Rotorman's Blog

Hochzeitstage: Von Drachen, Hausbesen und
Junggesellen, denen zum Glück die Frau fehlt

2-hochzeit

Zu spät. Hätte er sich früher überlegen sollen. Deshalb: kein Mitleid.

Von Jürgen Heimann

Neulich kam Post von Benard und Bianca. Die heißen wirklich so. Eine  Einladung.  Zur “Ledernen Hochzeit”. Hallo? Gut, die beiden sind vergnügungssüchtig und noch nie einer Party aus dem Weg gegangen. Einen Grund zum Feiern finden die immer. Trotzdem: Keine Ahnung, was das nun wieder sollte, geschweige denn, welcher Anlass dieser Invitation zu Grunde lag. Leder? Könnte sich auf Biancas Steckdosenbräune beziehen. Nach unzähligen exzessiven Therapiesitzungen im Solarium ihres Vertrauens ähnelt ihr Teint dem einer gegerbten Tierhaut. Der Lederanteil des  Gesichts übersteigt mittlerweile den der Restgarderobe. Mit Damenbart könnte es die Frau locker zum neuen Maskottchen der deutschen Pelzwirtschaft bringen. Aber die Jungs von “Gockel”, nie um eine Auskunft verlegen, wussten auch hier Rat. O.K. Cortana. Sag’ mal an: Was hat es mit diesem ominösen lederartigen Wedding-Day auf sich? 82.700 Treffer in 0,37 Sekunden. Das ominöse Fest wird, so die übereinstimmende Auskunft, zwei, mancherorts auch drei Jahre nach der Eheschließung begangen. Alles klar? Mmmpf….

 

Das wäre dann aber genau die Zeitspanne, die der Satiriker und Nobelpreisträger George Bernard Shaw mal so definiert hat: “Im ersten Ehejahr strebt ein Mann die Vorherrschaft an. Im zweiten kämpft er um die Gleichberechtigung. Ab dem dritten ringt er um die nackte Existenz”. Weitere investigative Recherchen förderten folgende Sichtweise zu Tage. “Lederne Hochzeit” deshalb, weil das Nervenkostüm beider Partner spätestens nach dieser Zeit eben zäh wie Leder sein müsse, um alle in den Folgejahren noch auftretenden Konflikte im alltäglichen Miteinander ohne psychische Schäden aushalten zu können. Das Leder-Jubiläum wäre dann die letzte Gelegenheit, noch mal richtig vom Leder ziehen. Eine etwas holprige Erklärung, der aber eine gewisse Schlüssigkeit nicht abzusprechen ist.

1-Leidensweg

Erinnert ein klein wenig an AC/DC: „Highway to Hell“.

Da kommt wohl noch einiges auf die beiden zu. Vor allem auf ihn. “Früher musste man einen Drachen töten und konnte die Jungfrau heiraten. Heute gibt es keine Jungfrauen mehr, man muss den Drachen nehmen” hatte der reuige Bräutigam seinerzeit vor dem Betreten des Standesamtes gescherzt. Das war wohl doch nicht nur so daher gesagt. Das Standesamt ist ja der einzige Ort der Welt, an dem die Frauen den Männern nicht widersprechen. Bernards Holde war vor ihrer Heirat als unterbeschäftigtes King-Size-Model unterwegs. Beim ollen Rubens wäre sie die Erstbesetzung gewesen. Auf ihre Figur angesprochen, betont die Braut jedoch stets, das sei kein Speck, sondern erotische Nutzfläche. Ja nee ist klar. Die Frau hat auch keine Cellulite. Das sind Special Effects!

Woody Allen und die Stromrechnung

1-Schuh - Kopie

Drum trage dein künftiges Lied mit und in Geduld. (Unbekannter Autor)

Im Laufe harter, entbehrungsreicher Jahre der Zweisamkeit ist der arme Bernard zum Philosophen gereift. Seine Erkenntnis: Die Liebe ist das Licht des Lebens, in der Ehe wird dann die Stromrechnung fällig. Immerhin hat er mit seiner ehemaligen Verlobten eines gemeinsam: Beide haben am gleichen Tag geheiratet. Und sein Kumpel Rufus, dessen Hausbesen schon einmal verheiratet war, zieht Trost aus der Erkenntnis, dass es allemal besser ist, der zweite Mann einer Witwe zu sein als der erste. Manche lernen es nie und werden auch aus Schaden nicht klug. Für genau die hat der der britische Schriftsteller Samuel Johnson folgende Erkenntnis in Worte gekleidet: „Die zweite Ehe ist ein Triumph der Hoffnung über die Erfahrung“. Woody Allen hat es mal so formuliert: “Ich habe in meinen beiden früheren Ehen Pech gehabt. Die erste Frau ist mir weggelaufen, die zweite nicht!” Während der bekannte Schauspieler Peter Ustinov mit folgendem Ausspruch zitiert wird: “Ich glaube nicht, dass verheiratete Männer länger leben. Es kommt ihnen nur so vor”. Dafür seien sie aber bereit viel eher zu sterben.

Der Unterschied zwischen ledig und erledigt

Apropos Bräutigam: Der Definition eines unbekannten Erkenntnistheoretikers nach handelt es sich bei einem solchen in der Regel “um einen Mann mit vielversprechenden Glücksaussichten hinter sich”. Trauring, aber wahr. Während ein Junggeselle jemand sei, dem zum Glück die Frau fehle. Man nennt solche Leute auch “Nervenkriegsdienstverweigerer”. Über einen solchen hatte ja auch Wilhelm Busch einst gereimt: “… der hat es gut, weil niemand da, der ihm was tut!” Anders ausgedrückt: Unverheiratete (Männer) sind ledig, verheiratete erledigt.

Zwischen Nürburgring und Ehering

Nürburgring oder Ehering? Da muss man(n) Prioritäten setzen. Möglichst frühzeitig.

Viele große Geister und Philosophen haben sich schon über das Wesen dieser Ehe genannten staatlich und kirchlich sanktionierten Zweierbeziehung die Köpfe zerbrochen. Die Hochzeit sei der Hauptgrund aller Scheidungen, hat der im August dieses Jahres verstorbene Komiker Jerry Lewis mal gesagt. Oscar Wilde sprach von “gegenseitiger Freiheitsberaubung in beiderseitigem Einvernehmen”, August Strindberg von einem “Todesurteil, das jahrelang vollstreckt wird”. Und der bereits zitierte Shaw-Bernard hat in diesem Zusammenhang noch ein weiteres Bonmot rausgelassen: “Wer den Mund hält, wenn er merkt, dass er Unrecht hat, ist weise. Wer den Mund hält, obwohl er Recht hat, ist verheiratet”. Deshalb gilt für viele: Lieber Nürburgring als Ehering. Was auch den in der Herborner Fußgängerzone belauschten Dialog zwischen zwei Eheleuten erklärt. Sie: Siehst Du den Betrunkenen da hinten? Der hat mir vor zehn Jahren mal einen Heiratsantrag gemacht. Ich habe aber abgelehnt. Er: Der feiert immer noch!

stack of firewood

Klopfen wir auf Holz und sägen dicke Bretter. Für jeden Hochzeitstag nach dem Tag X gibt es eigene, oft hölzerne Bezeichnung. Die Wood-Fraktion ist da stark vertreten. Die Buchenhochzeit beispielsweise wird am 21. Jahrestag gefeiert, der Linden-Wedding steht zehn Jahre später an.

