Rotorman's Blog

Rote Karte für die Erdoğanis: Klare
Kante statt Kuscheln mit dem Diktator

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Protest gegen Nazi-Willkür auf deutschem Boden: “Freilaufende Hühner demonstrieren bei uns für die Käfighaltung in der Türkei“. Fotos: Screenshot

Von Jürgen Heimann

Da verspotten wir unsere Nachbarn schon mal gerne als Goudas, Tulpen-Heinis und Wohngespann-Invasoren. Aber dabei sind die Oranjes die einzigen, die den sich immer dreister und unverschämter gebärdenden türkischen Erdoğanis zeigen, wo der Hammer hängt. Landeverbot für den Außenminister, erzwungener Boxen-Stopp für die Familien- und Sozialministerin. So reagiert ein souveräner demokratischer Staat, und sei er, siehe Holland, noch so klein, auf Provokationen, Anfeindungen und Drohungen einer faschistischen Oligarchen-Clique. Und vor allem auf deren Versuch, in einer freiheitlich strukturierten Gesellschaft den Boden für die endgültige Abschaffung von Menschenrechten und Demokratie daheim am Bosporus zu bereiten. Um nebenbei die eigenen, in der Nazi-Fremde darbenden und unterdrückten Landsleute gegeneinander aufzuhetzen.

Wer sich von denen dem Versuch, den Gewaltherrscher aus Ankara mit noch weitreichenderen Vollmachten auszustatten, widersetzt oder diesem kritisch gegenüber steht, ist nach gängigem Sprachgebrauch gleich ein Terrorist. Zu Hause sowieso. Wer mit “Nein” stimme, werde wie ein PKK-Terrorist behandelt, hat der Oberstaatsanwalt von Antalya bereits angekündigt. Bei uns in Deutschland sorgt ein flächendeckend operierendes, vom türkischen Geheimdienst und dem von der türkischen Religionsbehörde Diyanet kontrollierten türkisch-islamischen Dachverband  DİTİB bezahltes Spitzel- und Denunzianten-Heer zwischen Kiel, Konstanz, Aachen und Bitterfeld dafür, dass die Namen hiesiger Abweichler auch daheim bekannt werden. Die Angehörigen der Volksverräter bekommen das zu spüren und müssen es ausbaden.  

Da tut es gut, wenn, wie es der liberale niederländische Regierungschef Mark Rutte getan hat, jetzt mal jemand eine rote Linie auf den Rotterdamer Straßenasphalt malt. Bis hierhin und nicht weiter!!!! Und das hat nix, wie es ein vom Geist vorauseilender bilateraler Schadensbegrenzung beflügelter Spiegel-Kommentator unterstellt, mit den anstehenden Wahlen dort zu tun. Oder vielleicht doch ein klein wenig. Denn schon versuchen andere Honig aus dem Vorfall zu saugen, beispielsweise der rechtspopulistische Scharfmacher Geert Wilders. Das ist der mit der Mozart-Frisur. Der Mann fordert mal eben, man solle die Demonstranten, die gegen das Auftrittsverbot der daheim natürlich voll emanzipierten  Ministerin protestiert und demonstriert hätten, aus dem Land schmeißen und gleich alle diplomatischen Beziehungen zur Türkei abbrechen. Das kommt an, kalkuliert er.

Schmusekurs nutzt nur rechten Rattenfängern

Minister

Wenn ein aufgeputschter Mob den Hasspredigern der türkischen Regierungs-Junta zujubelt, erinnert das fatal an die Volksaufmärsche der NSDAP im Tausendjährigen Reich. Man müsste Halbmond und Stern nur gegen das Hakenkreuz austauschen und die Täuschung wäre perfekt. Fotos: Screenshot

