Rotorman's Blog

Dienst an der Waffe: “Unsere” Nimrods
wollen sich das Jagen künftig bezahlen lassen

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Einen am Hut oder einen an der Waffel? Kopfschuss oder Abschussprämie? Die deutschen Jäger und Fallensteller fordern für die Jagd auf invasive Schädlinge und Raubtiere öffentliche Zuschüsse. Schließlich legen sie sich für das Allgemeinwohl auf die Lauer. Foto: Rainer Sturm/Pixelio.de

Von Jürgen Heimann

Das war zu erwarten: Die vor wenigen Tagen von der EU-Kommission  veröffentlichte Liste invasiver Tier- und Pflanzenarten, die die Mitgliedsstaaten künftig auszurotten bzw. exzessiv bekämpfen sollen/müssen, ist Wasser auf die Mühlen der Jägerschaft. Für die Waidmänner- und frauen, die sich mit argen Imageproblemen herumschlagen und deren Akzeptanz in der öffentlichen Meinung rapide sinkt, ist dies ein willkommener Anlass, sich als Retter in der Not zu inszenieren und ihre blutiges Handwerk sogar als sozial und gesellschaftlich nützlich zu verbrämen. Aber damit nicht genug.  Die Pirschgänger wollen nicht nur mehr ballern und fangen, sondern, und das ist kein Witz, sich ihren blutigen Freizeitspaß künftig auch noch gut bezahlen bzw. subventionieren lassen. Nebenbei ist die sogenannte “Unionsliste” für sie auch ein willkommener Anlass, an den neuen Jagdverordnungen, die ihnen beispielsweise in Hessen und Nordrhein-Westfalen die Nägel stutzen, zu rütteln.

Dr. Jürgen Ellenberger, Präsidiumsmitglied des Deutschen Jagdverbandes (DJV), hat jetzt öffentliche Mittel eingefordert, damit er und die Seinen fortan in Wald und Feld noch exzessiver auf Beutezug gehen können. Dies natürlich in erster Linie nur deshalb, um das Gleichgewicht in der Natur zu bewahren.  Das beispielsweise werde vom Waschbären erheblich gestört. Da selbiger dem Jagdrecht unterliegt, seien Jäger (automatisch) auch kompetente Ansprechpartner, wenn es darum geht, ihn zu dezimieren. Denn: „Wenn wir die heimische Artenvielfalt erhalten wollen, gibt es nur zwei Stellschrauben: Lebensräume erhalten und verbessern sowie Fressfeinde reduzieren“.

Die Nimrods möchten diesen Tiere noch stärker als bisher nachstellen. Im Jagdjahr 2014/15 waren ihnen bundesweit 24.509 dieser maskierten Klein-Petze, deren Bestand auf 500. 000 geschätzt wird, zum Opfer gefallen. Viel zu wenig, wie Ellenberger meint. Deshalb müsste es diesem lästigen Räuber noch vehementer an Pelz und Kragen gehen.

Abschussprämien, Kilometergeld und Rabatte

Allerdings können das die Jagenden nicht zum Nulltarif tun. Ihn entstehen schließlich erhebliche Kosten bei ihrem hehren, aufopferungsvollen Engagement. Der Dienst an der Waffe müsse entlohnt werden. Der DJV-Präsidiale bringt in diesem Zusammenhang Zuschüsse für den Kauf von Fallen und elektronischen Fallenmeldern ins Gespräch. Auch ein Fahrt- bzw. Kilometergeld müsste drin sein. Vielleicht ja sogar noch eine Abschussprämie pro Tier.  Oder wie wär’s mit Rabatten bei der Jagdpacht?

Haar- und pelzsträubende Behauptungen

Sumpfschildkröte

Das für die verbliebenen Europäischen Sumpfschildkröten reservierte Biotop in Brandenburg ist hermetisch abgeriegelt und durch einen Elektrozaun gesichert. Trotzdem soll der Waschbär hier reiche Beute machen. Irgendwie gelingt es ihm, über die Barriere hinwegzufliegen. Foto: Privat

Die umstrittene Invasiv-Kladde der EU liefert den Grünröcken endlich die Legitimation für eine ungezügelte Jagd auf den waschigen Prädator und andere unliebsame Spezies. Bislang gelang es ihnen nur mittels erheblicher argumentativer Klimmzüge, den Hass auf diese Tiere zu rechtfertigen. Gern wurde und wird immer wieder angeführt, die gefräßigen “Racoons” wären dabei, die Europäische Sumpfschildröte auszumerzen. Von den kleinen gepanzerten Reptilien, der einzigen ihrer Art in Deutschland, gibt es bundesweit gerade mal noch 100 Exemplare, und das auch nur in Brandenburg. Früher waren es deutlich mehr, bis die Tiere als leckere Fastenspeise in Mode kamen. Aber es sind nicht die menschlichen und tierischen Fressfeinde,  die ihnen das Leben schwer machen. Diese Schildkröten sind vor allem durch die Folgen menschlicher Eingriffe in ihrem Lebensraum bedroht. Dazu gehören die Trockenlegung von Sümpfen und Feuchtgebieten, Gewässerkorrekturen, die Zersiedelung der Landschaft und die Zerstörung der Eiablageplätze. Das alles kann man nun nicht den “Schupps” in die Tatzen schieben. Ebenso haar- und pelzsträubend ist es zu behaupten, die Bonsai-Bären würden, indem sie Nester requirierten, auch den Uhus in Thüringen und sogar Fischadlern massiv zusetzen.

Dann lieber die Sendung mit der Maus

Und da wären dann noch die immensen Schäden, die diese frechen Tatzenträger mit dem schwarz-weiß geringelten Schwanz nicht nur in der Natur, sondern auch in bebauter Ortslage an und in Wohngebäuden anrichten. Wobei jede umgeworfene und durchwühlte Mülltonne als GAU dramatisiert wird. Wie sich die gebeutelten Hausbesitzer gegen die lästigen Plagegeister schützen und wehren können, verraten uns die selbst ernannten Experten in einem aufwändig produzierten, sowohl didaktisch als auch pädagogisch ausgereiften und höchsten Ansprüchen genügenden Lehrvideo. Gut, es ist ein ziemlich uninspirierter Trickfilm. Für authentische  Aufnahmen hat es wohl nicht gereicht. Aber Hauptsache, wir haben das Problem mal thematisiert. Trotzdem nix für ungut: Die Sendung mit der Maus war da doch schon einen Tick niveauvoller. Das Oscar verdächtige Machwerk des DJV ist auf Youtube zu bewundern. Film ab:

Als Nahrungslieferant für den Menschen hingegen ist der Waschbär allerdings nur bedingt tauglich. Der schräge Versuch, ihn als schmackhaften Bratenlieferant zu präsentieren, scheiterte ob mangelnder Akzeptanz kläglich. Da wollte kein Feinschmecker so richtig an-, zu- und reinbeißen. Und die Felle will auch keiner haben. Da wurde guter Rat teuer. Wie könnte man die Massentötung sonst noch rechtfertigen? Und heißt es nicht gleich in der Einleitung des Tierschutzgesetzes, dass niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund  Schmerzen, Schaden oder Leiden zufügen darf? Aber dafür  haben wir ja die EU-Kommission.

Steilvorlage für die Jäger aus Brüssel

Waschbären dürfen beispielsweise in Hessen neuerdings nur zwischen dem 1. August und dem 28. Februar bejagt werden. Deren Nachwuchs bleibt erst mal außen vor. Aber gerade die “Entnahme von Jungtieren”, wie es im Jäger-Duktus euphemistisch heißt, sei für das “Eindämmen” einer Art entscheidend, wie Ellenberger argumentiert. Deshalb gehörten die Jagdverordnungen in Hessen und NRW auf den Prüfstand und revidiert, verlangt er. Auch weil sie die Bemühungen der EU konterkarieren würden. Die liefert zugleich auch eine treffliche Steilvorlage für einen Rundumschlag an die Adresse großer Naturschutzorganisationen wie BUND, NABU, die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) sowie vergleichbare Zusammenrottungen realitätsfremder Gutmenschen. Das von diesen propagierte und praktizierte Schutzgebietssystem sowie das Konzept des Artenschutzes in Deutschland gehörten dringend und generell auf den Prüfstand.  Ah ja!

Aus der Kommissionsliste leiten die Jäger einen klaren Auftrag für sich selbst ab. Daraus folgert für Ellenberger: “Öffentliche Aufträge bedürfen öffentlicher Mittel”.  Da tun sich für ihn und Konsorten ganz neue Geldquellen auf. In den Zielfernrohren blinken die Euro-Zeichen.

Fallenjagd schonend und tierschutzgerecht?

Xena

So ein Pech aber auch: Ist dieser Waschbär doch tatsächlich in eine „tierschutzgerechte“ Schlagfalle getappt! Die kleine „Xena“ konnte sich zwar befreien, büßte dabei aber ihre Nase und ihre Oberlippe ein. Statt fester Nahrung kann das gepeinigte Geschöpf nur noch Brei zu sich nehmen. Solche Bilder könnten, geht es nach dem Willen der Jäger, künftig in Wald und Feld Alltag sein. Sind sie bereits. Foto: Privat

Waschbären zu schießen ist für die Hubertus-Jünger aber auch ein mühseliges Geschäft. Weil die Burschen –  wir reden von den Bären, nicht den Jägern –  ziemlich clever und zudem nachtaktiv sind. Deshalb setzt die Nimrodschaft auch auf die Fallenjagd als saubere und tierschutzgerechte Methode, den Biestern beizukommen. Wie grausam  diese aber tatsächlich ist, beweist das Beispiel von “Xena” aus Wandlitz in Brandenburg. Das junge Bärenmädel ist, welch Pech aber auch, mit seiner Nase in eine Schlagfalle geraten, hat sich aber irgendwie daraus befreien können. Bei dieser von purem Überlebensinstinkt diktierten Aktion büßte die gepeinigte Kreatur Nase und Oberlippe ein.  Dank der Bemühungen einer engagierten Tierärztin hat das gemarterte Wesen überlebt, kann aber keine feste Nahrung mehr zu sich nehmen, nur Brei.  So viel zur schonenden Fallenhatz. Ein Tierfreund aus Mittelhessen hat die Patenschaft über das Opfer übernommen. Eine Spendenaktion soll nun die weitere Betreuung und die Finanzierung einer gegebenenfalls notwendigen Operation des Tieres sicherstellen.

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