Rotorman's Blog

Zwischen dem „Ehrentag des Hackbratens“
und dem „World Kiffer Day“ die Salami feiern

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Code „420“. Jeweils am 20. April feiern Dope-Jünger in vielen Ländern der Erde den „Welt-Kiffertag“ („International Pot Smoking Day”). Vancouver, Seattle und San Franzisco, die Hauptstädte der Bewegung, verschwinden dann unter einer riesigen Graswolke. Die High-Street ist dann für den Durchgangsverkehr komplett gesperrt.

Von Jürgen Heimann

Nein, ein normales Kalenderjahr reicht ganz einfach nicht aus, um alle Gedenk-, Namens-, Patronats-, Aktions- und Feiertage unter zu bringen. Ob letztere nun weltlich oder kirchlich gestrickt sind, von Einzelinteressen diktiert werden oder dem Allgemeinwohl genügen. Da sind Doppelt-, Drei- und sogar Vierfachbelegungen unvermeidbar. Man verliert zwischen dem „Ehrentag des Hackbratens“ und dem „World Whisky-Day“ schnell mal den Überblick. Und 2017 kommt ja noch ein weiterer Feiertag hinzu. Der Reformationstag ist dann bundesweiter ein solcher – wenn auch einmalig. Weil der Luther-Martin exakt 500 Jahre zuvor am Abend vor Allerheiligen seine Thesen an die Wittenberger Schlosskirche genagelt hatte. Heute hätte er eine Rundmail verschickt oder getwittert.  Diesem Ereignis müssen am 31. Oktober mit einem zünftigen Arbeits- und Schulfrei nun auch all jene Bundesländer Rechnung tragen, die den protestantischen Traumstart von einst bislang schnöde übergangenen hatten. Aber das macht jetzt den Bock auch nicht fett. Neben Weihnachten, dem Neujahrstag, Karfreitag, Ostern, dem 1. Mai, Christi Himmelfahrt, Pfingsten oder dem Tag der Deutschen Einheit warten im Jahresverlauf eine unüberschaubare Zahl an Ereignissen und denkwürdigen Anlässen darauf, von uns gewürdigt zu werden. Das fängt beim „Tag des Radiergummis” am 15. April an und hört mit dem „Tag der Taschenlampe” am 21. Dezember noch lange nicht auf. Und dazwischen feiern wir dann den den „Tag der Teppichfalte” (3. Mai) und den „Ehrentag der Kuh” (14. Juli). Geht’s noch?

Wenn das Quietschentchen die Hosenbeine hoch krempelt

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Am besten, man scheibt sich das auf. Sonst fällt ein bedeutender Aktionstag schon mal unter den Tisch. Was schade wäre. Der „Tag der Vernunft“ wurde inzwischen aber abgeschafft. Die Amerikaner haben ihn nach dem „Super-Tuesday“ ersatzlos gestrichen. Dafür soll es in den USA künftig den „Tag des mexikanischen Zauns“ geben.

So etwas wie den „Muttertag“, den „Valentinstag“, den „Welt-Blutspende-Tag“, den „Welt-Aids-Tag“, den „Welt-Tierschutz-Tag“ oder den „Tag des offenen Denkmals“ lassen wir uns ja durchaus gefallen, weil wir dahinter einen Sinn sehen oder unterstellen, dass allem zumindest ansatzweise ein solcher zugrunde liegt. Auch der „Welt-Tollwut-Tag“ am 28. September, der „Internationale Männertag“ am 19. November oder der „Internationale Tag der Frau in ländlichen Gebieten“ am 15. Oktober gehen noch durch. Beim „Tag des Systemadministrators”, dem „Tag des Handtuches” oder dem „Internationalen T-Shirt-Tag” wird’s schon grenzwertiger. Aber beim „Tag des Pfützenspringens”, dem „Tag des Quietschentchens” oder dem „Tag des hochgekrempelten Hosenbeins” hört der Spaß, um den es eigentlich geht, dann aber auf. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs.

Nicht immer ist ganz klar, was oder wer dahinter steckt. Oft genug werden solche Aktionen auch von wirtschaftlichen, verkaufsfördernden Motiven diktiert, ein anderes Mal stecken Einzelpersonen dahinter, mit denen die Phantasie durchgegangen ist oder die das falsche Kraut geraucht haben. Apropos: Den „Welt-Kiffertag“ („420″), auch „International Pot Smoking Day” genannt, gibt es tatsächlich. Er wird am 20. April gefeiert. Vancouver, Seattle und San Francisco gelten als Hauptstädte der Bewegung und verschwinden an besagtem Tag unter einer riesigen Graswolke. In Folge der Liberalisierung der Rauschmittelgesetzeund der damit einhergehenden eingeschränkten Legalisierung von Dope gilt er inzwischen aber eher als Fest-, denn als Protesttag der Cannabis- und Marihuana-Jünger.

Auch am „Weltwassertag“ kann den Amis keiner das Wasser reichen

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Das Jahr ist entschiedenen zu kurz. Zwischen dem „Internationalen Tag des Toilettenpapiers“ am 26. August und dem „Tag des Vanillepuddings“ am 22. Mai hält jeder Kalendertag ein besonderes Ereignis bereit, das es zu würdigen gilt. Da bleiben Mehrfachbelegungen nicht aus.

Überhaupt sind unsere amerikanischen Freunde, was skurrile und kuriose Aktions- und/oder Gedenktermine angeht, mit Abstand die kreativsten. Da kann den Yankees so schnell niemand das Wasser reichen, auch am „Weltwassertag“ nicht, der jeweils am 22. März ansteht. In den Staaten gibt es beispielsweise den „Tag des frisch gepressten Fruchtsaftes“ (15. Januar), der hier „National Fresh Squeezed Juice Day” genannt wird. Am 26. Januar wird der „Ehrentag der Luftpolsterfolie”, der „Bubble Wrap Appreciation Day“  begangen, am 31. Januar der „Tag des Flaschenschraubverschlusses” (Twist-Off Bottle Cap Day).

Der Februar ist unter anderem mit dem „Ändere-Dein-Passwort-Tag” (1.2.), dem „In-der-Badewanne-lesen-Tag” (9.2.), dem „Gassi-gehen-Tag” (22.2.) und dem „Tag des Hundekuchens” (23.2.) vertreten. Am 3. März gibt es den „Tag des Aufschnitts” (National Cold Cuts Day), der irgendwie mit dem „Salami-Day” am 7. September korreliert.

Dann wäre da noch der „Tag der multiplen Persönlichkeit” (National Multiple Personality Day) und der „Tag des Schluckaufs” (National Hiccup Day). Und in dieser Preisklasse geht es dann unvermindert weiter bis zum Dezember, der u.a. den „Internationalen Tag des Frühstückspecks” (30.12.), die „Nacht der Radieschen” (23.12.), den „Tag des hässlichen Weihnachtspullovers” (National Ugly Christmas Sweater Day) und den „Badewannen-Party-Tag” (Bathtub Party Day) am 5. 12. bereithält.

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Bier, Salami, Stinkefinger.Aber auch die Hängematte und das Toilettenpapier kommen zu ihrem Recht.

Gut, dazwischen wird es auch nicht langweilig. Am 15. April begehen nicht nur die Amikaner den „Alles-ist-Scheiße-Tag”,der bei ihnen „National That Sucks Day” genannt wird. Warum er exakt an diesem Datum und nicht durchgehend übers gesamte Jahr verteilt gefeiert wird, weiß niemand. Am 18. April steht der „Tag der Tierkekse” ins Hundekörbchen, am 29. desselben Monats der „Tag des Reißverschlusses”. Selbiger, der Reißverschluss, hat dann zwischen Mitternacht und 0 Uhr zwingend geschlossen bleiben muss. Für die, die dahinter wohnen, gilt absolute Ausgangssperre.  Der „Tag der Vernunft” am 7. Mai wurde inzwischen ersatzlos abgeschafft, dafür rückte der „Tag des Vanillepuddings” (22. Mai) ein paar Positionen nach vorne. Er bildet einen Kontrapunkt zum „Welt-Diabetes-Tag” am 14. November und ist über einige Ecken mit dem „Tag der Schlagsahne” (National Whipped Cream Day) am 5. Januar, dem „Tag der Zartbitterschokolade” (National Bittersweet Chocolate Day) am 10. Januar, dem „Tag des Marzipans” (National Marzipan Day) am 12. Januar und dem „Tag der Schwarzwälder Kirschtorte” (Black Forest Cake Day) am 28. März verwandt.

Rolle rückwärts am „Tag des Purzelbaumes“

Am 27. Mai feiert die Internationale der Körper-Ertüchtiger den „Welttag des Purzelbaumes”, wobei die Rolle rückwärts inzwischen zu den bevorzugten Übungen gehört. Neben dem „Tag der Zwiebelringe” am 22. Juni gibt es in den Staaten noch den „Brate-Eier-auf-dem-Gehweg-Tag”, der zeitgleich mit dem Independence-Day am 4. Juli zelebriert wird. Der „Tag der Hängematte” (National Hammock Day) am 12. 7. ist aber nicht nur jenseits des großen Teichs zum Relaxen da. Er wird international begangen, ebenso der „Tag des Toilettenpapiers” (International Toilet Paper Day) am 26.8. Damit man nicht ganz tief in der Scheiße sitzt. Was letztendlich soll dabei auch anrüchig sein?

