Rotorman's Blog

Im Visier der Jäger: Vom völlig sinnlosen
Massen-Töten liebesblinder Füchse

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Holzauge sei wachsam! Sind die Buschschwänzigen normalerweise auch. Nur während der Paarungszeit werfen sie alle Vorsicht über Bord – und werden zur leichten Beute der Jäger. Foto: Mirko Fuchs

Von Jürgen Heimann

Ja, jetzt wird es noch mal richtig brenzlig für den Meister, den Reineke. In vielen Revieren, auch den heimischen an Lahn und Dill, liegen seine Verfolger auf der Lauer und haben durchgeladen. Das zeitige Frühjahr ist für die Jagd auf den Fuchs ideal. Dann sind die Buschschwänzigen liebesblind. Während der Paarungszeit  geben sich die ansonsten extrem misstrauischen Tiere weniger vorsichtig als sonst und werden dann zur leichten Beute. Ihr massenhafter Tod hingegen bewirkt nix und ist völlig sinnlos. Auch wenn die Jäger das Gegenteil behaupten. Deren Begründungen für die Verfolgung der Wildhunde sind durchsichtig und haltlos. Für das, was von diesen prächtigen Tieren übrig bleibt, die Kadaver samt Pelzen, gibt es keine Verwendung und Verwertung. Sie werden in die Tonne gekloppt oder verscharrt. Die Tollwut unter den Füchsen ist seit Jahren ausgemerzt. Und der tückische Fuchsbandwurm, den es durch eine intensivere Bejagung seiner “Wirte” zu bändigen gelte, ist auch nur ein müder Rechtfertigungsgrund. Dag Frommhold hat dies anschaulich aufgezeigt:  Dag Frommhold

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Solche Bilder dokumentieren einen Anachronismus. Daran können sich nur Menschen ergötzen, die Täter sind und keine Achtung vor der Schöpfung haben. Foto: Screenshot

Nichts aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt

Als hätte man gar nix aus den Erfahrungen der Vergangenheit gelernt. Solchen, die  bei der Tollwutbekämpfung in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts gemacht wurden. In diesem Zusammenhang von “dramatischen Misserfolgen” zu sprechen, ist noch untertrieben.  Damals wurden die Reinekes mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verfolgt und bekämpft. Das ging bis zur Vergasung kompletter Fuchsfamilien im Bau. Doch nach 20 Jahren Vernichtungsfeldzug gab es mehr Füchse als je zuvor. Die Natur glich die  Dezimierung der Bestände durch steigende Geburtenraten aus. Hinzu kam, dass die Tiere unter dem Druck der Verfolgung in andere Gebiete abwanderten, was zur weiteren Verbreitung der Tollwut führte. Erst die flächendeckende Auslegung von Impfködern konnte das stoppen.

Ähnliche Mechanismen wie oben beschrieben greifen auch in der aktuellen Situation. Fuchsbestände lassen sich großflächig nicht durch Jagd reduzieren, sondern werden dadurch sogar noch gefördert. Wider besseres Wissen aber wird die Jagd als  probates Mittel gegen den Fuchsbandwurm propagiert.

Lebensvernichtung als “Kick”

Lovis Kauertz, der Präsident der Organisation “Wildtierschutz Deutschland” e.V. (www.wildtierschutz-deutschland.de),  bringt es auf den Punkt: “Hier werden Tiere nur aus einem einzigen Grund getötet: um die blutigen Freizeitinteressen einiger weniger zu bedienen”. Anders ausgedrückt: Es geht lediglich und ausschließlich um den Kick, den manche Leute beim Vernichten von Leben empfinden, den “emotionalen Erfolg” und die Freude am Beutemachen.  

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Jungfüchse des Jahrgangs 2015. Wenn „Heger“ in diesen Wochen wieder verstärkt den Reinekes nachstellen, sind die Fähen mitunter bereits trächtig. Trifft es die Rüden, müssen die Kleinen ohne Vatertiere, die eine wichtige Rolle bei der Aufzucht innehaben, aufwachsen. Ihre Überlebenschancen sind dann entsprechend geringer. Foto: Mirko Fuchs

Abartig und widerlich

Dass gerade in diesen Wochen zur Paarungszeit verstärkt  Jagd auf Füchse gemacht wird, hält Wildtierschutz-Vorsitzender Kauertz noch aus einem anderen Grund für abartig und widerlich:  “Dabei werden einerseits  bereits tragende Fähen abgeschossen, andererseits auch viele Rüden, die bei der Aufzucht der Jungen eine wichtige Rolle spielen. Welpen, die teilweise schon ab März ohne den Fuchsvater aufwachsen, haben wesentlich geringere Überlebenschancen als Jungfüchse mit männlichem Versorger”.

Hessenweit starben 33.167 Füchse durch “Hegerhand”

An diesen Abschuss-Ritualen während dieser Zeit wird sich auch in Zukunft zunächst einmal wenig  ändern – auch in Hessen nicht. Aber immerhin hat die Wiesbadener Regierung den Pelzträgern, von denen in der Jagdsaison 2014/15 landesweit 33.167 durch Hegerhand starben, eine kleine Atempause verschafft. Bis dato durften Füchse in Hessen ganzjährig bejagt werden. Dem hat die neue, Ende vergangenen Jahres in Kraft getretene Jagdverordnung Grenzen gesetzt. Das Papier räumt den Reinekes von Ende Februar bis Mitte August Schonzeiten ein. Allerdings werden die geänderten Jagdzeiten erst ab 1. April wirksam. Heißt: Die Tiere sollten auch über den 28. 2. 2016 hinaus vorsichtshalber erst einmal in Deckung gehen.

Kognitive Dissonanz

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Prächtige und kluge Geschöpfe mit einem ausgeprägten Sozialverhalten. Ihr massenhafter Abschuss ist völlig sinnlos. Auch gibt es keine Verwendung für die Kadaver, Pelze inklusive. Die gemeuchelten Tiere werden achtlos verscharrt oder in die Tonne gekloppt. Foto: Mirko Fuchs

Wie sich die Lusttöter die Wirklichkeit zurecht biegen, lässt sich am Beispiel des Jagdvereins des Kreises Wetzlar (Lahn-Dill-Kreis) festmachen. Die Funktionäre geraten unter den Druck ihrer Basis. Deren Murren über die “Rückschläge”, die man durch die neue Verordnung habe hinnehmen müssen, wird immer lauter. Deshalb verkaufen die oberen Jägermeister das Ergebnis nach außen hin auch als “durchschlagenden Erfolg”.  Die Sozial-Psychologie kennt dieses Phänomen als “kognitive Dissonanz”.

 Biegen, Brechen, Umdeuten

 Auf ihrer Internetseite berufen sich die Wetzlarer Flintenfreunde auf ihren Landesjagdverband und listen stolz die erzielten “Geländegewinne” auf. Dass man es dabei mit der Wahrheit nicht immer so genau nimmt, sei nur nebenbei bemerkt. Beispielhaft heißt es da: Für die Bejagung von Elstern und Rabenkrähen im Bereich des Artenschutzes habe man ebenfalls eine Jagdzeitenverlängerung erreicht. Das Gegenteil ist der Fall. Der Zeitraum, in dem auf diese Vögel geballert werden darf, ist um zwei Monate verkürzt worden. Beim Fuchs liest sich der erzielte “Verhandlungserfolg” so:  “Der Fuchs kann effektiv bis zum 28. Februar bejagt werden”. Keine Rede darüber, von wann an er das kann. Und erst recht kein Wörtchen über die  neu eingeführten Schonzeiten.  Aber die Betonung liegt ja auf “effektiv”…

 

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