Rotorman's Blog

„See you, that you win land“! Englisch
lernen mit Oettinger und Matthäus

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Very British! Sprachpapst Günther Oettinger kriegt mühelos die Kurve vom Schwäbischen ins Angelsächsische. Vor der Deutsch-Englischen Gesellschaft in Barig-Selbenhausen hat der redegewandte EU-Kommissar unlängst sein neues Buch vorgestellt.

Von Jürgen Heimann

EU-Kommissar Günther Oettinger, Ehrendoktor der Fakultät für angewandte anglizistische Sprachforschung an der Universität Cambridge, ist unter die Sachbuchautoren gegangen. Zusammen mit Co-Autor Lothar Matthäus hat der Schwabe ein richtungsweisendes Nachschlagewerk vorgelegt, das all jenen, die sich schnell schon mal in den Fallstricken des Angelsächsischen zu verheddern drohen, die Kommunikation und den Dialog mit Tommies, Amis und Konsorten erleichtern soll. Der SPIEGEL spricht von einem ebenso lehrreichen wie pointierten Ratgeber und verortet ihn bereits ganz oben auf seiner Bestsellerliste.

Das Buch biete echten Mehrwert, empfehle sich als nützliches Weihnachtsgeschenk und dürfe im Kühlregal keiner Kellerbar fehlen, meinte der Literaturrezensent des Nachrichtenmagazins. Titel des höchsten linguistischen Ansprüchen genügenden Kompendiums: “Your English is under all pig!” Die Schwarte kostet 750 Drachmen und ist im gut sortierten Bahnhofsbuchhandel sowie bei Amazon und im Online-Shop der Gesellschaft für bedrohte Völker erhältlich. Sie gibt es außerdem als e-book und Multimedia-CD. An letzterer waren Paul Panzer und Edmund Stoiber als Synchronsprecher federführend beteiligt. Das Vorwort hat Entwicklungshilfeminister Gerd Müller („Wi oll liff in one world!“) beigesteuert.  

Die Zahl der originären englischen Muttersprachler wird weltweit mit 330 Millionen angegeben. Hinzu kommen noch einmal eine Milliarde Menschen, die die größte internationale Amts- und Geschäftssprache zumindest ansatzweise beherrschen. Und wenn Manni Waschkowski aus Castrop-Rauxel abends während der touristischen Vorsaison in einer düsteren adriatischen Campingplatz-Kneipe an einen angetrunkenen, bilingual aufgewachsenen und daselbst als Platzwart tätigen Serbokroaten gerät, der außer Farsi nur dieses spezielle Indogermanisch radebrechen kann, ist es gut, wenn er einige im mittleren Cortexlappen des Cerebellums abgespeicherte standardisierte Textbausteine abrufen kann. Mittels derer vermag er dem Dialogpartner unkompliziert, schnell und anschaulich zu vermitteln, wo der Frosch die Locken hat, oder, wie der Lateiner zu sagen pflegt, “where the frog the curls has”. Apropos: Schon die alten Römer haben ja bei solchen und ähnlichen Gelegenheiten selbstkritisch eingeräumt: “We are at the end of our latin”!

Manni Waschkowski hat die „nose full“

Wenn Zdravko Knezevic, der serbokroatische Facility-Manager der versifften bei Njivice auf der Insel Krk gelegenen und überwiegend vom germanischen Prekariat frequentierten Camping-Hölle allerdings nur “Railwaystation” versteht, hat man bzw. Manni irgendetwas falsch gemacht. Oder die (aus-) sprachlichen Level der beiden Diskutanten sind zu unterschiedlich. Da kann es passieren, dass einer der beiden Gesprächspartner schnell die “nose full” hat, oder, um es mit Loddar Matthäus zu sagen, seinem Gegenüber entnervt “you are going me animally on the cookie” signalisiert. Was so viel wie “du gehst mir tierisch auf den Keks” bedeuten soll. Und ein kleines verbales Missverständnis kann sehr schnell in einen handfesten Streit ausarten, oder schlimmer noch, in “murder and death punch”, also Mord und Totschlag gipfeln.

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Nicht wenige sehen in ihm den legitimen Nachfolger von William Shakespeare. Lothar Mätthäus zeichnete aus Co-Autor der neuen englischen Sprachfibel verantwortlich. Den während der offiziellen Buchpräsentation aus dem himmlischen Off zugeschalteten Marcel Reich-Ranicki (R.I.P.) bügelte er brüsk mit „You are going me animally on the cookie” ab.