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Wichtig! Schon mal vormerken und nicht vergessen!

Upps, ganz vergessen: Der Tag des (in die Höhe gestreckten) Stinke-, pardon, Mittelfingers am 1. August. Der ist keine Erfindung von Johnny Cash oder Stefan Effenberg. Diese harmlose, oft als beleidigend oder obszön missinterpretierte Geste kannten bereits die alten Griechen. Sie gilt heuer auch schon mal als Straftatbestand nichtsprachlicher Beleidigung nach § 185 StGB.

Am „Tag des Satzzeichens” (24. September) laufen viele Zeitungsredakteure und Nebenerwerbs-Germanisten, nicht nur die aus der Reaktion meines Lokalblattes, im Büßergewand durch die Gegend. Sie sind knatschig, weil man sie von den Feierlichkeiten zum „Tag der deutschen Sprache”, der jeweils am zweiten September-Samstag ansteht, ausgeschlossen hatte. Den „Internationalen Tag der Muttersprache“ am 21. Februar hatten sie total verschwitzt, aber da wäre ja noch der „Tag der Grammatik” am 4. März. Der gilt aber nur in den USA. Den „Tag der Schachtelsätze” am 25. Februar können wir vernachlässigen. Der „Tag des Korrekturlesens”, der in Amerika jeweils am 8. März begangen wird, soll aber nun auch bei uns eingeführt werden, nachdem sich die computergestützte Kontrolle der Zeitungstexte als Schlag ins Wasser entpuppt hat. Und den von der UNESCO ausgerufenen „Weltalphabetisierungstag“ gibt es bereits seit 1966, ohne dass sich seitdem an der Gesamtsituation Entscheidendes verbessert hat. Er steht jeweils am 8. September an. Das ist nicht witzig. Trotzdem gilt der erste Sonntag im Mai global als „Weltlachtag”. Vom Dauerkichern ausgelaugt, feiern die Betroffenen dann am 12. Mai weltweit den „Internationalen Tag des Chronischen Erschöpfungssyndroms”.

Zwischen O-Saft, Bier und Äbbelwoi

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Mai und Juni sind komplett ausgebucht. Aber das gilt auch für die übrigen Monate. Im Laufe des Kalenderjahres findet jeder Topf sein Deckelchen.

Ein ganz wichtiger Feiertag ist der „Deutsche Lebertag” am 20. November. Auch deshalb, weil das Zentralorgan des menschlichen Stoffwechsels im Jahresverlauf durch exzessiven Alkoholzuspruch seiner Wirte oft an die Leistungsgrenzen getrieben wird und auch mal ein paar Streicheleinheiten braucht. Die Brenner und Schluckspechte unter uns, denen sich vermutlich am „Weltwassertag“ (22. März) ebenso Magen und Milz umdrehen wie am „Tag des Orangensaftes“ (4. Mai) oder am „Tag der Limonade“ (20. August), lassen ja keine Gelegenheit ungenutzt, ihren durstigen Neigungen zu entsprechen und diese zu legitimieren. Da bieten sich mannigfaltige Anlässe an: der „Tag des Weintrinkens” am 18. Februar, der „Welt-Whisky-Tag“am 21. April, der „Tag des Deutschen Bieres” am 23. April, der „Tag des Weins” am 25. Mai und, jeweils Anfang November, der “Martinimarkt” im mittelhessischen Herborn. Und wem das noch nicht reicht, kann auch am „Tag des Daiquiri” (19. Juli) Urlaub beantragen, am 4. August, dem „Tag des Champagners”, die Korken knallen lassen oder sich am „World‘s Beer Day” am 5. August die Hucke voll hauen. Hopfen wir das Beste! Ferner stehen der „Tag des Wodka” (4. Oktober), der „Sangria-Tag” (20. Dezember) und, fast vergessen, der „Welt-Apfelweintag” am 3. Juni zur Auswahl. Prost Leute! Am „Bloody-Mary-Tag” am 1. Januar folgt dann die Ernüchterung.

Und wer seine Neigungen, Interessen, Vorlieben und Präferenzen bis zu diesem Punkt noch nicht genügend gewürdigt und berücksichtigt sieht, sollte sich den 26. März ganz dick im Kalender anstreichen. Das ist der „Erfinde-Deinen-eigenen-Feiertag-Tag” (Make Up Your Own Holiday Day) Die Termine am 30. Februar, 31. April, 31. Juni, 31. September und 31. November sind noch frei.

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