Rotorman's Blog

Hepps schöne Hecke, Jan Böhmermann
und das Gewächshaus von Björn Höcke

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Die „Gottesanbeterin“ ist die “Femme fatale” unter den Fangschrecken und hat ein sehr gewöhnungsbedürftiges Beischlafverhalten. Die Weibchen beißen ihrem in der Regel deutlich kleineren Menne nach Vollzug den Kopf ab und fressen ihn auf. Die Wahl zum „Insekt des Jahres“ lässt Rückschlüsse auf die geschlechtsspezifische Zusammensetzung der Jury zu. Foto: Pixabay

Von Jürgen Heimann

Die Liste ist lang und enthält Namen, von denen Otto-Normal-Verbraucher noch nie etwas gehört haben dürfte. Und sei’s drum, dass er gewöhnlich mit offenen Augen und wachen Sinnen durch die Natur stiefelt. Denn was, bitteschön, haben wir uns unter einem “Choanoflagellat” vorzustellen? Erinnert phonetisch ein bisschen an den Flagellant, hat aber jetzt nix mit den christlichen Selbstgeißlern des 13. und 14. Jahrhunderts zu tun. Und bei “Hepps Schönfleck” handelt es sich auch nicht um das kunstvoll angelegte Gartenparadies meines Nachbarn Kurt Hepp. Davon abgesehen käme noch nicht einmal die Reliquien-affine katholische Kirche auf die kühne Idee, sich ein mumifiziertes  und verschrumpeltes “Judasohr” in den Heiligenschrein zu legen. Eines von diesem Verräter-Typen schon mal grad gar nicht.  

Zahlreiche Verbände und Organisationen, Arbeitsgemeinschaften und Forschungsgruppen, die sich in weitestem Sinne mit Natur- und Landschaftsschutz auseinander setzen, gucken jährlich ein Tier, einen Vogel, eine Pflanze, eine Blume, ein Biotop, eine Landschaftsart oder eine Personengruppe  aus, die sie für besonders schützenswert, interessant und/oder für das biologische Gleichgewicht unabdingbar halten, und küren sie/ihn/es zum “….. des Jahres”. Unsere  Jäger waren da diesmal wieder nicht in der engeren Wahl. Der Naturschutzbund (NABU) hält es traditionell mit Vögeln und hatte sich für 2017 schon relativ zeitig auf den Waldkauz verständigt. Der Deutsche Angelfischerverband (DAFV) setzt auf einen Unterwasserbewohner, der so flach ist wie die Witze meines Arbeitskollegen: die Flunder. Und bei der Wahl zum “Einzeller des Jahres” landete der AfD-Ortsgruppenleiter von Grevenbroich knapp hinter dem oben erwähnten und von der Deutschen Gesellschaft für Protozoologie nominierten Choanoflagellat (Diaphanoeca grandis) nur auf dem zweiten Platz. Die winzigen zu den Holozoa gerechneten Kragengeißeltierchen hatten vor allem beim Intelligenz- und Wesenstest besser abgeschnitten als der Kandidat aus dem Rhein-Kreis Neuss.

 Das Ohr des Herrn Iskariot

Judasohr

Die Lauscher des Herrn Iskariot: Das „Judasohr“ ist ein geschmacksneutraler, an Baumstämmen wachsender Speisepilz.

Beim besagten “Judasohr” handelt es sich nicht um die eingetrocknete und halbverweste Gehörmuschel des berüchtigten Herrn Iskariot, sondern um einen weltweit verbreiteten, eher geschmacksneutralen und an Baumstämmen wachsenden Speisepilz, der vorzugsweise in der asiatischen Küche Verwendung findet. Im Handel sind diese Fungi meist getrocknet erhältlich und werden in großen Mengen vor allem aus Vietnam importiert. Sie sollen reich an Eisen, Kalium und Magnesium sein und enthalten obendrein Phosphor, Silicium und viel Vitamin B1. Letzteres, auch „Stimmungsvitamin“ genannt, ist für die Funktion unseres Nervensystems unentbehrlich. Wer sich also wie die unsere braven Wutbürger über die Asylanten-Schmarotzer so aufregt, dass er nachts nicht schlafen kann, sollte verstärkt Backhefe, Sojabohnen und Löwenzahn futtern. Darin ist Thiamin reichlich vorhanden. Das beruhigt die Neuronen und Synapsen. Intelligent macht es allerdings auch nicht, soll aber gegen Wahnvorstellungen helfen.

