Von Jürgen Heimann
Also diesen begehrten sexy Jagdkalender, auf dem lasziv dreinblickende, wahlweise als Waschbären, Wildsauen, Marder oder Rehe verkleidete Pseudo-Schönheiten den passionierten Büchsenfreund durch Jahr und Revier ge- und begleiteten, gibt es für 2017 leider nicht. Vermutlich sind dem diplomierten Kreativ-Fotografen und seinem durchgeknallten, auf 400-Euro-Basis agierenden Maskenbildner Hardware und Munition ausgegangen. Oder die beiden sind an dem Anspruch gescheitert, eine zweibeinige Waldschnepfe wie einen Baumhöhlenlaubfrosch oder einen Siebenschläfer aussehen zu lassen. Aber keine Panik, meine Herren. Es knistert auch so im neuen Jahr an allen Wand-Ecken und Zimmer-Enden. Nicht unbedingt immer vor Erotik, aber der gute Wille zählt schließlich auch dabei. Wenn dem ein oder anderen dann wieder der Sabber das Doppelkinn heruntertröpfelt, haben die Macher dieser und ähnlich zweifelhafter, sich überwiegend an mentale männliche Einzeller richtende Druckerzeugnisse ihr Klassenziel erreicht.
Zugegeben, es ist nicht immer ganz einfach, einen stringenten thematischen Zusammenhang zwischen zwei ungleich großen Hängebusen und einer Handkreissäge mit Absaugadapter und Parallelanschlag zu konstruieren. Auch eine knackige, kaum verhüllte weibliche Pobacke in Kontext mit einem Brillenetui aus aufgerautem Karbon zu bringen gilt unter Werbeprofis als echte Herausforderung. Aber es gibt nichts im täglichen und weniger alltäglichen Leben, das nicht mit nackter Haut kombinierbar wäre. Das inzwischen nicht mehr zu überblickende Angebot an entsprechend bebilderten “Erotik”-Kalendern beweist das.
Da erscheinen unsere Brandschützer, die übrigens, anders, als es diese Bezeichnung suggeriert, keineswegs das Feuer schützen, in einem ganz anderen (natürlich roten) Licht und kommen als hyper-coole Truppe rüber, ob mit oder ohne C-Strahlrohr. Da hat der Lösch-Freak mittlerweile unter zahlreichen Produkten die Qual der Wahl und muss sich zwischen „Firegirls“, der „Feuergefahr“, dem „Sexy Ehrenamt“ und „Heißen Frauen in der Feuerwehr“ entscheiden, um nur einige Optionen aufzuzeigen.
Die feuchten Träume der Jungbauern
Etwas Eros steht natürlich auch dem gemeinen Landmaschinenbediener gut zu Gesicht Da wird aus der spröden und biederen Stallmagd mit ein wenig Farbe, Schminke und raffinierter Filtertechnik ein begehrenswertes Objekt der Begierde. Davon träumt dann “Der Jungbauer”, und das nicht nur nachts. Entsprechende Anregungen kann sich der testosterongesteuerte Acker-Junior auch beim Betrachten des “Erotischen Schlepper-Kalenders” holen, während uns Resi, Zensi, Moni und Co. frivol vom Watzmann und der Höllentalspitze aus zuwinken. Um die aufgeputschten Herren der Schöpfung dann in Folge als alpine Pin-Up-Mädels ver- und entkleidet zum Gipfel der Lust zu lotsen. Ach, sind die fesch und aufreizend, diese “Alpengirls 2017”! Der Berg ruaft! Wir antworten. Aber Kassandra, Myrina und Xanthippe aus dem “Alpenmilk & Cheese”-Imperium würde man(n) auch nicht unbedingt von der durchgelegenen Matratze weisen wollen.
Das verführerische Potential überdachter Zündkerzen
Hunderte heiße Luftkilometer von den Wollust generierenden Gämsen auf den Bergspitzen Südpreußens entfernt, im Osten der Republik, stiert der stille, von ungläubigem Staunen erfüllte Genießer auf das Titelblatt des offiziellen mit “Superpappe” betitelten “Trabant-Erotik-Kalenders”. Unsere Brüder und Schwestern in der früheren Ostzone hätten in ihren feuchtesten Albträumen nicht daran gedacht, diese futuristisch designten Leukoplast-Boliden mit so etwas wie Frivolität und Lustgewinn zu assoziieren. Auch nicht mit literweise Ampelmann-Liquid und “Blauem Würger” in Kopf und Blutbahn. Doch 25 Jahre, nachdem das letzte Exemplar dieses legendären Zweitakters in Zwickau vom Band gerollt ist, entdeckt der Kenner das verführerische Potential dieser überdachten Zündkerzen erst so richtig. Wobei nicht klar wird, wer jetzt nur schmückendes Beiwerk ist – die rollenden Luxusliner aus Pappe und Plastik oder die aufreizend herausgeputzten Tussen in, neben, auf oder unter den Frontantrieblern. Um die Betrachter glücklich zu machen, seien “alte Originale extrem getunt worden”, beeilen sich die Macher zu versichern. Sie meinen die Autos, nicht die Ladies.
Zweirädrigen und zweibeinigen Knatterbüchsen widmet sich ein anderer Jahreswegweiser, der ebenfalls etwas Nostalgie aus dem früheren Dunkeldeutschland in unsere Zeit transportiert: der offizielle erotische DDR Moped Kalender “Super-Simme”. “Heiß, sexy und extravagant” sei er, behaupten die Herausgeber. Auf den Monatsblättern vereinigen sich ausgesuchte Modelle aus Suhl, dem Stammsitz des traditionsreichen Feuerstuhl-Herstellers Simson, und solche aus Eisenhüttenstadt, Annaberg, Luckenwalde oder Apolda. Da findet man Gestalt gewordene Biker-Phantasien wie das “S 550”, die “Schwalbe”, den “Habicht” und das “AWO 425“ einträchtig und teils in inniger Umarmung mit Manuela, Schantalle, Fredericke und Larissa.
Petri Geil! Schnappatmung am Angelsteg
Dass sogar schnödes Würmerbaden eine gewisse aufregend-sinnliche und betörende Note haben kann, will uns der “Carponizer” in diesem Jahr aufs Neue weismachen. Petri Geil! Die Fans dieses lustbetonten Hochglanz-Produktes wissen, dass sich hinter diesem unverfänglichen Titel eine Neuauflage des “Erotischen Karpfenkalenders” im Ufergras versteckt. Der ist längst ein Klassiker unter seinesgleichen und hat auch im vergangenen Jahr wieder die einschlägigen Bestsellerlisten gestürmt. Da bekommt der Betrachter angeblich Schnappatmung, wie zuvor schon die geschuppten Models beim Shooting. Bei letzteren handelt es sich, nomen est omen, ausnahmslos um Speise-Kois in den besten Jahren, die sich zwischen den Botox-getunten Titten ihrer mehr oder weniger fotogenen Sidekicks aber nicht immer recht wohl zu fühlen scheinen. Darüber können auch die betörenden Glubschaugen (der Mädels) nicht hinwegtäuschen. Ein Kunde hätte sich gerne auch einmal an einem Flossenexemplar in Reizwäsche ergötzt, wie er in einer entsprechenden Amazon-Rezension bemerkte. Aber so eine Aufnahme gibt es nicht. Ein anderer kritisierte, die temporär angelandeten Unterwasserbewohner würden stellenweise recht stupide und lustlos in die Kamera äugen. Das tun die zweibeinigen Backfische allerdings auch.
Die Frage, was diese und ähnliche schleimig-glibbrigen Speisefische auch nur im Entferntesten mit Erotik zu tun haben, sei an dieser Stelle schon gestattet. Vielleicht könnte sie Sigmund Freud beantworten. Aber der Vater der Psychoanalyse weilt ja schon längst nicht mehr unter uns. Auch Carl Gustav Jung antwortet nicht. Möglich, dass die eMail in seinem Spam-Ordner gelandet ist. Die Grenze zwischen frivol, hohl und Aerosol ist da eine fließende. Wer sich so etwas an die Wand hängt, muss entweder einen mittleren bis schweren Sockenschuss haben oder mit dem Keschernetz gepudert sein.
Erotisches vom Bofrost-Mann
Zum Leidwesen der Bofrost-, Eismann- und Käpt’n-Iglo-Fans hat derselbe Verlag ein weiteres innovatives, im vergangenen Jahr mit großem Tam-Tam angekündigtes Projekt inzwischen aber wieder zu den Akten gelegt. Nach energischen Protesten der ostfriesischen Küstenfischergewerkschaft „IG Schleppnetz“ war der Druck des “Erotischen Fischstäbchen-Kalendariums” gestoppt worden. Bereits fertiggestellte Exemplare wurden eingestampft und in der vor Baltrum gelegenen Aufzuchtstation an junge Kabeljaus und Sprotten verfüttert. Dafür soll es spätestens 2018 aber individuell zugeschnittene Angebote für die Nutzer von Akku-Schraubern, Sekundenklebern, Schmiermitteln und LED-Lichterketten mit integriertem Selbstzerstörungsmechanismus geben.
Wer’s unter den sportlichen Kescher-Freunden noch einen Tick härter mag, ist mit dem “Predator 2017” gut bedient. Das ist d e r “erotische Raubfischkalender” schlechthin. Da fahren wahre Kerle am Uferrand ihre Teleskop-Ruten aus. Forelle, Barsch, Hecht und Zander zeigen, wo der Fisch die Flossen und die Tussi die Nippel hat. Geschmacksverwirrte alle Länder vereinigt Euch! Gut, die Kiemenatmer fragt keiner, aber dass es immer noch Evas gibt, die sich für einen solchen Unfug nicht zu schade sind und noch nicht einmal davor zurückschrecken, sich einen ausgewachsenen schlüpfrig-schleimigen Flusswels in den Slip zu stopfen, ist schon erstaunlich. Die jungen Damen träumen vermutlich von einer Karriere bei Versace, Coco-Chanel oder Armani. Und während Lineisy Montero, Maartje Verhoef und Julie Hoomans ausgehungert und im neusten Fummel der Modezaren über die internationalen Laufstege stöckeln, reicht es bei ihnen in Folge allenfalls für eine Produktpräsentation von TertaMin-Trockenfutter im Zoofachhandel.
Lüsterne Greise zwischen Tann und Kirrung
Damit auch die lüsternen Nimrods ihre Filme im Kopf weiter laufen lassen können und den fleischlichen Phantasien nicht völlig entsagen müssen, gibt es für sie aus Österreich exklusiv den “Jägerinnen-Akt-Kalender”. Auch dabei gilt: Wahre Schönheit liegt (immer) im Auge des Betrachters. Hätten die abgelichteten Wesen etwas mehr Stoff anbehalten, es wäre auf Schadensbegrenzung hinausgelaufen. Aber so zerrt selbst noch das schummerigste Büchsenlicht all die nur notdürftig verdeckten Verwerfungen und ästhetischen Sollbruchstellen brutal und schonungslos in den Fokus. Aber die Jungs in Grün stehen ja auf so etwas.
Dralle, textilfreie Amazonen in verunglückten Posen, die nur sie selbst für betörend und anmutig halten, räkeln sich an ausgesuchten Revierplätzen zwischen Tann, Kirrung, Hochstand und Jagdhütte. Sie lehnen lässig am Baumstamm, kuscheln im Laub oder schöpfen graziös wie ein Gürteltier aus dem plätschernden Bach. Da dient schon mal ein Hirschgeweih, das sich das Model an den Kopf hält, als Accessoire. Normalerweise ist es ja umgekehrt. Da werden den Lodenmantel-Herrn Hörner aufgesetzt. Und für die ältere Mehrheit unter ihnen, die vielleicht Dioptrin-mäßig nicht mehr so auf der Höhe der Zeit sind, gibt es den Nostalgie-Kalender mit Marlene Dietrich im XXL-Format: “Ich hab’ von Kopf bis Fuß die Liebe eingestellt”.