Es kommt natürlich immer auf die Situation an. Und darauf, in welcher Atmosphäre ein solches von viel Sliwowitz beflügeltes Zwie- und Streitgespräch erfolgt. Ist die Grundstimmung von Anfang an eher negativ bis ablehnend, könnte man seinen Standpunkt vielleicht zunächst vorsichtig mit “tell me nothing from the horse” (erzähl’ mir keinen/nichts vom Pferd) oder wahlweise  mit “you can me one time ” (du kannst mich mal) verdeutlichen. Alternativ könnte man sich mit “there are laughing yes the chickens” (da lachen ja die Hühner) bzw. mit “you have a jump in the bowl“ (du hast einen Sprung in der Schüssel) aus der Affäre ziehen. Und der andere kontert schlagfertig: “You are going me on the alarm-clock” (du gehst mir auf den Wecker), was ungefähr dasselbe bedeutet wie “don’t go me on the ghost” (geh mir nicht auf den Geist). Ein Wort gibt das andere, und dann ist sehr bald die Kacke am dampfen: „There is the shit steaming“! Spätestens an dieser Stelle dürfte dann aber definitiv “end with funny“ sein.

Kratzende Kurven und neocorticale Abgründe

“Scratch the turn” (kratz’ die Kurve) fordert Manni entnervt, und Zdravko kontert “you can slide me down the hump” – du kannst mir den Buckel runter rutschen! Und in Folge zeigt sich, wer seinen Oettinger verinnerlicht hat. “See to that you win land” fordert der Kroate den Ruhrpottler ultimativ zum Rückzug auf. Und letzterer bescheinigt ihm, dass er offensichtlich eine Schraube locker hat: “You have a screw loose!” Zdravko ist aber dahingehend auch nicht auf seinen vegetativen Thalamus gefallen: “You have not all boners on the fence” kramt er die passende Replik aus den unergründlichen neocorticalen Abgründen seines perzeptuellen Kurzzeitgedächtnisses hervor – du hast nicht mehr alle Latten am Zaun. Stattdessen hätte er auch “You have a wheel off” (Du hast ein Rad ab) sagen können.

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Entwicklungshilfeminister Gerd Müller („Wi oll liff in one wörld“!) hat die englische Sprache schon mit der sauren Muttermilch aufgezogen. Der CSU-Politiker durfte das Vorwort schreiben.

Und so geht das dann weiter: “You walk me on the eggs”, “you can me multiplied crosswise”. Zu Deutsch: “Du gehst mir auf die Eier” bzw. “Du kannst mich mal kreuzweise”. Der eine beschimpft den anderen als “smart shitter” (Klugscheißer), der wiederum droht: “I make you flat” (Ich mach’ Dich platt!). Spätestens an dieser Stelle wird deutlich, dass beide einen “Socks shoot” (Sockenschuss)und keine Ahnung von Tuten und Blasen haben: „No idea of tooting and blowing“. Ende der Debatte. Danke für die fruchtbare Diskussion: „Thanks for he fruitfull discussion“!

Vögel auf Zügen mit pustenden Blumen

Es ist immer mit Risiken verbunden, Redensarten und Metaphern 1:1 und ohne Rücksicht auf Verluste von der einen in die andere Sprache zu transferieren. Da werden Handschuhe zu “hand shoes”, Geheimratsecken zu “secret advice corners” und der wohlverdiente, geruhsame Feierabend zum “party evening”. Jeder, oder fast jeder Phraseologismus hat eine Bedeutung, die sich oft  nur demjenigen erschließt, in dessen Muttersprache eben dieser eingebettet ist. Das gilt ebenso für einzelne Wörter und Begriffe. Eine wörtliche Übersetzung macht meist keinen Sinn, ist nicht notwendig und stiftet allenfalls Verwirrung oder gar Bestürzung. Wer Zugvogel mit “trainbird” oder die Pusteblume mit “blowing flower” übersetzt, stößt bei seinen britisch-amerikanischen Gesprächspartnern allenfalls auf verblüffte Ratlosigkeit. Bei denen heißen die reisefreudigen Piepmätze nämlich “migratory birds”, und den Löwenzahn mit seinen weißen, Fallschirm-gleich durch die Gegend schwebenden Samen kennen sie als “dandelion” bzw. “blowball”.

Aber es gibt natürlich auch Ausnahmen. Und die haben ihre Wurzeln in der Regel in der Antike. „Manus manum lavat“ beispielsweise  bedeutet „eine Hand wäscht die andere“ oder halt „one hand washes the other“, was so oder ähnlich in nicht weniger als 46 Sprachen und Dialekten Gültigkeit besitzt. Trifft auch auf die Hunde, die (zwar) bellen, aber nicht beißen, zu: „Barking dogs never bite“! Diese Weisheit findet man in 51 europäischen Sprachen und Mundartvarianten; „Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg‘ auch keinem anderen zu“ in  vierzig.