Und der ominöse schöne Flecken von Onkel Hepp entpuppt sich als in mitteleuropäischen Kalkgebieten häufig vorkommende “epilithische” Flechtenart. Wir schlagen unter „epileptisch“ nach. Ein epileptischer Krampfanfall ist eine Folge paroxysmaler synchroner Entladungen von Neuronengruppen im Gehirn, die zu plötzlichen unwillkürlichen stereotypen Verhaltens- oder Befindensstörungen führen. Dieses Kraut steckt voller Überraschungen. Selbiges zum Jahresgeflecht zu ernennen, hatte sich die Bryologisch-lichenologische Arbeitsgemeinschaft für Mitteleuropa stark gemacht. Wer deren Namen nach dem vierten Bier fehler- und unfallfrei aussprechen kann, ohne sich mit den Schneidezähnen an seinen bereits operativ entfernten Tonzillen zu verheddern, zahlt für die nächste Runde nur die Hälfte.

Wo das Leihmütterprinzip pervertiert wird

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Spiderman des Jahres: Die Spaltenkreuzspinne (oben links). Als „Arzneipflanze des Jahres“ hatte der Saathafer (oben rechts) die Halme vorne. Hilft bei Haut-, Magen- und Darmerkrankungen. Die Höhlenschlupfwespe (unten links) hat das Leihmütterprinzip pervertiert, die Gemeine Keiljungfer wurde zur Libelle 2017 gekürt.

Und da wäre auch noch die Vierfleck-Höhlenschlupfwespe als vom Verband der Deutschen Höhlen- und Karstforscher gekröntes “Höhlentier des Jahres”. Dieses Insekt ist im Grunde genommen ein (ganz) schlimmer Finger, ein Parasit, der sich auf Kosten anderer einen schlauen Lenz macht und das Leihmütterprinzip pervertiert hat. Das Weibchen bohrt eine Schmetterlingsraupe an und legt ein einziges (Kuckucks-)Ei in selbiger ab. Sobald sich die Raupe verpuppt hat, beginnt die Wespenlarve damit, ihren Wirt von innen aufzufressen. Eine ganz fiese Taktik.

Die Plätze der Alge und der Mikrobe des Jahres bleiben diesmal leider unbesetzt, ebenso die der Wasserpflanze, des Weichtieres und des Gemüses. Dafür feiern wir aber mit der Gemeinen Keiljungfer die (Groß-)Libelle 2017. Sowohl die Gesellschaft Deutschsprachiger Odonatologen, die übrigens 17 Prozent Aktienanteile am britischen Odol-Mundwasserhersteller  GlaxoSmithKline hält, als auch der Bund für Umwelt und Naturschutz hatten sich für den gedrungenen, gelb-schwarz-gezeichneten Flugkünstler ganz weit aus dem Fenster gelehnt.

Die Frau im Bad als nackte Zierde

Tränendes Herz

Das „tränende Herz“ lässt selbiges des Garten- und Blumenfreund höher schlagen. Die Engländer nennen die beliebte Zierpflanze auch “Lady in the Bath”. Beim Umdrehen und Aufbiegen der Blüte entsteht ein entsprechendes Bild, das entfernt an eine auf dem Rücken liegende Gestalt in einem Zuber erinnert. Foto: Pixabay

Unter den Giftpflanzen machte das “Tränende Herz”, das überwiegend in Korea und China schlägt und dem passionierten Gartenfreund hierzulande das seinige aufgehen lässt, das Rennen. Im Volksmund wird die krautige und auch bei uns sehr beliebte Zierpflanze, die Wuchshöhen von bis zu 90 Zentimetern erreicht, auch als “Männchen in der Badewanne” bezeichnet. Die Engländer mit ihrer blühenden Phantasie glauben da eher ein Weib zu erkennen:  “Lady in the Bath”. Beim Umdrehen und Aufbiegen der Blüte entsteht ein entsprechendes Bild, das entfernt an eine auf dem Rücken liegende Gestalt in einem Zuber erinnert. Da vor allem die Wurzeln, also nicht die des Bottichs mit der nackernden Fau, sondern die der Pflanze, Alkaloide enthalten, sollte der Blumenfreund, um Kontaktallergien vorzubeugen, bei Tuchfühlung Handschuhe tragen.

