Die Bezeichnung ” Pferdeflüsterer” ist nicht erst seit dem gleichnamigen Film mit Robert Redford in der Hauptrolle in inflationärem Gebrauch. Fast jeder hippologische Autodidakt, der ein Shetland-Pony von einem Hannoveraner unterscheiden kann, wird inzwischen leichtfertig in den Stand eines solchen erhoben. Der Eibelshäuser Peter Pfister hingegen ist jemand, der diesen Begriff tatsächlich lebt und auch ausfüllt. Nicht von ungefähr ist der 60-Jährige als Pferdetrainer Europa-weit erfolgreich, gefragt und im Einsatz. Vorträge, Workshops und Praxisseminare führen ihn in viele Länder des Kontinents. Und dabei wird eher weniger geflüstert.
Pferdehalter zwischen Norwegen, der Schweiz, Belgien und Polen orientieren sich an den Lehren, Paradigmen und Grundsätzen des Eschenburgers. Dass an ihnen etwas dran ist und sie funktionieren, dafür gibt es ungezählte Belege, auch auf Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=YWJD9f4QSvA&spfreload=10
Im Rahmen der letztjährigen Equitana”, der Weltmesse des Pferdesports in Essen, oder der Pferdemesse “Euro Cheval 2014” in Offenburg durfte der Eschenburger die Resultate einem staunenden Fachpublikum demonstrieren. Und im Auditorium saßen ja keine leichtgläubigen Laien, denen man mal schnell ein “X” für ein “U” vormachen könnte.
Zwischen Karl May, Klötzchen und Allegre
Seinen ersten eigenen Gaul bekam er, da war er bereits 19. Der Knabe hieß Rex. Also das Pferd. Heute hören seine Favoriten auf Namen wie Michel, Klötzchen, Allegre oder Justiciero. Und es sind derer zehn. (Nur) Pferde im Kopf hat Peter Pfister, so lange er zurückdenken kann. Den ersten Reitunterricht erhielt er als 16-jähriger Bub im Dillenburger Landgestüt. Doch Ton und Drill dort waren ihm, der sich im Herzen eher als Cowboy sah, etwas zu preußisch. Eine Grundhaltung, der der Mann über die Jahre hinweg treu bleiben sollte, die ihn der Wanderreiteridee näherbrachte und die schließlich auch in die Gründung des Verbandes der Hessischen Freizeitreiter mündete, bei der er Pate stand. Nicht ausgeschlossen, dass es aber der olle Karl May war, der vor vielen Jahren die inspirierende Initialzündung für diese (s)ein ganzes weitere Leben prägende Passion lieferte. Winnetou und sein weißer Blutsbruder Old Schmetterhand, wie sie da auf ihren GTI-Rappen Iltschi und Hatatitla über die Prärie pesten. Das hatte was. Ein Hauch von Freiheit, Ungebundenheit und Abenteuer.
Doch bei allem Respekt: Man darf davon ausgehen, dass die beiden Romanhelden nie so tief in Psyche und Seele ihrer wiehernden Verkehrsmittel eingedrungen und vor gestoßen sind, wie es der Eschenburger dann einmal tun sollte. Und heuer zählt selbiger zu den namhaftesten und bekanntesten Pferdetrainern in Europa. Und zu den erfolgreichsten.
Die Kommunikation zwischen Mensch und Tier, ihm und den Rössern, erfolgt meist auf anderen Ebenen, ist vielschichtiger und differenzierter, als es Sprache allein vermag. Davon abgesehen: Pferde verstehen sowieso nicht, was der Mensch sagt. Allenfalls wie er es sagt. Aber das ist wieder eine ganz andere Baustelle. Deshalb muss der Mensch Diktion und Ausdrucksweise des Pferdes lernen, nicht umgekehrt. Auch wieder so eine Grundthese des 60-Jährigen, wenn auch konzeptionell nicht seine elementarste. Und sie besagt keineswegs, dass auch der Zweibeiner jetzt anfangen muss zu Schnauben oder mit den Hufen zu scharren.
Pferde, vom lieben Gott als Flucht- und Herdentiere konzipiert, sind in erster Linie Körpersprachler, teilen sich über Gesten, Haltungen und Berührungen mit, reagieren auf Reize, bewusst oder reflexartig. Und so ist der Dialog zwischen Trainer und Tier als stilles, aus unzähligen Hand- und Körpersignalen bestehendes Gespräch ausgelegt. Dazu kann ein impulsartiges Anheben der Schultern durch den Menschen gehören, oder halt ein kaum merkliches Absenken seiner linken Hand.