Da müssen auch wir im Michel-Country aufpassen. Bei uns wird im September ein neuer Bundestag gewählt. Im Saarland entscheiden die Wähler am 26. März, in Schleswig-Holstein am 7. Mai und im bevölkerungsreichen Nordrhein-Westfalen am 14. Mai über die Zusammensetzung der neuen Landtage. Und in dem gleichen Maße, wie die Bundesregierung  ihren Schmusekurs gegenüber Erdoğan fortsetzt und sich alles, aber auch alles von diesem unberechenbaren diktatorischen Egomanen gefallen lässt, steigen hierzulande die Chancen der radikalen Rattenfänger vom rechten Rand. Und das kann doch kein überzeugter Demokrat ernsthaft wollen. Insofern müsste man auch in Berlin langsam mal etwas mehr Flagge zeigen, damit das Heulen und Zähneklappern am Ende der Urnengänge nicht allzu groß wird. Aber das setzt Eier in der Hose voraus. Und über solche verfügen unseren Staatslenker nun mal leider nicht. Angela, biologisch bedingt, sowieso nicht. Sie habe auch nicht die Absicht, sich am Wettlauf der Provokationen zu beteiligen, ließ die Kanzlerin ausrichten. Dies nachdem der Schnäuzige noch mal nachgetreten hatte: “Verehrte Merkel, du unterstützt Terroristen”. Dass die beiden mal zusammen im Sandkasten gespielt haben, was dieses vertrauliche “Du” rechtfertigen könnte, wusste ich auch noch nicht. Es geht doch nix über eine gute Kinderstube.

Auftrittsverbote im Saarland

Zumindest die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer hat inwischen reagiert. Sie darf sich Umfragen zufolge eines Sieges bei der bevorstehenden Wahl nicht mehr so sicher sein. Vieleicht auch deshalb hat die CDU-Politikerin vorsorglich angekündigt,  keine Auftritte türkischer Politiker in ihrem Reich dulden zu wollen, da diese “den inneren Frieden in unserem Land gefährden”. Obwohl sich die Aufwiegler hier ja garnicht zu Wort melden möchten, sondern sich stattdessen auf Nordrhein-Westfalen, Berlin, Stuttgart, Hamburg und München konzentrieren. In einem natürlich nicht repräsentativen “Meinungs-Kompass” von SPIEGEL-online haben sich bis dato über 75 Prozent der Teilnehmer dafür ausgesprochen, dass Deutschland den Hetzern von Erdoğans Gnaden keine Plattform bieten dürfe.

Es reicht: Die Schmerzgrenze ist überschritten

Irgendwann ist aber Schluss mit lustig, ist die Schmerzgrenze überschritten. Döner-Putin und seine Vasallen haben die Geduld und Nachsicht ihrer westlichen „Partner“ schon viel zu lange überstrapaziert. Die EU und somit  auch der deutsche Steuerzahler werfen dem Gewaltherrscher vom Bosporus Milliarden Euros in den gierigen Schlund, unter anderem  auch „für den Ausbau des Rechtsstaats und die Sicherung der Menschenrechte” dort. Das ist ein einziger großer Witz! Und sie müssen sich dann dafür noch als Nazis, Türken-, Ausländer- und Islamfeinde beschimpfen lassen. Umgekehrt wird ein Schuh draus. Würde sich „Erdi“, der durch und durch korrupte und verblendete  Despot, seinen Schnäuzer an den  Seiten etwas stutzen und dunkel färben, er sähe auch äußerlich aus wie der unselige Adolf. Von seinem Gehabe her ähnelt der durchgeknallte Bursche an der geografischen Schnittstelle zwischen Orient und Okzident dem Braunauer  ja schon auf frappierende Weise. Und das ist ja auch auf den Wahlplakten der Widersacher zu sehen. Erdoğans islamistisch-konservative AKP hat mit der NSDAP mehr als nur den ersten und letzten Buchstaben ihres Kürzels gemein. Sie zählt heute über neun Millionen Mitglieder, die deutsche Nazipartei brachte es 1945 auf acht Millionen Parteibuchinhaber.

Wie war das gleich mit dem Ermächtigungsgesetz von 1933?

Dieses aktuelle Volksreferendum läuft in seiner finalen Konsequenz auf das deutsche Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 hinaus. Damals hieß es „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“. Dadurch ging die gesetzgebende Gewalt nahezu vollständig  auf den „Führer“ über, der in Folge schalten und walten konnte wie er wollte. Was daraus erwuchs, lehrte die Geschichte. Und die scheint sich in diesen Tagen zu wiederholen.  Zufall?  Ach ja, es dauerte dann aber noch fünfeinhalb Jahre bis zur Reichskristallnacht. Die den offiziellen Startpunkt für den Genozid an den Juden setzte. In der Türkei könnte das schneller gehen, wobei die „Zielgruppe“ hier natürlich eine andere ist. Kurden, Christen, Minderheiten. Damals  sorgte der „Stürmer“ im braunen deutschen Sumpfland  für eine journalistisch-objektive Begleitung der Ereignisse. Heute übernehmen Zeitungen  wie Sabah, Akşam und Anayurt diese Aufgabe.

Vergleich

Wie sich die Bilder doch gleichen. Obwohl 80 Jahre dazwischen liegen.

Beim Völkermord an den Armeniern haben Erdoğans Vorgänger 1915 und1916 ja schon mal entsprechend üben können, unter anderem in den Konzentrationslagern der Stadt Raʾs al-ʿAin an der heutigen türkisch-syrischen Grenze. Ihre Erben sind also nicht ganz unvorbereitet, zumal sie ihre Methoden bei der Verfolgung der teuflischen Kurden, die nicht nur daheim, sondern auch bei uns stattfindet, inzwischen verfeinert und perfektioniert haben. Nebenbei bemerkt: Das Wort „Christ“ gilt bei den nationalistisch angehauchten Turkmans heute wieder bzw. immer noch als übles Schimpfwort.

Die Bilder von Gewaltexzessen und Übergriffen durch SA und SS gegen jüdische Mitbürger vor und während der Reichspogromnacht  sowie den unsäglichen Jahren danach ähneln in fataler Weise jenen vom Juli vergangenen Jahres aus Ankara, Istanbul und anderen türkischen Orten. Ein völlig entfesselter Mob durfte sich, geduldet, angestachelt und unterstützt von den „Sicherheitskräften“ an den Putschisten schadlos halten, den tatsächlichen wie den vermeintlichen.  Wir haben die schockierenden TV-Szenen noch vor Augen. Müssen uns freilich auch an die eigene Nase packen.  Die ambitionierten, stets gut frisierten und bestiefelten deutschen Herrenmenschen der heutigen Generation liefern auf offener Straße ja ähnliche Schauspiele, ob nun in Eisleben, Kreuzberg, Haltern  oder Halberstadt. Während der überwiegende Teil der Deutschen und ihr Staat zum großen Leidwesen eines Björn Höcke das den Juden zugefügte und nie wieder gut zu machende Unrecht eingestehen und zerknirscht bedauern , ist die Leugnung des Armenier-Holocaust in der Türkei in Stein gemeiselt.

Zwischen Deniz Yücel und Jan Böhmermann

Böhmermann-Yücel

Böhmermann-Yücel:
Der Satiriker Jan Böhmermann (rechts) hatte sich mit seinem Schmähgedicht den Unmut des großen Sultans vom Bosporus zugezogen, konnte den Streit aber in relativer Sicherheit aussitzen. Das gilt nicht für den Welt-Korrespondenten Deniz Yücel. Der Journalist verschwand als politische Geisel in einem türkischen Kerker. Die Türkei gehört zu den Ländern mit den meisten inhaftierten Journalisten weltweit. Fotos: Screenshot/ blu-news.org/ CC BY-SA 2.0.

In der Rückschau erscheint der Satiriker Jan Böhmermann deshalb auch wie ein Visionär mit prophetischen Gaben. Aber auch er musste nach Veröffentlichung/Ausstrahlung seines Schmähgedichtes über Erdogan die Erfahrung machen, dass er/man, kommt es hart auf hart, nicht auf die Rückendeckung einer rückgratlosen Bundesadministration zählen kann. Angela und Co. ließen den Grimme-Preisträger, als ihn der autokratische Herrscher aus Ankara mit Klagen überzog, im Regen stehen. Doch die Staatsanwaltschaft Mainz stellte dann die Ermittlungen wegen des Verdachts der Beleidigung von Organen oder Vertretern ausländischer Staaten ein. Zu diesem Zeitpunkt war der inkriminierte in der Sendung “Neo Magazin Royale” ausgestrahlte Beitrag in vorauseilendem Gehorsam längst in der Mediathek des ZDF gelöscht worden. Aus gegebenem Anlass sei hier noch einmal daran erinnert:

Böhmermann konnte den Streit auf sicherem  deutschen Terrain aussitzen, der Welt-Korrespondent Deniz Yücel kann das nicht. Der Journalist mit deutschem Pass verschwand mal eben schnell in einem türkischen Kerker. Aber auch ihm gibt die Gewissheit, dass eine engagierte Bundesregierung unermüdlich für seine Freilassung kämpft, sicherlich Kraft und Zuversicht. Ich wage nicht mir vorzustellen, was die Schergen im Silivri-Knast unterdessen mit ihm anstellen.

Hakenkreuz, Halbmond und Stern

Dieser Satz, den ich als Kommentar auf der Facebook-Seite meines Kollegen Hans-Udo Sattler gelesen habe, trifft es genau: „Diejenigen, die jetzt am lautesten Nazis schreien, kommen dem Dritten Reich am nächsten. Wenn man sich die Volksversammlungen damals bei Hitler ansieht, da muss man nur das Hakenkreuz gegen den Halbmond und Stern austauschen“ – und dann sieht es so aus wie heute bei den Propaganda-Exzessen türkischer Minister auf deutschem Boden. Bei dem aufgepeitschten, fanatisierten Mob der Claqueure handelt es sich natürlich um die Guten, Rechtschaffenden. Die Bösen und Abtrünnigen wollen sich nicht vor diesen schlingernden Karren spannen lassen und bleiben sicherheitshalber zu Hause. Andererseits würde unsere Merkeline nie auf den Gedanken kommen, deutschen Urlaubern in Fethyje, Kappadokien oder in Bodrum das CDU-Wahlprogramm schmackhaft machen zu wollen. Ganz davon abgesehen, dass es ein solches, das diesen Namen verdient, gar nicht gibt. Und wenn sie, die Volkskanzlerin, mit dem ihr eigenen Esprit und Temperament es trotzdem täte, würden nicht nur die Strandmuscheln ins Wachkoma fallen. Immerhin könnten dann ein paar sonst zur Untätigkeit verdammte Eis- und  Wasserverkäufer aus Höflichkeit klatschen. Aber das wäre für sie auch wieder ziemlich gefährlich. Noch nicht einmal dieser unsägliche Trump-el, dem ja sonst wirklich alles zuzutrauen ist, war auf die Idee gekommen, im US-Präsidentschaftswahlkampf in der europäischen Ami-Community auf Stimmenfang zu gehen.

Freilaufende Hühner demonstrieren für Käfighaltung

Antidemo-Köln

So beliebt, wie er das gerne hätte, ist der türkische Machthaber auch unter seinen in Deutschland lebenden Landsleuten nicht. Aber die müssen aufpassen, was sie sagen. Ein flächendeckend operierendes Spitzel- und Denunzianten-Heer meldet Abweichler umgehend nach Ankara. Die Familien der Kritiker haben das dann auszubaden. Foto: Screenshot

In diesem Zusammenhang sei der Kabarettist Ralf Miller zitiert. Der fand für die hiesige, ihren Unterdrückern zujubelnde Türken-Gemeinde, wie sie in Köln, Hamburg und anderswo zu energetischer Höchstform auflief, folgenden treffenden Vergleich: Das sei so, als würden “freilaufende Hühner hier bei uns für Käfighaltung in der Türkei demonstrieren”. Besser kann man es nicht formulieren. Wenn die Wutz ihrem Metzger noch das Messer schärft, läuft das in etwa aufs Gleiche hinaus. Der Kebab-Imperator  braucht die Stimmen seiner im europäischen „Exil“ lebenden Volksgenossen, um den für den 16. April anberaumten Volksentscheid über ein neues, einzig und ausschließlich auf ihn selbst zugeschnittenes Präsidialsystem zu überstehen. Dann wird auch die Todesstrafe gleich wieder mit eingeführt. In Deutschland leben knapp 3,5 Millionen Türken. Etwa 1,4 Millionen davon sind am 16. April wahlberechtigt. Damit wäre Germany nach den türkischen Großstädten Istanbul, Ankara und Izmir der viertgrößte türkische Wahlbezirk.

Im Falle einer Zustimmung steigt Erdoğan zum mächtigsten Mann und damit quasi Alleinherrscher des maroden Halbmond-Staates auf, als der er sich ja schon heute aufführt. Aus seinem Munde hört es sich dann aber so an: Das System einer Präsidialregierung ist nicht für meine Person und schon gar nicht permanent für meine Person gedacht. Mit Gottes Hilfe wird es in der Türkei immer Tayyip Erdoğans geben.“ Genau das möge Gott verhindern! Oder wegen mir auch Allah. Andererseits verwundert es kaum, dass der Racep sich, wie bei seinem jüngsten Besuch im Kreml bewiesen,  wieder so gut mit dem Waldimir versteht. Beider Lebensentwürfe gründen auf den gleichen humanistischen Idealen und Wertvorstellungen.

Ein Serien-Pyromane als Stadtbrandinspektor

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Eine gewisse Ähnlichkeit lässt sich nicht verleugnen. Foto: The Rights Scoop/News.at

Daheim im vorderasiatischen Anatolien und im südosteuropäischen Ostthrakien ist trotz aller Repressalien, Säuberungen und Einschüchterungen eines allgegenwärtigen Unterdrückungs-Apparates noch nicht ausgemacht, ob ihm der von langer Hand geplante Staatsstreich tatsächlich gelingt. Deshalb braucht der Despot zwingend die Unterstützung seiner außerhalb der Türkei lebenden Untertanen. Und er glaubt das Recht zu haben, dort um sie buhlen zu können, wo, wie und wann immer es ihm passt. Beruft sich sogar dreist auf die bei uns verfassungsrechtlich garantierte Rede- und Versammlungsfreiheit. Worte, die er und seine Schergen daheim in ihrer Landessprache noch nicht einmal fehlerfrei buchstabieren können. Da könnte man auch gleich einen Serien-Pyromanen als Stadtbrandinspektor inthronisieren. Wer in der Türkei kühn genug ist, diese Grundrechte für sich in Anspruch nehmen zu wollen, dem geht es wie dem toten Spanner: Er ist ganz schnell weg vom Fenster, plötzlich, aber nicht unerwartet. Oder er befindet sich hinter einem, das vergittert ist. Wenn es nicht noch viel schlimmer für ihn kommt.

Tapferer Sigi auf heikler Frühstücks-Mission

Aber nicht nur  Türken, die seit vielen Jahrzehnten bei uns in Deutschland leben, werden mit Gestapo-Methoden auf Linie gebracht. Dass kritische deutsche Journalisten, Künstler und auch (Kommunal-)Politiker bedroht werden, um sie mundtot zu machen, ist Alltag. Und was unternimmt unsere Bundesregierung dagegen? Nix. Die eiert und hangelt sich mit schwammigem Diplomaten-Gewäsch durch die sich immer weiter zuspitzende Krise. Da wird gebetsmühlenhaft die alte Freundschaft zwischen Osmanen und Deutschen beschworen, ist von Deeskalation die Rede, von Verständigung und Dialog, der nicht abreißen dürfe. Das ist in etwa so, als wollte man versuchen, einen tollwütigen, Amok laufenden Grizzly durch Handauflegen und Verabreichen eines Schokoriegels zu besänftigen. Der dicke Sigi, unser Außenminister, zwängte sich vergangenen Mittwoch wie ein Bittsteller durch einen Seiteneingang des Berliner Adlon, um sich dort mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Çavuşoğlu zum Kotau-Frühstück zu treffen, statt diesen einzubestellen und ob seiner Nazi-Vergleiche den fast haarlosen Kopf zu waschen.

Keine Eier: Vom „lieben Mevlüt“ über den Tisch gezogen

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Es sind nicht nur kritische Türken oder Kurden, die in Deutschland und andernorts gegen den brutalen und autoritären Machthaber mobil machen. In vielen Städten Deutschlands kommt es immer wieder zu Anti- Erdoğan-Demonstration. In Köln (rechts) , aber auch in Leipzig (links). Was wiederum beweist: Die können dort nicht nur PEGIDA. Foto: Screenshot

Der frühere Pop(p)-Beauftragte der SPD, zu dem Gabriel ernannt worden war, nachdem ihn die ihm untreuen Niedersachsen 2003 als Ministerpräsident in die Wüste geschickt hatten, ließ sich nach allen Regeln der Kunst über den Tisch ziehen – und belügen. Zumindest hinsichtlich der weiteren Reisepläne des Türken-AA. Er habe nicht vor, in den Niederlanden aufzutreten, hatte der „liebe Mevlüt“ seinem geschätzten Freund beim Abschied treuherzig versichert. Da war Sigi richtig beruhigt und nahm bei dieser Gelegenheit auch gleich eine Liste mit 30 weiteren geplanten Wahlkampfauftritten türkischer Regierungsrepräsentanten entgegen. Aber damit der Katzbuckelei und des Schwanzeinklemmens noch nicht genug. Der deutsche Chef-Diplomat soll seinem Gesprächspartner bei dieser Gelegenheit auch Vorschläge unterbreitet haben, wo dessen Boss, der Leibhaftige, in Deutschland auftreten könne. Çavuşoğlu versprach gönnerhaft, die Anregungen seinem Guru, Herrn und Meister zwecks wohlwollender Prüfung zur Kenntnis bringen zu wollen.

„Gabi“ musste selbst bezahlen

„Gabi“  beließ es bei diesem obskuren Treffen bei dem schwächlichen Verbal-Protest, man möge die Deutschen doch bitteschön künftig nicht mehr Nazis nennen. Das sei nicht fein und tue einem ja schließlich auch ein bisschen weh. Aua. Vermutlich hat der gewichtige Vize-Kanzler auch das Frühstück noch selbst bezahlen müssen, weil sein klammer Amtsbruder dazu finanziell nicht in der Lage war. Dessen hoffnungslos überschuldete Bananenrepublik wies beispielsweise 2015 ein Handelsbilanzdefizit von  59,51 Milliarden Euro aus. Und es ist ja seitdem nicht besser geworden. Die Ratingagentur Moody’s hat die Kreditwürdigkeit der Türkei ja nicht von ungefähr inzwischen auf Ramschniveau heruntergestuft. Wichtigster Partner für türkische Exporte ist die Europäische Union , auf die 44,5 Prozent der Ausfuhren entfallen. Wichtigster Handelspartner ist Deutschland, also jener Staat, der „seine“ hier lebenden türkischen Mitbürger systematisch unterdrückt.

Am Badestrand im Ausnahmezustand

Çavuşoğlu hatte sowieso nicht viel Zeit (und Lust), sich die Klagen des deutschen Kollegen anzuhören, sondern eilte weiter zur Tourismusmesse ITB, um dort um deutsche Urlauber zu werben. Er tat das auf seine, ureigene charmante Art: “Wir bitten Deutschland sich zu entscheiden, ob es die Türkei als Freund oder Feind sieht.” Keine Frage, es ist ein schönes Land. Aber ohne die AKP-Mischpoke wäre es noch viel, viel schöner. Man muss die  Linken-Politikerin Katja Kippling  jetzt nicht mögen, aber in einem Punkt hat sie recht: „Ein Verzicht auf einen Urlaub in der Türkei wäre ein Zeichen für Demokratie und Menschenrechte. Am Badestrand im Ausnahmezustand – wer kann sich da schon entspannen“?

Vom Urlaubsparadies zur Menschenrechts-Hölle

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Die Türkei lockt mit endlosen, sauberen Sandstränden. Doch seit der Recep Tayyip das Land knutet, wollen dort immer weniger Feriengäste hin. 2016 ging die Zahl der Touristen um zehn Millionen zurück. Wer kann schon am Badestrand im Ausnahmezustand entspannen? Foto: Pixabay

An nicht wenigen der früher so beliebten türkischen Sandstrände herrscht ja inzwischen ein Gedränge wie im Aldi-Markt nach Ladenschluss. Da möchte keiner mehr hin. Außer Sigmar Gabriel vielleicht. Der versprach seinem Hotel-Gastgeber beim Abschied noch in die Hand, dort auch 2017 Urlaub machen zu wollen. Die Besucherzahlen sind seit 2016 stark eingebrochen. Im vergangenen Jahr bereisten nur noch 3,9 Millionen deutsche Touristen das Land, 2015 waren es noch 5,6 Millionen. Damit büßt die Türkei 30 Prozent des Umsatzes ein. Insgesamt  kamen zehn Millionen ausländische Gäste weniger als im Vorjahr. Und die Kurve weist weiter steil nach unten. Und das liegt nicht nur an den Anschlägen und Bombenattentaten. Die sind nur punktuell, die von Allahs selbsternanntem Stellvertreter auf Erden ausgehende Bedrohung aber ist allgegenwärtig und flächendeckend.

Nachhilfeunterricht aus berufenem Munde

Die Türkei, die sich sukzessive von allen humanen und zivilisatorischen Standards verabschiedet hat, gehört zu den Ländern mit den meisten inhaftierten Journalisten weltweit. Nach dem Putschversuch im Juli 2016, der gewisse Leute in einen wahren bis heute anhaltenden Blutrausch versetzte, wurden hier weit über 190 Journalisten verhaftet, mehr als in China, Russland und Iran zusammen. Rund 150 Zeitungen, TV- und Radiostationen sowie Internetporlae sind zwangsgeschlossen worden, mehr als 700 Presseausweise wurden annulliert. Kritische Journalisten stehen unter Generalverdacht. Die wenigen noch verbliebenen unabhängigen Medien arbeiten in ständiger Angst. Ebenso ihre Anwälte. Und zigtausende geschasste Staatsanwälte , Richter, Bürgermeister und Lehrer können sich ihres Lebens auch nicht sicher fühlen. Das gilt ebenso für gewählte Abgeordnete der Opposition, von denen Dutzende einfach weggesperrt wurden. Die Europäische Menschenrechtskonvention ist hier offiziell seit Juni 2016 außer Kraft gesetzt. Wer also wäre vor diesem Hintergrund berufener und prädestinierter, uns im Westen Nachhilfe in Sachen Meinungs-, Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit zu erteilen, wenn nicht Erdoğan, der islamistische Populist, und seine Helfershelfer?

Folterknecht ist in der Türkei ein Beruf mit Zukunft

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„Immer wieder schön“. Mit diesem Slogan warb die Türkei auf der inzwischen zu Ende gegangenen Internationalen Touristikbörse in Berlin um Feriengäste. Deren Folteropfer würden diese Aussage nicht so ohne weiteres unterschreiben. Es sei denn unter Zwang. Systematische Misshandlungen sind in den Kerkern des Erdoğan-Sultanats alltäglich. Fotos: Screenshot

Systematische Erniedrigungen und Misshandlungen gehören in den Folterkellern ihres Landes längst zum guten Ton. Man muss sich nur mal die von Human Rights Watch dokumentierten Fälle anschauen, und es wird einem schlecht. Auch Amnesty International legt den Finger in diese eitrige Wunde, aus der heraus die Demokratie im Turkländle, so es sie denn wirklich einmal gab, zunehmend verwest.  Dagegen war Abu Ghuraib ein paradiesisches Fleckchen. Und der Slogan, mit dem die Türkei auf der ITB um Gäste wirbt, bekommt eine ganz neue Bedeutungsschwere: „Immer wieder schön“.

Mutti ist traurig: Bitte ein Taschentuch

Und was macht Mutti? Formt die Hände zur Merkel-Raute und sagt „Oh je, oh je, oh je!“ In einer verschwiemelten Regierungserklärung vor dem Bundestag am 10. März nannte  „Äihnschie“ die Nazivergleiche „überaus traurig“. (Spätestens an dieser Stelle hätte der Saaldiener auf silbernem Tablett ein Tempo-Taschentuch ans Rednerpult bringen müssen. Regieversäumnis!). Das, so die amtsmüde Regierungschefin weiter, ginge nämlich „auf gar keinen Fall“.  Und fügte hinzu:: So unzumutbar manches auch sei, Deutschlands geopolitisches Interesse könne es jedenfalls nicht sein, dass sich die Türkei weiter von uns entferne. Das hat die wirklich so gesagt. Narhallamarsch!  Zur Rechtfertigung der Wahlkampf-Tournee der türkischen Junta ließ Merkel ihre Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer dann auch noch das hohe Lied der Meinungsfreiheit singen: „Was wir von anderen fordern, sollten wir auch selbst leben.“ Das nenn‘ ich doch mal einen saftigen Konter.

Verfassungsrichter bringen Regierung in Zugzwang

Türkisches Parlament

Nachhilfe in parlamentarischer Demokratie: Seit der Machtübernahme durch die AKP pflegt man in dem hohen Haus eine auf Harmonie und gegenseitigen Respekt ausgerichtete Diskussionskultur. Foto: Screenshot

Dabei hat das Bundesverfassungsgericht inzwischen klipp und klar festgestellt, dass sich ausländische Politiker, die in Deutschland  “in amtlicher Eigenschaft und unter Inanspruchnahme ihrer Amtsautorität” auftreten wollen, eben nicht auf die entsprechenden hier geltenden Grundrechte (Rede- und Versammlungsfreiheit) berufen können. Das gilt auch für die Opposition. Aber die hat sowieso andere Sorgen und genügend damit zu tun, ihre Haut  und körperliche Unversehrtheit sowie die ihrer Angehörigen zu retten. Sie verfügt zudem auch nicht über die finanziellen und logistischen Ressourcen für solche aufwändig inszenierten Gastspielreisen. Das wenige nach Einfrieren ihren Konten verbliebene Geld wird dafür gebraucht, die Arztrechnungen zu begleichen, die fällig werden, nachdem ihre gewählten Vertreter im Parlament mal wieder von schlagkräftigen AKP-Muskelmännern niedergeprügelt worden sind.

Das letzte Wort darüber, ob ein türkischer Demagoge auf deutschem Boden agitieren darf oder nicht, obliegt nach dem Spruch unserer Verfassungshüter einzig und alleine der Bundesregierung, worüber die jetzt auch nicht unbedingt glücklich ist. Viel bequemer war es bis dato ja, den schwarzen Peter und die Bürde der Verantwortung den lokalen Behörden an den jeweiligen Veranstaltungsorten zuschieben zu können. Da war man fein raus – bis jetzt.

Die Holländer haben mehr Arsch in der Hose

Holland

Der Spott im Netz ließ nicht lange auf sich warten. Den (Holz-)Schuh muss sich unsere handlungsaktive Bundesregierung anziehen.

Die Niederländer haben da mehr Mumm und Arsch in der Hose. Sie haben, nach dem sich zuvor in Deutschland wie tollwütig gebärdenden Außenminister nun auch Dr. Betül Sayan Kaya, die türkische Sozial- und Familienministerin, ausgebremst, ihr einen öffentlichen Auftritt im bzw. vor dem Konsulat in Rotterdam untersagt und die Dame zurück an die deutsche Grenze geschickt und eskortiert. Und Abgang! Vom Flughafen Köln-Bonn flog die Frau dann missmutig in einem Privatflugzeug zurück in die heile Welt ihrer Heimat, freilich nicht ohne zuvor über „Tyrannei und Unterdrückung“ lamentiert zu haben und darüber, dass Demokratie, Grundrechte, Menschenrechte und Freiheit in Rotterdam beerdigt worden seien. Sie hätte ihre Lobrede auf ihren allmächtigen weltlichen Herrn und Gebieter kurz vor dem Start  ja auch schnell noch  in der DİTİB-Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld halten können, die heilige Stätte dann aber nur durch einen Seiteneingang betreten dürfen. Aber, der futuristische Protzbau ist ja sowieso noch nicht fertig. Dann halt beim nächsten Mal.

Zu einem solchen wird es aber hoffentlich nicht kommen. Die Vorstellung, dass türkische Hassprediger auch weiterhin unbehelligt in Deutschland ihr antidemokratisches Gift verspritzen dürfen, um ihren Gastgebern dabei noch kräftig in den Hintern zu treten, ist unerträglich! Und die Tür zur EU sollte spätestens jetzt endgültig und auf Dauer verrammelt sein.

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