Rotorman's Blog

Sehnsuchtsziel Afghanistan: Auf dem
„Highway to Hell“ mit Thomas in die Ferien

Long Way

Die Never-Come-Back-Airline des deutschen Innenministers wird langsam flügge. Mitte der Woche startete der dritte Ferienflug ins paradiesische Kabul. 18 Passagiere waren nicht ganz freiwillig an Bord. Sie wussten den kostenlosen Shuttle-Service der Bundesregierung nicht zu würdigen. Was für ein undankbares Pack! Foto: Arbeitskreis Asyl Rheinland-Pfalz

Von Jürgen Heimann

Thomas de Maizières Never-Come-Back-Airline wird langsam flügge. Nach dem erfolgreichen Jungfern-Take-Off im Dezember vergangenen Jahres startete am späten Mittwochabend dieser Woche schon der dritte Traumziel-Flug in Richtung Kabul. Diesmal von München aus. An der Auslastung muss der Flottenchef zwar noch arbeiten, aber jeder hat ja mal klein angefangen. 18 Passagiere waren nicht ganz freiwillig an Bord. Sie hatte man erst durch mehr oder weniger gutes Zureden zum Einsteigen bewegen können. Ist nun mal so: Manche Menschen muss man halt zu ihrem Glück zwingen. Ursprünglich hatten mindestens 30 Zwangsheimkehrer die 5110 Luftkilometer lange Reise antreten sollen. Aber irgendwie scheinen einige der für die abenteuerliche Spaß-Tour Ausgelosten verlustig gegangen zu sein….

In einem Fall hatte der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof die Reißleine gezogen und die Abschiebung eines seit 16 Jahren in Deutschland lebenden Familienvaters mit türkisch-afghanischem Pass untersagt. Der Mann hätte seine Frau und seine zwei minderjährigen Kids zurücklassen müssen. Eines der Kinder ist schwerbehindert. Das Ganze ist auch insofern seltsam,  da  die Bundesregierung (wider besseres Wissen?) behauptet, bei den des Landes verwiesenen Fortgejagten habe es sich nur um alleinstehende junge Männer gehandelt.

Fünf davon kamen aus Bayern, vier aus Baden-Württemberg, vier aus Hessen, zwei aus Hamburg, zwei aus Sachsen-Anhalt und einer aus Rheinland-Pfalz. Vermutlich hatten sich die fünf aus dem CSU-Fürstentum stammenden Pechvögel nur der Vorgabe des bayerischen Integrationsbeauftragten Martin Neumeyer widersetzt,  zunächst Bayerisch und erst dann Deutsch zu lernen. Die Landesregierung vertritt ja die Meinung, dass es für die Lokal(e)-Integration entscheidend ist, wenn die Fremden Dialekt beherrschen. Hätten Aamun, Abadey, Baran, Farzin und Jamshid  sich also während des Münchener Oktoberfestes beim Schottenhamel oder der Fischer Vroni unfallfrei  „Oa Maß, bitt’schön” bestellt,  anstatt in ihrer Asylunterkunft eklig-süßen Tschai-Tee zu schlürfen, wäre ihnen dieses Schicksal wohl erspart geblieben. Alternativ hätten sie im Tutzinger Biergarten auch „a Hoibe“ ordern können. Dann hätte Resi, die Aushilfsbedienung, die Fünf nicht nur verstanden, sondern sich bei Landrat Karl Roth sicherlich auch für deren Bleiberecht stark gemacht. Aber so…. Sie hatten ja noch nicht einmal den Anstand, sich vor dem Start in München mit einem artigen „Pfiati“ von ihren Gastgebern  zu verabschieden.

Klein-Protest

Die Praxis der Zwangsabschiebungen nach Afghanistan ist umstritten. Dagegen regt sich bundesweiter Protest. So gab es am 11. Februar in zahlreichen deutschen Städten Demonstrationen, in Düsseldorf ebenso wie in Hamburg, Augsburg, Hannover und Erfurt. Tausende gingen auf die Straße.

Das Abschieds-Komitee am Franz-Josef-Airport der Bajuwaren-Metropole bestand aus etwa 250 Menschen. Die den am und im Nachthimmel Verschwindenden aber nicht freudig hinterher winkten, sondern wütend Protest zum Ausdruck brachten. Zwangsabschiebungen in Krisenregionen sind – gerade in diesen Tagen, in dieser Zeit – höchst umstritten. Zumal dann, wenn den davon Betroffenen daheim im verheißenen Heimatland nicht nur ein ziemlich ungewisses, sondern, wie zu befürchten ist, tödliches Schicksal droht. Und das ist im kriegsgeschüttelten Afghanistan wahrscheinlich der Fall.

