Rotorman's Blog

Simsalabim: Wie der Nasenbär zu einem
der gefährlichsten Tiere in Europa wurde

Fadenkreuz

Die Jagd auf den gefährlichen Nasenbär ist eröffnet. Das Dilemma ist, dass es ihn in freier Wildbahn bei uns gar nicht gibt. Foto: Pixabay

Von Jürgen Heimann

Es gibt Eierbären und Nasenbären. Unter ersteren ist die Bestandsdichte vor allem in Brüssel exorbitant hoch,  letztere hingegen kommen in ihrer freilebenden Variante in unseren Breiten nur auf Mallorca vor, und ausschließlich dort. Weil auf der beliebten Ferieninsel vor einigen Jahren einige Exemplare aus einem illegal betriebenen Tiergehege ausgebüxt waren und sich in Folge erheblich vermehrt hatten. In den übrigen Teilen des Kontinentes ist die Wahrscheinlichkeit, einem  dieser knuffigen, aus Südamerika stammenden Tiere in freier Wildbahn zu begegnen, gleich Null. Trotzdem gilt der “Nasua nasua”, so die lateinisch-wissenschaftliche Bezeichnung, europaweit als “Volksfeind”, weil er die Ökosysteme und damit andere, einheimische Tierarten  extrem bedrohen soll. Und weil das (angeblich) so ist, wird er jetzt in allen 27 EU-Mitgliedsstaaten zum Buhmann gemacht und soll/muss ausgerottet werden. So verlangt es die vor wenigen Tagen veröffentlichte Unionsliste über invasive Arten. 

Man könnte das nach Bananen- und Gurkenkrümmungsvorschriften, Kondomlängenverordnung und Seilbahnvorschriften in Flachländern jetzt als einen weiteren Inbegriff des Brüsseler Regulierungswahnsinns deuten. Doch damit würde man den Vätern des Gedankens Unrecht tun. Tatsächlich sind die findigen Eurokraten nicht direkt und unmittelbar für allen Verordnungs-Schwachsinn, der existiert und der ihnen nachgesagt wird, verantwortlich. Im Falle des naseweisen Kleinbären mit der auffällig geringelten Schwanzzeichnung aber schon. Auch wenn der gesetzesähnliche Ukas, ihn zu vernichten, eher exemplarisch dafür steht, wie wir “regiert” und diszipliniert werden und  wie auf einer bestimmten Ebene Mauschelei und Klientelinteressen in Paragrafen gegossen werden. Es ist ein den unterschiedlichen nationalen Interessen geschuldetes gegenseitiges Geben und Nehmen. So funktioniert Politik.

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Eine Bestie – fürwahr! Und deshalb will die EU-Kommission nicht länger dulden, dass uns der Nasenbär auf der Nase herumtanzt. In Zoos und Tierparks wird er in ein paar Jahren ausgestorben sein. Foto: Pixabay

Warum der Nasenbär auch bei uns plötzlich “Persona non grata” ist, obwohl er hier tatsächlich gar nicht vorkommt, muss man nicht verstehen. Es wird kaum gelingen, diese inkriminierten Bestien in Wald und Feld vor die Flinte zu bekommen oder in die Falle zu locken. Eben, weil es sie hier nicht gibt. Sie zu erlegen, wäre doch mal eine anspruchs- und ehrenvolle Aufgabe für unsere ehrgeizigen Waidleute. Pro Abschuss gibt es dann von der EU die Goldene Jägermeisternadel mit Eichenlaub und Schwertern. Aber die grünen Jungs (und Mädels) waren ja schon bei der Hatz auf das sagenumwobene weiße Einhorn nicht gerade erfolgreich….

