Von Jürgen Heimann
Also, von den Tieren können wir noch eine Menge lernen. Kürzlich habe ich gelesen, dass Papierboote – wir reden jetzt nicht von Produkten irgendwelcher Origami-Freaks, sondern den als solche bezeichneten Meeresbewohnern – zur Fortpflanzung ihren eigenen Penis abtrennen. Zumindest die Männchen unter diesen auch „Argonauten“ genannten Kopffüßern tun das. Die Glieder wandern dann, auch über größere Distanzen hinweg, wie ein Torpedo zu und in die Weibchen. Saubere Sache – für beide Seiten. Jetzt weiß ich nicht, ob es sich dabei, also bei dem Schwengel, um eine nachwachsende Ressource oder es sich bei dem ganzen Vorgang um eine einmalige, unumkehrbare und nicht wiederholbare Performance handelt. Möglicherweise dient sie aber der eigenen Sicherheit.
Wir kennen das ja von den Gottesanbeterinnen. Die deutlich größeren Ladies dieser Fangschreckenart pflegen ihre Macker während oder nach dem Geschlechtsakt zu verspeisen. Diese fiese Angewohnheit könnte sich nun auch bis zu den winzigen achtarmigen Tintenfischen herumgesprochen haben. Und bei denen fallen die Herrn der Schöpfung ja noch wesentlich mickriger aus. Der Menne bringt es gerade mal auf zwei Zentimeter Körpergröße, seine Alte ist fünfmal so groß. Übertragen auf die menschliche Spezies stünde einem gut durchtrainierten 80 Kilo schweren und 1,80 m großen George Clooney-Verschnitt dann ein neun Meter messendes Monster auf Stöckelschuhen gegenüber, das fast eine Tonne auf die Waage bringt und sich seine Leggins bei Böckmann-Planen, Strohmeyer oder Dressler maßschneidern lässt. Da würde ich auch erst mal vorsichtige Zurückhaltung üben und auf Distanz gehen. Da wird die Mär vom vermeintlich schwachen Geschlecht völlig ad absurdum geführt.
Mode für Rollige: Zwischen Plattwurm und Totenkopf-Käfer
Um beim Thema (Nr. 1) zu bleiben. Der Plattwurm hat in seinem Mund zwei Penisse, die Weißkopfseeadler kommen gänzlich ohne einen solchen aus. Bei Enten hat er die Form eines Korkenziehers. Und der Dödel des Totengräber-Käfers wächst mit der Zahl der Geschlechtsakte. Da kriegt mein Kumpel Rudi, dieser alte Schwerenöter, in ein paar Jahren bei C&A garantiert nix mehr von der Stange. Dann muss er sich halt bei „Mode für Rollige“ eindecken. Im japanischen Suzuki, nee, stopp, in der dortigen Stadt Kawasaki feiern die Menschen sogar ein quietsch-buntes „Penis-Festival“. Das heißt dort „Kanamara Matsuri“. Am ersten April-Sonntag diesen Jahres, am 2.4., ist es wieder soweit. Bei dieser Gelegenheit werden Zigtausende bunter Lollis in Pimmelform verkauft und gelutscht, andere Souvenirs in Schwanzform finden reißenden Absatz. Der Erlös der Ständer-Party fließt jeweils in die Aidsforschung. In der Patenstadt des Ninja ZX-12 R gibt es sogar einen Penis-Schrein, der der Fruchtbarkeit gewidmet ist.
Aaronstäbe, leere Beutel und Orchideen
Zurück zur Natur. Beim Amorphophallus handelt sich nicht um ein Tier, sondern um eine Pflanze aus der Familie der Aronstabgewächse. Wobei die Betonung auf „Stab“ liegt. Wörtlich übersetzt bedeutet der Name „unförmiger Penis“. Und „Orchidee“, der Inbegriff blühender Schönheit und Exotik, heißt übersetzt nichts anderes als „Hodenblume“. Das griechische “orchis” bedeutet nämlich “Hoden”, die bei der Südlichen Beißschrecke 14 Prozent des Körpergewichts ausmachen. Beim Mann ist es ein Tausendstel. Die Pflanzen erhielten die Bezeichnung aufgrund ihrer knollenförmigen Wurzeln, die den Klöten ähnlich sehen. Apropos Beutel: Kängurus machen selbst mit einem leeren große Sprünge, können dafür aber nicht rückwärts laufen. Das überlassen sie der AfD.
Die Nacktkiemer und die Nanzenbacher
Meeresschnecken sind bekannt für ihre brachialen und bizarren Sexpraktiken. Japanische Forscher haben nun beobachtet, dass Prachtsternschnecken (Chromodoris reticulata) ihren besten Freund nach Gebrauch wegwerfen. Entsprechender Ersatz wächst aber binnen 24 Stunden nach. Für den Fall, dass das mein belesener Facebook-Freund Uli Horch aus unserem aufstrebenden Nachbarort Nanzenbach nicht glaubt oder die Quelle des Wissens wieder nicht findet: Nachzulesen ist das in den „Biology Letters“ der britischen Royal Society. Nun haben wir es hier mit simultanen Hermaphroditen zu tun. Die Rede ist jetzt wieder von den Nacktkiemern, nicht den Nanzenbachern. Das bedeutet: Jedes dieser Tiere hat sowohl männliche als auch weibliche Geschlechtsorgane, die gleichzeitig, also parallel eingesetzt werden. Ein gegenseitiges Nehmen und Geben, das in einem Aufwasch erfolgt.
Bei der männlichen Mützenrobbe hängt der Sack auf der Stirn zwischen den Augen. Den blasen die auch als „Klappmützen“ bezeichneten Tiere auf, um die Ladies anzulocken oder Konkurrenten einzuschüchtern. Während die Tatsache, dass sich beim Zitteraal der After in Höhe der Kehle befindet, evolutionsbiologisch bedingt ist und nix über die sexuellen Präferenzen dieser ständig unter Strom stehenden Neuwelt-Messerfische aussagt. Was und wie es unsere fanistischen Mitgeschöpfe sonst noch treiben, steht hier: