen. “Kenja” nennen sie den Zeitpunkt nach dem Orgasmus, in dem der Mann, frei von sexuellen Gedanken, klar denken kann. Kommt ja sonst auch nicht so häufig vor. “Otsukaresana” sagt bei denen der Chef, wenn er mit der Leistung seiner Arbeitssklaven zufrieden ist. So was würde unserem Boss nie über die Lippen kommen. Weil, das bedeutet “vielen Dank für Ihre harte Arbeit”. Gut, bei uns im Büro gibt’s ja auch keine “Majime”. Mit diesem einen Wort charakterisieren die Japaner jemand, der zuverlässig Dinge tun kann, ohne Probleme zu verursachen. Und von “Seijaku”, was so viel wie “Stille, Ruhe und Gelassenheit inmitten von Chaos” bedeutet, kann hier erst recht nicht die Rede sein. Die Norweger haben einen ziemlich treffenden Ausdruck für das, womit meine Arbeitskollegen die Zeit zwischen Frühstück, mittäglichem Kantinengang und Feierabend ausfüllen: “Kukelure”: “Dasitzen und nachdenken, ohne eine Tätigkeit auszuüben”. Volltreffer. Ja, ja, diese skandinavischen Wal-Schlächter. Die bringen es schon auf den Punkt. “Hedersmann” nennen sie einen besonders ehrlichen Mann mit großer Integrität. Dafür gibt es im Deutschen allerdings auch eine passende Entsprechung; “Heimann”.

Der Völler und die Schnitzel-Lethargie

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Wirt müssen es um- und beschreiben, die Japaner haben einen einzigen Ausdruck für jene Stimmung, die entsteht, wenn die “Sonnenlicht durch die Blätter eines Baumes hindurchblinzelt”: “Komorebi”. Foto: Pixabay

Nun haben sich unsere Chianti-seligen, jenseits des Brenners hausenden und Löcher in ihre Nudeln bohrenden Freunde bislang stets gerühmt, als einziges Volk der Welt über ein Wort zu verfügen, das den sich nach einem allzu zu üppigen Essen einstellenden trägen-schläfrigen Allgemeinzustand des Völlers (wir reden hier nicht von Rudi) skizziert. Die Italiener sprechen in diesem Fall von “Abbiocco” (avere l’abbiocco).) Aber die Mafiatortenbäcker sollen sich bloß nix auf diese Wortschöpfung einbilden. Wir haben eine solche längst kreiert und etabliert und sprechen dann von “Suppenkoma” oder “Schnitzel-Lethargie”. Und das klingt doch wesentlich pointierter. An der Makkaroni-Front gibt es auch den Begriff “Fokolar”. Steht für “der Herd als emotionales Zentrum des Hauses”. Kann hinkommen. Da kochen bei uns daheim auch immer mal wieder die Emotionen hoch – wenn das Essen ungenießbar ist. Was oft der Fall ist. Heimgekehrt von einem langen, ereignisreichen nächtlichen Streifzug mit guten Freunden begrüße ich meine Frau immer liebevoll mit “meine Pochemuchka”, was sie als Kompliment auffasst. Das Wort ist russischen Ursprungs und charakterisiert jemand, der zu viel fragt.

Frostlappen und moralische Kater

Whisky

“Sgriob” ist bei den Schotten eine beliebte, der Vorfreude geschuldete Genussallergie. So definieren sie den leichten Juckreiz auf den Lippen, der sich einstellt, kurz bevor sie am Whisky nippen.

Unter “Friolero” verstehen die Spanier “eine besondere Kälteempfindlichkeit, die nach wärmenden Decken und Umarmungen schreit”. Der Deutsche nennt solche ständig unterkühlten und meist weiblichen Menschen “Frostlappen”. Solche haben es ja gerade in den nordischen Ländern nicht leicht, in denen die Schüler im Winter, pendelt sich das Thermometer bei -6 Grad ein, schon mal hitzefrei bekommen. Wird’s kälter, kann man sich zumindest von innen mit Hochprozentigem aufwärmen, was aber ganz schön ins Geld reißt. Schnaps ist teuer, gerade auch bei den Norwegern. Aber auch beliebt. Deshalb gibt es hier den Begriff “Fylleangst”, ein Synonym für eine Art moralischen Kater, die Furcht, was man in der Nacht zuvor, während die Promille in der Blutbahn kreisten, alles an Dummheiten angestellt haben könnte.

Daheim saufen in der Unterhose

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Die Finnen sind für ihre Trinkfreudigkeit bekannt. Als “Kalsarikännit” bezeichnen sie das kreative Freizeitvergnügen, sich, nur mit einer Unterhose bekleidet, zu Hause zu betrinken und keine Anstalten zu machen, das Haus zu verlassen.

Bei den durstigen Finnen, die auch keinem Umtrunk aus dem Weg gehen, heißt das “Morrkis”. Das Gegenteil davon ist der dänische “Morgenfrisk”, eine Paraphrase für “das ausgeruhte Gefühl nach einer geruhsamen Nacht”. Im Gälischen ist “Sgriob” eine beliebte, der Vorfreude geschuldete Genussallergie. So definieren die ollen Schotten den leichten Juckreiz auf den Lippen, der sich einstellt, kurz bevor sie am Whisky nippen. Und wenn es, um auf die Norweger zurück zu kommen, bei ihnen das Wetter zulässt und sie outdoor und von der Sonne beschienen ein Bier trinken können, nennen sie diesen sakralen Vorgang “Utepils”. Da steckt ja schon der Wortstamm “Pils” drinne. Vermutlich wurde es von einer Ute serviert…

Utepils

Wenn es das Wetter zulässt und sie outdoor und von der Sonne beschienen ein Bier trinken können, nennen sprechen die Norweger von “Utepils”. Indem Begriff steckt ja das Wort „Pils“ schon drinne. Noch besser, wenn die Kellnerin Ute heißt.

Überhaupt die Finnen: Die haben noch mehr lustige, ihrer exzessiven Trinkkultur entstammende Umschreibungen. Als “Kalsarikännit” bezeichnen sie das kreative Freizeitvergnügen, sich, nur mit einer Unterhose bekleidet, zu Hause zu betrinken und keine Anstalten zu machen, das Haus zu verlassen. Darauf muss man auch erst mal kommen. Aber offenbar scheint das hier eine weitverbreitete Gepflogenheit zu sein. Sonst gäbe es ja keinen eigenen Begriff dafür. Das ist kein Scherz. Apropos: Im gleich um die Ecke liegenden Inselstaat Indonesien gibt es das Wort “Dayus”. Das gebrauchen die Humorakrobaten im viertbevölkerungsreichsten Land der Erde, wenn jemand einen Witz zum Besten gibt, der entweder so schlecht ist oder so schlecht erzählt wird, dass die Zuhörer doch drüber lachen müssen. In den Comedy-Shows der Privaten ist das hierzulande elementarer Bestandteil der Programmphilosophie.

Wettpinkeln in der Pissoir-Arena

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Wettkampfarena Pissoir: “Pèchcha” heißt in Indien und Pakistan ein Wettbewerb, bei dem es nicht darum geht, wer den Längsten hat, sondern wer am längsten pinkeln kann.

Aber die Araraber sind auch nicht auf den Mund gefallen. Bei den Wüstensöhnen gibt es den Ausdruck “Mumiqa”. Als eine solche titulieren die Scheichs eine Frau, die ausnahmslos idiotische Kinder zur Welt bringt. Von Mumiqas Nachkommen gibt es in unserer Firma auch ziemlich viele. Obwohl die auf den ersten Blick gar nicht so fremdländisch aussehen.

Belassen wir es erst mal dabei. Zwei aktuelle Bücher sollen das Thema vertiefen: “Einzigartige Wörter – 222 Begriffe, die es nur in einer Sprache gibt und was sie bedeuten” des US-amerikanischen Autors und Psychologen David Tripolina und “Lost Translation” von Ella Frances Sanders. Letzteres erscheint aber erst Mitte Juni.

Einen han’ ich doch noch: Panjabi (oder Punjabi), eine indoiranische Untergruppe des Indogermanischen, wird in Pakistan und Indien geschnackt und ist die Muttersprache von 100 Millionen Menschen. Und da kennt man den Terminus “Pèchcha”. Steht für den Wettbewerb zwischen Männern auf dem Pissoir. Es geht dabei aber nicht darum, wer den Längsten hat, sondern wer am längsten pinkeln kann. Echt. Wer anschließend nicht spült, wird aber disqualifiziert….

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