Von Jürgen Heimann
Zwei Männer, zwei Gitarren – und gib‘ ihm! Blues aus dem Schelde- und Dill-Delta. Das war ein Jahres-Auftakt nach Maß. Für den Kulturkreis Eschenburg-Dietzhölztal. Und einer so richtig nach dem Geschmack des Publikums. Das füllte am Freitagabend vergangener Woche die kleine Johanneskapelle in Ewersbach in Gänze. Gut, dazu gehört jetzt auch wieder nicht viel, da die malerische Location ja schon bei 80 Besuchern in die Knie geht. Sei’s drum.
Die Protagonisten, zwei Urgesteine der heimischen Musik-Szene, hätten locker einen weit größeren Saal füllen können. Michael „Öli“ Müller und Peter „Vanielik“ Schneider schienen aber gerade in dieser überschaubaren und intimen Runde doppelt so viel Spaß zu haben, was sich unmittelbar auf die Zuhörer übertrug. Die Häppchen und Drinks, die Eschenburgs Bürgermeister und Kulturkreisvorsitzender Götz Konrad und sein Team traditionell zum Jahresempfang kredenzten, interessierten da wirklich nur am Rande.
Fast 100 Jahre Klampfen-Erfahrung
Die beiden bestens disponierten Blues-Brothers bringen es zusammen auf fast hundert Jahre Klampfen-Erfahrung. Was man sofort merkt bzw. hört. Der eine, Dozent für Gitarre an der Musikschule Burbach, der andere diplomierter Studio- und Berufsmusiker. Seit 20 Jahren hauen die beiden zu und bei wechselnden Anlässen gemeinsam in die Saiten – und ergänzen sich kongenial. Die Chemie stimmt. Da sitzt jeder Ton, jeder Lauf. Unlängst hat das halbe Quartett eine (absolut hörens- und empfehlenswerte) CD veröffentlicht. Bezeichnender Titel: „On the Blues-Train“. Und der ist für die beiden Lokführer noch längst nicht abgefahren. Dieser ICE steht mächtig unter Dampf. Achtung an der Bahnsteigkante!
Unplugged und ohne Effekthascherei
Ausschnitte der Scheibe präsentierte das „Öli Müller-Duo“, so der offizielle Name der virtuosen Mini-Combo, in Ewersbach. Unplugged natürlich. Ohne Effekthascherei, ohne klangverfremdenden High-Tech-Firlefanz. Da wird das Akustik-Holz, bedient von Könnerhand, zur Königin der Saiteninstrumente. Die flinken Finger bedienen sich u.a. bei John Mayall („Walkin on the Sunset“) und Erich Klapperton, pardon, Eric Clapton („Layla“) bei „Blind Faith“ („Can’t find my way home“), den Beatles („Get back“) oder CCR („Have you ever seen the rain“), das aber ohne am Original zu kleben. Und das macht das Ganze ja erst so interessant. So entstehen mitunter recht eigenwillige Versionen sattsam bekannter Klassiker des Genres, puristisch arrangiert, aber ideenreich akzentuiert. „Ölis“ markante und unverwechselbare Stimme – der Freund und Kollege assistiert vokal im Backing – verleiht dem Output dann noch eine ganz besonderen Note.
Keiner der beiden Ausnahme-Musiker hat es nötig, den großen Gitarren-Zampano rauszuhängen oder zu markieren. Sie müssen sich selbst (und anderen) längst nichts mehr beweisen und stellen sich bedingungslos in den Dienst der Songs, nehmen sich auch schon mal zurück. Es ist kein Duell zweier exzellenter Instrumentalisten, sondern ein harmonisches, dem großen (oder kleinen) Ganzen geschuldetes Miteinander. Einem auf ziemlich hohem Niveau. Die solistischen Ausflüge sind dosiert, aber sie liegen auf dem Punkt bzw. Steg. Und dafür gibt’s und gab’s den auch schon mal verdienten (und lang anhaltenden) Zwischenapplaus. Zugabe!
Udo Lindenberg und Götz Konrad träumen
Und während Udo Lindenberg weiland von einem Rockfestival auf dem Ost-Berliner Alexanderplatz phantasierte, träumt Bürgermeister Götz Konrad jetzt von einem Blues-Festival auf Eschenburger Territorium – anknüpfend an große, aber viele Jahre zurückliegende Events auf dem Holderberg. Schaun‘ mer mal.
Ach ja: Das kleine, runde Meisterwerk der beiden Saitenkünstler ist übrigens im Haigerer Rathaus-Foyer, in der dortigen Buchhandlung Krenzer, im Musikhaus Bickel (Herbornseelbach) und beim Herborner Stadtmarketing (im Bahnhof) erhältlich. Kostet 15 Euro. Das Geld ist gut angelegt.
Peter Schneider (54) hat bereits als 14-Jähriger seine ersten Studio- und Rundfunkaufnahmen gemeistert, absolvierte an der Musikhochschule in Köln ein Studium für Jazz-Gitarre und arbeitete in Folge als Studiomusiker für deutsche und internationale Künstler. Der Mann betreibt in Haiger ein eigenes Tonstudio und steht, wenn er mal nicht mit seinem Blues-Bruder auf Achse ist, mit seiner „Vanielik-Group“ und der Jördis-Tielsch-Band auf der Bühne.
„Öli“ Müller (62) hat seine ersten Akkorde auf einer vom Opa gebauten Gitarre angeschlagen. Vor einem halben Jahrhundert trat der gebürtige Oberschelder erstmals mit seiner Band „Battersea Park“ in Sechshelden auf, reüssierte später mit der legendären Formation „Straight“ und verlieh seiner großen Leidenschaft anschließend mit der „Öli Müller-Bluesband“ Ausdruck – im In- und Ausland. Wie alles angefangen hat, steht hier: