Rotorman's Blog

Reineke-Bashing und Jäger-Blabla: Proteste
gegen Fuchsmassaker im Bergischen Land

jaeger

Die bewaffneten „Naturfreunde“ aus Wipperfürth und Hückeswagen im Oberbergischen Kreis wollen den Reinekes in ihrem Revier eine Woche lang noch vehementer als sonst auf den Pelz rücken. Dagegen formiert sich massiver Widerstand.

Von Jürgen Heimann

Die Jungs im Lodenlook haben schon wieder durchgeladen. Um dem Fuchs, ihrem Lieblingsfeind, auf den roten Pelz zu rücken. Für den sie freilich keinerlei Verwendung haben. Ebenso wenig natürlich wie für das Fleisch dieser Bestien. Es geht ganz einfach um den Mord(s)-Spaß. Und der ist ritualisiert und hat Tradition. Da machen die Kameraden im Oberbergischen keine Ausnahme. In Wipperfürth und Hückeswagen ticken die Jäger und Fallensteller auch nicht anders als ihre schießwütigen Brüder und Schwestern in anderen Revieren. Auch hier gehört es seit Urzeiten zum gesellschaftlich akzeptierten guten Ton, den listigen Räubern ab und an mal mit für sie tödlich-finaler Konsequenz zu zeigen, wo der Hammer hängt.  

Darüber hat sich bis dato, von einigen notorisch meckernden, unbelehrbaren und gutmenschelnden Tierschützern einmal abgesehen,  auch keiner sonderlich aufgeregt. Aber in diesem Jahr ist irgendwie alles anders. Da wurde der mit dem großen, verstorbenen Quizmaster Peter weder verwandt noch verschwägerte Hegeringleiter Johannes Meier-Frankenfeld mit Protesten überhäuft, kaum dass eine entsprechende, vom fröhlichen Reinecke-Bashing kündende  Notiz in der Lokalzeitung erschienen war. Ein tausendfacher Aufschrei der Empörung war die Folge. Der wackere Ober-Pirscher fiel aus allen Pulverdampf-Wolken und versteht die Welt nicht mehr. Umgekehrt scheint es aber genauso zu sein.

Proteste aus allen Teilen Deutschlands

Aus ganz Deutschland meldeten und melden sich kritische, zweifelnde, aber auch empörte Stimmen, die die Sinnhaftigkeit dieser für die Zeit vom 7. bis 14. Januar terminierten makabren Piff-Paff-Orgie, einer Art Volksbelustigung für wenige, hinterfragen. Eine entsprechende Online-Petition dagegen fand binnen weniger Tage fast 40.000 Unterstützer, womit das Potential noch immer nicht erschöpft zu sein scheint.

Da wurde auch der WDR hellhörig, um beim Chefjäger anzufragen, was denn da bitteschön los sei. Wusste der Interviewte zwar auch nicht so ganz zu sagen, aber es reichte immerhin zum Rezitieren der altbekannten Mantra-Phrasen, mit denen die Jägersleut‘ seit jeher hausieren gehen, um ihr grenzwertiges Tun zu rechtfertigen und zu legitimieren. Dass der Fuchs, dieser mörderische Prädator, Seuchen und Krankheiten wie die Tollwut und den nach ihm benannten Bandwurm übertrage, sich unkontrolliert vermehre, keine natürlichen Feinde hätte und andere Arten wie Hasen, Fasane Rebhühner usw. ausrotte.  Dieser Blödsinn ist hier dokumentiert:

Also das gängige  weidmännische  Propaganda-Blabla, das in weiten Teilen längst widerlegt ist und wissenschaftlichen Überprüfungen nicht standhält, dem aber selbst vermeintliche Experten des Naturschutzbundes immer noch auf den Leim gehen. Zumindest erweckte NABU-Sprecher Josef Tumbrick den Eindruck, als würde er das Märchen von der existentiellen Bedrohung der geliebten gefiederten Bodenbrüter für bare Münze nehmen. Deshalb stünde er auch hinter der Sache, räumte aber immerhin ein, dass das Thema Fuchsjagd innerhalb des Verbandes durchaus kontrovers diskutiert würde.

Was nicht sein darf, das nicht sein kann

Dass die Revierschützen mit ihrem gemeinschaftlichen, konzentrierten Sperrfeuer aber genau das Gegenteil von dem bewirken, was sie vorgeblich und angeblich bezwecken, nämlich die Reduzierung der Fuchspopulation, hören sie nicht gerne, sagen es aber auch nicht weiter. Es ist wildbiologisch verifiziert, dass für jeden abgeschossenen Fuchs mindestens zwei nachwachsen bzw. aus anderen Revieren zuwandern. Erhöhter Jagddruck lässt die Vermehrungsrate nach oben schnellen.  Dort, wo man die Tiere in Frieden lässt, bleiben ihre Bestände konstant und erhöhen sich nicht, wie man auch im Nationalpark Eifel feststellen kann.

Petition aktualisiert

Eine Online-Petition gegen das geplante Fuchsmassaker im Bergischen fand binnen weniger Tage fast 40.000 Unterstützer. Und es werden stündlich mehr.

Das ist eine feste Konstante im von den Jagenden bis heute nicht verstandenen System vom sich selbst regulierenden Gleichgewicht der Natur. Würden sie diese naturbiologische Gesetzmäßigkeit hingegen als solche und somit als Tatsache akzeptieren,  hieße das ja,  eine der letzten Bastionen, auf die sich die eigene Daseinsberechtigung stützt, aufzugeben. Aber wer gibt schon gerne zu, dass er eigentlich überflüssig  bzw. das, was er tut, kontraproduktiv ist?  Was die wichtige Rolle, die der Fuchs in der Natur spielt, angeht, gibt es aber selbst unter den organisierten Flintenmännern und -frauen solche, die sich einen etwas differenzierteren Blick bewahrt haben, wie dieser Videobeitrag beweist. Aber die werden dann auch schon mal ganz gerne als Nestbeschmutzer ausgegrenzt:

Füchse sind auch als Gesundheitspolizei wichtig und aktiv, weil sie als Aasfresser dafür sorgen, dass sich Krankheiten nicht ausbreiten. Stattdessen wird ihnen unterstellt, solche zu verbreiten. Je nach Angebot besteht ihre Nahrung aber bis zu 90 Prozent aus Mäusen. Ein erwachsenes Tier verspeist pro Jahr bis zu 3000 dieser Nager, die sich andernfalls auf den Getreidefeldern der Landwirte gütlich tun würden und hier dann mit tonnenweise Gift bekämpft werden.  Da wäre es doch logischer, die Burschen in Ruhe ihren Job tun zu lassen, anstatt sie und die Umwelt mit Blei und Chemie zu vergiften.

Wenn der böse Fuchs in den Garten „kakt“

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Geht es nach Hegering-Leiter Johannes Meier-Frankenfeld hat dieser putzige Jung-Fuchs keine Zukunft. Weil er und die Seinen ja bekanntlich Überhand nehmen. Also die Tiere. Foto: Mirko Fuchs

Auch in den sozialen Medien tobt ein entsprechender „Glaubenskrieg“. Dabei geraten die Freunde eines gepflegten Blatt- und Sockenschusses  zunehmend in die Defensive. Auf der Facebook-Seite des Tierschutzvereins Kall und Umgebung e.V., der das geplante  Wipperfürther  und Hückeswagener Massaker ebenfalls thematisiert hat und ein ähnliches Schlachtfest im vergangenen Jahr im Kreis Euskirchen verhindern konnte, meldet sich u.a. eine  Melanie Carl zu Wort. Die Dame hat einen neuen Grund ausgemacht, warum man den Räubern unbedingt nachstellen muss:  „Viel Spaß, wenn euch die Füchse in den Salat und Sandkasten kaken“. Sehen wir mal großzügig über das vergessene (hohe) „C“ in dem Vulgär-Verb hinweg. Wenn die Frau die Klärgrube ihres Abwasseverbandes mit Sch… belastet, wird sie ja auch nicht gleich erschossen.

Aber die lokale Journaille, die schließlich weiß, wem sie verpflichtet ist, hält (wider besseres Wissen?) dagegen. Sie sieht in der organisierten Jägerschaft immer noch eine respektable, honorige Institution, deren Interessen es bis zur letzten (Drucker-)Patrone zu verteidigen gilt. In Tierschützern hingegen scheinen viele der schreibenden Zunft einen nörglerischen, unwissenden Haufen von Weltverbesserern zu sehen, der den braven Weidmännern selbst die Hasen- oder Rehkeule auf den Tellern missgönnt.  Entsprechend fällt die Berichterstattung aus. Exemplarisch dafür seien der Remscheider General-Anzeiger und die Rheinische Post genannt.  Ein journalistischer Offenbarungseid!

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