Von Jürgen Heimann
Auf ihrer Webseite wirbt die Frau aktuell mit einer Losung der Herrnhuter Brüdergemeinde: „Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder“. (Römer 8,14). Vom „Spirit“ des Allmächtigen dürfte die Dame bislang allerdings nichts abbekommen haben. Eher scheint sie von allen guten Geistern verlassen zu sein, einschließlich dem eingangs beschworenen. Würde Fettnäpfchen-König Günther Oettinger eine ihm ebenbürtige Partnerin suchen, seine Parteifreundin Daniela Kuge wäre erste Wahl. Weiß der Himmel, von was die sächsische CDU-Landtagsabgeordnete da gebissen worden ist, von einem Waschbären aber wohl eher nicht. Einen solchen, oder das, was von diesem übrig geblieben ist, trägt die Blondine stattdessen leger um die schmalen Schultern drapiert und lächelt ob dieser kleidsamen Stola verbissen in die Kamera. Um dann auf ihrem (inzwischen nicht mehr öffentlichen) Facebook-Profil unter dem Foto stolz zu verkünden: „Waschbär erlegt und trägt sich klasse! Euch einen warmen Freitag“! Das dürfte für sie eher ein armer Freitag geworden und gewesen sein.
Toll. Das war ein von Instinktlosigkeit befeuerter Blattschuss. Der sich im Nachhinein aber als Rohrkrepierer entpuppte. Nicht nur viele Menschen in ihrem Wahlkreis 39, zu dem die Städte Meißen und Nossen sowie die Gemeinden Klipphausen, Niederau und Weinböhla gehören, fragen sich entsetzt, welcher Teufel, der ja nicht immer Prada tragen muss, eine in öffentlicher Verantwortung stehende Mandatsträgerin geritten haben mag, sich derart zu kompromittieren, und das auf eine so billige und primitive Art. Sie trage auch Lederschuhe, setzte die Lady noch einen drauf. Als frühere Mitarbeiterin einer Apotheke hatte sie allerdings auch Zugang zu normalerweise streng unter Verschluss gehaltenen Substanzen. Das inkriminierte Posting raste binnen Stunden durch die virtuelle Welt ganz Deutschlands. So erzielt man/frau (unbeabsichtigt?) Reichweite und generiert Klicks. Aber das Echo fiel etwas anders aus, als es sich die frauenpolitische Sprecherin der sächsischen CDU-Landtagsfraktion wohl vorgestellt hatte.
„Nur schöne Tiere und hässliche Menschen tragen Pelz“
Die Reaktionen darauf waren vernichtend – und in ihrer Wortwahl nicht immer ganz stubenrein, mitunter sogar ziemlich grenzwertig und weit unterhalb der Gürtellinie engesiedelt. Aus von Abscheu getragenen Aussagen freilich Morddrohungen im Sinne des Strafgesetzbuchges zu konstruieren, ist auch wieder Weit übers Ziel hinausgeschossen. Aber Frank Ziesenhenne hat ja so Unrecht nicht, wenn er auf der Facebookseite „Schützt die Füchse in Deutschland“ reimt: „Ist die Alte abgewrackt, wird sie in den Pelz gepackt“. Und Sabine Köhler weiß: „Nur schöne Tiere und hässliche Menschen tragen Pelz!“. In vergleichbaren Fällen pflegt man ja auch von einem „Shitstorm“ zu sprechen, so wie beispielsweise die „Sächsische Zeitung“. Der gegenüber versicherte die Parlamentarierin, das Fell stamme von einem in Riesa erlegten Bären. Sie habe es in Meißen gekauft. Doch bei FB brüstete sie sich noch damit: „Ich habe den Weinberg vor dem Waschbären gerettet!“
Wie dem auch sei, die 41-jährige ist erst einmal auf Tauchstation gegangen und hat sich aus dem öffentlichen Facebook-Bereich verabschiedet. Aber da war es bereits zu spät und die Waschbären-Falle zugeschnappt. Natürlich ist die sich der geschmacklosen Botschaft anschließende Diskussion dokumentiert. Und sie gewährt tiefe Einblicke in den intellektuellen Reifegrad der Autorin und den ihrer Freunde und Anhänger.
Heil Peter! Eine wärmende Stola aus dem eigenen Wahlkreis
Ein gewisser Peter Heil äußerte sich dahingehend, das pelzige Textil seiner Abgeordneten stamme doch hoffentlich von einem Tier aus deren Wahlkreis. Ein Roland Lohse sah in Frau Kuge gar eine modische Trendsetterin. Man müsste daraus eine Kampagne machen: „Leute tragt mehr Waschbärenpelz“! Dann würden auch die Jäger (noch) motivierter, diesen Bestien, die schließlich „die heimische Fauna morden“, noch stärker nach zu stellen. Von einer Plage und ganz „schlimmem Viehzeugs“, das die Eier vieler Vögel und Enten wegfresse und hier nichts zu suchen hätte, sprach bzw. schrieb Ronny Kohlmann. Wie seine Vor-Kommentatoren hört auch dieser Mann den Schuss nicht mehr.
Schmückende Waschbären und gefährliche Asylanten
Ob das Tier auch ordentlich geschächtet wurde, „halal“ sei und was Herr (Aiman) Mazyek (der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime in Deutschland) und Frau (Simone) Peter (die Bundesvorsitzende der Grünen) dazu sagen würden, erkundigte sich ein gewisser Kai-Uwe Schmidt. Man merkt schon, aus welcher geistig-politischen Ecke viele Leute aus dem Dunstkreis der CDU-Landtagsabgeordneten kommen. Bei Herrn Schmidt spricht da allein schon dessen Profilbild auf Facebook Bände. Und sagen wir es mal so: Die kluge Frau Kluge hält auch Pegida für eine demokratische, vom humanistischen Ideal durchdrungene und geprägte Bewegung und hat sich dahingehend in der Vergangenheit wiederholt und deutlich positioniert. Aber die Frau hat auch „Schiss, nachts auf die Straße zu gehen“, wie sie gegenüber der BILD-Zeitung bekannte. Aber nicht aus Angst, von einem bestialischen Waschbären angefallen zu werden, sondern von einem Asylbewerber.
Im Hiltl-Club käme die Dame nicht an den Türstehern vorbei
In dem angesagten Züricher Hiltl-Club würde die jagdpolitische Gelegenheitssprecherin der Sachsen-CDU mit ihrer neuen Garderobe an keinem Türsteher vorbeikommen. In dem Etablissement sind Gäste, die auch nur einen Hauch von Echtpelz spazieren tragen, und seien es nur Pelzkrägen, Mützen mit Fellbommeln oder mit solchen dekorierte Schlüsselanhänger, „off limits“. Da bleibt es sich egal, ob das Fell eigens dafür gezüchteten Farm- oder aber Wildtieren über die Ohren gezogen wurde. z.000 Besucher haben die muskelbepackten Torwächter/innen von Clubkönig Rolf Hiltl seit 2014 deshalb abgewiesen und ihnen die rote Karte gezeigt. Die ist bei Daniela Kluge längst überfällig. Aber stattdessen werden andere ausgesperrt, bei Facebook beispielsweise.
Facebook-Logik: Eine Zensur findet selbstverständlich nicht statt
Eine Userin, die die Nachricht jener sächsischen Tierschützerin, durch die die Empörungswelle erst so richtig Seegang bekommen hatte, besonders häufig teilte, sah sich plötzlich außen vor. Sie kam nicht mehr auf ihre Seite. Merkwürdig. Da hatte wohl jemand einen ziemlich langen Arm. Doch eine Zensur findet bei uns doch eigentlich gar nicht statt, oder? Im größten sozialen Netzwerk der Erde schon. Dort, im digital-virtuellen Zuckerberg-Imperium, dürfen sich andererseits aber Hassprediger, Gewalttäter, Demokratiefeinde, Ausländer-„Klatscher“, Kinderschänder und Nazis nach wie vor und weitestgehend unbehelligt nach Herzenslust austoben. Aber letztere tragen ja auch meist keine Pelze, sondern Glatzen.
Wenn die Katze Polyester hieß
Das mit den Pelzen ist sowieso ein ganz unrühmliches Kapitel für sich. Gilt auch für Textilien aus (Angora)-Wolle. Letztere wird, vor allem in China, ihren Trägern, die unter unvorstellbaren Bedingungen dahin vegetieren, bei lebendigem Leibe ausgerissen. Und wer sich hierzulande beim Shopping bewusst für ein aus Kunst- statt aus Echtpelzen hergestelltes Kleidungsstück entscheidet, muss damit rechnen, arglistig getäuscht zu werden. Noch immer gibt es in Deutschland keine einheitliche, verbindliche Kennzeichnungspflicht. Es kann nicht sicher sein, ob sich hinter “100 Prozent Polyester” nicht “70 Prozent Hund und 30 Prozent Katze” verstecken. Aber vielleicht hieß die Katze ja so, also „Polyester“. Mehr zum Thema hier: