Der olle Platon hat es bereits vor 2400 Jahren sinngemäß so auf den Punkt gebracht: Kluge Leute reden, weil sie etwas zu sagen haben, Dumme sagen etwas, weil sie reden müssen. Daraus folgt: Wenn jeder nur dann die Klappe aufmachen würde, wenn er tatsächlich auch etwas (Wichtiges oder Substantielles) von sich zu geben hätte, die Stille wäre unheimlich. Ergo: „Narratio argentea, Silentium vero aureum est“. So jedenfalls würde es der mehrsprachig aufgewachsene, scheinschwangere serbokroatische Hochgebirgs-Halbonkel, der mit dem Migrationshintergrund und den behinderten Zierfischen, formulieren. „Reden ist Silber, Schweigen macht auch nix….“. ( Aber Latein braucht ja heute kein Mensch mehr wirklich. Es sei denn, er will Botaniker, Mediziner oder Dummschwätzer werden). Wenn meine Frau sagt: „Wir müssen mal reden!“ ist das allerdings wieder etwas ganz anderes . Da wäre mir, ehrlich gesagt, heute Abend ein Gespräch mit mir selbst unter zwei Augen und einem Bier auch lieber.
Zähe Minuten auf blutenden Füßen
„Reden halten“ ist wiederum eine ganz andere Baustelle auf dem großen Feld der Kommunikation. Nicht alle sind auch dazu berufen, tun es aber trotzdem, vielleicht weil sie es müssen. Der Pfarrer auf der Kanzel beispielsweise, oder der arme Tropf, dem sie die Festansprache zum 25-jährigen Jubiläum der dem Landfrauenverein „Stangenbohnen“ e.V. angeschlossenen Trachten- und Dirndelgruppe „Sepplträume“ aufs Auge gedrückt haben. Da kriechen die zähen Minuten auf blutigen Füßen über den staubigen Boden der Zeit. Der (un-)geduldige Zuhörer durchtrennt, wie der Prediger/Redner bereits vor ihm, angesichts der inhaltslosen Sinnfreiheit des Dargelegten schon nach kurzer Zeit den roten Pfaden und beginnt aus lauter Verzweiflung die Pfeifen der Kirchenorgel zu zählen, oder die Schuppen auf dem Hemdkragen des Vordermanns, die er dann durch die Quersumme der im festlich geschmückten Dorfgemeinschaftshaus anwesenden Zahnspangen- und Toupetträger teilt, um daraus die Zahlen für das kommende Mittwochs-Lotto zu generieren. So kann man es durchstehen und mit etwas Glück aus dem intellektuellen Minus ein multipliziertes finanzielles Plus machen. Schließlich wartet wieder ein prallgefüllter Jackpot. Das ist Denglish und bedeutet, dass sich im Topf des Pot rauchenden Jacks ziemlich viel Kohle befindet, und zwar als gesammelter, kumulierter Spielgewinn. Aber wir schweifen vom Thema zu.
Neulich gab’s in unserem aufstrebenden, der globalen Dienstleistung verpflichteten Unternehmen wieder einen „Würgshop“, diesmal zum Thema „Die Projektion des phonetischen Aquivalenzprinzips auf der Achse der Kombination“ Das klang schon auf der Einladung irre aufregend. Ich habe allerdings in Folge nicht alles verstanden, zumal ich nur Ersatzdelegierter war, aber es war eine Erfahrung von denkwürdiger Nachhaltigkeit. „Würgshop“(Neudeutsch: Workshop) ist auch wieder Denglish und bedeutet sinngemäß übersetzt soviel wie Zubehörhandel für kotzüble, sich übergebende Theoretiker und erbrechende Praktiker. Das Einführungsreferat hielt der Vertreter einer renommierten Unternehmensberatung, ein anerkannter Experte für angewandte Abstraktion und kohärente Fraktalarithmetik. Unternehmensberater sind ja Leute, die einem gegen ein horrendes Gefälligkeitshonorar auf der eigenen Uhr sagen, wie spät es ist .
Felsenfeste Ungewissheit
Er sei nicht, oder doch nur mit Einschränkung der felsenfesten Ungewissheit, dass man unter Berücksichtigung des Ganzen besonders jenen damit nicht, wenig, kaum oder gänzlich korrelierenden Aspekten zu viel Aufmerksamkeit abwäge, brachte es der Referent, ein Dr. Soundso, gleich zu Beginn unmissverständlich auf den Punkt. Das saß! Konfrontiert mit der Wucht dieser Erkenntnis konnten die Zustimmung signalisierenden Teilnehmer eine eventuelle Bejaung nicht verneinen. Jedes Pro und Kontra hat schließlich sein Für und Wider. Und da die Realität oft noch viel Schlimmer als die Wirklichkeit ist, legte der Redner, kulturell und spirituell eher ein Kellerkind, das durch den Pullover gestillt worden ist, nach: Wer überhaupt würde denn bitteschön sollen, wenn er könnte ohne zu müssen? Es sei denn, er dürfe, ohne dass er es wolle, um dann doch nicht zu können, was er möge. Dann nämlich sähe die Situation unter Umständen wieder ganz anders oder zumindest ähnlich wenn nicht gar genauso aus. Es ginge schließlich nicht an, dass alle, niemand, keiner oder ausschließlich jeder dürfe, wenn er nicht zumindest würde. Andererseits: Man wisse zwar nicht, wohin man wolle, dafür sei man aber früher da!
Niemand schaut nach wo wir bleiben
Ein klein wenig erinnert diese Argumentationskette an die Thesen des Erkenntnistheoretikers Jochen Malmsheimer, der es in seinem philosophischen Frühwerk „Ich und die Waldfee“ so formuliert hatte: Wo kämen wir hin, wenn alle sagen würden, wo kämen wir hin und keiner ginge, um einmal nachzuschauen, wohin man käme, wenn wir gingen? Daraus wiederum ergibt sich zwangsläufig die Frage, wo wir hingingen, wenn jemand käme, um nachzuschauen, wo wir geblieben sind, weil wird doch kommen wollten?
Quadratur eines ovalen Rechtecks
Und genau darum ginge es, sagte Dr. Soundso: Es gebe schließlich keinen Grund, eine gute Theorie aufzugeben, nur weil sie nicht stimme. Dies lenke den Blick vom Wesentlichen hin und trübe ihn zumindest sichtbar hell, was im übrigen einer Quadratur des ovalen Rechtecks gleichkäme. Ob wir denn wenigstens wenn keiner so richtig vielleicht? Gegebenenfalls aber niemals oder immer grundsätzlich mit Einschränkungen. Recht hatte er! Es gilt das gesprochene Wort!