Lange Rede, kurzer Sinn: Man(n) muss begreifen, wie diese Unpaarhufer, deren Stammesgeschichte mehr als 55 Millionen Jahre zurückreicht, ticken, um mit ihnen klar zu kommen. Natürlich sollte man sie mögen, oder besser noch lieben – und vor allem auch respektieren. Und der Mann mit der Baskenmütze tut das, seit inzwischen 45 Jahren. Der Mann hat es inzwischen auf vier Buchveröffentlichungen gebracht. Sein jüngstes Druckwerk, für das er sich mit der Rittershausener Fotografin Gabriele Schmitt zusammengetan hatte, ist Anfang dieses Jahres herausgekommen. Titel: “Natürliche Partnerschaft mit Pferden”. Und inzwischen, ganz neu, gibt es auch ein visuelles Pendant mit bewegten Bildern. Eine DVD: “So versteht Dich Dein Pferd – Der Beginn einer faszinierenden Partnerschaft – und was daraus werden kann”.
Autorität, Vertrauen, System und Konsequenz sind die vier Eck- und Grundpfeiler, auf denen seine Arbeit mit Pferden fußt. Beredet und mit viel Enthusiasmus kann der drahtige Ortseil-Eschenburger darüber dozieren, und zwar so, dass es auch Nicht-Hippologen verstehen. Pferdeausbildung sei keine Hexerei, sondern das Ergebnis von klar strukturierten Ausbildungsabläufen, dem Wissen, wie ein Pferd lerne und konsequentem Handeln in der Umsetzung. Und ein klein wenig mag bei der Entwicklung dieses Credos auch Henry Ford mitgeredet haben: „Das Geheimnis des Erfolges ist es, den Standpunkt des Anderen zu verstehen“. Und der Andere ist für Pfister in diesem Fall halt das Gäulchen. Erfolgreich im Umgang mit Pferden könne demnach nur sein, wer sich an deren Bedürfnissen orientiere.
Was daraus erwachsen kann, ist allemal verblüffend. Beim “Tag der Regionen” Anfang September hatte der Hausherr von “Meggi’s Farm” – das Areal ist nach Pfisters Frau benannt – dahingehend ja ein Heimspiel gehabt. Die Anlage betreibt er gemeinsam mit seiner Gattin, Tochter Steffi und deren Mann Christoph Schade. Die zentrale Veranstaltung fand auf dem weitläufigen Gelände seines Pferdeausbildungszentrums in der hiesigen Hermann-Löns-Straße hoch über dem Ort statt. Beste Gelegenheit, die harmonische Interaktion zwischen Mensch und Pferd in all ihren Facetten zu zeigen. Und selbige kommt nicht als platte Zirkusnummer daher. Und vor allem basiert sie nicht auf Drill und Zwang.
Akzeptanz und Vertrauen zeitigen erstaunliche Resultate
Dass sich zwei auf der Seite liegende Pferde, ohne mit der Wimper zu zucken gemeinsam mit dem Trainer von einer blauen Plane zudecken lassen, ein anderes auf einer mit aufgeblasenen bunten Luftballons dekorierten Wippe vorwärts und rückwärst balanciert oder seitwärts über Tonnen steppt, entspricht wohl kaum dem natürlichem Trieb und Verhaltensmuster dieser Tiere. Und das gilt auch für die, zugegebene, etwas unbequeme Position, wenn ein Pferd, auf dem Allerwertesten sitzend, seinem in herzlicher Zuneigung verbundenden zweibeinigen Partner kameradschaftlich die Vorderbeine auf die Schulter legt…. Solche eindrücklichen und eindrucksvollen Szenen bekommt man nicht oft zu sehen. Es sind Momente von fast schon magischem Zuschnitt – und doch keine Zauberei.
Das alles sind vor allem Zeichen unverbrüchlichen, blinden Vertrauens und solche von Akzeptanz. Akzeptanz der und in die Autorität des Trainers, die dieser nicht erzwingen oder erbetteln kann, sondern sich verdienen muss. Genau dieses Prinzip wird ja mittlerweile auf unzähligen Managerseminaren vermittelt. Wie es überhaupt viele verblüffende Parallelen zwischen Pferdeausbildung und Menschenführung gibt, in psychologischer wie in didaktischer Hinsicht. Dazu gehört beispielsweise auch die Kultur des Anerkennens und des Lobes als Instrument der Motivation.
RTL wollte ihn schon für seine Casting-Show “Das Supertalent” gewinnen. Doch Pfister winkte ab. Nicht sein Ding. Das würde seiner eigentlichen Intention kaum gerecht werden, zumal er an sich und seinen Umgang mit Pferden auch bestimmte ethische Maßstäbe anlegt. Dazu zählen Begriffe wie Demut, Respekt und Achtung vor dem Mitgeschöpf und, ja, auch Dankbarkeit.
Mehr über Peter Pfister und seine Arbeit auch im Internet unter http://www.peterpfister-schade.de