Unabhängig davon: Es gibt für jeden Hochzeitstag, den zweiten wie den neunten, den 21. wie den 58.  eine eigene Bezeichnung. Und für den 13., den 43. und den 51. auch. Wusste ich auch noch nicht. Wobei mir die “Bierhochzeit”, die schon neun Monate nach dem GAU ansteht, vom Namen her noch am sympathischsten ist. Sie wird aber nur dann begangen, wenn die Dame des Hauses bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht guter Hoffnung ist, auch wenn sie sich selbige vielleicht längst abgeschminkt hat. Dieser Brauch hat sich erst in der Moderne entwickelt. Angenehme Begleiterscheinung: Die Gäste, die mit denen der vorangegangenen Hochzeitsfeier identisch sein sollten, bringen den (Gersten-)Saft selbst mit. Eine Auflistung der mehr oder weniger gängigen Hochzeits-Jahrestage mit entsprechenden Bedeutungserklärungen findet sich hier:

Feuer, Holz und Brandbeschleuniger

Da wäre beispielsweise die “Feuerhochzeit” am 38. Jahrestag des Ringetausches. Klingt wie eine Beschwörung. Weil besagtes Feuer da in der (von gewissen Ausnahmen bestätigten) Regel meist schon längst erloschen ist. Da helfen dann auch keine Brandbeschleuniger mehr. Und dann die “Hölzerne Hochzeit”. Der Name bezieht sich nicht auf die vielleicht etwas unbeholfen, linkisch und steif wirkende Ex-Braut. Die Bezeichnung wird im süddeutschen Raum zum 5. und in Norddeutschland zum 10. Hochzeitstag verwendet. Da soll man dann auf Holz klopfen, auch wenn der Wurm schon drinne ist.

Thematisch korreliert dieses Fest mit der Buchenhochzeit zum 21.Tag X. Die Buche liefert eines der härtesten und stabilsten Hölzer. Sie wächst langsam, so wie auch eine stabile Ehe langsam wachsen muss, wie unlängst dem “Wort zum Sonntag” zu entnehmen war. Aus dem Stamm des Baumes lassen sich dann massive Bretter sägen. Im Nachhinein fragt sich der Ehemann, ob er nicht ein solches vor dem Kopf trug, als er leichtfertig seinen Friedrich-Wilhelm unter die Heiratsurkunde gekritzelt hatte.

Protagonisten und Antagonisten

Wedding concept with roses and rings

Der große Oscar Wilde hat Heiraten einst als “gegenseitige Freiheitsberaubung in beiderseitigem Einvernehmen” definiert. Wobei sich meist schnell herausstellt, wer dabei die A-Karte gezogen hat. Der Satiriker und Nobelpreisträger George Bernard Shaw hat das mal so ausgedrückt: “Im ersten Ehejahr strebt ein Mann die Vorherrschaft an. Im zweiten kämpft er um die Gleichberechtigung. Ab dem dritten ringt er um die nackte Existenz”.

Diese Frage stellt sich zehn Jahre später zur “Lindenhochzeit” erneut. In der germanischen Mythologie wurde die Linde mit der Göttin Freya in Verbindung gebracht, der Göttin des Glücks und der Liebe. Einer entfernten Verwandten der römischen Venus. Warum sich der Glaube an sie nicht auf Dauer hat halten können, ist ja wohl klar. Und wer dann sowieso auf dem Holzweg ist, der steht auch die Mahagonihochzeit zum 27. Jahrestag mit Anstand durch. Die Weidenhochzeit markiert das 51. Ehejubiläum, die Ulmenhochzeit das 61.. Ob den Protagonisten, bei denen es sich ja streng genommen um Antagonisten handelt, nun zum Partymachen zumute ist oder nicht. Die Wahl des dazu passenden Weines hängt davon ab, ob man feiern oder vergessen möchte. Und die Antwort auf die Frage, was ihn denn nach so vielen Ehejahren noch an seiner Frau reize, war eindeutig: Jedes Wort!

Auch bei den Metallen bedienen sich tapfere Eheleute ausgiebig. Silber-, Gold- und Eiserne Hochzeiten gelten da ja als anerkannte Meilensteine. Davor und dahinter gibt es aber auch noch zinnerne, kupferne, blecherne, bronzene, bleierne und stählerne Zwischenschritte. Aluminium und Stahl sind ebenfalls vertreten.

Lumpen, Ochsen, Lümmeltüten

1-T-Shirt

Der Countdown hat begonnen. So glücklich sieht dieses Freibiergesicht auch nicht gerade aus.

Die “Lumpenhochzeit” steht zum 15. Ehejubiläum an. Der Name besagt weniger, dass sich der vom Schicksal gebeutelte Göttergatte als solcher, also als Lump, entpuppt hat. Damit soll vielmehr zum Ausdruck gebracht werden, es wäre an der Zeit, die Wäsche aus der Aussteuer langsam mal zu wechseln und im Altkleidercontainer zu entsorgen. Geschenk-Tipp für diesen Tag: Gutscheine für Textil- und Bekleidungsgeschäfte.

Gleich viermal belegt ist die “Ochsenhochzeit”. Sie steht, je nach Region, am 5., 6., 9. und 10. Jahrestag der vor dem Standesbeamten offiziell besiegelten Bündnisvereinbarung an. Der Name basiert jedoch weniger auf der späten Einsicht des Ehemanns, ein ausgemachtes Rindvieh gewesen zu sein, als er sich seinerzeit auf diesen Deal eingelassen hatte. Der Begriff wird dann verwandt, wenn die Ehe (das Wort kommt aus dem Lateinischen und bedeutet “Errare humanum est”) bis dahin Nachkommens-technisch eine Nullnummer war und kinderlos geblieben ist. In einigen Gebieten ist es Brauch, im Eingangsbereich der bevölkerungspolitisch erfolglosen Partner einen mit Kondomen dekorierten Türkranz anzubringen. In die schmückenden Lümmeltüten werden zuvor Löcher gestochen.

Aus allen Wolken gefallen

Der Volksmund behauptet schon mal, dass Ehen im Himmel geschlossen werden. Dass  viele der unmittelbar Betroffenen anschließend aus allen Wolken fallen, könnte diese These stützen. Und man(n) braucht ja auch in Folge eine himmlische Geduld. Aber den Begriff “Himmelshochzeit” gibt es tatsächlich. Er wird für den 64. und den 100. Hochzeitstag verwendet. Dass zwei so lange miteinander durchhalten, scheint nach den gültigen biologischen und psychischen Gesetzmäßigkeiten aber eher ausgeschlossen zu sein. Solches soll erst ein einziges Mal gelungen sein. Wem und wo auch immer. Darüber gibt es keine verlässlichen Aufzeichnungen. Dem Guinnessbuch der Rekorde zufolge betrug die längste bekannte Ehedauer 86 Jahre.

Geografie-Unterricht mit Sokrates

1-Sokrates

Auch große Geister können irren. Sokrates hatte es mit seiner keifenden Xanthippe auch nicht gerade leicht. Das zänkische Eheweib schüttete dem Philosophen in dieser Darstellung des flämischen Malers Otto van Veen schon mal den Inhalt ihrer Mitternachtsvase in den Kragen – nur weil der Mann die Nacht zuvor auswärts verbracht hatte.

Als erwiesen gilt: Wer den Himmel auf Erden sucht, hat im Geografie-Unterricht nicht richtig aufgepasst. Andererseits kann die Hölle auf Erden durchaus real sein. Sokrates (“Ich weiß, dass ich nichts weiß”) hat es mit der ihm angetrauten Xanthippe ja selbst erlebt. Das keifende Weib soll dem Philosophen der Überlieferung nach auch schon mal einen gefüllten Nachttopf in den Kragen geschüttet haben, nur weil sich dieser, also ihr Mann, nicht der Topf, nächstens mal wieder außerhalb der eigenen vier Wände herumgetrieben hatte. Und die Antwort des Jubelbräutigams auf die Frage des Lokalreporters hin, was denn die schönste Zeit während seiner 50-jährigen Ehe gewesen sei, kam wie aus der Pistole geschossen und ist legendär: Die Jahre in russischer Kriegsgefangenschaft. Don’t marry, be happy!

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