Richtig was los: Bombenknall und Feuerwerk

Da ist richtig was los. Hier knallt und bombt es fast täglich. Wobei die Gemengelage aus Gewalt und Terror ziemlich unübersichtlich und explosiv ist. Zumal ja jetzt auch noch der Islamische Staat Gebiets- und Herrschaftsansprüche anmeldet und damit in direkter Konkurrenz zu den talibanesischen Terror-Assis  steht, die ihrerseits wiederum zu neuen Rundumschlägen gegen die eigene Bevölkerung und den verhassten, korrupten Staat rüsten. Dieser kontrolliert inzwischen nur noch 57 Prozent des Landes. Al Quaida nicht zu vergessen. Und auf wessen Seite all die Warlords, lokalen Wehrsportgruppen, Stammes-Milizen, kriminellen Bürgerwehren, Paramilitärs und mal loyal, mal abtrünnigen Armeeeinheiten immer gerade stehen, ist auch so klar nicht. Die Binnenfluchtbewegung ist immens. 650.000 Menschen verließen im vergangenen Jahr ihre Heimatdörfer, um irgendwo anders Unterschlupf zu finden. An Orten, von denen sie glauben, sie wären hier unbehelligter. Was sich oft genug als Trugschluss mit fatalen, tödlichen Folgen erweist. Für 2017 rechnet die UN mit 450.000 Kriegsvertriebenen im Land selbst. Da sind Spannungen und Konflikte vorprogrammiert. Zumal dem Welternährungsprogramm zufolge heute schon 40 Prozent der Bevölkerung Hunger leiden. Mehr als eine Million Kinder sind unterernährt.

Die Rückgeführten landen in einem Umfeld, das ihnen, weil sie von ganz woanders stammen, völlig fremd ist und entweder ablehnend, wenn nicht gar feindlich begegnet. Sie konkurrieren ja auch mit den Binnenflüchtlingen. Staatliche (Eingliederungs-)Hilfen gibt es so gut wie keine. Was die perspektivlosen Re-Immigranten früher oder später zwangsläufig in die Fänge krimineller Netzwerke treibt, oder halt gleich in die Arme der ja schließlich nur den Willen Allahs vollstreckenden Bombenleger, die den Sprengstoffgürtel inzwischen salonfähig gemacht haben und als angesagtestes modisches Accessoire zur Schau tragen. Das ist das Holz, aus dem man neue Terroristen schnitzt!

Ein Hugenotten-Spross und die Fehler der Vergangenheit

Sicher

Bundesinnenminister Thomas de Maizière kam bei seinem Besuch in Kabul leger daher und punktete modisch im leichten Bieranzug. Fotomontagen wie diese kursieren zuhauf im Web und nehmen satirisch die absurde Einschätzung des Hardliners über die Sicherheitslage in Afghanistan aufs (Doppel-)Korn.

Aber unser taffer Bundesinnenminister bleibt standhaft und wankt nicht. De Maizière kommt ja aus Bonn, einer verblühenden und zunehmend bedeutungsloser werdenden rheinischen Provinz-Stadt, die ihre Zukunft längst hinter sich hat und die, lange ist’s her, dadurch historische Bedeutung erlangte, indem der Parlamentarische Rat Ende der 40-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts meinte, ausgerechnet hier das Grundgesetz zusammenbasteln zu müssen. Vermutlich verflucht der einer Hugenottenfamilie entstammende CDU-Politiker die Kerle bis heute, weil sie, was sich später als höchst fahrlässig herausstellen sollte, darin auch das Grundrecht auf Asyl verankert hatten. Die Hugenotten waren übrigens auch Flüchtlinge. Die wurden ob ihres Glaubens verfolgt.

Ei verbibbscht: Wenn der sächsische Platzhirsch röhrt

Die Vorfahren des recht-/ungläubigen Thomas siedelten anno-batsch  in der Nähe von Metz und  flohen im 17. Jahrhundert nach Brandenburg, wo ihnen Kurfürst Friedrich Wilhelm Zuflucht bot. Das hat ihr Nachkomme aber offenbar völlig verdrängt. Manche Leute lernen nix aus der Geschichte, noch nicht mal aus der eigenen bzw. der ihrer Familie. Zur moralischen Ehrenrettung und Entlastung des dreifachen Familienvaters muss freilich erwähnt werden, dass er fünf Jahre lang Landtagsabgeordneter in Sachsen war und es daselbst in Folge zum Platzhirsch für den Bundestag brachte. Der Wahlkreis Bautzen ist mit zuletzt 53,6 Prozent der eingefangenen Wählerstimmen sein alleiniges Revier. Da röhrt die Konkurrenz nur verhalten. Aber der Mensch wird ja, wie jeder angehende Soziologe schon im ersten Praktikantenjahr lernt, vor allem durch sein Umfeld geprägt und beeinflusst. Das erklärt einiges. Der Minister, ei verbibbscht, wohnt heute in Dräsd’n. Wo man das humanistische Ideal ja schon mit der LPG-Muttermilch gesaugt hat und sich vor allem anderen der Toleranz und  Weltoffenheit verpflichtet fühlt. Was in Hessen ja so ähnlich ist, wie Volker Bouffier beweist.

Mick Jagger, Angie und der alte Maier

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Wenn der Schutzmann dreimal klingelt: Der uniformierte Travel-Escort-Service kommt in der Regel unangekündigt – meist in den frühen Morgenstunden. Den „Urlaubern“ bleibt dann nicht viel Zeit für die Reisevorbereitungen und zum Kofferpacken. Foto: Screenshot Tagesschau.

Nun hat der Cousin des letzten DDR-Ministerpräsidenten durch intensivste, teils selbst vor Ort getätigte Recherchen ein paar heimelige, friedliche Flecken in diesem bergigen Afghanistan entdeckt, wo man die Zurückgewiesenen parken kann und wo sie auch relativ unbehelligt der Dinge harren können, die da vielleicht noch kommen. Die Hauptstadt gehört für ihn dazu. Dabei ist laut UN im vergangenen Jahr die Zahl der in Kabul bei Anschlägen getöteten Menschen noch mal um 75 Prozent gestiegen. Doch ungeachtet dieser belastbaren Tatsache verbreitet inzwischen sogar Kanzleramtsminister Peter Altmaier den Unsinn von den vermeintlich real existierenden Sicherheitszonen. Der junggesellige Dicke glaubt aber vermutlich selbst nicht daran, dass es am Hindukusch solche garantierten Oasen des Friedens und der Beschaulichkeit gibt, wie er und die Seinen es uns in den schillerndsten Farben an die Tafel malen. Das Auswärtige Amt übrigens auch nicht. Es warnt dringend vor Reisen dorthin. „In ganz Afghanistan besteht ein hohes Risiko, Opfer einer Entführung oder eines Gewaltverbrechens zu werden. Landesweit kann es zu Attentaten, Überfällen, Entführungen und anderen Gewaltverbrechen kommen“ heißt es auf der Webseite des Außenministers. Also, was denn jetzt? Wer’s nicht glaubt, hier steht es.

Das Risiko besteht natürlich nur für deutsche Touristen, nicht für die Eingeborenen. Die haben nichts zu befürchten. Zudem die Rückführung ja auch „behutsam und verantwortungsvoll“ erfolgt, wie der Minister sich auszudrücken pflegt. Außerdem, ganz wichtig: „Die normale Bevölkerung ist zwar Opfer, aber nicht das Ziel der Taliban“. Das sei ein großer Unterschied. Hat der Innenminister wörtlich so gesagt. Echt. Das bedeutet: Recht auf Schutz und Asyl hat bei uns nur der, der Ziel eines Anschlags ist. Nicht derjenige, der Opfer eines solchen werden könnte. Mit der Nummer würde der CDU-Politiker jede kabarettistische Kleinkunstbühne im Sturm erobern.

Altmaier und Co. müssen wohl aus Gründen der parteipolitischen Räson mit solchen fahrlässigen Beschwichtigungen hausieren gehen. Ihre/die Mutti („Wir schaffen das!“) will es schließlich so: „Angie, Angie, but ain’t it time we said goodbye“? Der Jagger-Mick wusste schon 1973, worauf es einmal hinauslaufen würde.

Den Soundtrack liefern die Wildecker Herzbuben

Inzwischen hat sich das musikalische Koordinatensystem unserer um ihre Wiederwahl bangenden Volkskanzlerin ja auch etwas verschoben. Zählte vor gar nicht  so langer Zeit noch  Green Days „Welcome in Paradise“ zu deren Lieblings-Songs, dudelt inzwischen Wagner-Richies „Götterdämmerung“ als Hintergrundberieselung  aus den Lautsprechern ihres bescheidenen Amtssitzes in der Berliner Willy-Brandt-Straße. Und damit die Abgeschobenen wissen, was sie daheim in Herat, Kandahar, Kundus,  Masar-i-Scharif oder wo auch immer erwartet, legt sie ihnen „Hell on Earth“ von den Wildecker Herzbuben als Rückreise-Soundtrack ans Herz.

Sicher ist sicher: 24.823 Ziviltote und 45.313 Verletzte

Die UN-Unterstützungsmission für Afghanistan (UNAMA) widerspricht dieser fahrlässigen Schönfärberei aus Innenministerium und Kanzleramt vehement und entlarvt die absurde Lageeinschätzung der Bundesregierung  als Selbsttäuschung. 2016 gab es 22 Prozent mehr bewaffnete Auseinandersetzungen als im Jahr zuvor. Hatte die Zahl der zivilen Opfer schon 2015 mit 3.545 Toten und 7.457 Verletzten ein Rekordniveau erreicht, konnte das Ergebnis nun mit 11.500 Opfern noch mal leicht gesteigert werden, wie dem aktuellen Jahresbericht der Organisation zu entnehmen ist. Damit waren von Anfang 2009 bis Ende 2016 genau 70.236  zivile Geschädigte zu beklagen, darunter 24.823  Tote und 45.313  Verletzte. Jede Woche 300 Tote oder Verwundete, jeden Tag neun abgemurkste Zivilisten. Friede, Freude, Eierkuchen. Aber was nicht sein darf, das nicht sein kann.

Straftäter und Junggesellen ausgewildert

Kommentare

Stimmen zum Spiel.

Altmaiers  innenministerieller Parteifreund wurde bisher nach jedem der erfolgten Ferienflüge auch nicht müde zu verkünden, dass sich unter den ausgewilderten Personen auch Straftäter befunden hätten. Auch! Das nimmt dem Ganzen doch schon gleich etwas die Spitze und lässt diesen inhumanen Akt ein klein wenig erträglicher erscheinen, oder? Was die Delinquenten freilich angestellt haben sollen, wird nicht erwähnt. Darüber, dass Asylbewerber, die bei uns kriminaltechnisch über die Stränge schlagen, ihr Schutzrecht verwirken, kann man durchaus streiten. In vielen Bundesländern wird auch entsprechend verfahren. Sogenannte „Intensivtäter“, die mehr als fünf krumme Dinger gedreht haben, fliegen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Hessen hat das 2016 insgesamt hundert Mal durchgezogen. Bundesweit wurden 25.000 “Illegale” abgeschoben, 55.000 gingen “freiwillig”. Ende Januar lebten 213.000 ausreispflichtige Ausländer unter uns.

Allerdings widerlegt die unlängst von Innenminister Peter Beuth und LKA-Präsidentin Sabine Thurau vorgelegte Landeskriminalstatistik für 2016 auch die Mär, dass Ausländer unser gesellschaftliches Gefüge bedrohen, weil sie überdurchschnittlich häufig straffällig würden. Mehr als die Einheimischen. Davon könne aber keine Rede sein, erklärten beide unisono. Und noch eine belegbare Tatsache straft die Thesen und Panikmache gewisser fremdenfeindlicher Abendlands-Verteidiger Lügen. 71 Prozent aller aktenkundig gewordenen und aufgeklärten Straftaten mit ausländischer Täterbeteiligung betrafen nämlich Verstöße gegen das Aufenthalts-, Asylrecht oder Freizügigkeitsgesetz. Also Straftaten, die deutsche Ureinwohner  gar nicht begehen können.

Nicht nur in großen Teilen der Bevölkerung ist de Maizières rigorose Repatriierungs-Praxis höchst umstritten. Kritiker, zu denen vor allem auch exponierte Vertreter der Kirchen gehören, finden sich außerdem quer durch alle Parteien. Also in fast allen. In welchem Ausmaß, hängt von der politischen Einfärbung und der ideologischen Erbmasse ab. Die Michel-Republik ist dahingehend zweigeteilt. Die einen wollen den christlich geprägten Kontinent vor Überfremdung retten, die anderen die Menschlichkeit.

Bundesländer verweigern die Gefolgschaft

Auch die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, fällt dem BMI da in den Rücken und plädiert für einen sofortigen bundesweiten Stopp von Abschiebungen nach Afghanistan. “Nicht die Lage in Afghanistan hat sich verändert, sondern die innenpolitische Diskussion”, sagte sie. Dies dürfe “aber nicht kurzfristig auf dem Rücken der Menschen ausgetragen werden”. Vielmehr seien “neue Ansätze in der Integrationspolitik gefordert”. Ihr Fazit: „Die Sicherheitslage in Afghanistan mag von Region zu Region (vielleicht) unterschiedlich sein, gut ist sie aber nirgendwo“. Nun hat die Frau aber auch ein anderes Parteibuch als der der inneren Sicherheit verpflichtete und so um sie kämpfende Unions-“Christ”, ist aber von Amts wegen formal unabhängig. Einzelne Bundesländer wie Schleswig-Holstein, Bremen, Thüringen, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und inzwischen auch Nordrhein-Westfalen tanzen nun ebenfalls komplett aus der Reihe und weigern sich, bei diesem fragwürdigen Spiel mit zu machen.

Die Hardliner sind schon im Wahlkampf-Modus

Sehr zum Verdruss des Law & Order-Mannes aus Berlin-Moabit. Der braucht gerade an diesem Frontabschnitt Erfolge. Im Herbst sind Bundestagswahlen. Da muss sich die Union auch gegen tumbe Wutbürger behaupten und möchte denen nicht allein die Lufthoheit über den Stammtischen und an der Urne überlassen. In der Asylantenfrage Härte, Entschlossenheit und Durchsetzungskraft zu zeigen, kommt immer gut an und zahlt sich in Wählerstimmen aus. Erst recht in einem Klima, das von toxischer Rhetorik, Verallgemeinerungen und einer bislang im politischen Diskurs beispiellosen Aggression geprägt ist. Christian Stöcker von Spiegel online hat es treffend auf den Punkt gebracht: “Wenn rechtsnationale Giftspucker den Tonfall der politischen Debatte bestimmen können, sind demokratische Gesellschaften (akut) in Gefahr”.

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Die Zwangsabschiebung afghanischer Flüchtlinge wird stets von Protesten begleitet. Wie hier am 23. Januar bei der Verabschiedung von 23 ausgewiesenen Flüchtlingen in der Abflughalle des Frankfurter Flughafens. Foto: Beobachter-News

Aber das ficht den wackeren Thomas nicht an. Ihm geht die “Rückführung” sowieso viel zu langsam. Er hat bislang gerade mal 77 in Germany nicht besonders willkommene Patschunen, Durrani und Ghilzai zurück und heim ins (Terror)Reich befördern können und lassen. Dabei hängt seine Latte viel höher. Erklärtes Ziel: 12.000 Flüchtlinge aus dem kaputten südostasiatischen Binnenstaat, die bei uns um Aufnahme gebeten haben, deren Ersuchen aber abgelehnt wurde, zu einem Charterflug in Richtung Osten zu verhelfen. Was gemessen an den Plänen des Trump-eltiers im Weißen Haus freilich Peanuts sind. Der durchgeknallte US-Präses will ja elf Millionen „Wetbacks“, also sich ohne Aufenthaltserlaubnis in den Staaten aufhaltende Mexikaner, zurück über die Grenze deportieren.  Die sollen künftig Tequila statt Whisky saufen.

Quotendruck und hohe Flugticket-Preise

Das dem gesamt-germanischen Innenminister unterstellte BAMF, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, arbeitet unterdessen auf Geheiß des Chefs mit Hochdruck daran, dass die Anerkennungsquote wie gewünscht und von ihm gefordert in den Keller rauscht. Das bringt de Maizière aber andererseits auch wieder in Zugzwang. Gerade deshalb braucht der Mann mehr mit afghanischen Passagieren besetzte Flieger. Betriebswirtschaftlich betrachtet ist seine Airline nämlich  hoffnungslos unrentabel. Der zweite Holiday-Flug, der im Januar dieses Jahres mit 26 unleidigen in der Touristenklasse platzierten Afghanen von Frankfurt aus gen Kabul gestartet war, hatte den Steuerzahler 350.000 Euro gekostet. Pro Hindukusch-Nase waren das 13.500 EUR. Als Flugbegleiter fungierten 79 Polizisten, ein Dolmetscher, Ärzte, drei Mitglieder einer Anti-Folter-Kommission und ein Beamter der EU-Grenzwache „Frontex“. Deren  Salär ist in der genannten Summe noch gar nicht berücksichtigt. Wenn die restlichen 11.923 abgelehnten afghanischen Asylbewerber, die Tom auf dem Kieker und dem Radar hat, ähnlich komfortabel rückgeführt werden, schlägt das mit über 162 Millionen Eurodollars zu Buche. Und das sind nur die Flugkosten.

Aber vielleicht zeigt sich Schäubles Rechenzentrum in dieser Angelegenheit ja generös und weist die Finanzämter an, diese Ausgaben  als Vorsorgeaufwendungen anzuerkennen. Zumal der rollende und stets mit spitzem Stift kalkulierende Kassenwart der Republik ja momentan auch nicht weiß, wohin mit den 24 Milliarden Überschusseinnahmen.

Demnächst mit dem Hundeschlitten an den Hindukusch

Flugroute

Der „Highway to Hell“ ist 5.110 Kilometer lang.

Oder aber der neue A400M, dieses Wunderwerk Airbus’scher Ingenieurskunst, kommt endlich in die Puschen. Dann kann Uschis Airforce den Job mit ihren Transall-Nachfolgern übernehmen. Aber bis die wirklich störungsfrei durch die Lüfte gurken, hat die neue, für 2030 vorhergesagte (Mini)Eiszeit die nördliche Halbkugel schon fest im Griff und in eine arktische Zone verwandelt. Dann kann man den Transfer auch mit Hundeschlitten erledigen. Das dauert dann nur etwas länger.

„Wir freuen uns, Sie an Bord begrüßen zu dürfen, und wünschen Ihnen einen angenehmen Flug“, hatte  der Kapitän damals kurz nach dem Start in Frankfurt durchgesagt. Was die miese Laune im Bauch der zweistrahligen Boeing aber nicht sonderlich zu heben vermochte. Die Sicherheitsinstruktionen durch die Crew fielen ebenfalls rudimentärer als sonst aus. Angeschnallt und fixiert, wenn auch nur an beiden Handgelenken, war ein Teil der Zugestiegenen ja sowieso schon. Und ihnen für den Fall, dass dem Jet über dem Kaspischen Meer wider Erwarten die Puste ausgehen sollte, die Handhabung der Schwimmwesten zu erklären, dafür reichte das multilinguale Know-How der Besatzung auch nicht.

Weil die Kraut-Crowd brüllt, müssen Köpfe rollen

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Bundesinnenminister Lothar de Maizière und der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier wissen, wo sie und ihre Familien künftig einen sorglosen Urlaub verbringen können. Foto: Pro Asyl

Der Minister ist deshalb so auf die Frankfurt-Kabul-Route fixiert, weil er in den Verhandlungen über Rückführungsabkommen mit den Maghreb-Staaten bislang  nix gebacken bekommen hat. Und so lange solche mit den Regierungen Marokkos, Algeriens und Tunesiens nicht besiegelt sind, klappt es auch nicht, selbst offensichtliche Wirtschaftsflüchtlinge ordnungsgemäß zu entsorgen. Aber die Kraut-Crowd brüllt dahingehend ziemlich laut und will Abschiebe-Ergebnisse sehen, koste es was und wohin es wolle. Selbst wenn das den sicheren Tod Unschuldiger bedeuten würde.

So lange es dahingehend mit den Nordafrikanern nicht so richtig flutscht, müssen unter Anführung fadenscheiniger Gründe halt die Afghanen den Kopf hinhalten und Quote machen. Zumal ja seit Oktober vergangenen Jahres mit dem Komiker-Regime von Abdullah Abdullah ein entsprechender Rückführungs-Deal in Kraft ist. Nennt sich „Joint Way Forward On migration issues between Afghanistan and the EU“. Das war und ist ein Milliarden-Euro-Handel. Die Kabul-Strategen lassen es sich natürlich gut bezahlen, ihre Jungs und Mädels heimzuholen bzw. sie sich heimbringen zu lassen. Deren Sicherheit wie auch die der restlichen im Land verbliebenen Bevölkerung kann man zwar nicht garantieren, aber wenn Geld fließt, und sei selbiges auch nur als „Entwicklungshilfe“ deklariert, hört die Moral bekanntlich auf. Kohle gegen Leben. „Angie, Angie, where will it lead us from here?“ Diese Frage haben die  AC/DC’ler von Agnus Young  der deutschen Kanzlerin längst schlüssig beantwortet: Willkommen auf dem „Highway to Hell!“

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