So die hochgerüsteten Waidleute damit/dadurch ihr Pulver noch nicht vollständig verschossen haben, könnte der “Erotische Waffenkalender” für sie durchaus als Alternative in Frage kommen. Der mit solider Spiralbindung ausgestattete Wandschmuck spricht auch die kleinkalibrigen und von Natur aus eher untermunitionierten Ballerfreaks an. Aber die freundlichen Mitbewerber schlafen auch nicht. Mit “Sexy und bewaffnet” war das Konkurrenzprodukt zwei Wochen früher auf dem Markt: “Reizvolle, junge Fotomodelle zeigen sich mit einer Auswahl an Knarren von ihren gefährlichsten Seiten”. Von jener der Ästhetik her wird das Machwerk allerdings kaum dem Geist der Genfer Konvention gerecht, und die Käufer hören den Knall sowieso nicht mehr.
Frisches Fleisch und geballte Erotik am Holzkohlengrill
Viel saftiges Fleisch lässt auch dem Holzkohle-Fetischisten das Wasser im Mund zusammenlaufen. “BBQ-Chicks – der erotische Grillkalender” verspricht dem Barbecue-Fan heiße Leckerbissen. Zwischen Dry-Aged Tomahawk-Steaks, Spare-Ribs und Porterhouse-Filets vom Bunten Bentheimer Schwein ziehen langbeinige Euterträgerinnen, deren Körbchengrößen zwischen Cup F und K hin- und herschwingen, blank. Guten Appetit! Allerdings sind in diesem der Üppigkeit huldigenden Kalendarium leider nur fünf verschiedene Grillgeräte abgebildet. Meistens steht zudem eine nackte Frau (oder sogar mehrere) mit großer Oberweite davor, so dass man den Rost nicht richtig sieht.
„Truck & Fuck“: Einsame Nächte im Führerhaus
Wer stattdessen eher auf kleinere und handlichere Kugeln steht – unabhängig von der Größe des eigenen naturgegebenen Queues – wäre mit dem “Erotischen Billard-Kalender” bestens bedient gewesen. Leider wurde dessen Produktion aber 2014 eingestellt. Aber es gibt noch viele andere Interessen- und Berufsgruppen, die berücksichtigt und verwöhnt werden wollen. Die Fernfahrer beispielsweise, die Gunter Gabriel ja bereits 1973 mit seinem Hit “Er fährt ‘nen 30-Tonner Diesel” heroisiert und gewürdigt hatte. Den nicht abgeneigten Asphalt-Helden von heute soll jetzt ein aufwändig gestalteter Roadkalender die einsamen Nächte in Führerhaus und Schlafkoje versüßen. Titel: “Truck & Fuck”. Den gibt es viersprachig in Deutsch, Englisch, Französisch und in Blindenschrift, und zwar in den Maßen “90-60-90”, ähm, nee, Tippfehler, in 45 x 30 x 0,3 cm.
„Triebe und Hiebe“ im Gewächshaus
Für die unter Tage malochenden Kumpels gibt es den Bergmannkalender „Hängen im Schacht“, bei aphrodisierten und vielleicht auch ein klein wenig masochistisch veranlagten Kleingartenfreunden und Gewächshauseignern dürfte der Jahresalmanach “Triebe und Hiebe” auf besonders fruchtbaren Boden fallen. Da blüht und wuchert die schmutzige Phantasie. Seit dem “Hamburger Kessel” 1986 gehört der jährlich aktualisierte “Knüppel-aus-dem-Sack”-Streifenkalender in den Mannschaftsunterkünften der Bereitschaftspolizei zur Standardausstattung. Luftsportler hingegen geben sich schon mit Petting zufrieden und hängen sich den handlichen und auch bei passionierten Grabschern beliebten “Touch & Go 2017” ins Cockpit. Da sind für Interkontinentalflüge die unterschiedlichsten erogenen Zeitzonen bereits eingerechnet. Und dank modernster Avionik und Satellitennavigation finden die Aero-tiker jetzt sogar auch den G-Punkt ihrer Co-Pilotin.