Von Jürgen Heimann
Für das i-Tüpfelchen fehlte letztendlich die Tinte, aber auch so dürfen die deutschen Skydiver ein großes Fass aufmachen. Ein handverlesener Kreis von 83 Fallschirmsportlern aus allen Teilen des Landes hat am Himmel über Tschechien eine neue nationale Weltbestleistung im “Sequential”-Formations-Springen (“Large Formation Sequential”) eingefahren. Und zwei Vertreter von “Skydive Westerwald” in Breitscheid waren mit von der erlauchten und rasanten Partie: Uwe Haagen und Eric Postlack.
Bei dieser erst 2013 vom Weltluftsportverband als Wettbewerbsdisziplin anerkannten Kategorie geht es darum, im freien Fall eine möglichst große Formation zu bilden und diese in Folge mehrmals in ihrer Struktur und ihrem Aufbau zu verändern. Das alles bei Vertikaltempo 200.
Die Deutschen Himmelstaucher sind in dieser Klasse seit Anfang an global führend. Im vergangenen Jahr hatten sie, ebenfalls hoch über Klatovy, einem am Fuße des Böhmerwaldes gelegenen Städtchens, ihre eigene, bis dato gültige Weltbestmarke überboten und mit 71 Beteiligten bei vier Wechseln einen neuen Rekord aufgestellt. Der ist inzwischen auch wieder Schnee von gestern. Mit diesmal 83 Springern und vier Figuren konnte diese Marke nach mehreren vergeblichen Anläufen jetzt nochmals getoppt werden. In Folge bei zahlenmäßig gleicher Besetzung noch eine fünfte Figur dranzuhängen, glückte leider nicht. Da fehlten fünf Sekunden Freifallzeit. Dann halt im nächsten Jahr. Gleiche Welle, gleiche Stelle. „Nebenbei“ fand sich aber auch schon mal ein „Big-Way“ bestehend aus 84 oder sogar 86 Beteiligten zusammen. Aber es reichte dabei lediglich zu zwei bzw. drei Formationswechseln. Dennoch eine grandiose Leistung.
Diese Art des Formationsspringens erfordert von den beteiligten Athleten ein Höchstmaß an Erfahrung, Disziplin, Körperbeherrschung, Konzentration und Reaktionsvermögen. Da muss jeder (Hand-)Griff, jede Drehung sitzen. Jede Sekunde zählt. Jeder einzelne Springer muss genau wissen, wem er das Händchen zu reichen, an welcher Position er anzudocken hat. Der kleineste Patzer, eine noch so geringe Unaufmerksamkeit eines Kollegen, und die Sache ist gelaufen, pardon, gefallen… Aber vor allem der “Chefstratege”, bei dem alle Fäden zusammen laufen und der die Choreografie ausgeheckt hat, muss ein ganz ausgeschlafenes Kerlchen sein.
In diesen Sphären – wir reden hier von Absprunghöhen jenseits der 5.000-Meter-Grenze – geht ohne zusätzliche Sauerstoffversorgung nix. Hier ist die Luft schon ziemlich dünn. Deshalb sind die Absetzflugzeuge, die ja über keine Druckkabinen verfügen, zusätzlich mit einer Oxygen-Anlage ausgerüstet. Da können sich die Passagiere ab und an mal einen Wohlfühl-“Schluck” gönnen.
Doch alle Beschreibungen vermögen die ästhetische Rasanz des Geschehens nur bedingt zu vermitteln. Dafür sind die Freifallkameramänner und -frauen zuständig. Was sie an bewegten Bildern einfangen, dient später auch der Jury als Bewertungsgrundlage. Martin Hadas hat die packendsten Augenblicke zwischen Himmel und Erde festgehalten. Der Versuch, eine 86-er Formation mit fünf Figurenwechseln zu fliegen, scheiterte indes nur knapp. Wird dann nächstes Jahr erledigt:
Sequential, 84- 4 FILM from Martin Hadas on Vimeo.