Viele Grüße aus Jet-Castle und Happy Town

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Nicht verzagen, Oetti fragen. Dann brauchen wir nicht lange nach der englischen Entsprechung für Kreisverkehr zu suchen. Korrekt übersetzt lautet der Begriff „Circle-Sex“.

Bei Eigen- bzw. Städtenamen jedoch ist grundsätzlich erhöhte Vorsicht geboten. Davon sollte man besser die (Übersetzungs-)Finger lassen. Allenfalls Oettinger und Co. würden die Kur- und Festspielstadt Baden-Baden “Bath-Bath” nennen, während Eisenach in ihrer Diktion “Ironafter” heißen könnte. Freudenstadt wird für den EU-Funktionär und seinen Mit-Autor zu “Happy Town”, während Duisburg, klarer Fall, “Jet-Castle” heißt. Und einen Steuerhinterzieher nennen sie “Taxbehindpuller”. Noch ein paar Beispiele? “Legfreedom” für Beinfreiheit, “Jokebrake” für Spaßbremse oder “Country Painter” für Landstreicher. Und aus dem Kreisverkehr, im Englischen “Roundabout traffic” oder “Rotary traffic” genannt, wird dann sehr schnell der “Circle-Sex”.

Andererseits haben sich Begriffe wie “Update”, “Motherboard” und “Bluetooth” längst auch bei uns eingebürgert und sind fest im deutschen Wortschatz verankert. Wer auch käme auf die Schnapsidee, stattdessen von Hochdatum, Mutterbrett oder Blauzahn zu reden, genau so wenig wie von einem “Machtpunkt”, wenn “Powerpoint” gemeint ist. Und der Ausdruck “Zwischengesicht” für Interface ist auch kaum gebräuchlich. Andererseits würden auch nur “Wholepoles”, also Vollpfosten, versuchen, Geldtransfer online über den “Bezahlkumpel” statt mit “Paypal” abzuwickeln. Und wer sich beim “Strangewalking“, also beim Fremdgehen, oder beim “Sidejump” (Seitensprung) erwischen lässt, ist selbst dran schuld.

Aufgepumpte Marmelade und verdrehte Gummiarme

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Auch die Sachsen haben die nützlichen Sprach-Tipps von Günther Oettinger und Loddar Matthäus bereits verinnerlicht. Dem Verkäufer von Christbäumen in New York konnte ein Tourist aus Görlitz deshalb unmissverständlich klar machen, was er wollte.

Unabhängig davon, ob sie zur linksfahrenden Fraktion gehören oder eher dem rechten (Kreis-) Verkehr zugetan sind, haben auch unsere angelsächsischen Freunde Redensarten, deren Sinn sich uns Germanen, so sie wörtlich übersetzt würden, kaum erschließt. Da gibt es die Redensart “Pump up the jam”. Warum, who the fuck, sollten wir die Marmelade aufpumpen??? Obwohl die Phrase eigentlich nichts anderes bedeutet, als die (aus der DJ-Szene entlehnte) Aufforderung, die Musik lauter zu stellen bzw. (auf diese Weise) die Tanzfläche zum Beben zu bringen. Und wer uns versichert, wir müssten unseren Gummiarm nicht (ver-)drehen, kann ja wohl nicht alle Pfund-/ wahlweise Dollar-Noten im Senfglas haben. Tatsächlich ist “don’t have to twist my rubber arm” aber nichts anderes als eine Entsprechung für “Du musst Dich zu nix zwingen”. Oder halt: „Tu‘ Dir keinen Zwang an!“  Dass unsere Kinder uns Nüsse gefahren haben, ist selbst am Nikolaustag oder zu Weihnachten eher unwahrscheinlich. “Our children drove us nuts” bedeutet tatsächlich “unsere Kinder haben uns verrückt gemacht”. Und “there is no space left” soll zum Ausdruck bringen,  dass (wo auch immer) kein Platz mehr vorhanden ist und weniger, dass da links kein Weltraum mehr ist.

Aber das ist alles viel zu kompliziert. Konzentrieren und beschränken wir uns also wieder auf das klassische Hochdeutsch, wie wir es in der Schule gelernt haben. Denn: “Mia san doch ned auf da Brennsuppn daher gschwomma”. Oder, wie es der Sachse, der in Amerika einen Weihnachtsbaum kaufen wollte, formulierte: “Ätänschen please!”

 

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