Auch in Zoos und Tierparks bald ausgestorben

In Zoos und Tierparks findet man hingegen hier und da schon einige Exemplare dieser Spezies. Aber nicht mehr lange. Einher mit der Verordnung ergeht nämlich ein absurdes Nachzüchtungsverbot. Die Betreiber der entsprechenden Gehege müssen für eine strikte Geburtenkontrolle und Empfängnisverhütung bei den tagaktiven Räubern garantieren. Was zur Folge hat, dass diese eher harmlosen Bären irgendwann in gar nicht ferner Zukunft aus den Zoos verschwunden und völlig ausgestorben sein werden. Im Gegensatz zu Tigern, Löwen, Leoparden, Krokodilen,  Giftschlangen, Braun- und Eisbären. Aber die sind ja auch nicht so gemeingefährlich.

Aber wie kann ein solcher Blödsinn überhaupt entstehen und quasi Rechtskraft erlangen? Das Ganze kommt einem doch recht spanisch vor. Und so war und ist es auch. Viva España! Unsere iberischen Freunde haben dabei  grandiose Lobbyarbeit geleistet. Ein  Paradebeispiel, wie sich Einzelinteressen als für das Gesamtwohl unabdingbar deklarieren lassen.  Wie erwähnt, diese ominösen Nasenbären existieren, von ihrer südamerikanischen Ursprungsheimat einmal abgesehen, nur auf Malle. Nun befürchtet die Provinzialregierung negative Auswirkungen auf den Tourismus. Obwohl es gerade die Feriengäste sind, die die  knuffigen Tiere nachgerade ins Herz geschlossen haben und im Falle einer Begegnung mit Leckerlis verwöhnen. Darüber hinaus scheinen die Toreros auch panische Angst davor zu haben, dass sich die Kletterkünstler auch auf dem (ihrem) Festland festkrallen und breitmachen. Deshalb existiert schon seit Jahren ein Import- und Haltungsverbot. Und jetzt ist es den Jungs im Königreich von Felipe VI gelungen, selbiges auf ganz “good old Europe” auszudehnen.

Das große Taktieren hinter den Kulissen

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Waidmannsglück! Wem künftig in Wald und Flur ein „Nasua nasua“ vor die Flinte läuft, bekommt von der EU die Goldene Jägermeisternadel mit Eichenlaub und Schwertern. Foto: Privat

Dazu bedurfte es natürlich schon umfangreichen operativen Taktierens hinter den Kulissen. Da wurde gedroht und geschmeichelt,  wurden temporäre Bündnisse geschmiedet und Weltuntergangsszenarien beschworen.  Von  “Überzeugungsarbeit” zu reden hieße, diesen Prozess als wahrhaftig und sauber zu verbrämen. Die ursprüngliche, vom “Invasive Species Secretariat” in Großbritannien vorgenommene Risikobewertung, die ein ganz niedriges vom Nasenbär ausgehendes Gefahrenpotential ergeben hatte, mochte das europäische IAS-Komitee (IAS = Invasive Alien Species) nicht akzeptieren. Woraufhin die Spanier den ganzen Prozess neu aufrollen und eine eigene Analyse erarbeiten durften, die dann als allgemeingültig und verbindlich anerkannt wurde. So einfach war und ist das. Die Spanier  stuften, wen wundert’s, das Nasenbär-Risiko als “maximal” ein. So wurde der von den Briten “Coati coati” genannte Pelzträger zu einem der gefährlichsten Tiere in Europa und weiß sich somit in guter Nachbarschaft und auf eine Stufe mit dem Waschbären, der amerikanischen Schwarzkopfruderente, der asiatischen Tigermücke und dem amerikanischen Grauhörnchen gestellt. Welche Ehre!

Wildtiere als Volksfeinde der Vernichtung preisgegeben

Ach ja,  Mink und Marderhund beispielsweise, die “echte” invasive Tieren sind, fehlen auf der umstrittenen EU-Liste. Dass deren Namen auf der Kladde auftauchen, wusste die starke Lobby der Pelzzüchter und Pelzfarmbetreiber erfolgreich zu verhindern. Andernfalls hätte sie ihre Läden ja dicht machen müssen. Man sieht, hier geht es um glasklare wirtschaftliche Interessen zum Nachteil der zu Volksfeinden hochstilisierten Wildtiere. Da braucht man sich nicht zu wundern, warum die EU ein solch jämmerliches Image hat. Die Brüsseler Ambitionen, selbst Unsinniges zuchtmeisterlich regulieren, harmonisieren, normieren und standardisieren zu wollen, um das dann dem Allgemeinwohl geschuldet zu verkaufen, sind zu durchsichtig. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung der Todesliste kam auch nicht von ungefähr. Die Kommission hatte damit ganz bewusst gewartet, bis das Referendum der Briten über einen Verbleib in der Gemeinschaft gelaufen war, um den EU-Gegnern nicht noch vorher zusätzliche Munition zu liefern. Genutzt hat es freilich nix. Die im Taktieren geübten Eurokraten sind ja schließlich nicht auf den Kopf gefallen. Die Tommies aber auch nicht. Auch vor diesem Hintergrund kann man die eigenbrötlerischen Linksfahrer, die endlich auch wieder die Kontrolle über die eigene Gesetzgebung erlangen wollen, ja irgendwie verstehen….

Waschbären im Luftkampf gegen Seevögel erfolgreich

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Waschbären sind, was die wenigsten wissen, begnadete Flugkünstler und ihrer potentiellen Beute im Luftkampf haushoch überlegen. Die Engländer sehen durch sie ihre Seevögelpopulationen bedroht. Foto: Pixabay

Andererseits biegen sich aber auch Lisbeths Untertanen die Fakten, wie es ihnen gerade in den Kram passt. Gerade die Engländer zählten in der Diskussion zu den entschiedensten Verfechtern der Forderung, auch dem Waschbären die rote Karte zu zeigen. Der stellt zwar auf der Insel kein wirkliches Problem dar, doch gilt hier die Maxime „ Wehret den Anfängen!“ Wenn der Petz sich in Great-Britain etabliert, könnte sich das zu einer ernsthaften Bedrohung für die Seevögelpopulationen auswachsen, hieß es. Dieses „Argument“ fiel auch bei den Kollegen aus den anderen Nationen auf fruchtbaren Boden. Die Racoons sind ja schließlich bekannt für ihre außergewöhnlichen Flugkünste und sind ihrer potentiellen Beute im Luftkampf haushoch überlegen.

Die Verordnung zur Bekämpfung invasiver Arten war auch damit begründet worden, dass selbige EU-weit jährlich Schäden in Höhe von zwölf Milliarden Euro verursachen würden. Tendenz angeblich steigend. Demgegenüber steht eine andere Zahl. Inzwischen gibt es  mehr als 21.000 EU-Verordnungen und Richtlinien, niedergeschrieben in 24 Amtssprachen. Deren Umsetzung erfordert einen Kostenaufwand von jährlich 124 Milliarden Euro. Das hat zumindest Stoiber-Eddi mal ausgerechnet.

Demnächst geht es dem Bison ans zottelige Fell

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Demnächst im Visier der EU-Kommission. Dem furchterregenden Bison, der millionenfach durch die Auen, Felder und Wälder pflügt und eine Spur der Verwüstung hinterlässt, soll es ebenfalls ans zottelige Fell gehen. Foto: Pixabay

Aber damit ist ja das Ende der europäischen Fahnenstange noch lange nicht erreicht. Wir dürfen gespannt sein, was uns da als nächster Schwachsinn aus Brüssel ins Haus steht. Man arbeitet bereits an einer Fortschreibung der Liste invasiver Arten. Demnächst soll es auch den Millionen Bisons, die, bei uns als Wisente bekannt, durch die Auen, Felder und Wälder pflügen und eine Spur der Verwüstung hinterlassen, europaweit an den Kragen und das zottelige Fell gehen…. Tipps, wie das am geschicktesten anzustellen ist, können uns da unsere amerikanischen Freunde geben. Die hatten die einstmals auf 30 Millionen Tiere geschätzten Büffel-Bestände bis Ende des 19. Jahrhunderts fast völlig weggeputzt.

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