Haselmaus

Die putzige Haselmaus machte als „Wildtier des Jahres das Rennen. Die scheuen kleinen Bilche gelten als Langzeitschläfer und verpennen einen großen Teil ihres Lebens. Foto: Pixabay

Unter den Gametophyten war das “Weiche Kammmoos” erfolgreich, bei den Kriechtieren die Blindschleiche. Die sieht zwar aus wie eine Schlange, ist aber keine, sondern eine Echse. Und blind sind die Vertreter dieser Spezies, die bis zu 50 Zentimeter lang werden können, auch nicht, obwohl sie bedingt durch ihre kleinen Augen schlecht sehen. Der Name Blindschleiche leitet sich vermutlich aus dem Althochdeutschen ab, wo “plintslîcho” blenden bedeutet. Dies ist auf das Aussehen der Haut zurück zu führen, die von glitzernden Streifen durchzogen ist. Als Schleiche wurde das Tier wegen seiner schlangenartigen Form bezeichnet. Schleicher im Straßenverkehr sind etwas anderes.

Dinner for Thekla und ein Gebet im Gras

Waldkauz

Bird oft the Year: Der Waldkauz. Foto: Pixabay

Die “Goldene Acht” (nicht der „Goldene Schuss“) ist diejenige welche, die unter den Schmetterlingen dem Teilnehmerfeld voran flattert, während unsere Arachnologen der Spaltenkreuzspinne am meisten abgewinnen konnten. Diese achtbeinigen Theklas gehören zur Familie der echten Radnetzspinnen, drehen an selbigem und warten dort nach Einbruch der Dunkelheit mit bereits umgebundener Serviette darauf, dass sich irgendein orientierungsloser Nachtschwärmer darin verfängt und als Abendmahl anbietet.

Als “Insekt des Jahres” fiel die Wahl auf die “Gottesanbeterin”, der “Femme fatale” unter den Fangschrecken. Deren Name rührt von der gebetsartigen Haltung der Fangarme her. Ursprünglich aus Afrika stammend, haben sich diese frommen grün-bräunlichen Jäger Klimawandel-bedingt aus dem südlichen Europa immer weiter nach Norden ausgebreitet und sind heute mit Ausnahme von Schleswig-Holstein und Niedersachsen in allen Bundesländern zu finden. Auch in Sachsen, wo sie als invasive Volksschädlinge diskriminiert werden.

Merkwürdiges Beischlafverhalten

Die Weibchen werden bis zu 75 Millimeter lang, die Herren sind deutlich kleiner. Und diesen körperlichen Vorteil nutzten die Damen gnadenlos aus. Sie sind bekannt für ihr mehrwürdiges Beischlafverhalten und ihre krasse Art, in Folge ihre Zuneigung auszudrücken. Der Geschlechtsakt kostet den männlichen Partner nämlich oft den Kopf, weil Frauchen ihm selbigen abbeißt und verspeist. Undankbares Pack!

Was hätten wir noch zu bieten? Die Haselmaus als “Wildtier des Jahres”. Diese putzigen Bilche bekommt man nur selten zu Gesicht. Weil sie so klein und scheu sind, immer rarer werden und als passionierte Langzeitratzer sowieso einen großen Teil des Jahres verpennen. Bis Ende März halten diese Winzlinge mit den dunklen Knopfaugen und einem Schwanz, der so lang ist wie  der restliche Körper, Winterschlaf. Vielleicht ist es besser so, dass gewisse Testosteron-gesteuerte Vertreter der Gattung „Homo sapiens“ diese körperlichen Merkmale nicht aufweisen.

Chinesische Frankfurt-Ente ohne Warzen

Klatschmohn

Geschwätzig: Eine Wiese voller roter Klatschmohnblüten sieht prächtig aus. Doch die Ackerwildpflanze des Jahres enthält viele Alkaloide und ist giftig. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Björn Höcke. Foto: Pixabay

Den Titel als “Gefährdete Nutztierrassen des Jahres” teilen sich die Deutsche Pekingente, die Orpingtonente und die Warzenente, wobei mich mal interessieren würde, wie eine chinesische Frankfurtente ohne Warzen wohl aussieht. Bei den Blumen fiel die Wahl auf den geschwätzigen Klatschmohn. Dahinter steckt die Loki Schmidt-Stiftung, die mit dieser Proklamation auf die Gefährdung und den Verlust von Ackerwildpflanzen aufmerksam machen möchte. Ein psychoaktiver Verwandter dieser auch „Klatschrose“ genannten Art ist der Schlafmohn, der, weil sich Opium draus gewinnen lässt, den Taliban in Afghanistan bei der Finanzierung ihres Terrors  behilflich ist. Aber auch der Klatschmohn hat es in sich und ist, weil er viele Alkaloide enthält, giftig. Tiere, die zu viel davon naschen, zeigen Ausfallerscheinungen: zentralvenöse Erregung, Unruhe, Schrecken, Raserei  epilepi(kon)forme Krämpfe, Bewusstlosigkeit. Gilt auch für Menschen.  Björn Höcke besitzt angeblich ein großes Gewächshaus.

“Baum des Jahres” ist die Fichte, “Arzneipflanze des Jahres” der Saathafer. Von ihm “gestochen” soll das gegen Haut- sowie Magen- und Darmerkrankungen helfen. Auch werden aus den Körnern dieser Süßgräser Extrakte zur Vorbeugung gegen Arteriosklerose und Diabetes gewonnen.

Rock ’n’ Roll mit den Gänseblümchen

Gänseblümchen

Postmortaler Rock ’n’ Roll: Gänseblümchen gelten in der Volksheilkunde als Vielzweckwaffe gegen diverse Auas und Wehwehchen. Ein Tee aus den Blättern der „Maßliebchen“ wirkt unter anderem krampfstillend und lindert den Husten. Foto: Pixabay

Als Vielzweckwaffe gegen diverse Auas und Wehwechen gilt in der Volksheilkunde auch das Gänseblümchen. Die Engländer sagen “Daisy” dazu. So heißt auch die Freundin von Donald, also Duck, nicht Trump. Im deutschen Volksmund ist das Korbblütlergewächs unter anderem als “Maßliebchen”, “Mümmeli”, “Regenblume” und “Tausendschön” bekannt. Als rockige Postmortem-Variante hauen derzeit die „Dead Daisies“ wuchtig in die Saiten. Sie gelten aktuell als eine der weltbesten Rockbands. Ein Tee aus den Blättern der „Magritli“ regt Appetit und Stoffwechsel an, fördert die Verdauung und kann durch seine krampfstillenden Fähigkeiten auch Husten lindern. Dank seiner harntreibenden Eigenschaften soll das Zeugs auch Ödeme schwinden lassen und gilt als blutreinigend. Deshalb: “Heilpflanze des Jahres”

Weichtiere und erdokanisches Kebab

Last but not least: Jan Böhmermann. Der “Mann des Jahres”. Allerdings der von 2016, weil diese Ehrentitel retrospektiv vergeben werden. Das auch nicht von der Gesellschaft für allgemeine und angewandte Mikrobiologie, oder dem Kuratorium „Weichtier des Jahres“, sondern in diesem Fall vom Meinungsforschungsinstitut „mafo de“. Der Satiriker hatte hierzulande mit seinem Schmähgedicht auf den erdokanischen Kebab-Kim Jong-un eine Staatsaffäre ausgelöst. Während der türkische Machthaber von der lyrischen Poesie dieser Ode weniger angetan schien, plädierte in einer Umfrage die Mehrheit der Angesprochenen dafür, “Böhmi” dafür auszuzeichnen. Manuel Neuer und Jérôme Boateng folgten auf den Plätzen. Aber das gehört hier glaube ich gar nicht hin….

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